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Leseprobe 3

NACHTWANDERER

Norma Feye
Roman / Dark Romance

Oldigor Verlag

Taschenbuch, 284 Seiten

Okt. 2014, 13.90 EUR
Bestellen: Jetzt bestellen / auch als eBook erhältlich

Micheál O’Dhomhnaill tritt ans Fenster und späht durch einen Spalt zwischen den schweren Vorhängen, als er einen Wagen die Auffahrt heraufkommen hört. Er sieht einen schwarzen Porsche 911, der direkt vor der Treppe von Campion House hält. Eine Weile tut sich gar nichts, dann öffnet sich die rechte Tür, und eine zerbrechlich wirkende, dunkelhaarige Frau steigt aus. Erst auf den zweiten Blick erkennt Micheál seine Schwester Nuála. Sie hat sich sehr verändert in den vergangenen acht Jahren. Er will zur Tür gehen, da steigt ein Mann aus dem Porsche. Er ist groß und schlank mit lackschwarzem, kurzem Haar und er trägt einen zweifellos teuren, knöchellangen dunklen Ledermantel. Der Mann folgt Nuála völlig selbstverständlich die Treppe zur Haustür hinauf.
Micheál zuckt zusammen, als die Türglocke läutet; seine Nerven liegen blank, seit …
Er muss sich eingestehen, dass ihn der Gedanke, seine Schwester so plötzlich wiederzusehen, nervös macht. Mit heftigem Herzklopfen öffnet er die Tür.
Nuála steht mit den Händen in den Jackentaschen vor der Tür, äußerlich völlig gelassen. Aber Cedric, der dicht hinter ihr steht, spürt ihre Anspannung.
„Hallo, Mic”, unterbricht sie schließlich das verlegene, etwas ratlose Schweigen.
„Hallo”, antwortet ihr Bruder kurz und sein Blick ruht misstrauisch auf Cedric.
Nuála verliert die Geduld und schiebt sich an ihrem Bruder vorbei ins Haus. „Was ist mit Caitlyn?”
Micheáls Blick pendelt zwischen seiner Schwester und dem dunklen Fremden, der sie begleitet, hin und her. „Das ist eine Familiensache”, erklärt er mit Nachdruck. „Ich glaube nicht ...”
„Fein”, unterbricht Nuála ihn und deutet erst auf Micheál, dann auf Cedric. „Cedric, das ist mein Bruder Micheál. Mic, das ist Cedric, mein Mann.”
Sie genießt für einen Moment, wie wunderbar glatt diese Erklärung über ihre Lippen kommt, dann sieht sie ihrem nun völlig aus der Fassung geratenen Bruder ins Gesicht. „Ist sie oben?”
Er nickt, vor Überraschung zu keinem Wort fähig.
Nuála durchquert die Eingangshalle und bleibt verdutzt vor den Trümmern der wertvollen chinesischen Vase stehen, die, solange sie sich erinnern kann, immer auf einem Sockel am Fuß der Treppe gestanden hat. Irritiert sieht sie sich um. Das Schloss der Tür zum Arbeitszimmer ihres Vaters ist aufgebrochen. Einem plötzlichen Impuls folgend geht sie einige Schritte zurück und späht in die große Bibliothek. Die zugezogenen Vorhänge lassen kaum Licht herein, doch sie kann erkennen, dass die Kissen der Couchen auf dem Boden verstreut liegen und fast alle Bücher aus den hohen Regalen gerissen sind.
„Was ist hier passiert?”, fragt sie ihren Bruder ohne Umschweife.
„Wir”, setzt er zögernd an, „wurden überfallen.”
„Caitlyn?”
„Sie ...”, er räuspert sich nervös. „Es geht ihr sehr schlecht.”
Nuála strebt der Treppe zu und beginnt, hinaufzusteigen. „Warum habt ihr keinen Arzt gerufen oder sie ins Krankenhaus gebracht?”
Micheál beeilt sich, sie einzuholen. „Das ist nicht so einfach”, erklärt er, und seine Stimme bettelt regelrecht um Verständnis. „Sie ist angegriffen worden; oder besser, angefallen ...”
Er versucht, Nuála den Weg zu verstellen, damit sie die Zimmertür, auf die sie entschlossen zusteuert, nicht öffnen kann. „Angefallen von … von irgend… irgendeinem Tier”, stottert er hilflos, als sie ihn einfach beiseiteschiebt.
Nuála stößt die Tür auf und blickt in den Raum dahinter.
Dann sagt sie mit geradezu unheimlicher Ruhe: „Oder von einem Vampir.”

