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Das Familienritual 1

DAS FAMILIENRITUAL
DAS FAMILIENRITUAL

Barbara Büchner
Roman / Düstere Phantastik

Fabylon
Covergrafik: Crossvalley Smith
Covergestaltung: Atelier Bonzai
Innengrafiken: Crossvalley Smith

ARS LITTERAE: Band 9
Broschiert, 200 Seiten
ISBN: 978-392707161-2

Mar. 2013, 14.90 EUR
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Aber das alles – und Dr. Morlar, der sich hinter dem Schreibtisch erhob und ihr mit einer schlaffen Geste die Hand hinstreckte – nahm sie kaum wahr, so sehr faszinierte sie ein Gemälde, das in einem vergoldeten Rahmen hinter dem Schreibtisch hing.
Es war ein Bruststück, in altmeisterlicher Technik ausgeführt. Trotz dieser Technik, und obwohl die Farben dunkel waren wie die Farben alter Ölgemälde, hatte Kathy den Eindruck, dass es erst in letzter Zeit gemalt worden war. Es zeigte im Hintergrund einen rötlich schillernden Sumpf, in den sich zerbröckelnde Klippen hinausschoben, und davor Kopf und Brust eines Mannes, von einer breitflügeligen, rostfarbenen Haube umhüllt. In der erhobenen Hand hielt er einen grünen Stängel mit einer großen, einer Kallas ähnlichen weißen Blüte, aus deren Kelch Schleim tropfte.
„Womit kann ich Ihnen behilflich sein, Frau Belham“, fragte Dr. Morlar. Er hatte eine weiche, langsame, etwas geistesabwesend klingende Stimme, als sei er in Gedanken ganz woanders, während er mit ihr sprach. Sie nahm sich zusammen und sah ihn aufmerksam an. Er mochte ebenso gut fünfundzwanzig wie fünfundfünfzig sein. Sein Kopf war ein Spur zu groß für den schmächtigen Körper. Spinnwebdünnes blondes Haar umrahmte ein sehr bleiches Gesicht mit vortretenden Augen und platter Nase, auf der eine zierliche Goldbrille saß. Seine Hände bewegten sich weich und unablässig wie Taschenspielerhände, der Zigarettenrauch floss wie schmeichelnd zwischen den Fingern heraus. Es waren lange Finger, mit der Missbildung an den Fingerkuppen, die man als Trommelschlägerfinger bezeichnet.
Kathy war sonst nicht sonderlich schüchtern, aber die unheimliche Ähnlichkeit des Gemäldes mit ihrem nächtlichen Besucher irritierte sie so, dass sie ihre Anfrage nur unsicher stotternd vorbrachte und über das Worte: „familiäre Verpflichtungen“ zweimal stolperte. Zuletzt schob sie ihm einfach den Brief hin.
Er las sein eigenes Schreiben sehr sorgfältig, tief über den Schreibtisch gebeugt. Wahrscheinlich brauchte er längst eine stärkere Brille.
„Ich bedaure“, sagte er schließlich. „Aber ich fürchte, ich muss Ihnen einen unangenehme Mitteilung machen.“
Er ging zum Aktentisch hinüber und raffte große, grau bedruckte Papierbögen zusammen, in denen sie, als sie näher hinsah, eine Abendausgabe der Stadtnachrichten erkannte.
„Ich habe es nicht für richtig gefunden, Ihnen die näheren Umstände des Todes von Herrn Petri brieflich mitzuteilen.“
„Ich verstehe“, sagte sie, als er ihr die Zeitung entgegenhielt.
Quer über die Seite prangte die dicke Schlagzeile: BERAUBT – MISSHANDELT – ERTRÄNKT.
Dr. Morlar breitete das großformatige Blatt neben ihr aus und begann die Seiten umzuschlagen. Wieder die Schlagzeile. Und ein zweispaltiges Foto, das eine gemeißelte Mauer zeigte, eine Mauer, an der eine Treppe entlangführte. Ein breiter Pfeil wies auf weißes längliches Etwas, das ein Stück entfernt halb versunken in Brackwasser oder Schlamm lag und die Beine grotesk abgewinkelt von sich streckte. Helle Fleckchen, wie Fehler in der Linse der Kamera, schimmerten da und dort auf dem Wasser.
Der Notar beobachtete Kathy. Sie registrierte, dass er anscheinend kein Zeichen von Trauer oder Schrecken von ihr erwartete, höchstens die milde Betroffenheit, die zivilisierte Menschen angesichts eines betrüblichen Ereignisses an den Tag legen. Offenbar nahm auch Dr. Morlar nicht an, dass irgendjemand ihrem verstorbenen Verwandten nachtrauerte.
Sie strich die Seite mit beiden Händen glatt.

