• Moralischer Striptease

    Jetzt werden wieder Legenden und Mythen gestrickt: Margot Käßmann, die Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, sei nur deswegen zurückgetreten (worden), weil sie eine Frau ist. Wäre ein Mann sturzbetrunken Auto gefahren, wäre das als lässliche Sünde abgetan worden. weiterlesen »

  • Täglich Tigerbalsam

    Seit ich in Hongkong war, ertappe ich mich dabei, immer und überall den Klodeckel zu schließen. Damit – so sagt es die Lehre des Feng Shui – mich das Geld, das ich verdiene, nicht gleich wieder durch diesen Ausgang verlässt.

    Doch Feng Shui spielt nicht nur in Geldfragen eine wichtige Rolle, wie ich in meiner Zeit in Hongkong erfahren konnte. Beim Bau von Wohnhäusern zum Beispiel ist diese Lehre noch wichtiger als das Katasteramt oder die Baugenehmigung. Um dem Feng Shui-Geist nicht die Sicht auf das Meer zu verdecken, baut man eben ein Hochhaus mit einem großen Loch. weiterlesen »

  • Es war einmal in Leipzig… Nudisten und Zombies beim Gottesdienst

    Orte in Delaware und in Ohio tragen den Namen Leipsic. In North Dakota liegt zudem das im Jahre 1901 von Russlanddeutschen gegründete New Leipzig. Aber warum ist das interessant? Der Video-Regisseur, Schriftsteller und Berliner Gazette-Autor Joerg Offer hat neulich etwas Unerhörtes in Leipzig erlebt und Sie, werte Leserin, werter Leser, werden sich nach der Lektüre seines Erfahrungsberichts fragen: Hat sich das wirklich in Deutschland zugetragen? Oder vielleicht doch eher in einem Leipzig aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten? weiterlesen »

  • Auf der Halfpipe des Wissens

    Lernen ist immer spezifisch und hat einen konkreten Zweck. Der lernintensivste Ort ist die Schule. Jedem Schüler wird dort möglichst viel Kurzzeitwissen vermittelt. Meist mit einem konkreten Zweck: Mit angelerntem Biologiewissen etwa lässt sich eine Klausur bestehen. Auf lange Sicht wird dieses Wissen wieder abgelegt. weiterlesen »

  • Saufen, lesen, leben

    Jetzt ist es kalt draußen. Alles friert zu, die Straßen, manchmal auch die Herzen. Wer kein Dach über dem Kopf hat, kann es sich, um mit Max Goldt zu sprechen, im Haus der Harry-Rowohlt-Hasser bequem machen. Dort gibt es bestimmt viel Platz, denn wer hasst schon Harry Rowohlt? weiterlesen »

  • 17 Wohnungen

    Ich habe in den letzten drei Wochen 17 Wohnungen gesehen. 17 Küchen mit oder ohne Spüle und Herd, 17 Toiletten, acht Badewannen, neun Duschen, drei Balkons und sogar einen Keller. Ich habe mir 17 mal überlegt, ob ich in dieser Wohnung wohnen könnte, ob ich in dieser Küche gerne kochen würde, ob ich in diesem Schlafzimmer gut schlafen könnte, ob der Blick erträglich wäre und wo mein Schreibtisch stehen könnte. Ich habe fast immer Fotos gemacht, um mich an die Wohnungen erinnern zu können, wie ein verwirrter Tourist, der das erste Mal durch Europa reist und nach zwei Wochen Programm nicht mehr weiß, in welcher Stadt er den Arc de Triomphe gesehen hat. weiterlesen »

  • AGNES, übernehmen Sie!

    PULS, AGNES und Moodle – hinter diesen Namen verbergen sich keine Schurkenorganisationen aus einem 60er-Jahre-Agentenfilm, sondern eine vermeintliche Bildungsrevolution. Berliner Gazette- Autorin Miriam Belling über die Neue Art das Studium über Internetplattformen zu organisieren. weiterlesen »

  • Das nächste große Ding

    Seit den konstruktivistischen Sündenfällen des 20. Jahrhunderts (Unschärferelation, Beobachtungstheorie, Dekonstruktion und so weiter) waren die Dinge selbst viel weniger interessant als Beobachtungen und Aussagen über Dinge. Doch jetzt das: In einer mittlerweile unauffindbaren Radiosendung wurde die Methode der Dingforschung erwähnt. weiterlesen »

  • Waren Sie ein Streber, Herr Vogl?

    Heute ist Bildung das geistige Pendant zum Bodybuilding: Während die Universität zu einem leistungsorientierten Fitnesszentrum umgebaut wird, verwandeln sich Studenten in Einzelkämpfer. Doch muss man wirklich diesem Wettbewerbsdruck nachgeben, um in der Gesellschaft zu bestehen? Dazu befragte Berliner Gazette– Herausgeber Krystian Woznicki Joseph Vogl, der ausserhalb der akademischen Welt vor allem durch seine Fernsehgespräche mit Alexander Kluge hervorgetreten ist. weiterlesen »

  • Bananenrepublik Deutschland

    Irgendwann im ersten Semester Politikwissenschaft wird den Studierenden ein Satz fest in die Hirnrinde gebrannt: “Der Staat paktiert nicht.” Das soll nichts anderes heißen, als dass die organisierte Gemeinschaft sich auf keinen Kuhhandel einlässt. Als nette Notiz kommt noch dazu: “Der Staat darf durch sein eigenes Handeln auf keinen Fall Unrecht in Recht ummüntzen.”
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  • Freiwillig unfreiwillig lernen

    Zunächst einmal ist der Unterschied zwischen lernen und sich bilden nicht sehr groß. Beides kann absichtlich und unabsichtlich geschehen. Beides kann man zuweilen erst feststellen, wenn es bereits zu spät ist, also nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

    Ich glaube, ein entscheidender Unterschied liegt darin, dass “sich bilden” ohne das Reflexivpronomen nicht funktioniert. Bei der Bildung läuft die Referenz auf denjenigen, der sich bildet, mit. Das gibt der Sache den Akzent, es bis zu einem gewissen Punkt mit einer Entscheidung zu tun zu haben (jenseits dieses Punkts verweist Bildung nach wie vor auf etwas Transzendentes). Lernen hingegen kann automatisch geschehen, ohne Beteiligung einer Selbstbeobachtung. weiterlesen »

  • Manifest für die Ohropax-Generation

    Das Ohr ist wie bei einer Infrarot-Behandlung in gelb-rotes Licht getaucht. Der Gehörgang ist verschlossen. Die Eindämmung lässt eine konvexe Wölbung erkennbar werden. Es könnte eine jener Wachskugeln sein, welche ein Unternehmen aus Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts als “Luxus für die Ohren” auf den Markt brachte. Doch so paradox es klingen mag: Im Gehörgang steckt ein Globus. weiterlesen »