Jede soziale Bewegung erarbeitet sich, sobald sie eine Identitaet entwickelt, eine organische Ideologie
oder spontane Philosophie
, die sie mit dem zur Selbstvergewisserung notwendigen konzeptuellen und kategorialen Instrumentarium versorgt. Diese organische Ideologie
, so unheimlich und in sich widerspruechlich sie im jeweiligen Fall sein mag, ermoeglicht Antworten auf grundlegende Fragen, die sich jeder Protestformation stellen: Was ist der Erwartungshorizont, vor dem ich handle? Wie konzipiere ich ueberhaupt mein eigenes Handeln? Welcher Moeglichkeitsraum ist diesem Handeln gesteckt? Solche Fragen koennen legitimerweise als philosophisch
bezeichnet werden. weiterlesen »
Es herrscht Wahlkampf in den USA und in Deutschland. Steinmeier ist Kanzlerkandidat der SPD fuer die Bundestagswahl im naechsten Jahr. Die Duos Obama/Biden und McCain/Palin kaempfen um die Praesidentschaft in den USA. Steinmeier spricht und denkt in meiner Muttersprache, ich habe ihn neulich auf einer Podiumsdiskussion erlebt. Mir hat seine unaufgeregte, manchmal ironische Selbstsicherheit gefallen. Und dennoch habe ich das Gefuehl, Barack Obama besser zu kennen. weiterlesen »
Eines vorneweg: alle sind wir krank und zum Tode verurteilt. Die Idee, des Kuenstlers Gregor Schneider einen auf natuerliche Weise
Sterbenden in einem von ihm entworfenen, transportablen Raum zu praesentieren, ist deshalb erst einmal voellig banal. weiterlesen »
Was haben ein Ressortleiter, eine Kuenstlerin, ein Literaturprofessor und ein Philosoph gemeinsam? Sie alle waren bei der Berliner Gazette-Podiumsdiskussion Weiche Macht
dabei. Es ging um die Kultur des Gemeinsamen und das Gemeinsame der Kultur. Gibt es so etwas und wie funktioniert es? Wird Kultur als Ware ueberbewertet? Oder als Weiche Macht
unterbewertet?, zumal sie Mauern einzureissen vermag und vieles mehr. Kann sie aber auch Gemeinschaft stiften? Und zwar anders als im Kommunismus oder im Anden-Staat? Kann sie eine Gemeinschaft stiften, die den komplexen Verhaeltnissen einer globalisierten Welt gerecht wird? Die Podiumsdiskussion begab sich auf Spurensuche. weiterlesen »
Kultur im Kommunismus, Kultur bei Anden-Voelkern oder Kultur im Mode-Kosmos: Immer wieder stiftet Kultur Gemeinschaft. Doch hat die Formel Kultur stiftet Gemeinschaft lediglich eine ideologische, ethnische oder konsum-kapitalistische Dimension? Gibt es einen anderen Begriff von Kultur, der in Folge dessen eine andere emazipative Form von Gemeinschaft stiftet? Eigentlich liegt es auf der Hand: Kultur ist mehr als das Vehikel einer politischen Propaganda-Maschine, mehr als der authentische Fussabdruck eines Volkes, mehr als Produkt einer gigantischen, weltumspannenden Industrie. Aber wie laesst sich dieses Mehr
fassen? weiterlesen »
Die Phase der Selbstdefinition verlaeuft historisch und individuell sehr unterschiedlich. Ich war zum Beispiel Ende der 1970er auf einem erzreaktionaeren Gymnasium in Oberschwaben, mein Vater an den revolutionaeren Umtrieben im Iran beteiligt und meine Mutter musste arbeiten und ihr Leben neu ordnen. Im Jugendhaus in Ravensburg waren die Uebungsraeume verschiedener Bands und die dortigen Sozialarbeiter gaben uns die Mittel, um unsere ersten Zeitungen herzustellen. weiterlesen »
Kritik an der Klimakatastrophe ist allgegenwaertig. Die Frage, die sich aufdraengt: Inwieweit reproduziert sie die rhetorischen Figuren des Katastrophendiskurses? Inwieweit muss sie diese rhetorischen Figuren aufgreifen, um wirkungsvoll zu sein? Die Ausstellungspublikation >Oekomedien< steuert einige interessante Impulse zu dem gedanklichen Umfeld dieser Frage bei, nicht zuletzt dann, wenn sie zu klaeren versucht, was die Rolle des Kuenstlers in diesem Zusammenhang so besonders macht: “Kuenstler koennen eigensinnige Uebersetzer, Vermittler, Informationsaktivisten am Schnittpunkt von Wissenschaft, Technik und Kultur sein. Sie entwickeln alternative Darstellungen von oekologisch relevanten Erkenntnissen.” weiterlesen »
