Er schob sich etwas näher an sie heran. Dabei gerieten sie mit den Handrücken aneinander, und nach einer Weile griff er nach ihrem Handgelenk. Durch das Nähertreten berührten sie sich nun auch leicht an den Schultern und Hüften. Salomo seufzte, dann drehte er den Kopf zur Seite, der Königin zu.
"Würden wir nicht bequemer liegen und es traulicher haben, wenn wir uns einander zuwandten?"
Sie taten es und schwiegen wieder eine ganze Weile. Dann sagte sie: "Ich weiß, mein Salomo, worauf du hinauswillst, und ich gestehe es dir gleich, auch mich bewegt derselbe Wunsch, stark und dringend. Aber ich rate ab."
"Ich weiß. Es ist unseres Alters wegen. Die Leute urteilen da ziemlich schroff. Aber eine glatte Haut und geschmeidige Glieder hab ich mehr als genug im Frauenhaus."
"Es ist nicht nur, weil im Alter die Haut rauh wird und die Glieder nicht mehr schlank und beweglich sind. Ich meine es anders."
"Und ich sage, ist es nicht das Schönste, was uns Gott gegeben hat in diesem dunklen Dasein?"
"Ja, ja, du hast ja recht, doppelt und dreifach recht. Aber seit ich alt bin, setzt mir der Vorgang selbst zu, verstehst du? Die besondere Eigenart dieses Vorgangs, die man in der Kopflastigkeit der Jugend, im Rausch des Geschehens übersieht, weil man von diesem Geschehen so überwältigt ist, daß einem die klaren Sinne schwinden und man glückseligerweise gar nichts mehr wahrnimmt. Ist es doch sogar die Voraussetzung für einen befriedigenden Ablauf dieses Vorgangs, daß die Schärfe der Wahrnehmung verschwimmt. Schon ein verständiger Blick oder Gedanke stört die schwunghafte Erhöhung, unterbricht sie rüde, sodaß man sich ernüchtert zur Seite rollt. Wir sind zu alt dafür, Salomo. Ich liebe dich tief und schwer, aber wir sind zu alt für das schöne Spiel, das der Jugend vorbehalten ist. Nicht wegen der Sittsamkeit, sondern wegen des Geschmacks."
© 2001, Jung und Jung, Salzburg.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.