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Leseprobe: Wolfgang Marx - "Die Essverwandtschaften"

"Weil die Theologie keine Erfahrungswissenschaft ist!" (Kiddie, ungeduldig.) "Aber bleiben wir mal bei der Sache. Du meinst also, dass wir gegebenenfalls selber die Kitschproduzenten sind?"

"Aber eben auch die Kunstrichter, die solche Produkte kritisch überprüfen."

"Gilt das dann auch für Kunstwerke und Bücher?" (Kiddi, plötzlich weniger erbaut.) "Ich meine, dass sie wie ein Spiegel nur Vorhandenes reflektieren?"

"Ich will versuchen, das zu differenzieren." (Mit einer herrischen Geste Baumann beschwichtigend. Ich weiss ja, was du sagen willst, aber lass mich erst mal machen.) "Eine Fensterscheibe vielleicht, die bei gewisser Beleuchtung und (im wahrsten Sinne dieses Wortes) oberflächlicher Betrachtung als Spiegel wirken mag, duch die man aber auch bei wechselnden Licht- und Positionsverhältnissen hindurchschauen kann in tiefe und weite Räumlichkeiten."

"Seelenlandschaften, zweifellos." (Baumann, nun doch nicht mehr zu halten; aber es ist schon kurios, die Berührungsscheu vor diesem einen Wort in unserer Branche. Wir sind eben alle Kinder der großen behavioristischen Revolution, die, vielfach totgesagt, uns immer noch in allen Knochen steckt.) (S. 129)

"Meine Schwester könnte hier nichts essen, nicht einen Bissen." (Angela, duftend nach langsam welkenden Dingen.) "Aber was heißt essen, nicht leben, nicht leben könnte sie hier, nicht einen Tag." (Sie blickt von ihrem Logenplatz über den steinernen Garten des Todes.) "Sie musste die Zeitung raustragen vor dem Essen, weil da auf der letzten Seite die Todesanzeigen standen." (Und köpft mit gekonntem Schwung ihr Frühstücksei. Das werde ich wohl nie mehr lernen ...) "Und wenn der Kopf fällt, sage ich: Hoppla!" (Mit ihrer verruchtesten Seeräuber-Jenny Stimme.) "Es ist schon eigenartig, wie verschieden zwei Vögelein aus demselben Nest sein können." (Es schmeckt ihr sichtlich, indessen sie erneut die Blicke wandern lässt.) "Hohe Mauern, Taxushecken ... im Grunde bizarre Gesten der Hilflosigkeit angesichts des Endgültigen."

"Tja, der Tod liegt außerhalb des Lebens, deshalb können wir ihn im Grunde nicht begreifen."

(Sie wiegt verständnisinnig das Goldköpfchen, in das schon Silber sich mischt:) "Manchmal denke ich, sie sperren die Toten ein unter steinernen Platten und Hügeln, vermutlich aus Angst, sie könnten zu ungelegenen Zeiten wiederkommen."

Eddie schüttelt nur unwillig den Kopf (They never come back, eh?), unwirsch seinen Kaffee rührend, zuckerreich und milchträchtig, während seine Augen blicklos in die Ferne schweifen. (S. 148)

© 2000, edition sturzflüge, Bozen.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

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