• Im Laufschritt durch die Kunstszene

    Joerg Heisers Rundumschlag zur zeitgenoessischen Kunst suggeriert im Titel Ploetzlich diese Uebersicht ziemlich hinterlistig ein Programm, an dessen Einloesung sich innerhalb der knallpinken Umschlagseiten ganz bewusst nicht versucht wird. Und trotzdem: nach der Lektuere der 350 Seiten hat es dann doch irgendwie funktioniert. weiterlesen »

  • Volle Fahrt voraus

    Romuard Hazoumé hat fuer den Aue-Pavillon der documen- ta12 ein Schiff gebaut, auf dem man nicht fahren kann. Das ist nicht weiter schlimm, schliesslich ist Hazoumé kein Schiffsbauer, sondern Kuenstler. Zusammengesetzt hat Hazoume sein Schiff aus hunderten von Plastik-Oelkanistern, Gebrauchsartikel in seinem Heimatland Benin. Oel ist der wichtigste Bodenschatz, seit 1982 wird es hier gefoerdert und stellt einen wichtigen Anteil des Bruttoinlandsprodukts. Es gibt viel Oel in Benin und trotzdem gehoeren die Menschen dort zu den aermsten der Welt. weiterlesen »

  • Friedhof-Sonnendeck

    In der Pappelallee im Prenzlauer Berg liegen die Leute am Sonntag Nachmittag in Badehose auf dem Friedhof zwischen den Graebern herum und sonnen sich. Oder sie haben Luft- ballons und Lampions in den Baeumen aufgehaengt und feiern Kindergeburtstag mit Grillen und Blindekuh. Okay, der Prenz- lauer Berg ist Uncoolness-befreite Zone und man muss sich schon staendig abgefahrenes, provokatives Zeug ausdenken und es mit aufreizender Gelassenheit rueberbringen, um den Ruf als Trendschmiede der Nation nicht zu verlieren, aber wenn es noch irgendeinen Ort gibt, der auf Pietaet pochen kann, dann doch wohl ein Friedhof. weiterlesen »

  • Backstein und Beats

    The Brickhouse – Das Backsteinhaus, kein glaeserner Trendclub mit Huehnerfrauen in zu kurzen Flatterkleidern und stamp- fender Dance Music, sondern ein kleines, verstecktes Eiland in einer der Hoehlungen des Zuggleisaquaeduktes durch Manchester. Es ist klein, noch ist es leer, kalt wird es bleiben und feucht, vereinzelte Tropfen rinnen die Backsteinwaende herunter, die mit den Helden der jungen Vergangenheit tapeziert sind: Oasis, Happy Mondays, Stone Roses, Smiths, Joy Division/New Order, The Fall. Zuege rattern herueber oder muessen es zumindest – hoeren kann ich davon hier nichts. weiterlesen »

  • Leben ohne Netz

    Seit mehr als einer Woche ist es kaputt: Das Internet. Ich meine nicht weltweit, nur hier bei mir zuhause will die Kiste nicht mehr anspringen. Ein paar kleine Laempchen leuchteten noch auf, bevor das Modem seinen Geist aufgab: Herzstill- stand. Jegliche Widerbelebungsmassnahmen blieben ohne Erfolg. Seitdem kann zum bevorzugten Netz keine Verbindung mehr hergestellt werden. Zunaechst war es ein seltsames Gefuehl, so ohne Netz durch die Welt zu trotten. Wie sollte ich bloss herausfinden, wie das Wetter wird, wer im DFB-Pokal spielt und wie mein Kontostand aussieht? Die Devise musste lauten: Durchatmen. Diese Infos kann es doch nicht nur im Netz geben…. weiterlesen »

  • Nirgends endgültig ankommen

    In einem nachgelassenen Fragment Die Zeit bedenken sinniert Vilem Flusser ueber die Zeitform der Informationsgesellschaft. Er unterscheidet dabei drei Formen der Zeit, naemlich die Zeit des Bildes, die Zeit des Buches und die Zeit des Bits, geometrisch ausgedrueckt, die flaechenhafte Zeit, die lineare Zeit und die punktuelle Zeit. Die Zeit des Bildes gehoert zur mythischen Zeit. Hier herrscht eine ueberschaubare Ordnung. Jedes Ding hat seinen unverrueckbaren Platz. Entfernt es sich von ihm, so wird es zurechtgerueckt. Die Zeit des Buches gehoert zur geschichtlichen Zeit. Ihr wohnt die geschichtliche Linearitaet inne. Sie ist ein Strom, der aus der Vergangenheit fliesst und der Zukunft zustrebt. Jedes Geschehen verweist auf den Fortschritt oder auf den Verfall. weiterlesen »

