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Michael Stavaric: Böse Spiele.

Roman.
München: C.H. Beck, 2009.
155 S.; geb.; Euro 17,40 .
ISBN 978-3-406-58240-0.

Link zur Leseprobe

Ein Mann zwischen zwei Frauen – diese Konstellation muss nichts Gutes bedeuten. In seinem vierten Roman lässt Michael Stavarič den Ich-Erzähler über die Geschlechterbeziehungen in fragmentarischen Auswürfen reflektieren, die das Klischee zu provozieren wissen und zu einem inneren Gefecht anschwellen. "Das wird ein böses Spiel", ja sogar ein Krieg, in dem die Protagonisten nur scheinbar Herr ihrer Schlachtpläne sind. Ein Spiel, das mit Leidenschaft gespielt wird, und von dem zu lassen schwer ist.

Zum einen ist da die hoffnungslose Beziehung zu einer namenlosen verheirateten Frau, die dem Erzähler eine einsame Liebe beschert. Die misshandelte Ehefrau und Mutter hat Angst vor jedem Mann: "Ob ich überhaupt weiß, wie sehr sie allen Männern den Tod wünscht, nimm es nicht persönlich, sagt sie. Dass keine Frau glücklich ist (und sie kennt eine Menge), dass eine Frau glücklicher wäre, wenn ihr kein Mann in die Quere käme, dass die Frauen Opfer bleiben und die Männer Täter." Leidend am Anna-Karenina-Ich-glaube-nicht-dass-du-mich-liebst-Syndrom zieht sie gegen die Männer in den Krieg, um für ihr Überleben zu kämpfen. Aber die Mama schmeißt sich nicht vor den Zug. Immer wieder wollen sich der Erzähler und die Frau voneinander befreien – nutzlose Versuche, die den Wunsch des (unmöglichen) Beisammenseins umso stärker in sie setzen.

Als Gegenspielerin der tragischen Verheirateten tritt "die andere" Geliebte auf; ein Freigeist, eine Nomadin, die die unwahrscheinlichsten Weltreisen unternommen hat und von deren erster Begegnung mit dem Erzähler unterschiedlichste Versionen existieren – doch keine davon scheint die Wahrhaftige zu sein. Einerseits wird sie als äußerliche Kopie der bevorzugten Frau beschrieben, andererseits wird sie durch ihr unschuldiges Land-ei-tum im krassen Gegensatz zum depressiven Wesen der Städterin dargestellt. Doch die aufrichtig Liebende ist nur halb so interessant für den Erzähler, denn: "Der Stachel sitzt tief. Sie sagt: Nein, er ist sogar abgebrochen."

Nicht nur die Charaktere hält Stavarič im überzeichneten Kontrast. Mit "Böse Spiele" legt der Autor eine Sammlung an stereotypen weiblichen und männlichen Zuschreibungen vor, die teils pathetisch, teils polemisch und absurd sind: Die Frauen würden die Männer überschätzen, diese wiederum würden die Frauen dafür mit einem Kind entschädigen, die Frauen bräuchten so viel Aufmerksamkeit wie Haustiere und Männer könnten von den Frauen über die Bedeutung des Gefühls lernen etc. etc. Als binäre Opposition tritt das männliche dem weiblichen Geschlecht gegenüber; die Unterschiedlichkeit wird stets als Defizit anstatt einer möglichen Bereicherung gehandelt.

Wer dachte, die Zeit des barbarischen Schlachtens sei vorbei, wird hier eines Besseren belehrt: Denn der Protagonist sieht sich in einer Welt, in der man schon im Kindesalter in Kriegsstrategien geschult wird, kleine Heere bildet, um sich auf eine Realität vorzubereiten, in der sich Mann und Frau als Feinde betrachten und Konkurrenten ausgeschaltet werden müssen. Der Kampf der Geschlechter ist eine Notwendigkeit in der hoffnungslosen Suche nach einem Sinn.

Stavarič choreographiert in "Böse Spiele" einen Tanz der Variationen von Motiven, Phrasen und Erinnerungen, die einen repetitiven Rhythmus erzeugen und sich unermüdlich um die eigene Achse drehen. Auf über 150 Seiten wird argumentative Überzeugsarbeit geleistet, in der, wie vor einem Kriegsgericht, beide Seiten ihre Verteidigung zur Rechtfertigung des Geschlechterkrieges hervorbringen. Dass die Sprache in ihrem begründerischen Getue die Ironie des Themas unterstützt, hilft aber auch nicht über den stellenweise mühsamen Stil hinweg, der durch die nicht enden wollenden "Dass ..." und "Und ..." Konstruktionen den Leser ermüdet. Vielleicht sollte man sich doch gleich zu Beginn des Buches abschrecken lassen, wo ein Textausschnitt aus dem No Doubt-Song "Don't speak" neben einem Zitat aus der "Ilias" prangt, die dem Roman als Unterlage dient ... Das ist kontrastives Denken!

Julia Zarbach
12. März 2009

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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