Günther steht jetzt auf einem Schneefeld. Ich bin neben ihm. Wir sprechen miteinander, während Nebel am Gipfel vorbeijagen. Am Boden lauter Rinnen, Windgangeln, Schneekristalle in der Luft. Welche Magie! Schneestaub wird vom Wind fortgetragen und jagt über die Buckel. Oder tragen Luftgeister hier alles fort? Günther steht nur da, hantiert mit der Kamera. Sein Pickel steckt im Schnee. Ich steige weiter, über die Südschulter hinaus. Schneefahnen schlagen über den Windgangeln vor mir zusammen. Der Wind pfeift. Günther knipst, klappt die Kamera zu, zieht die Handschuhe aus der Tasche und stößt dabei mit einer Faust an den Pickel. Nein, der Pickel fällt nicht um. Umständlich zieht er die Handschuhe wieder an. Sie sind schneeverklebt, vereist, starr. Mit der Rechten nimmt er jetzt den Pickel auf und geht weiter. Die Kamera baumelt an seiner Brust. Bei jedem Auftritt trägt der Wind unter seinen Schuhen lockeren Schneestaub davon. Auf und davon. Mir ist jetzt nur noch das Weiter wichtig. Ich erlaube mir keine Ablenkung. Erst auf der Scharte zwischen Süd- und Hauptgipfel will ich rasten, schauen.
(S. 198f.)
© 2002, Malik Verlag, München.