Aber die Erinnerung an diese Tage hatte er sehr lange beiseite gelegt. Wenn sich die Formen wieder zurückziehen würden in den Stein, dann wäre er ihn los, dann wäre er befreit. Doch wie die Zeit voranschritt, wuchs die Furcht vor dieser Befreiung. Also waren alle Fluchtwege versperrt. Also mußte er bleiben. Mit dem Alltag Vorlieb nehmen, mit dem immergleichen. Das kam seinen Steinen aus Kindertagen schon näher, doch wars eine schwache Nachahmung dessen, was er einmal gewußt hatte.
Darüber sich auszudrücken, war wohl keinem gelungen, dachte er. Das lag wohl jenseits der Grenzen, das war wohl die Quelle. Hier lag wohl die Sehnsucht verschüttet und eiterte wie ein verborgener Vulkan schwarze Brühe auf die Besucher, schwarze Galle. Er warf um sich mit Steinen, wieder nur mit Steinen, schwarzen Geschossen, die er selber war.
Wenn jede Form gefunden, wenn alles durchdacht war, dann konnte er nur noch zerstören. Wie die Väter schon, die sich selbst auch zerstört hatten, die das hinterlassen hatten.
Für ihn blieben nur Träume, die die Kraft nicht mehr hatten, Wünsche zu werden. Das Schweigen wäre geblieben, das Recht zu schweigen. Keine Geste, auch nicht symbolisch. Man mußte die Menschen wieder entlassen aus ihrem Bild. Und ich weiß, so beschloß er, Uta zu entlassen.
(S. 83 f)
© 2004, Folio Verlag, Wien-Bozen.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.