Wie es sich ergab, zehn Jahre war ich alt,
fing meine Reise an mit nicht viel Zeit und Halt,
in Not und Armut, jeden Winkel, heiß und kalt,
einquartiert bei Christen, Orthodoxen, Heiden,
ohne Geld im Beutel und einen Bissen Brot
zum Verzehren mit mir, als ich ins Elend stob.
Für falsche Freundschaft hab ich oft mein Blut vertropft,
so daß ich glaubte, es ginge ans Verscheiden.
Ich lief zu Fuß, als wär's zur Buß, bis daß mir starb
mein Vater zwar, lief vierzehn Jahr', ein Roß erwarb
ich nie real, zumal ich's stahl, doch das nur halb,
genauso ging es mir auch wieder von der Seite.
(S. 13 f)
Wohlauf, wohlan,
Kind, Frau und Mann,
seid frohgemut,
frisch, freudig, tut,
tanzt dazu, springt,
spielt drauflos, singt!
Seht den zarten
Maiengarten! Wie's grünt.
Sing, Nachtigall,
Drossel, erschall
in Berg, Tal, Wald, Feld!
Zu zwein gesellt
euch ungestört,
heimlich flüstert,
liebt mit Wonne,
wie die Sonne erhellt!
(S. 54)
Original von Oswald von Wolkenstein:
Jch klag
Jch klag
Jch klag
ain engel
ain engl wüniklich
jnnerklich
O tag
Erlös die minniklich
Veriag
die alden
die kalden
geualden
swig' wünd'lich
Gemelich.
Übersetzung von Gerhard Ruiss:
Ich klag, beklag, beklag:
ein Engel, Engel, zauberhaft, herzallerliebst.
Oh Tag, erlös, die voller Anmut ist,
verjag die alten, kalten Sorgenfalten,
schweig still, bleib, wo du bist.
(S. 37)
© Folio Verlag, Wien-Bozen.