Emil steht in der Kaiserstraße vor einem großen Schaufensterspiegel und beobachtet sich, unauffällig, wie einer, der nur zufällig da stehen geblieben ist, um ein Taschentuch aus der Tasche zu holen, um zu überlegen, ob er in das Geschäft eintreten soll, oder wie ein Fremder, der sich verlaufen hat, auf einmal verunsichert ist und nicht mehr weiß, welche Richtung er einschlagen soll. Er tut so, als ob er gerade in Gedanken versunken wäre und mit den Fingern der linken Hand etwas Wichtiges aufzuzälen hätte. Eine Frau bleibt neben ihm stehen und setzt eine Art Wartemiene auf. Sie merkt aber, dass er keine Absicht zeigt, sich von der Stelle zu rühren, und geht verärgert und mit aufgeplustertem Haar weiter. Als sie in einer Seitengasse verschwunden ist, brummt er vor sich hin: Frauen!
Sein Spiegelbild erscheint ihm einigermaßen verzerrt und entfremdet, und er stellt sich vor, er würde seine eigne Gestalt zum ersten Mal sehen.
Der gichtbrüchige Körperbau überrascht ihn, denn er hat einen größeren Mann erwartet und keinen Schwächling.
(S. 9)
© 2002, edition exil, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.