Szenentrenner


Entschlossen schiebt sich Cedric an seinem Schwager vorbei, der durch Nuálas unerwartet gelassene Reaktion erneut gänzlich aus der Fassung geraten ist. Schon in dem Moment, als Micheál die Tür geöffnet hat, hat er gespürt, welches Unheil einer von seiner Art in dem herrschaftlichen Haus angerichtet hat. Deshalb überrascht ihn nicht, was er vorfindet. Aber es erschüttert ihn zutiefst.
Auch in diesem Raum sind die schweren Vorhänge zugezogen, aber es bereitet Cedric keine Mühe, im Dämmerlicht in allen Einzelheiten die junge Frau zu erkennen, die regungslos auf dem Bett liegt. „Licht”, fordert er trotzdem.
Helles Sonnenlicht flutet ins Zimmer, als Nuála die Vorhänge aufzieht, und enthüllt schonungslos Caitlyns Zustand. Ihr Gesicht ist kalkweiß und eingefallen, die geschlossenen Augen liegen tief in den Höhlen. Ihre Lippen sind nur dünne, farblose Striche und kalte Schweißperlen glitzern auf ihrer Stirn. Ihr Atem geht schnell und flach. Dunkel stechen die beiden charakteristischen Wunden von der bleichen Haut ihres Halses ab.
„Gütiger Gott”, ruft Nuála gequält aus.
Sie begegnet dem Blick ihrer älteren Schwester Morgaine, die einer Statue gleich am Kopfende des Bettes steht, doch Morgaines Blick wandert schnell zu Cedric, der sich gerade behutsam auf der Bettkante niederlässt. „Wer ...?”, fährt sie auf und will ihm entgegentreten.
„Er ist mein Mann”, erklärt Nuála schnell. „Lass ihn. Er kann ihr helfen.”
Nur zögernd tritt Morgaine zurück und beobachtet, wie Cedric Caitlyns Puls fühlt, ihr in die Augen schaut und sich über die Wunden an ihrem Hals beugt.
„Was ist mit ihr passiert?”, fragt Nuála zaghaft und tritt hinter ihn.
„Sie ist ein Grenzgänger”, erklärt er leise. „Nicht mehr wirklich am Leben, aber auch noch nicht tot.”
„Kann man ihr helfen?”
„Nein.” Micheál hat endlich seine Überraschung überwunden und tritt an das Bett. „Vater hat uns vor einiger Zeit gewarnt, dass so etwas passieren könne”, fährt er fort. „Er hat uns Verhaltensregeln gegeben für einen solchen Fall und uns erklärt, dass es für einen Menschen in diesem Zustand keine Hoffnung gibt. Wir haben dich hergeholt, weil wir glauben, dass sie sicherlich gern alle ihre Geschwister bei sich haben möchte, wenn sie stirbt.”
„Unsinn!”
Micheál schaut erstaunt auf Cedric. „Wie bitte?”, fragt er leicht pikiert.
„Sie muss nicht sterben”, erklärt Cedric gelassen. „Man kann ihr selbstverständlich helfen.” Er holt sein Handy aus der Manteltasche und reicht es Nuála. „Ruf Sid her.”
„Aber”, wendet sich Micheál protestierend an Nuála, „Vater sagt ...”
Sie lässt ungehalten das Handy sinken, das sie schon ans Ohr gehoben hat. „Mic, hör doch endlich auf damit”, unterbricht sie ihren Bruder. „Vater hat die Wahrheit auch nicht gepachtet. Selbst er kann sich irren.”
Micheáls Gesicht nimmt tatsächlich den Ausdruck eines Mannes an, der gerade Zeuge eines unverzeihlichen Sakrilegs geworden ist, aber Nuála ignoriert es und ruft seelenruhig in Sids Praxis an.
Mit einem letzten großen Willensakt überwindet indes Morgaine ihren anfänglichen Widerwillen. Ihre Schwester und der Mann, der, wie es aussieht, ihr Schwager ist, machen sehr überzeugend den Eindruck, als wüssten sie, was zu tun ist. „Wie kann man ihr helfen?”, fragt sie entschlossen.