  • Die Macht des Lesers

    Seit dem Tod des Autors steht der Leser im Rampenlicht. Er ist der Ort, an dem die Bedeutung eines Werkes Gestalt annimmt – was die franzoesischen Poststrukturalisten an die grosse Glocke haengten, wusstse auch schon Adorno, der 1962 notierte: Der Gehalt eines Werkes beginnt dort, wo die Intention des Autors aufhoert. Mehr als vier Dekaden spaeter sind die kulturell-sozialen Spesen dieser Rechnung ins Unermessliche gestiegen. Der Leser ist das Mass aller Dinge. Wenn er im Gewand der Masse auftritt, also als Millionenpublikum, dann hat er auch das Zeug zum neuen Gott, der aus Mist goldveredelte Perlen macht. Was heisst das? Immer mehr Leser geben sich mit immer gehaltloseren Texten zufrieden. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #10

    Willkommen zur Politik der Abwechslung! Es gibt einen wachsenden Widerspruch zwischen der tatsaechlich existierenden Unverbindlichkeit, der Tyrannei der Strukturlosigkeit, auf der einen und dem Beduerfnis, sich in bekannten Strukturen wie Gewerkschaften, Parteien oder Bewegungen zu organisieren auf der anderen Seite. Beide Moeglichkeiten sind problematisch. weiterlesen »

  • Broken Dolls

    Am Eingang ein Schild: >Wir moechten darauf hinweisen, dass in der Ausstellung Kunstwerke gezeigt werden, die Ihre Gefuehle verletzen koennten.< Na, das klingt doch vielversprechend! Die Kunstwerke sind die von Cindy Sherman, einer Foto- kuenstlerin aus New York. weiterlesen »

  • So grazil wie ein fetter Flamingo

    Mein erstes Mal war mit 19 Jahren. Da spielte ich meine erste Saison in der ersten Mannschaft. Zu Beginn noch Innen- verteidiger, spaeter dann linkes Mittelfeld. Es war eine grausige Saison. Wir holten in 34 Spielen einen sagenhaften Punkt und schossen elf Tore. Bei einer Gegentorzahl weit jenseits der 100. Eine einstellige Niederlage war schon gut. Weniger als fuenf Gegentore noch besser. Unser Trainer hatte kein Konzept, wir hatten lediglich 13 oder 14 Spieler im Kader, von denen die Haelfte 30 und aelter war. Die andere Haelfte hingegen war 20 und juenger. Der Nachbarverein hatte nach der letzten Saison unseren damaligen Coach weggelockt und mit ihm so ziemlich die komplette erste Mannschaft. weiterlesen »

  • Niklas, sechzehn

    Richtig, das Turnen wird auf die naechste Woche verschoben. Diese Sache hat nun Vorrang. … Genau, wie Rottenfuehrer Faehrmann schon erklaerte, ihr solltet jetzt selbst entscheiden, das ist keine Sache der Eltern. Natuerlich koennt ihr euch mit dem Vater beraten, aber das haben die meisten ja schon ge- tan. … Ferdinand, bei dir weiss ich ja, wie dein Vater sich freut, und deine Mutter, vier in einer Familie, da kann man schon stolz sein. … Klar, heute ist auch das Biertrinken er- laubt, aber langsam, erst einmal nur jeder ein Glas. Geht auf meine Rechnung. Ober! weiterlesen »

  • Antwort auf Alitze

    Fast nur Frauen. Sogar der Sicherheitsdienst ist heute Abend weiblich. Wenn man das noch so nennen kann bei so vielen Kilos. Schraeg links sitzt ein gruen-orange-kariertes Holzfaellerhemd. Vor mir drei alte Damen, Emma-Abonnentinnen seit 30 Jahren und genauso lange in “der Bewegung”. Emma, Maedels, kennt die noch jemand? Die Damen sehen nach hinten, laecheln ueberlegen und reichen das neue Buch von Alice (sprich: Alitze) Schwarzer herueber. Es ist die Antwort auf alle Fragen zum neuen Feminismus, zum alten, zum gelben und gruenen und dem im Holzfaellerhemd. weiterlesen »