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Samstag, 13. Juni 2015

Achtsame Arbeitstage

"Ich bin", sage ich, "jetzt ja auch gar nicht so traurig, wie ich tue." Traurigsein, spiele ich ihm vor, ist halt ganz schick und also auch ich tu gelegentlich mal so, geb mich mal ganz melancholisch, suggeriere ich, als eine von denen, die sich immer ein bisschen interessanter machen wollen als sie sind, heraus aus ihrem kleinbürgerlich gemütlichen Leben, in dem sie, wie ich, doch vortrefflich eingerichtet sind. Ich lache. Er sieht schon wieder ganz beruhigt aus, holt sich noch eine Tasse Kaffee. Es ist, das verstehe ich natürlich vollkommen, nicht angenehm so aus dem Nichts heraus konfrontiert zu werden mit der Bodenlosigkeit einer anderen, ungefragt und ungebeten, ich muss das korrigieren und modifizieren, ich muss dafür sorgen, dass der Spaß bleibt und ein Witz wird aus diesem unkontrollierten Moment, den ich mir erlaubt habe, gerade eben. Das gelingt. Wir arbeiten an dieser Stelle perfekt zusammen: meine permanente Lächelbereitschaft und sein Zynismus. Schon ist es wieder eingerenkt, schon sind wir wieder auf einer Ebene, die funktioniert und uns funktionsfähig hält. So kann der Arbeitstag beginnen. 

Beinahe aber hätte ich vorhin losgeheult - und dann? Hätte ich mir etwas ausdenken müssen, eine Geschichte, eine maßvolles Unglück, das mich ereilt hat, nichts zu Dramatisches oder Folgenschweres, um späteren Nachfragen auszuweichen, der Gerüchteküche nur minimales Futter zu geben, ich weiß, wie das geht, ich streue meine Krümel. Selbstverständlich bilde ich mir nur ein, das immer kontrollieren zu können, was weiß ich schon, was die hinter meinem Rücken über mich reden? Das ist mir auch egal, solange alles vage genug bleibt und mir nichts rausrutscht, was gegen mich verwendet werden könnte, wie Tränen, unbegründete, öffentliche Tränen oder haltlose Anrufungen  und Namen...

Ich speichere nichts; halte nichts fest, nur dies kryptische Geschreibsel hier, denn ich muss mich fürchten vor den Agenten, die nicht die NSA beschäftigt, sondern der gesunde Menschenverstand, selbst mein eigener. Wenn ich mir alles abnehmen täte, müsste ich mich viel schärfer überwachen als es mir möglich ist. Ich halte die Balance, besuche den Friseur und fahre durch die Waschanlage. Alles summt mit und geht schön glatt. 

Mein Chef hält mich für durchaus effizient.

