Nach dem dritten Mal mit Aglaia schlief der Freiherr gut, auch, als seine Geliebte über die lang gehütete Wahrheit, die sie in dieser Nacht nicht zurückhalten konnte, weinen mußte und unter Tränen, sich von einer Seite zur anderen wälzend, sprechen wollte: Ich seh, ich seh, was du nicht siehst, und das ist Mais, brauner Zucker, die Frucht mit schwarzen Punkten, Schlamm von Algen und endlich dieser Kopf, angeschwemmt in der Hitze, gerade als ich hinunterging. Die Steine, sie waren so heiß. Immer derselbe kleine Weg, nicht die ausgebaute Straße. Mir taten die Füße weh und ich mußte laufen und laufen. Ich ging mit sandigen Wimpern dorthin, wo es kälter war, direkt ans Ufer, da...
Treskow wollte das nicht hören, wollte es weder jetzt noch damals wissen. Er lag da mit Schubert, die Schirmmütze weit ins Gesicht gezogen. Er hatte Aglaia nicht schreien gehört, nichts bemerkt von einer Leiche. Aglaia fand nur ihren Kopf. Auf einer Welle schaukelte er so lange, bin ihn die Strömung mit dem letzten Wellenschlag ans Ufer spülte. Treskow schlief auf der Seite. Sein Schnarchen war so laut, daß Aglaia immer wieder hochschreckte. Sie streckte ihre Hand aus und wollte den Geliebten wecken. Oder nicht? Treskow war kein Ödipus.
Er wollte nicht wissen, wer er war. Er glaubte sein Geschlecht zu kennen, konnte geschickt damit umgehen und wußte genau, wo sein Zuhause war. Treskow hatte sich eingerichtet mit seinem Wissen. Er war sicher: Petra bildete sich die Krankheit nur ein. Sie würde wieder gesund werden. Die Psychologen, die er seiner Frau schickte, ließ er an ihren Diagnosen verzweifeln. Alles sollte ein großes Rätsel bleiben. Niemand durfte es lösen, am allerwenigsten Petra selbst. Petra, seine geheime Schöpfung. (S. 57f.)
© 1998, Libro Verlag, Wien.