Kirstin Breitenfellner: Gemütsstörungen. Sonette.

LESEPROBE

er geht auf zehenspitzen
skeptisch schaut er auf die welt
hinab in seinem luftschiff sitzen
positionen abgeschirmt und aufgestellt

im fall der fälle sprungbereit
doch scheuen sie die landung
schwerkraft, irrtum nicht gefeit
vor schuld, verbindlichkeit, verwandlung

probt das leben lieber lesend
voll im rausch vorm bauch das amulett
der wörter scheu die seele liegt (genesend?)

rauchkühl auf dem bücherbrett
so umsichtig die rätsel lösend
reine kür, er lacht kokett

(S. 30)

die königin von saba hält
sich ganz gerade und den hofstaat als tyrann
schlägt purpurrot die hörner auf erzählt
den andern was sie wollen will und kann

so schwer ergründlich scheinen ihre räume
leer beinahe glitzernd dann und wann
schon wehn sie unvermittelt träume
fahndungsbilder, blutgesichte an

sie fürchtet unerkannt zu bleiben, aufzug
engen raum, die luftfahrt, einsamkeit, den mann
doch dann erhebt sich die idee zum flug

sie baut ein bild, lang lang gekannt
dann ist sie sich, der welt genug
und malt die wahrheit an die wand

(S. 31)