Leseprobe:
Sie holte einen Arm, einen nackten Arm unter der Bettdecke hervor, wo er ihren Körper streifte und sie darauf aufmerksam machte, dass allmählich wieder Empfindung, Gefühl, Durchblutung eingesetzt haben dürften. Ohne hinzuschauen griff sie neben sich, traf auf nichts außer der allmorgendlichen Weiße, die sich ihrer aktuellen Verfassung jedoch weitgehend verschloss, da sie mit Brechreiz zu kämpfen hatte. Nichts, ohne jegliches Hindernis, bis dann ihre Hand plötzlich, unerwartet und mindestens ebenso erschreckend wie der erste Augenaufschlag etwas nicht zu Indentifizierendes ertastete.
Einen Augenblick lang kam es ihr so vor, als greife sie von irgendwo außerhalb auf ihren eigenen Leib. Eine schlimme Erfahrung, zumal für jemanden, der sich bewusst ist, erst kürzlich die Fassung verloren zu haben. Eine ernüchternde Abkühlung, da sich das Phantom nicht zurückzuziehen schien, sondern Gestalt annahm. Irgendetwas lag da, und dieser Umstand wirkte sich wie ein Kübel Eiswasser aus, der über ihrem lädierten Leib ausgeleert wurde. Sie setzte sich auf, schnellte vielmehr hoch, blickte um sich, als hege sie den Verdacht, das ganze Bett sei mit winzigen krabbeligen Insekten, mit hirnlosen Kriechtieren übersät. Den Umgang mit Alkohol oder Hallozinogenen gewöhnt, wartet man ja im Grunde auf den Moment, in dem es so weit ist, damit endlich eintritt, was die warnenden, gut gemeinten Stimmen fortwährend prophezeit haben.
(S. 12)
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