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Leseprobe: Roman Marchel - Kickboxen mit Lu

Also ich war ja wieder in der Bücherei und hab dein Buch weitergelesen. Mit dem Bus wieder bis zum Hauptplatz, und da ist ein Zebrastreifen hinüber zur anderen Straßenseite. Ein paar Häuser weiter ein Supermarkt, vor dem sind zwei Polizisten gestanden, die sind mir gleich aufgefallen. Die Polizei kann ich nämlich echt nicht brauchen in meiner Situation. Ich schau also nicht zu ihnen hin, man muss ja nicht extra auffallen, und da seh ich auf dem Zebrastreifen drei Tänzer. Zwei Männer, eine Frau. Der jüngere Mann wackelt mit der Hüfte. Immer einen Schritt zurück, zwei nach vorn. Der Ältere hat ihm den Arm um die Schulter gelegt und zappelt daneben her. Die Frau umkreist die beiden wie ein Mond. Sie ist leicht in der Hocke. So tanzen die über die Straße, total langsam, obwohl sie in voller Bewegung sind. Alle anderen rennen vorbei, alle haben irgendeinen Stress, Verkehr ist auch viel. Manche hupen schon. Keine Chance. Der Jüngere holt mit dem Bein weit nach hinten aus, so richtig halbkreisförmig, der Ältere ruckelt dahin, die Frau rundherum. Sie gibt ihnen den Beat, ganz sanft schaut sie drein. Irgendein Idiot hupt wieder. Ich denk mir, jetzt werden die Polizisten gleich eingreifen, weil die drei ja alles aufhalten. Tun sie aber nicht. Weil sie sicher schon längst bemerkt haben, was ich erst jetzt kapier. Dass der Jüngere nämlich behindert ist. Dass die anderen Mutter und Vater von dem behinderten Sohn sind und ihm über die Straße helfen. Es ist total offensichtlich, aber irgendwie bin ich nicht gleich drauf gekommen. Aber verstehst du, was ich mein? In dem Moment, wie ich mir selber gesagt hab, ah, der ist behindert, war alles klar, der ganze Zauber war weg. Weil ich verstanden hab. Ich meine, was bleibt? Ein bisschen Rührung und Mitleid natürlich, das eh keiner will. Aber das, was irgendwie so ganz anders war und schön, dass die drei da einen Tanz aufführen, quer über die Straße, bei vollem Verkehr, unter Gehupe, das war weg. Das Lied, das ich richtig gehört hab, war auch weg, mit Beat und allem. Da hab ich mich gefragt, ob das wirklich sein muss, ob man wirklich immer alles wegverstehen muss. (S.54f)

© 2011 Residenz Verlag, St. Pölten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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