• Mehr ist die Haelfte als das Ganze

    Wenn noch etwas Zeit ist, geht der Blick in Werke des spanischen Autors Baltasar Gracian. Das Kritikon gibt es wohl neu uebersetzt, ein absurdes Buch. Man kann an jeder Stelle anfangen zu lesen, immer wieder wird man eine Merkwuerdigkeit finden. Erinnert mich glatt an Musil, dessen “Mann ohne Eigenschaften” man nun wirklich nicht anders lesen kann, als mit dem breitesten Grinsen. weiterlesen »

  • Danke Dax

    Deine stahlblauen Augen starren mich an, Deine Zahnspange blitzt frisch gewienert, Dein Mittelscheitel ist so gerade, als haettest Du ihn mit dem Lineal gezogen. Endlich ein Update! Ich klick auf Play. Was gibt’s Neues mein Schoener? Oder wie Ihr Amerikaner sagt “What’s up?”. Was, Du hast Deiner Kieferorthopaedin den Finger abgebissen? Du hast Dich heut an Deinem Herz verschluckt und wurdest in einen Pee Fight verwickelt, den Du selbst verschuldet hast? Oh Mann, Dax, hoer auf! Ich mach mir gleich in die Hose, so doll muss ich schon lachen. weiterlesen »

  • Diskurstempolimit

    Im Prinzip, so scheint mir, ist der Beschleunigungsdiskurs ein strukturverwandtes Phaenomen zur Espressobarschwemme : Hier wie dort nimmt man sich ein bisschen Zeit (fuer ein bisschen Kaffee oder ein bisschen Theorie), um dann sogleich wieder bewegt zu sein, sei es vom Koffein oder dem Theoriehaeppchen, das jeweils inhaerent schon auf modegemaesse Dynamisierung gezuechtet ist. weiterlesen »

  • Vorratsdatenspeicherung

    Angekommen am ersten Ziel, dem Hauptbahnhof, setzte ich unermuedlich meinen Weg fort. Ich will zur Demo und suche den schnellstmoeglichen Weg nach draussen. Vorbei an den Fastfoodrestaurants, den grellen Lichtreklamen und den sich in den Weg stellenden Menschenmassen, erreiche ich den Ausgang. Jacke zu, Muetze auf, Handschuhe an. Draussen peitscht mir mit Eiseskaelte Nieselregen ins Gesicht. Ich orientiere mich kurz und trete dem eisigen Wind entgegen. Langsam bahne ich mir den Weg durch die Dunkelheit und lasse den protzigen Glaskasten am Horizont verschwinden. Schliesslich erreiche ich den Reichstag und den Ort der Kundgebung. weiterlesen »

  • Das Aufbrechen der Welt

    Markerschuetternd, wie in einem Roman von Joseph Conrad, faellt der Schrei nicht aus, dennoch ereignet sich ein kleines “Erdbeben im Sein”, wenn die Vokalistin von Bolia We Ndenge im HKW, der sanierten Oper des Creative Berlin, ihre formlosen Laute ausstoesst. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #27

    Heiligendamm war kein grosser Einschnitt fuer die globalisierungskritische Bewegung – haette aber einer werden koennen. Diie Proteste gegen die G8-Politik 2007 zeigten fuer die Bewegung vor allem eines: Sie lebt, sie wird wahrgenommen, und zwar vor allem dann, wenn sie auf gesetzte Themen wie auf ein Treffen der so genannten G8-Repraesentanten angemessen reagiert. Es hatte zahlreiche Abgesaenge gegeben; die Strasse war im Rahmen der Auseinandersetzung mit der globalisierungskritischen Bewegung immer wieder als eine Art romantischer oder naiver Ort interpretiert worden. weiterlesen »

  • Auf einen Kaffee im Nirwana

    “Als ich eines Tages mit tremolierender Stimme den Buddhismus ueberschwaenglich lobte, antwortete er mir: ‘Das Nirwana ja, aber nicht ohne Kaffee!'” Der Autor dieser Anekdote ist kein Oesterreicher (wie man das anhand des Titels glauben koennte), sondern ein rumaenischstaemmiger, auf Franzoesisch schreibender Philosoph namens Emil. M. Cioran. weiterlesen »

