Am nächsten Morgen musste alles blitzschnell gehen. Jeden Morgen muss alles blitzschnell gehen. Der Wecker plärrt, ich taumle unter die Dusche, brülle nach Nina, stolpere über den Kater - was soll ich ihnen viel erzählen? Sie haben sicher schon genug idyllische Familienszenen im Werbefernsehen gesehen. Als ich unser Frühstück zum Esstisch tragen wollte, suchte ich vergeblich nach meinem Lieblingstablett. Egal. Nina kam herunter, schüttete Kakao in sich hinein, verschlang ihr Müsli und rannte zum Bus. Marietta folgte ihr, ein verträumtes Lächeln um die Lippen. Wahrscheinlich hatte Richard gestern Abend wieder einmal die Niveaulosigkeit seiner Frau beklagt. Richards Frau ist schrecklich beschränkt. Statt alles über die Chaostheorie wissen zu wollen, will sie wissen, wohin Richard abends geht. Ich stieß mir das Bein an einem im Weg stehenden Stuhl und rieb es mir fluchend. Meine Wade war zerkratzt.
In diesem Moment hörte ich einen markerschütternden Schrei aus dem oberen Stockwerk. Ich stürmte hinauf. In der offenen Tür meines Schlafzimmers stand mein Vater und starrte entgeistert auf den Fauteuil, in dem die Plüschmaus saß.
"Was hast du?" fragte ich.
Er keuchte nur und zeigte mit zitternden Fingern auf das Stofftier.
Das Stofftier starrte ihn seinerseits empört an und schnarrte: "Wie kommt er dazu, unangemeldet das Gemach einer Dame zu betreten?"
(S. 33f)
© 2002, Deuticke, Wien, Frankfurt/Main.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.