Zu zweit ist es natürlich ein bißchen eng hier.
Ich schaue zu meiner Freundin hinüber: Sie sitzt lässig vor dem Tisch und schenkt sich gerade ein Bier ein. Ich gehe zum Schrank hinüber und öffne die beiden Flügel der Schranktür.
Der Vorleger mit seiner schiefen Ecke.
Die Freundin beugt sich vor, sitzt jetzt, die Beine überschlagen, auf unserem Sessel, sie bückt sich zu ihren Zehen hinunter und begutachtet sie. Die Zehen sind rot lackiert.
Auf dem Tisch stehen in einer Vase Blumen.
Ich stehe, an die Wand gelehnt, entspannt und großmächtig da.
Vom Schrank her rinnt ein rotes Farbrinnsal gegen die Mitte des Zimmers. Dort muß der Boden ein bißchen tiefer sein als an den Rändern.
Aus dem Kasten dringt schrecklicher Gestank.
Ich kann's gleich zugeben: Wir haben die Leiche des Königs in den Kasten gestopft, und das tote Königsfleisch stinkt jetzt ganz jämmerlich. Es verstinkt uns die ganze Bude.
Meine Freundin tut Milchflaschen ins Netz, sie will einkaufen gehen. Aber ich kann sie nur warnen: Ich deute aus dem Fenster. Draußen -
»Das ist ja lebensgefährlich«, sage ich.
»Da hast du recht«, sagt die Feundin.
Ich versuche, die schwankende Bühnendekoration zu stützen. Mit den Händen. Die Freundin hat die Milchflaschen wieder neben den Ausguß gestellt.
Ich hole meine Schuhe unter dem Bett hervor und versuche, sie zu putzen. Ich spucke auf die Kappen, um sie blank zu kriegen. Ein kleines Tier, ein kleines, kluges Tier, steht, zwischen meiner Freundin und mir, auf den Hinterläufen aufgerichtet auf dem Tisch. Wir sind in irgendeiner Wirtschaft.
Aber da liege ich schon auf dem Fußboden und starre zur Lampe hinauf. Meine Freundin rührt in einer runden Schüssel den Gips an.
Das kleine Tier, Wiesel oder Ratte, steht auf dem Tisch, ich kann es aus den Augenwinkeln gerade noch ausnehmen.
Die Freundin kommt auf allen Vieren auf mich gekrochen, sie schiebt die Schüssel mit dem Gips vor sich her.
Auf der Straße draußen entfernt sich mein Bekannter.
Daß es in einer Stadt so still sein kann!
Im Kasten gibt es einen Plumpser: Der König ist wohl umgefallen und hat sich im Sturz meiner Kleider unter sich begraben. (S. 110f.)
(c) 1997, Verlag der Autoren, Frankfurt / Main.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.