Monatsrückblick Januar

Auch wenn sich die Beiträge in diesem Blog zu 90 Prozent (na, vielleicht sogar mehr) um Literatur drehen, war eigentlich nie meine Absicht, mich ausschließlich auf Bücher zu konzentrieren. Deswegen öffne ich, inspiriert von Juliane und Stefan und ihrem tollen Blog Poesierausch, mit den neuen Monatsrückblicken ein wenig den Blick. Mit kleinen Unterschieden zu Poesierausch: Zum einen werde ich ebenfalls auf meine Arbeit zurückschauen, die zu meinem Glück viel mit der Kulturwelt zu tun hat, und es wird kurze Reiseberichte geben, und zum anderen fällt bei mir (zumeist) der Punkt Musik weg: Ich habe einen etwas antiquierten Musikgeschmack, außerdem höre ich Songs, die mir gefallen, oft in Dauerschleife. Für keinen von euch wird es sonderlich erhellend sein, wenn ich erzähle, dass ich im vergangenen Monat fünfzig Mal laut „Ground Control to Major Tom“ gesungen habe. Jetzt aber: der Januar!

Gelesen

Auf meinem Instagram-Account poste ich Kurzrezensionen zu allen Büchern, die ich lese, deswegen hebe ich hier nur eines heraus: „The Imperfectionists“ von Tom Rachman, das ich zum ersten Mal seit der Veröffentlichung im Jahr 2010 gelesen habe. Schon damals sehr gemocht, fand ich es bei erneuter Lektüre noch besser und das nicht nur, weil sich die Handlung um Mitarbeiter*innen einer Zeitungsredaktion dreht, sondern vor allem, weil sich die Kapitel wie perfekte Kurzgeschichten lesen, die noch perfekter einen kohärenten Roman ergeben. Richtig, richtig gut, große Empfehlung!

Gesehen

Der Januar war ein sehr guter Filmmonat für mich. Ich habe in Pressescreening fünf Berlinale-Filme gesehen, alle aus Lateinamerika und alle wirklich gut. Herausragend war „Espero Tua (Re)Volta“, ein Dokumentarfilm, der sich um massive Schülerproteste in Brasilien dreht (Termine siehe hier). Ich war im Literaturhaus Berlin auf der Premiere einer Doku über Paul Auster samt anschließendem Gespräch mit der Regisseurin; am 13. Februar wird „was wäre wenn“ auf ARTE laufen. Groß auch zwei Dokus auf Netflix; „Fyre: The Greatest Party That Never Happened“ zeigt gleich drei Sachen: Wie bekloppt der Kapitalismus, die Welt der Influencer und FOMO (Fear Of Missing Out) inzwischen geworden ist, wie dreist es ein einzelner Mensch schafft, andere um Millionen Dollar zu erleichtern, und wie dünn der Mantel der Zivilisation in Krisensituationen ist. Unglaublich eindringlich und sehr, sehr empfehlenswert ist die vierteilige Serie über Ted Bundy, ein Mann, der auf den ersten Blick nett, witzig, charmant wirkt – der nachweislich aber 30, man mutmaßt sogar bis zu 100 Frauen vergewaltigt und ermordet hat. Und zuletzt kann ich euch „Coming Out“ empfehlen, der einzige DDR-Film, der Homosexualität zum zentralen Thema hatte (und dessen, true story, Premiere am 9. November 1989 war), und der sehr viel besser und „gewagter“ ist, als ich mir erhofft hatte.

Geklickt

Nachdem ich die vier Folgen der Ted-Bundy-Doku am Stück durchgesehen hatte, klickte ich zahlreiche Artikel und Wikipedia-Artikel über Ted Bundy und Serienmörder generell, nicht unbedingt empfehlenswert, wenn man alleine in einer großen Wohnung ist. Apropos Ted Bundy: Für viele Menschen ist die Diskrepanz zwischen hübschem, freundlichen Mann und widerlichem Serienmörder offensichtlich kognitiv und emotional nicht leicht unter einen Hut zu bekommen, und so gibt es gerade Diskussionen im Netz, ob man lieber mit Schleimmonster Venom oder Ted Bundy Sex hätte – der wohl absurdeste Text, den ich in diesem Monat las. Außerdem habe ich mich gefreut darüber, dass der tolle Film „Roma“ zehn Mal für die Oscars nominiert ist, und vor allem mit Yalitza Aparicio nach Salma Hayek die zweite mexikanische und die erste indigene Frau, die auf einen Academy Award für die Hauptrolle hoffen kann.

Gearbeitet

Einige von euch wissen vielleicht, dass ich die Social-Media-Accounts des Deutschen Buchpreises betreue. Seit Januar sind wir endlich auf Instagram aktiv, folgt uns gerne! Apropos Instagram: Für die nächsten Monate werde ich auch den Account des Tropen Verlags, ganz frisch nach Kreuzberg gezogen, bespielen, ebenso den Tropen-Blog. Außerdem gab’s in der taz endlich wieder eine Rezension von mir (zu „Cat Person“), und seit diesem Monat engagiere ich mich ehrenamtlich bei den Lateinamerika Nachrichten, eine Arbeit, auf die ich mich in Zukunft sehr freue!

Gereist

Zwischen den Jahren war ich in Israel mit Abstecher nach Palästina (und, während meiner Rückreise, unfreiwilligem Aufenthalt über Nacht in der Ukraine). Tel Aviv ist eine Stadt voller Energie und Leben und Kontraste: Die Leute sind jung und freundlich, die Häuserfassaden runtergekommen wie in einem Dritte-Welt-Land, die Preise aber teilweise höher als in London. Kaum eine halbe Stunde entfernt ist Jerusalem mit vollkommen anderem Vibe, und ebenfalls schnell zu erreichen Ramallah, Palästina, eine ganz andere Welt. Auch wenn Israel nicht wirklich schön ist, war das eine sehr interessante Reise, ein unglaublich teurer Trip, aber unbedingt zu empfehlen.


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