"Am 23. 8. kaufte ich eine neue Zahnpaste. Dies hinderte mich nicht am späteren Onanieren. In der Nacht holte mich der Holländer aus dem Bett und er wollte mit mir in ein Nachtlokal gehen. Dort benahm er sich ausgelassen und lächerlich, tanzte auch mit Kokotten, was ich nicht tat. Dann hatte er kein Geld, die Zeche zu bezahlen, und ich mußte es für ihn tun. Den Morgen darauf ging ich zeitig schwimmen. Dann kam seine Frau zu mir, um ihn abzuholen. Sie war übrigens selbst eine Kokotte gewesen, bevor er sie geheiratet hatte. Er hätte mir das Geld wieder bringen sollen, das ich für ihn ausgelegt hatte, war aber am Treffpunkt nicht eingelangt. Dagegen traf ich Sybillens Mutter, die meinen Rat angeblich brauchte. Später ging der Maler Vigny an mir vorbei. Er hatte früher als Sohn von Französischlehrern in Ottakring oder Hernals gelebt, dort Kinder geschändet und sich an Einbrüchen beteiligt, doch nach Verbüßung der Strafen sich wieder in sein Vaterland begeben, dessen Sprache er mit dem Zungenschlag des von ihm missbrauchten Gastlandes versah. Auch fand er die südfranzösischen Kinder nicht so begabt wie die hernalserischen und war schließlich in seinem nunmehrigen Wirkungskreis ein bekannter Maler geworden. An diesem Tage hatte ich keine Lust, mit ihm zu sprechen, er erzählte mir meistens dasselbe von vergangenen schönen Tagen. Am Abend war ich im Kino, in dem ich die Frau eines jüdischen Emigranten, der gleichfalls malte, getroffen hatte. Sie war selbst im KZ gewesen und ist genötigt worden, nackt im Winter, ihr Kind auf dem Arm, bei Tiefsttemperaturen im Freien zu stehen. Das Kind ist gestorben und sie konnte keines mehr bekommen. Ihre Schönheit blieb." (S. 50)
© 2006, Zsolnay Verlag, Wien.