  • Das Paradies nebenan

    Herr Thomas erzaehlte einst eine Geschichte von einem alten Afrikaner. Der Greis, der sein Leben irgendwo in den Weiten Zentral Afrikas verbracht hatte, erfuellte sich einen lang gehegten Traum und flog in das sagenumwobene Europa. Dort angekommen, verliess er als letzter die Maschine und schritt nicht, wie die restlichen Passagiere die Gangway hinab, sondern blieb auf ihr sitzen. Eine Stewardess, die das sonderbare Verhalten bemerkte, trat auf ihn zu und fragte ihn, was er denn da mache. Der alte Mann blinzelte sie an und antwortete: Ich warte auf meine Seele. Nur, woher weiss man, dass man, dass die Seele angekommen ist? weiterlesen »

  • Mehr ueber Heavy Metal

    Die im ersten Teil erwaehnte, Intelligenz und Musikgeschmack koppelnde Studie versucht, dem Phaenomen des Heavy-Metal- Hoerers soziologisch beizukommen. Da wird konstatiert, der ueberdurchschnittlich begabte Adoleszent stuende unter erhoehtem Druck, haette mehr Stresssituationen zu bewael- tigen und reagiere dann seine Frustrationsenergien kathartisch beim Musikhoeren ab. Nun gaebe es aber kein soziologisch traktierbares Thema ohne das Faszinosum der fluechtigen Substanz dieser ganz bestimmten Musik. Es muss hier noch einen anderen Aspekt geben: eine Aesthetik der strukturierten Aggression statt einer Soziologie des begabten Aussenseiters. weiterlesen »

  • Analoge Geschichts-Rambos

    Zeitmangel scheint nur ein gefuehltes Problem zu sein. Keiner in unserem Land muss vier Stunden am Tag mit Wasserholen verbringen. Viel Zeit bedeutet unter Umstaenden viel Langeweile. Wie soll man sich da schuetzen? Ein Grossteil der Menschen, einst Jaeger und Sammler, jagen Schnaeppchen hinterher oder vertreiben sich die Zeit mit sadomasochistischen Sex-Spielen. Der Kick ist von kurzer Dauer. Etwas Neues muss her, etwas, das ueber das apokalyptische Shoppen und Ficken hinausgeht, etwas Erhabeneres. In historischer Kluft, meistens Uniform, gerne die der Wehrmacht, im Gelaende marschieren, durch Graeben waten und mit Panzern fahren, so sieht der neue Freizeitspass aus. Es stehen Waelder, Wiesen und Weiden zur Verfuegung. weiterlesen »

  • Tage der Gelassenheit

    In meinem Alltag wimmelt es von Beschleunigungszwaengen. Der Druck der Zeit ist omnipraesent und er setzt ein am sehr fruehen Morgen, um kurz vor vier. Gewohnheitsmaessig stelle ich meinen Wecker auf 4.05 Uhr, doch ich scheine von der Idee absorbiert zu sein, dem Weckerklingeln zuvorzukommen: In aller Regel werde ich zehn Minuten vor der geplanten Zeit wach – und zwar hellwach! Es reisst mich foermlich aus dem Schlaf, der zwar tief und gut, aber mit knapp fuenf Stunden eher kurz ist. Jeden Morgen dasselbe: Ich kann es nicht erwarten, den Herausfoderungen des Tages zu begegnen und mich, nach hocheffizient beschleunigter Morgentoilette, an den Schreibtisch zu setzen. Der ganze lange Tag ist strikt durchgeplant, zeitstreckenweise minutioes. Auf Gaengen durch unsere Wohnung frage ich mich stets, was ich unterwegs noch erledigen koennte: vielleicht – sprichwoertlich by the way – die in der Ecke liegende Wollmaus entfernen, der Huendin frisches Wasser in den Napf fuellen? weiterlesen »

  • McDeutsch in Togo

    Zwischen nationalem Kulturbesitz und internationalem Gemeingut: Welche Rolle spielt die deutsche Sprache fuer die Identitaetsbildung in der Globalisierung? Vor diese Frage stellte die Berliner Gazette letztes Jahr rund 50 Kulturschaffende aus dem In- und Ausland im Rahmen des durch die Kulturstiftung des Bundes gefoerderten Dialogprojekts >McDeutsch<. weiterlesen »