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Reinhard Wegerth: Damals und dort

Stimmenroman.
Klagenfurt: Sisyphus Verlag, 2010.
191 S.; geb.; Euro 18,-.
ISBN 978-3-901960-50-5.

Link zur Leseprobe

Bier, fast leer

Ein Gespräch zu verfolgen, das einem Buch gewidmet ist, gehört zur schwierigen Aufgabe für unsereins. Bei einem kalten Glas Bier werden meist lauthals höchstpersönliche Dinge oder saugute Witze besprochen. Nun hat mich aber eine Lesende bestellt, die sehr langsam trinkt, und über mich hinweg ihrer Gesprächspartnerin vorzulesen beginnt, nachdem ich halb leer bin. So erfahre ich allerlei und hege die begründete Hoffnung, Figur einer Literaturkritik zu werden.

Die Freundin, der die Struktur des Buches erzählt wurde, fühlt sich gleich an Robert Menasses "Ich kann jeder sagen" erinnert, allerdings habe dieses Buch zu viel versprochen und zu wenig gehalten, – ob dies denn bei Wegerths "Damals und Dort" anders sei?

Dass der Autor eine Autobiografie geschrieben habe, erzählt nun die Leserin, aber zum Glück keine gewöhnliche. Ein bisschen schräg. Stimmen von Gegenständen, Menschen oder Ideen seines Lebens hätte er das Recht gegeben, sich zu seinem Leben zu äußern. 30 kurze Kapitel gäbe es nachzulesen, meist knappe zwei bis vier Buchseiten lang, Erlebnisse des Autors aus den Jahren 1970 bis 2000, Fundstücke aus dem kollektiven und individuellen Gedächtnis.

Es dürfen etwa erzählen – erfahre ich – Dinge und Menschen wie ein griechischer Dornbusch (Pinkelgeschichte), die Miete (Wohngeschichte), ein Zweizeiler (Demonstrationsgeschichte), ein Leibchen (Sexgeschichte), ein Radiochef (Mediengeschichte), ein grüner Geheimagent, ein eiserner Vorhang, eine neu aufgelegte CD (Zeitgeschichte, international), der Mediensekretär eines Kanzlers, eine unterbrochene Zahlung, erklärbare Schatten und das bewachte Kanzleramt (Zeitgeschichte, österreichisch), auch ein Fernsehschirm oder Grünpress (Umweltschutzgeschichte). Außerdem: eine falsch angekreuzte Muttersprache, ein geändertes Impressum, und unter anderem auch eine verschmähte Halbe Bier - da hat es meinesgleichen gar zum Ich-Erzähler gebracht!
Dass sie finde, das Buch sei ein seltsames Vergnügen, höre ich die Vorleserin sagen. Wundert mich nicht, dass die was vergnüglich finden, so wie sie meinesgleichen geleert haben und mich jetzt wohl bald auch.

Österreichische Zeitgeschichte, sich freuend

Hat wieder jemand versucht, mich einzufangen, kann nicht sagen zum ersten Mal, bin das ja bereits gewohnt, kann auch nicht leugnen, dass mich das freut, dass mich da mal einer ein bisserl anders, na ja, beschrieben hat.
Dass es um mich geht, soll ja schon das Umschlagbild suggerieren, das man dem Buch umgeschnallt hat. Was da zu sehen ist und warum, das erzählt ein auf derstandard.at publizierter Text, auch ganz im Stil des "Stimmenromans" gehalten, der sich vorgenommen hat, mich "einzufangen", als hätt' das jemals wer geschafft: Beim-Kanzler-1977

Na, 1977, ahnt man ja schon, eben, und das Foto findet man online auch. Der Autor, der da über mich schreibt, einer aus der linksalternativen, so was wie einer grünen und grünkritischen Szene, wer weiß schon, was das genau ist, der schenkt mir also "stimmige" Standbilder gar nicht so undynamischer österreichischer Geschichte:
War der schließlich in den 70ern Redakteur eines Literaturmagazins und auch sonst als Schreiberling viel unterwegs, war gegen Atomkraft und für die Frauenbewegung, hat erlebt, schreibt über: Kreisky, Volksabstimmung "Zwentendorf", Ortstafelsturm und Volkszählung slowenischer Minderheit in Kärnten, Beginn der Grünen Bewegung, Fall des eisernen Vorhangs, Folgen für die österreichische Politik 1999.
Hat mich, als öffentliche, mit seiner, einer privaten, beruflichen, gern auch intimen Geschichte zusammenfließen lassen, erotische Abenteuer und Nudistengeschichte inklusive.

Und dann hat der Autor, lustig, ein (Gewinn-)spiel aus mir gebastelt, zu finden nach dem Inhaltsverzeichnis am Ende des Buches. Da kann man Buchstaben aus mir entliehenen Personennamen zusammensetzen, zu einem Wort "das der Autor gerne als Beurteilung seines Buches gelten lässt", ein Wort, das ich auch gelten lassen will.
Würd' ich gern mitspielen. Darf aber nicht. Bin zu sehr involviert. Freu ich mich aber trotzdem, dass ich es wieder mal in einen Roman geschafft hab, freu ich mich sehr, keine Frage. Und das Ganze zählt sicher nicht zum Schlechtesten, was je über mich geschrieben wurde!

Elena Messner
6. Oktober 2010

Originalbeitrag

Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Sie geben nicht notwendig die Meinung der Redaktion wieder.

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