Montag, 23. Juli 2012

DIE FRUCHT UND FURCHT DES LEIBES: Weibliche Perspektive und Männerbilder


Eigentlich („eigentlich“ ist ein Wort, denke ich manchmal, auf dessen Verwendung genauso wie auf „irgendwie“ eine Strafsteuer fällig werden sollte; könnte das nicht ein praktikabler Weg aus der Schuldenkrise sein?) wollte ich heute über „Die Perspektive als symbolische Form“ schreiben, über Erwin Panofskys Verständnis dieses Begriffes und über die Umdeutung, die Hans Belting in „Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks“ vorschlägt. Ich wollte eine Volte schlagen zur „Perspektive“ in epischen Gattungen, insbesondere im  Roman. Noch einmal wollte ich gedanklich die Scrovegni-Kapelle in Padua betreten und den „Standpunkt“ prüfen, von dem aus die „Geschichte gelesen“ werden soll – und den, von dem her sie erzählt ist. Ich wollte mir Gedanken darüber machen, was ein „nicht-perspektivisches“ Erzählen sein könnte, eines, das eben jenes „arabische“ Unverständnis ausdrücken könnte, das Hans Belting für Alhazen annimmt, den Mathmatiker, der dennoch „dem Westen“ mit seiner Sehtheorie das „Rüstzeug“ verschaffte für die Suche und das Begehren nach einem „festen Standort“, von dem her die Welt zu begreifen und zu entwerfen ist: den perspektivischen. Ich wollte überlegen, ob und welche Wirkung von der Privilegierung des festen Standorts, der Kontrolle des Blicks und der Distanzierung des Betrachters vom Objekt seiner Schau von der bildenden Kunst auf das literarische Erzählen übertragen worden ist – und wie ein Schreiben aussehen könnte, das diesen Standort aufgibt, den Blick frei räumt für eine „Strahlung“ und „Spiegelung“ des Lichts und der Töne, in denen kein „Ich“ seine Weltanschauung zur Erscheinung bringt, sondern....? Der perspektivische Blick ist, wie Belting schreibt, der „anthropozentrische“ – und eben jenen, so las ich, versuchen die Macherinnen der Documenta (ein spannendes Interview mit Kuratorin Chuz Martinez) in diesem Jahr aufzugeben. Was einem eurozentristischen und eben anthropozentristischen Denken wie „Wahn-Sinn“ erscheint, ist allerdings „aus der Sicht“ der arabischen (und möglicher Weise) anderer Welt-Kulturen nichts Neues: eine Haltung, von der her sich die Betrachtende nicht als Fluchtpunkt wahrnimmt (auch wenn dieser durch eine multiperspektivistische, „postmoderne“ Erzählweise immer wieder gewechselt wird), sondern eine „Stellung“ (asana) ein- und annimmt, um die Welt am eigenen Leib „zu erfahren“ ("In der Welt sein" anstelle von "die Welt anschauen") als etwas, das durch sie hindurch fließt oder sich an ihrer „Festigkeit“ bricht, d.h. auch, dass man sich nicht distanzieren und nicht "von sich absehen" kann, sondern sich "beteiligen" muss, um zu verstehen.

Privilegien-Tussis Sommerarbeitsplatz



Darüber also wollte ich schreiben. Nach der Rückkehr aus Bad Kissingen hatte ich mir unter anderem diese Aufgabe gestellt. Außerdem wollte ich weiter arbeiten an meiner „Besprechung“ der neuen Sammlung von Diotima-Texten „Macht und Politik sind nicht dasselbe“ und dabei die Gelegenheit nutzen, einen Rückblick zu werfen auf die bisher in deutscher Sprache erschienenen Aufsatzsammlungen „Jenseits der Gleichheit“ und „Die Welt zur Welt bringen“ ("Werbung" für den "Differenz-Feminismus"). Meine kommenden Kurse müssen vorbereitet werden: über „Die Philosophie des guten Lebens/Lebenskunst“ (worauf ich große Lust habe) und eine Aktualisierung meiner Materialien zur Finanzmarktkrise (Davor graut mir!) und so weiter und so fort. Und bei den täglichen Spaziergängen sollte mein Unbewusstes nach einer Lösung suchen für den letzten Teil von „Punk Pygmalion“: EMMI, mit dem ich hadere.

