Von klein auf war Paul umgeben gewesen von der Atmosphäre des Traums. Viel später, nach Jahren eines solchen Lebens, wollte dem Paul vorkommen, als sei die verträumte Seele, die er einmal gewesen war, bloß Abbild – oder Teil – der großen Natur gewesen, in der er aufgewachsen war, die ihn als Kind stets umgeben hatte.
"Ich war immer ein Träumer", sagte er lächelnd und ein wenig kokett.
Vielleicht hatte er sich auf seine stumme Umgebung, den Hof, die Pflanzen und Tiere verwiesen gesehen, da der Vater bald gefehlt hatte und die Mutter sich nur wenig um ihn, um die Kinder überhaupt hatte kümmern können: Wie hätte er da anders bestehen sollen als mit Traumkräften?
Nach einem weit verbreiteten Aberglauben sind Träumer ganz besonders empfindsame und lyrische Naturen.
Beim kleinen Paul trat früh das Abweisende, Unverbindliche, ja bisweilen Feindselige am Träumer zutage. Er redete nicht gern und nur, wenn er direkt angesprochen wurde. Am liebsten schaute er in sich selber hinein, in das bunte und verwirrende Theater da drinnen, wo er sich bald als Zuschauer, bald als Akteur betätigen konnte.
Was er eigentlich war und wollte, blieb ihm verborgen und ganz unbekannt.
Das eindrücklich sich zeigende Schöne war der vielleicht reizendste Aspekt dieser inneren Welt.
Die wirkliche Welt, sie war gar nicht schön; oder doch höchstens bisweilen.
Dann nämlich, wenn es gelang, das Traumferment gleichsam unbemerkt und unmerklich in das von außen Kommende einzuträufeln: Da wurden die Blätter eines Baumes mit einem Mal zum rauschenden Wald, ein Käfer konnte sich zum Flugzeug oder Panzer auswachsen – es war plötzlich Krieg, und die oft mitangehörten Geschichten verwandelten sich zu großartigen Epen.
(S. 29 f)
© 2009 Residenz Verlag, St. Pölten-Wien.