MARTIN:
Das war der glücklichste Moment in meinem ganzen Leben, Pater Eberhard. Jemand sagt zu mir, ich bin wie ein Engel. Die Tante Hedy hat immer zu mir gesagt, ich bin ein Teufel, ein kleiner, lästiger, frecher Teufel. Sie hat Recht gehabt, das war ich auch. Der Engel waren Sie, Pater. Sie sind mir wie ein Schutzengel vorkommen, der mich von jetzt an begleiten wird. Und nix Schlimmes kann mehr passieren mit mir. - Sie sagen ja gar nix, Pater Eberhard.
PATER EBERHARD: (bedrückt):
Was soll ich sagen, Martin?
MARTIN:
Sie erinnern sich noch an mich?
PATER EBERHARD:
Ja, sicher, wie sollt ich mich nicht erinnern...?
MARTIN:
Ich denk mir nur. Ich war ja nicht der Einzige. Hat ja viele Engel gegeben in Ihrem Leben.
PATER EBERHARD:
Nein. Nur einen. Dich.
MARTIN: (grinst böse)
Jetzt schau ich nimmer aus wie ein Engel, gell? Jetzt schau ich aus wie leibhaftige Teufel.
PATER EBERHARD:
Das Leben hinterlässt seine Spuren...
MARTIN:
Sie haben Ihre Spuren an mir hinterlassen, Pater Eberhard. Ätzende Spuren. Wie von einer ekelhaften Nacktschnecke. Ich hab einen Sauberkeitswahn, Pater Eberhard. Ich wasch mir ständig die Hände. Einmal am Tag muss ich duschen. Übrigens - den Duschraum, drüben im Heim, gibts den noch?
(S. 34f.)
© 2004, Haymon Verlag, Innsbruck - Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.