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Hundertvierzehn | Bericht
Unser los!

Annika Reich und Katharina Grosse denken seit Jahren zusammen. Für das gemeinsame Online-Projekt mit Logbuch Suhrkamp ›Feminismen: Wie wir wurden, wie wir leben, was wir sind‹ haben sie einen Aufruf zum Handeln verfasst.

 
Annika Reich

Annika Reich ist Schriftstellerin, Essayistin und Gastdozentin an der Kunstakademie Düsseldorf. Mit anderen Autorinnen betreibt sie die Kolumne »Ich. Heute. 10 vor 8.« auf ZEIT- Online. Gerade erschien ihr Roman ›Die Nächte auf ihrer Seite‹ im Carl Hanser Verlag.


Feminismus? Mit 20 waren wir ignorant und optimistisch. Mit 30 waren wir wütend. Mit 40 taten wir uns euphorisch zusammen.

Als wir noch Einzelkämpferinnen waren, dachten wir, es wäre besser für uns selbst und für die Gesellschaft, wenn wir es alleine schaffen. Doch das stimmt nicht.

Wir sind nicht jede für sich. Wir sind nicht allein. Unsere Geschichten ähneln sich. Jede Frau auf der Welt hat diese Geschichten erlebt und jeder Mann, der nicht der heterosexuellen, weißen Norm entspricht.

Katharina Grosse

Katharina Grosse wurde 1961 in Freiburg/ Breisgau geboren. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Von 2000-2010 war sie Professorin an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, seit Oktober 2010 ist sie als Professorin an der Kunstakademie Düsseldorf tätig.

Feminist/in gibt es nicht in der Einzahl. Feminismus ist transpersonal und damit eine wilde Mischung aus Spiritualität, bester Freundin und Gewerkschaft.

Wenn wir nur uns selbst oder der Gesellschaft etwas beweisen wollen, dann kann die Welt so bleiben, wie sie ist. Sie lässt uns dann zwar mitspielen, zementiert ihr Spielfeld aber weiter in der Eintönigkeit. Wir wollen mitspielen, aber wir wollen vor allem in einer anderen Welt leben. Deswegen müssen wir die Strukturen ändern. Individuell, jede für sich für die Andere.

Mehr

Mit dem Projekt »Feminismen: Wie wir wurden, wie wir leben, was wir sind« von Thomas Meinecke und Antje Rávic Strubel setzen Logbuch Suhrkamp und S. Fischer Hundertvierzehn ihren im vergangenen Jahr begonnenen Austausch fort. Am 17. Juni erschienen die beiden Eröffnungsessays ›Wie ich Feminist wurde‹ von Thomas Meinecke und ›Hart am Wind‹ von Antje Rávic Strubel, über die sie sich im Gespräch austauschten. Am Montag folgte ein Text von Jennifer Clement, und am 25. Juni fand ein Live-Chat statt. Es diskutierten Jörg Albrecht, Paul Brodowsky, Olga Grjasnowa und Senthuran Varatharajah. Das Projekt wurde mit Beiträgen von Rosa Liksom, Annika Reich & Katharina Grosse, Isabel Fargo Cole, Inga Humpe, Marion Detjen, Alexander Kluge und Rachel Cusk fortgesetzt.

Es gibt genug Diagnosen und Analysen. Die Lage ist klar. Weltweit. Kulturübergreifend. In vielen Teilen der Welt gibt es einen Femizid, es gibt millionenfache Vergewaltigungen und sexuelle Erniedrigungen. Die gleiche Kompetenz wird bei Männern und Frauen ungleich bewertet. Frauen haben nicht die gleichen Rechte, sie verdienen nicht gleich viel und bekommen oft weniger Nahrung. Häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder nimmt zu. Wir wissen das alles, aber wir übersetzen dieses Wissen zu wenig in Handlungen. Viel zu wenig.

Wir brauchen einen pragmatischen Feminismus, der sich nicht als moralisches Spielfeld, sondern als tatkräftiges Experiment versteht. Der akademische Feminismus ist in Hochform. Seine Erkenntnisse müssen jetzt so transparent werden, dass sie sofort umgesetzt werden können.

Wir wünschen uns also tausend Zahnräder, die das angehäufte Wissen in die Welt schaufeln. Wir brauchen eine Solidarität als verbindliche und nachhaltige Praxis. Wir sehnen uns nach Erfindungen von Welt, die nicht aus reaktiven Mustern entstehen, und nach einer Liebe zu allen möglichen Feminismen.

Wir müssen eine neue Welt erfinden. Dafür sind alle Mittel recht – auch die, die daneben gehen. Ein einziger Ansatz allein kann nicht der richtige sein, alle Ansätze sind richtig – auch die, die sich widersprechen. Jeder Weg ist ein Schritt.

Also: Raus aus der Reaktion, rein in die Aktion. Raus aus der Kritik, rein ins Experiment. Wir brauchen neue Bilder. Wir brauchen Kröten und Konfetti. Wir brauchen die Quote und jede einzelne intime Initiative.

Damit uns dabei nicht der Atem ausgeht, müssen wir den Wandel nicht nur wollen, wir müssen ihn uns wünschen. Der Wille gehört dem Ich, das Wünschen dem Wir. Der Wille ist gebunden, das Wünschen wirft sich unbändig nach vorne. Wünsche arbeiten sich nicht ab.

Wir können gar nicht feministisch genug sein.

© S. Fischer Verlag GmbH /
Fischer Kinder- und Jugendbuch Verlag GmbH
Frankfurt am Main 2020
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