Die anderen Hausbewohner tun dies und das, eine geregelte Arbeit haben sie nicht. Auch ich arbeite nicht. Das Praktikum, wegen dem ich nach Brüssel gekommen bin, war nach sechs Wochen um. Man war zufrieden mit mir. Verdient habe ich nichts. Jetzt macht ein neuer Praktikant meine Arbeit. Der wird sie noch eine Woche machen, dann kommt der nächste Praktikant. Der auch unbezahlt arbeiten wird. Und so geht das weiter. Ich habe fünf, sechs Praktika gemacht während meiner Studienzeit und drei nach Studienabschluss. Ich bin hochqualifiziert. Bezahlte Arbeit finde ich keine. Warum sollen die Unternehmen jemanden bezahlen, wenn es genug Leute gibt, die bereit sind, ohne Lohn zu arbeiten? Wie mir geht es vielen jungen Akademikern. Aber das ist kein Trost. Die Arbeitslosenrate ist hoch. Erst die Belgier, dann die Ausländer. Das sind die Verhältnisse, an denen nicht zu rütteln ist. Vorerst jeden Tag drei Stunden Französischkurs von neun bis zwölf. Dann gehe ich nach Hause, versuche zu essen, ich habe wenig Appetit. Allein essen schmerzt, die hoch kommende Einsamkeit stemmt sich gegen das Runterschlucken.
© 2010 Eidition Laurin, Innsbruck