Weiterlesen will ich „Schulden. Die ersten 5000 Jahre“, das faszinierende Buch von David Graeber auf dem Kindle. Stattdessen schnappte ich mir gestern Abend vom Stapel ungelesener Bücher einen Roman, den mir eine Freundin vor über einem Jahr empfohlen hatte: „Der russische Geliebte“ von Maria Nurowska. „Das interessiert dich bestimmt.“, hatte sie gesagt, „Es geht um eine Frau, die eine Liebesaffäre mit einem zwanzig Jahre jüngeren Mann hat.“ Ich hatte ein wenig gequält gelächelt damals. Denn darum geht es ja (auch) in meinem ins Stocken geratenen Roman-Projekt „Melusine featuring Armgard“. Der jüngere Mann. Die Qual einer Frau, die ihren alternden Leib im Blick dieses Mannes sieht. Die ihn begehrt, wie keinen vorher. Aber sich durch dieses Begehren ausgestellt fühlt, auf eine Weise, die ihr Angst macht. Ich habe damals das Buch zwar gekauft, aber beiseite gelegt. Gestern Abend nahm ich es, weil ich in der Badewanne lesen wollte, worein ich mich nicht traue, das Kindle mitzunehmen. Und las mich fest. Selbst in den Romanen von (heterosexuellen) Frauen wird selten ein erotisch aufgeladener Blick auf den Körper des Mannes geworfen. Vielmehr beschäftigen sich auch weibliche Autorinnen eher damit, wie ihre Protagonistinnen gesehen werden, als dass sie selbst auf den Mann als Objekt der Begierde schauen lassen. Es gibt noch immer vergleichsweise wenige „Männerbilder“ und viele bleiben seltsam diffus (ein Grund dafür, wie ich bereits vor zwei Jahren aus England geschrieben hatte, dass Männer sich nicht bilden!). Wenn es stimmt, dass Auto-Erotik ein wichtiger Teil der Erotik ist, dann bleiben viele Männer offenbar (ohne daran zu leiden?) eine „erotikfreie Zone“, da sie sich selbst nicht zum Objekt werden und sie sich auch nicht an der erotischen Sicht auf andere Männer „schulen“. Die schönsten Bilder von männlichen Körpern stammen von homosexuellen Männern, behaupte ich. Wir Frauen haben den Mann als Objekt der Begierde sträflich vernachlässigt, zumindest, wenn es darum geht, Bilder von ihm zu entwerfen. Die erotische Ausstrahlung eines Mannes, so wird stillschweigend (?) vorausgesetzt, hängt an anderen Attributen als am äußeren Bild, das er abgibt. Es werden Kategorien ins Spiel gebracht wie Intelligenz, Humor, Brillanz, gesellschaftlicher Status, Reichtum. Sicher ist da was dran. Trotzdem: Genauso wie in der bildenden Kunst und in der Literatur die Beziehungen von Frauen untereinander unterrepräsentiert sind im Vergleich zu der Bedeutung, die sie in einem „realen“ Frauenleben haben, genauso wird die Bedeutung der äußeren Erscheinung des Mannes für seine sexuelle Attraktivität bei Frauen unterschätzt. Ich jedenfalls gucke lieber jungen Männern mit knackigen Ärschen, straffen Waden und starken Muskeln hinterher als alten, faltenreichen Übergewichtigen (um es mal ganz plump auszudrücken). In den erotischen Phantasien auch von älteren Frauen spielen Männer über 40, denke ich, genauso häufig oder selten eine Rolle, wie in denen von älteren Männern Frauen dieses Alters.

Maria Nurowskas Roman entwirft Blicke auf den begehrenswerten, 20 Jahre jüngeren Mann, in den sich Julia, die Literaturprofessorin, mit 51 Jahren verliebt: „Mit übermenschlicher Konzentration beobachtete ich, wie er sich auszog. Ich spürte neben mir diesen schlanken, muskulösen Körper, ich erbebte, und Entzücken erfasste mich. Seine Brust war mit weichem goldblondem Haar bewachsen und dieselbe Farbe hatte das Haar zwischen seinen Beinen. Ich wagte, die Hand dort hinzulegen.“  Alexander, der in Geschichte promoviert und wie sie ein Jahr in Paris an der Sorbonne verbringt, ist kein einfacher Mensch, hochfahrend, jähzornig, besessen von seiner Arbeit und seinen Visionen. Weil Julia eine Frau ist, beschäftigt sie sich jedoch trotzdem mehr als mit seinem Körper mit dem ihren. Dessen Alterungsprozess scheint ihr das Haupthindernis für den Bestand der Liebe zu sein. Ich denke, aus der Perspektive eines älteren Mannes hätte im Mittelpunkt die Angst vor einem jüngeren Rivalen gestanden. Der Unterschied ist bedeutsam: Die Furcht der älteren Frau, den jüngeren Geliebten zu verlieren, stellt sich nicht als Eifersucht dar, sondern als Ungenügen am eigenen Körper: „Es war vielmehr die Sehnsucht nach Mutterschaft im eigenen Körper. Er war es, der sie in mir wachrief, der reine physische Liebesakt reicht ihm nicht mehr aus, er wollte mehr jetzt. Forderte die Befruchtung. Anfänglich war dies ein schüchterner Gedanke, der hartnäckig und hartnäckiger wurde. Das Einswerden mit den anderen Körper, die Lust, die ich durch ihn erfuhr, schien nicht mehr auszureichen. Die Erkenntnis, das der Unterleib so eine wichtige Rolle innehatte. Dort konnte sich der Samen einnisten, aus dem sich neues Leben entfaltete. Mich verlangte plötzlich auf so dramatische Weise danach, dass es mich entsetzte. Ich wollte noch mal ein Gefühl erfahren, an das mich nicht mehr erinnerte. Das Gefühl des Keimens, der Entfaltung. Des Anschwellens. Wenn man die Schwere des Kindes spürte und dann seine Bewegungen...Diese meine Sehnsüchte waren so unerwartet aufgetaucht, dass ich außer Bestürzung zunehmend Angst empfand. Etwas entschlüpfte meiner Kontrolle, konnte zu einer Katastrophe führen. Der Groll gegen den eigenen Schoß, der nicht mehr fähig war, eine Frucht zu tragen, war zugleich der Groll gegen die Liebe.“