Die Globalisierung lebt auf diskursiver Ebene in nicht geringem Masse von ihren Mythen: Sie ist ueberall und alle nehmen oder haben an ihr Teil, sonst waere sie nicht global, und sie ist eines der zentralen Merkmale der Gegenwart. Um in diesen wesentlichen Punkten ein wenig Entmystifizierungsarbeit zu leisten, ist vielleicht das kuenstlerische Feld gar kein schlechtes Beispiel. Denn in der bildenden Kunst haelt man sich ja fuer besonders globalisiert, oder imaginiert gar das ganze Feld als Vorreiterin der Globalisierung: Nicht erst seit Duerers Italienreise liessen sich KuenstlerInnen stilistisch aus anderen Weltgegenden beeinflussen. weiterlesen »
“Warum bist du Veganer?”, wurde ich erst neulich wieder auf einer Geburtstagfeier gefragt. Es war eine sehr gemuetliche Runde aus ein paar engen Freunden und mir unbekannten Gesichtern. Wir saßen gemeinsam in der geraeumigen Kueche, unterhielten uns ueber die GEZ, Reisen, skurrile Geschichten aus dem Alltag und schliesslich auch ueber meinen Lebensstil. Es ist nicht so, dass ich als Veganer bewusst die Auseinander- setzung mit Omnivoren suche, aber wenn ich gegenueber anderen als solcher “geoutet” werde, sind Fragen wie “Warum?” und “Was isst du denn ueberhaupt noch?” die Regel. Es gibt auf das Warum keine eindeutige Antwort. weiterlesen »
Fast jeder in Deutschland kennt ihn, sein sympathisches Gesicht, seine nette, ruhige Stimme, man verbindet angenehme Sonntagabende mit ihm: Ulrich Wickert. Seit zwei Jahren muss Deutschland die Tagesthemen ohne ihn aushalten. Aber er hat sich nicht ganz zurueckgezogen, und in seiner neuen Funktion kann man ihn jederzeit geniessen: Als Krimiautor. Drei Romane hat er bereits geschrieben, und seine neueste Geschichte um den Pariser Untersuchungsrichter Jacques Ricou stellte er neulich in einer Lesung vor. weiterlesen »
Sarah Palin. Vor ein paar Wochen haette mir dieser Name nichts gesagt. Nun ist sie just a heartbeat away
davon, Praesidentin der USA zu werden. Nicht so unwahrscheinlich, sollte der Greis McCain tatsaechlich gewaehlt werden und noch waehrend seiner Amtszeit sterben. Ob man will oder nicht, man muss sich mit dieser Frau auseinandersetzen. Was sind ihre politischen Ueberzeugungen, wofuer steht sie ein? Diese Fragen werden im Wahlkampf nicht mit einer politischen Agenda, sondern mit Bildern beantwortet. Bei der Inszenierung Palins steht ihre Mutterrolle an erster Stelle. McCain hat sich keine Harvard-Lady ins Boot geholt, sondern eine Hockey-Mom. weiterlesen »
Abseits der aktuellen Katastrophen an US-amerikanischen und europaeischen Boersen, spielt sich in Russland ein hoechst interessantes Debakel in Sachen Globalisierung ab. Weitgehend unbeachtet von deutschen Medien, wurde dort ein gross angelegtes russisches Roulette unter Oligarchen aufgedeckt. Ein sehr verwobenes, mustergueltiges Beispiel, wie komplex unsere Welt nun geworden ist und wie schwer zu handhaben. Kurzum: Seit seinem Hoechststand Ende Mai 2008, verlor der russische Aktienindex bis heute ungefaehr 60 Prozent seines Wertes. So weit so theoretisch. Die Auswirkun- gen dieses Verfalls sind weniger trocken: Man schaetzt das 60 bis 70 Prozent aller Milliardenschweren Oligarchen dieser Tage nun circa die Haelfte ihres Vermoegens verlieren. weiterlesen »