Als wir noch Einzelkämpferinnen waren, dachten wir, es wäre besser für uns selbst und für die Gesellschaft, wenn wir es alleine schaffen. Doch das stimmt nicht.
Wir sind nicht jede für sich. Wir sind nicht allein. Unsere Geschichten ähneln sich. Jede Frau auf der Welt hat diese Geschichten erlebt und jeder Mann, der nicht der heterosexuellen, weißen Norm entspricht.
Feminist/in gibt es nicht in der Einzahl. Feminismus ist transpersonal und damit eine wilde Mischung aus Spiritualität, bester Freundin und Gewerkschaft.
Wenn wir nur uns selbst oder der Gesellschaft etwas beweisen wollen, dann kann die Welt so bleiben, wie sie ist. Sie lässt uns dann zwar mitspielen, zementiert ihr Spielfeld aber weiter in der Eintönigkeit. Wir wollen mitspielen, aber wir wollen vor allem in einer anderen Welt leben. Deswegen müssen wir die Strukturen ändern. Individuell, jede für sich für die Andere.
Es gibt genug Diagnosen und Analysen. Die Lage ist klar. Weltweit. Kulturübergreifend. In vielen Teilen der Welt gibt es einen Femizid, es gibt millionenfache Vergewaltigungen und sexuelle Erniedrigungen. Die gleiche Kompetenz wird bei Männern und Frauen ungleich bewertet. Frauen haben nicht die gleichen Rechte, sie verdienen nicht gleich viel und bekommen oft weniger Nahrung. Häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder nimmt zu. Wir wissen das alles, aber wir übersetzen dieses Wissen zu wenig in Handlungen. Viel zu wenig.
Wir brauchen einen pragmatischen Feminismus, der sich nicht als moralisches Spielfeld, sondern als tatkräftiges Experiment versteht. Der akademische Feminismus ist in Hochform. Seine Erkenntnisse müssen jetzt so transparent werden, dass sie sofort umgesetzt werden können.
Wir wünschen uns also tausend Zahnräder, die das angehäufte Wissen in die Welt schaufeln. Wir brauchen eine Solidarität als verbindliche und nachhaltige Praxis. Wir sehnen uns nach Erfindungen von Welt, die nicht aus reaktiven Mustern entstehen, und nach einer Liebe zu allen möglichen Feminismen.
Wir müssen eine neue Welt erfinden. Dafür sind alle Mittel recht – auch die, die daneben gehen. Ein einziger Ansatz allein kann nicht der richtige sein, alle Ansätze sind richtig – auch die, die sich widersprechen. Jeder Weg ist ein Schritt.
Also: Raus aus der Reaktion, rein in die Aktion. Raus aus der Kritik, rein ins Experiment. Wir brauchen neue Bilder. Wir brauchen Kröten und Konfetti. Wir brauchen die Quote und jede einzelne intime Initiative.
Damit uns dabei nicht der Atem ausgeht, müssen wir den Wandel nicht nur wollen, wir müssen ihn uns wünschen. Der Wille gehört dem Ich, das Wünschen dem Wir. Der Wille ist gebunden, das Wünschen wirft sich unbändig nach vorne. Wünsche arbeiten sich nicht ab.
Wir können gar nicht feministisch genug sein.