Weiterlesen. Schreiben. Nachdenken. Spaziergehen. Lesen. Einkaufen. Kochen. Lesen. Schreiben. Schreiben. „Die Perspektive als symbolische Form“ – Eine bilderlose Welt...? Einblicke. Ausblicke. Voyeure und Exhibitionisten. So was. Geht mir im Kopf rum. Weiter.

Montag, 9. Januar 2012

I DO NOT DENY THE SUN (by Janet Frame)

9. Januar 2012 17: 38: Feier-Abend
I do not deny the sun
that denies me.
I leave the door open,
wheat on the table,
apples in the pantry.
I was warned from the first hour
that the sun did not care,
tearing seasons with his tongue
while maudlin snow ran down his cheeks;
that he snored in a deep white bed
and waking did not as we do
- tell his dreams and embrace callers.




(Verborgen
Nichts hält mich hier, außer
deiner Zunge an der Innenseite
meiner Wange, deine Hand
auf meinem Schenkel,
die Nachtwachen am Tag,
die Träume vom Schnee,
der nicht vergeht.
Ich glaube nicht an die Sonne.)

Montag, 17. Oktober 2011

Dienstag, 7. Juni 2011

ARBEITSPLÄTZE (9): Sekretär verlangt Handschrift



18.25 Uhr Arbeitsplatzwechsel: Mein befristeter Vertrag läuft im Juli 2012 aus. Heute teilte uns der Chef mit, dass unsere Verträge nicht verlängert werden. Nur die Planstellen können erhalten werden. Und auch die nur bis zum Ausscheiden der Planstelleninhaber. Behördendeutsch. Es wird gespart. Das war absehbar, wenn man die Presse in den letzten Monaten verfolgt hat. Dennoch war die Stimmung heute Nachtmittag gedrückt. Unser "Dienststellenleiter" hat Streusel- und Rhabarberkuchen gekauft, Kaffee bereitgestellt. "Welche Perspektive hast Du?", fragt er mich. Ich weiß es noch nicht. Es ist anständig von ihm, dass er uns so frühzeitig Bescheid sagt. Das lässt mir Zeit, mich neu zu orientieren. Seltsam, dass ich gestern Abend BenHuRums "Gut aufgestellt" ausgewählt habe.  Bin ich gut aufgestellt? Schaun wir mal.

Montag, 18. April 2011

Donnerstag, 7. April 2011

Samstag, 2. April 2011

ARBEITSPLÄTZE (5): PAUSE

Loggia (im Hintergrund: Frühwerke von BenHuRum)


BITTE KEINE ORDNUNGSRUFE!

Montag, 21. März 2011

Samstag, 5. März 2011

ARBEITSPLÄTZE (2): IC 2322

Faschingsflüchtig in den Norden
IC Frankfurt - Bremen

Mittwoch, 2. März 2011