Bekannter Schriftsteller brutal ermordet

Einem Raubmord fiel gestern Nacht ein prominenter Einwohner unserer Stadt, der bekannte Schriftsteller und Brauchtumsforscher Adrian Petri, zum Opfer. Professor Petri, der häufig in einsamen Gegenden unterwegs war, um Material für seine Romane zu sammeln, wurde im alten Wasserwerk von bislang unbekannten Tätern überfallen, beraubt und ins Wasser gestoßen.
Professor Petri wurde ein Opfer seines eigenen Wagemuts. Trotz wiederholter Warnungen begab er sich häufig allein in entlegene Gegenden, um authentisches Quellenmaterial für seine Romane – die sich, wie bekannt, mit dem populären Aberglauben befassen – zu recherchieren.
Ein Vertreter seines Verlages erklärte uns heute: „Der Professor arbeitete an einem bedeutenden historischen Werk mit dem Titel ´Das Familienritual´. Er suchte, obwohl ich ihn immer wieder vor den damit verbundenen Gefahren warnte, sehr häufig Kontaktleute in übel beleumundeten Gegenden auf. Wir sagten ihm so oft, dass diesen Leuten nicht zu trauen sei, aber er war so besessen von seinem Werk, dass er auf keine Gefahr achtete. Er sagte immer, er habe keine Angst, bei ihm gäbe es nichts zu holen.
Tatsächlich besaß Professor Petri keine weiteren Wertgegenstände als seine goldene Uhr und einen einfachen platinierten Ring, die nach seinem Tod bei ihm gefunden wurden.
Soweit die Mordkommission unter Sheriff Harold Bronsky die letzten Stunden des Verstorbenen bis jetzt rekonstruierte, begab sich der Schriftsteller in den frühen Abendstunden in ein Café in der Unteren Flussstraße zum Abendessen. Nach einem kurzen Aufenthalt brach er gegen acht Uhr abends auf, ohne ein Ziel anzugeben.
In den frühen Morgenstunden entdeckte eine Polizeistreife den verlassenen weißen Kombiwagen am Ufer des Staubeckens, knapp neben dem Treppenaufgang zum alten Wasserwerk. Die Türen des Wagens standen offen, das Innere war durchsucht und eine Anzahl von Gegenständen, die vermutlich den Raubmördern wertlos erschienen, ins Freie geworfen worden. Als die Patrouille die Suche aufnahm, entdeckten die Beamten auf dem Grund des heute nur mehr mit seichtem Brackwasser gefüllten höchsten Beckens der Kläranlage die Leiche des Schriftstellers. Sie wurde nach der offiziellen Agnoszierung ins Bestattungsinstitut Kalman gebracht und dort den Wünschen des Verstorbenen gemäß zur Beisetzung vorbereitet.
Der Schwarze-Schleier-Verlag, in dem Professor Petris Bücher erschienen waren, erklärte nach Bekanntwerden des tragischen Todesfalles, man würde das letzte Werk des Verstorbenen als Fragment herausbringen. Das Werk – es handelt sich um die Geschichte einer der Schwarzen Magie verfallenen Familie – wird vermutlich nächstes Frühjahr unter dem von Petri selbst gewählten Titel ´Das Familienritual´ erscheinen ...

Crossvalley Smith
Crossvalley Smith
© http://www.crossvalley-design.de

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