William Golding: Der Turm der Kathedrale (Roman) |
William Golding: Der Turm der Kathedrale |
Inhaltsangabe:
Jocelin, der Dekan der seit einhundertfünfzig Jahren stehenden Münsterkirche der Jungfrau Maria, hält sich für ausersehen, einen neuen, 400 Fuß hohen Turm errichten zu lassen. Der Sakristan Pater Anselm, die anderen Geistlichen, der Kirchendiener Pangall und die Bewohner der Stadt halten Jocelin für verrückt, aber der Dekan beauftragt den Baumeister Roger Mason mit dem Werk. Dessen Arbeiter graben zuerst den Boden unter der Vierung auf, damit Roger nach den Fundamenten sehen kann. Die hält er für viel zu instabil, um einen so hohen Turm tragen zu können, aber Jocelin lässt sich nicht von seinem Vorhaben abbringen. Also öffnet Roger das Gewölbe über der Vierung und beginnt mit dem Bau eines neuen Turmes. Die Messe wird nun statt am Hauptaltar in einer seitlich gelegenen Marienkapelle gelesen. "[...] der Wahn ist nicht mein Wahn. Er ist Gottes Wahn. Auch in der alten Zeit hat er von den Menschen nie verlangt, sie sollten das Vernünftige tun. Das können die Menschen von allein. Sie können kaufen und verkaufen, heilen und regieren. Aber dann kommt irgendwoher aus dem Verborgenen der Befehl, etwas zu tun, was keinen Sinn hat – ein Schiff zu bauen auf dem Trockenen, sich zwischen Misthaufen niederzusetzen, eine Hure zu heiraten, den eigenen Sohn auf den Opferaltar zu legen. Wenn dann der Mensch gläubigen Herzens ist, dann entsteht etwas Neues." (Seite 194) Als Jocelin beobachtet, wie Goody Pangall, der Frau des Kirchendieners, mit einem Korb zum Markt gehen will, aber bei Roger stehen bleibt und mit ihm spricht, ahnt er, dass die beiden etwas miteinander haben, obwohl beide verheiratet sind. Kurz darauf glaubt er, einen Mann zu sehen, der mit dem Modell des Turms zwischen den Beinen auf Goody Pangall zuspringt. Ihr Haar war entblößt. Es ging herab, auf der einen Seite über ihre Brust gebreitet in einer zerfetzten Wolke aus Rot, auf der anderen in einem wirren doppelten Zopf, an dem ein halb losgelöstes grünes Band baumelte. Ihre Hände griffen nach hinten, in Hüfthöhe die Säule umklammernd, und ihr Leib leuchtete am Nabel durch den von jähen Händen aufgerissenen Schlitz in ihrem Kleid. (Seite 158f) Pangall verlässt seine Frau und die Kathedrale. Bei der nächsten Gelegenheit stellt Jocelin sich Goody in den Weg, bietet ihr seine Hilfe an und versichert ihr, wie teuer sie ihm sei. Aber sie stöhnt nur: "Nicht Ihr auch noch!" Und stürzt davon. Der Dekan beschließt, die junge Frau, die bereits ins Gerede gekommen ist, nach Stilbury zu schicken, um sie von Roger zu entfernen. Als er zu ihr gehen will, rennt Rogers Frau Rachel wie eine Furie an ihm vorbei: [...] ehe er noch einen Schritt tun konnte, wurde er heftig angestoßen, dass er taumelte. An seinem rechten Auge zuckte etwas Scharlachrotes auf, und Rachel Mason jagte auf das Haus zu, riss die Tür auf und stürzte hinein. Sogleich krachte drinnen etwas, man kreischte und schrie. Rachel schrie arge Worte. Die Tür flog auf, und der Baumeister stolperte heraus, mit den Händen nach dem Blut an seinem Kopf fassend. Im nächsten Augenblick folgte ihm Rachel. Sie kreischte ihm ihre groben Beschimpfungen nach, sie schlug ihn auf Kopf und Schultern mit einem Besen, und in ihren Fingern hatte sich ein Büschel roten Haars verfangen, das mit dem Besenstiel auf und nieder flatterte [...] (Seite 210)
Jocelin betritt das Haus. Goody Pangall kauert mit zerzausten Haaren vor dem Kamin. Er streckt die Hand nach ihr aus, aber sie beginnt zu schreien und schneidet sich die Pulsadern auf. Der Dekan ruft um Hilfe, aber Goody verblutet. |
Buchbesprechung:
William Golding erzählt die Geschichte über den "Turm der Kathedrale" ausschließlich aus der Sicht des Dekans Jocelin, der wider die Vernunft und alle Berechnungen des Baumeisters glaubt, einen enorm hohen Turm auf seine Kathedrale setzen zu müssen. Es ist die Apotheose des Irrationalen. Mit seinem gefährlichen Fanatismus gerät Jocelin in das Spannungsfeld zwischen seinem unbeirrbaren Glauben und seinem Hochmut, zwischen Illusion und Dünkel. Nicht nur Bauarbeiter kommen bei dem Wagnis ums Leben, sondern auch die Ehefrau des Kirchendieners,
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005
William Golding: Der Herr der Fliegen |