logo kopfgrafik links adresse mitte kopfgrafik rechts
   
Facebook Literaturhaus Wien Instagram Literaturhaus Wien

FÖRDERGEBER

Bundeskanzleramt

Wien Kultur

PARTNER/INNEN

Netzwerk Literaturhaeuser

mitSprache

arte Kulturpartner

Incentives

Bindewerk

kopfgrafik mitte

Werner Kofler: Manker.

Invention.
Wien, München: Deuticke, 1999.
92. S., geb.; öS 145.-.
ISBN 3-216-30434-5.

Link zur Leseprobe

Das Buch sollte ursprünglich "Karfreitagsmord" heißen; es heißt aber jetzt "Manker". Schuld daran ist der Verlag oder besser gesagt der Grafiker des Verlages, weil sich mit dem Wort KARFREITAGSMORD jenes Spielchen, das sich auf dem Cover von "Manker" mit dem Wort MANKER treiben ließ, eben nicht hätte treiben lassen. Das Buch heißt also Manker (eigentlich: Manker. Invention) und das ist gut so.

Werner Kofler ist an "Manker" über den Umweg des ORF geraten. Vor zwei Jahren legte der Autor den kleinen Prosatext "Furcht und Unruhe" vor; darin schildert er eine gewaltsame Szene mit realem Hintergrund. Der stehengelassene Ehemann der Geliebten des Autors verschafft sich des Nachts Zutritt zu dessen Wohnung; der Schriftsteller protokolliert den Gewaltakt in einem dichten Stenogramm. Dieser Text, "Furcht und Unruhe" eben, wurde vom ORF zu einem Hörspiel umgearbeitet und Paulus Manker als Sprecher verpflichtet. Die Grundsituation des Prosatextes "Manker" ist eine sehr einfache: Der Schriftsteller sitzt zu Hause am Schreibtisch, wohnt der im Radio gesendeten Vertonung bei und findet das Ganze - schlicht gesagt - fürchterlich.

"Manker" ist aber keine Hörspiel-Kritik. "Manker" ist - wenn überhaupt - eine Kritik an Manker; Manker ist die Person, gegen die der Sprechduktus gerichtet ist. Jeder Stimmeinsatz des Schauspielers (Wer IST da, Manker, kein blasiertes: Wer ist DA!) wird seziert und korrigiert. Einen Regisseur wie Kofler, der andauernd dazwischenfunkt und dabei fast immer recht behält, würde kein Schauspieler und auch nicht Manker überstehen.

Allzu wichtig sollte man die Person des Manker dann aber doch nicht nehmen, innerhalb des Textes fungiert sie als Hebel zur Wirklichkeit; mit der Nennung des Eigennamens werden die realen Verhältnisse an einem letztlich unbedeutenden, aber leicht greifbaren Zipfel gefaßt. Nicht um die Person Manker und deren Eitelkeit ist es Kofler zu tun (obwohl der echte Manker schon angekündigt hat, das Buch "Manker" all seinen Freunden und Feinden schenken zu wollen); es geht um die Rollenbilder, die diese Person verkörpert: Manker als Sprecher des Hörstückes; Manker als Schauspieler, der seine Rollen nicht mehr ablegen kann; Manker als einer, der der Zeitschrift "News" ein Interview gibt und darin Sigrid Löffler denunziert.

Bilanz über den Tabubruch, den Kofler mit der Nennung von Namen begeht, wäre erst auf der nächsten Ebene zu ziehen; dort, wo der Name mit dem gegenwärtig Bestehenden und dieses seinerseits mit dem Vergangenen verrechnet wird. Auch diese Ebene der Koflerschen Gesellschaftsanalyse, surreal-absurd an der Oberfläche und treffsicher im Detail, findet man in "Manker": Vom Schnüren von Sparpaketen ist ebenso die Rede wie von der Villacher "Grinsgesellschaft" (wie überhaupt Villach die eigentliche Hauptfigur des Textes ist), das "Hirngespinst" Wiener Gruppe geht um wie die "violetten Eier" einiger bekannter Schlager- und Fernsehgrößen; hinter dem Tanzcafé Lerch (welches - dem Vernehmen nach - jedem Kärntner ein Begriff ist) tut sich das Tanzcafé Treblinka auf, der ewige Kapellmeister der Koflerschen Texte, Odilo Globocnik, treibt im Hintergrund von "Manker" sein Unwesen.

Kofler stellt diese Wirklichkeistbrocken der modernen und der vergangenen Welt unterschiedslos in den Text, Valorisierung findet nicht statt. Die Dinge bleiben, was sie sind, nämlich profan; und diese Profanität wird letztlich auch den Erlöserfiguren zum Verhängnis. Manker fügt sich hier nahtlos in die bestehenden Heldengalerie ein: Nitsch, Heller, Haider (und zwar beide) - und jetzt eben auch er.

Weil die Erlöserfiguren selbst jene Profanität verkörpern, die der Verwirklichung ihrer Träume aus Kunst und - noch viel schlimmer - aus Politik entgegensteht, findet bei Kofler die wahre Enderlösung folgerichtig nicht durch die Erlöser, sondern von den Erlösern statt, so wie dies wortwörtlich im Motto von "Manker" geschrieben steht: "Mir träumte von einem Zauberkünstler, dessen Kunststück darin bestand, sich selbst zu verspeisen."

Klaus Kastberger
8. März 1999

Link zur Druckansicht
Veranstaltungen
Junge LiteraturhausWerkstatt - online

Mi, 13.01.2021, 18.00–20.00 Uhr online-Schreibwerkstatt für 14- bis 20-Jährige Du schreibst und...

Grenzenlos? (Literaturedition Niederösterreich, 2020) - online

Do, 14.01.2021, 19.00 Uhr Buchpräsentation mit Lesungen Die Veranstaltung kann über den Live...

Ausstellung
Claudia Bitter – Die Sprache der Dinge

14.09.2020 bis 25.02.2021 Seit rund 15 Jahren ist die Autorin Claudia Bitter auch bildnerisch...

Tipp
LITERATUR FINDET STATT

Eigentlich hätte der jährlich erscheinende Katalog "DIE LITERATUR der österreichischen Kunst-,...

OUT NOW flugschrift Nr. 33 von GERHARD RÜHM

Die neue Ausgabe der flugschrift des in Wien geborenen Schriftstellers, Komponisten und bildenden...