„Wir müssen ihren Organismus mit Energie und Nährstoffen versorgen, bis der Arzt hier ist”, antwortet Cedric, „damit sich ihr Körper nicht selbst verzehrt.”
„Wie?”, will Morgaine wissen.
„Mit Wein”, erklärt er. „Am besten einem schweren Rotwein. Außerdem Traubenzucker, Wasser, Salz und etwas kalt gepresstes Öl.”
„Haben wir alles in der Küche”, meint Morgaine und schickt sich an, das Zimmer zu verlassen.
„Aber ...”, setzt Micheál zu erneutem Protest an.
Morgaine betrachtet ihren Bruder eine Sekunde abschätzend. „Besser wäre noch, wenn du hinuntergehst und die Sachen holst”, beschließt sie.
„Aber ...”
„Geh!” Ihre Stimme duldet keinen Widerspruch und Micheál geht stumm hinaus. Sie können hören, wie er die knarrenden Stufen der Treppe hinuntersteigt.
Cedric erhebt sich vom Bett und wirft seinen Mantel über eine Stuhllehne.
„Können wir sie irgendwie wecken?“, fragt Morgaine.
„Das hängt davon ab, wie nah sie der Grenze ist“, erhält sie eine Antwort, die sie nicht versteht.
„Welche Grenze?“
„Die zwischen Leben und Tod“, erklärt Cedric. „In früherer Zeit war es unter Vampiren ein Beweis von Geschicklichkeit, einem Menschen gerade so viel Blut zu nehmen, dass er nicht mehr leben, aber auch nicht sofort sterben konnte. Ziel war es, das Opfer möglichst lange an der Grenze zwischen Leben und Tod verharren zu lassen.”
„Das ist grausam”, entfährt es Morgaine.
„Deswegen ist es auch seit langer Zeit bei Strafe verboten”, gibt Cedric gelassen zurück.
„Und wie dicht ist sie ...?“ Morgaine wagt es nicht, die Frage zu Ende zu sprechen.
„Das ist nicht schwer zu ergründen“, meint Cedric, geht zu Caitlyn hin und beugt sich tief über die Wunden an ihrem Hals. Sacht haucht er darauf.
Mit einem leisen Wimmern zuckt Caitlyn unter der Berührung seines Atems zusammen.
Morgaine macht unwillkürlich einen Schritt vorwärts, doch Nuála legt ihr beruhigend die Hand auf den Arm. „Es ist in Ordnung”, versichert sie.
„Sie ist nicht sehr weit fort“, stellt Cedric fest, als er sich wieder aufrichtet. „Wer immer das getan hat, war offenbar nicht besonders erfahren.“
„Was bedeutet das alles?“, fragt Morgaine aufgebracht. „Vater hat uns nichts erklärt. Er hat uns nur gesagt, was wir in solch einem Fall tun sollen, wenn er nicht in der Nähe ist.”
„Nämlich gar nichts”, vermutet Nuála mit leichter Bitterkeit in der Stimme. Dann stutzt sie plötzlich. „Wieso konnte Vater euch vor so etwas warnen? Warum sollte er von Vampiren wissen? Und warum sollte er damit rechnen, von ihnen angegriffen zu werden?”
Morgaine hebt in eindeutiger Geste die Schultern. „Warum wisst ihr davon?”, stellt sie eine Gegenfrage.
Nuála und Cedric wechseln einen kurzen Blick.
Dann schaut er zu Morgaine hin, lächelt ein wenig und lässt für nur eine Sekunde die scharfen Eckzähne vorschnellen.
Morgaine weicht mit einem leisen Aufschrei zurück. „Um Himmels willen ...” Mit zitternden Fingern tastet sie unbewusst nach dem kleinen, silbernen Kreuz, das im Ausschnitt ihrer Bluse schimmert.

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