Und plötzlich hatte ihre Welt einen Namen, einen eigenen, und sie waren Österreicher und Burgenländer, und es gab eine Grenze fünfzig Meter hinter der Dorfmühle, und warum die Pernauer auf der anderen Seite blieben, die Großdorfer und Schildinger desgleichen, erfuhr man nicht. Das fahrende Volk der Fuhrwerker wusste nicht mehr, mit wem es handeln sollte, das Vieh wanderte nicht mehr von hier nach dort, die Schmuggler saßen untätig auf ihren Waren, es verschwanden die Notäre, die ungarischen Pfarrer und Gendarmen, Felder und Wiesen schnitt man auseinander, wie die Verwandtschaften auch. Zum Bestellen der Äcker auf der drüberen Seite brauchte man einen Grenzpassierschein, zwischen Körmend und Güssing pfiff keine Lokomotive mehr, mit den ungarischen Zirkularen und Eingaben war es vorbei. Jetzt schrieb und rechnete man deutsch, nur die magyarischen Fürsten und Grafen saßen auf ihren Besitztümern wie seit Jahrhunderten. Die Welt war verworren, und das Leben blieb immer gleich hart.
(S.46)
© 2005, Haymon Verlag, Innsbruck-Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.