I
Der Traktor bockte über den steinigen, mit Holzprügeln bedeckten Fahrweg, schmierte durch Schlammlöcher, und die Ketten, die Stahlseile, die hinten an der Maschine hingen, klirrten ins Motorengeknatter heinein; immer wieder zwang Emmeran den wegrutschenden Traktor zurück auf den Weg, der zwischen dicht und düster stehenden Fichten die Bergflanke hinauflief. Konzentrieren musste er sich, er konnte sich nicht um Johannes kümmern, der neben ihm auf dem Kotflügel saß; im Augenwinkel hatte ihn Emmeran, er sah, wie es seinen Neffen stieß, wie es ihn beutelte, wie sehr er sich an die Eisenrohre der halb offenen Fahrerkabine klammern musste, um nicht zwischen die Fichten zu fallen, aber was fürchtete er um den Buben, während der letzten Woche war der Weg noch nasser gewesen, schmieriger, und trotzdem waren sie gut hinaufgekommen, was machte er sich Sorgen, dort vorne war doch schon die Kuppe, Gas gab Emmeran, und die Reifen rauften sich durch den Schlamm, der Dreck flog an der Fahrerkabine vorbei, dann waren sie oben, flacher wurde es, hier mündete der Fahrweg in einen Wendeplatz, auf dem er den Traktor abstellte.
Das Motorengeräusch klingelte in Emmerans Ohren nach. Er blieb einen Moment lang sitzen und blickte durch einen kleinen Kahlschlag hinunter in den Talgrund. Dort trieb der Wind Wolkenschatten zusammen, grauwollige Zottelwesen, die langsam ins Österreichische hinüberzogen. Auch Johannes rührte sich nicht. Emmeran spürte, dass er ihn unverwandt anschaute.
"Fragen muss ich dich was, Emmeran."
Fragen? Was fiel dem Buben ein, gerade jetzt, wo es ans Arbeiten ging, Fragen zu stellen? Er wusste doch, was getan werden musste. Die Frontscheibe klappte Emmeran noch oben, um aussteigen zu können, er öffnete die Spanngurte, mit denen er die Motorsäge und den Reservekanister auf dem freien Kotflügel festgezurrt hatte.
"Frag halt." Fast abwehrend sagte er das, während er samt der Säge vom Traktor stieg.
"Warum - warum schnitzt du eigentlich?"
"Was?"
"Warum du die Larven schnitzt. Keiner im Dorf macht sonst sowas."
Schulterzuckend trat Emmeran hinter den Traktor, holte die Axt zwischen den Ketten hervor und den Sappie, dessen Eisenkralle er erst gestern nachgeschliffen hatte.
"Ich meine, du könntest auch etwas anderes schnitzen. Tiere zum Beispiel."
"Ich schnitze halt Masken." Die Ungeduld in Emmerans Stimme machte, dass auch Johannes endlich vom Traktor stieg. Er nahm die Axt entgegen, holte Arbeitshandschuhe aus einer Tasche seines Anoraks und tat einen zögernden Schritt auf die Fichte zu, die noch von der letzten Woche her am Rand des Wendeplatzes lag. Dann drehte er sich um und sah Emmeran bittend an.
"Ich - ich möchte dich noch andere Sachen fragen. Wie es früher war. Wie es auf dem Moosbichl war, bevor ich auf die Welt gekommen bin. Und helfen möchte ich dir beim Schneiden. Darf ich mit hinauf?
"Ein andermal. Zu steil ist es da oben. Zu gefährlich.[...]"
(S.7,8)
© 2010 Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg.