Autor: stefanmesch

Writer. Book Critic. Journalist.

Literaturfestival „Empfindlichkeiten“, LCB Berlin: Reader & Autor*innen

meine Schwester gab mir ihr iPad - aber bat mich, eine neue Hülle zu kaufen. Ich behielt die alte Schutzhülle... und klebte mein Lieblings-Pony drauf.

(Meine Schwester gab mir ihr iPad – aber bat mich, eine neue Hülle zu kaufen. Ich behielt die alte Schutzhülle… und klebte mein Lieblings-Pony auf.)

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Nicht-deutschsprachige Autor*innen leiden oft auf deutschsprachigen Literaturfestivals – weil sie kaum Texte und Diskussionen verstehen. Auch bei kanadischen/amerikanischen queeren Freunden, die in Berlin leben, war ich nicht sicher, ob ich sagen soll: „Fahrt raus an den Wannsee! Das ‚Empfindlichkeiten‘-Festival lohnt sich – ihr werdet genug mitbekommen/verstehen. Auch, wenn ihr kein Deutsch könnt.“

Tatsächlich ist „Empfindlichkeiten“, merke ich, internationaler/verständlicher als JEDES andere Literaturfestival, das ich kenne. Als Kathrin Röggla gestern auf Deutsch zu Hubert Fichte referierte, wurde die Rede auch auf Handouts ausgeteilt, in Übersetzung. Internationale Autor*innen, die heute und morgen lesen, lesen auf Englisch (…und anderen Sprachen?), und für Interessierte gibt es einen über 200seitigen (Gratis-)Festival-Reader mit langen Textpassagen (Prosa, Lyrik, Essays) von 24 Festivalautor*innen – auf Englisch.

Ich las gestern und heute in der S-Bahn durch die Texte. Einige – z.B. Kristof Magnussons Romanpassage aus „Das war ich nicht“ kenne ich im Original. Von den mir neuen Texten schafften folgende den Sprung auf meine „Unbedingt mehr lesen!“-Liste:

  • Masha Gessen
  • Antje Rávic Strubel
  • Raziel Reid

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und, zögerlicher (…könnte an der Qualität der Übersetzung liegen):

  • Saleem Haddad
  • Suzana Tratnik
  • Gunther Geltinger
  • Joachim Helfer

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Queere Literatur – aus Europa und der Welt: Vom 14. bis 16. Juli 2016 veranstaltet das Literarische Colloquium Berlin (LCB, am Wannsee) ein Festival zu Homosexualitäten – “Empfindlichkeiten” (mehr Infos in der Spex und auf der LCB-Website).

Queere Literatur 2016: Angela Steidele

Dr. Angela Steidele. Foto: Ben Chislett, Matthes und Seitz

Dr. Angela Steidele. Foto: Ben Chislett, Matthes und Seitz

Queere Literatur – aus Europa und der Welt: Vom 14. bis 16. Juli 2016 veranstaltet das Literarische Colloquium Berlin (LCB, am Wannsee) ein Festival zu Homosexualitäten – “Empfindlichkeiten” (mehr Infos in der Spex und auf der LCB-Website).

Ich werde das Festival als Liveblogger begleiten… und stelle bis Sonntag mehreren Künstler*innen, Autor*innen und interessierten Besuchern kurze Fragen über Queerness, Widerstand und das Potenzial homosexueller Literatur.

Den Anfang machten Katy Derbyshire (Link) und Kristof Magnusson (Link). Jetzt…

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Dr. Angela Steidele, Germanstin, Historikerin, Sachbuch- und Romanautorin und, beim Festival “Empfindlichkeiten”:

  • Freitag, 15. Juli, 11 Uhr auf dem Podium „Maske“, mit Ahmet Sami Özbudak (Istanbul), Hilary McCollum (Donegal), Thomas Meinecke (Eurasburg), Robert Gillett (London); Moderation: Franziska Bergmann
  • danach, ab 17 Uhr: mit einer literarischen Kurzlesung auf der Gartenbühne

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Angela Steidele wurde 1968 in Hamburg geboren. Sie studierte in Hildesheim und promovierte 2002 in Siegen. 2004 erschien das Sachbuch „In Männerkleidern“ [unten hier im Blogpost: mehr!], 2011 „Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sybille Mertens“, 2015 ihr erster Roman, „Rosenstengel“ (…über den historischen Fall, den sie bereits in „In Männerkleidern“ behandelte). Sie lebt in Köln.

Angela Steidele auf Wikipedia  |  Angela Steidele bei Perlentaucher

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01_Eine eigene Arbeit, ein Text, Link oder Bild, der/das mich vorstellt und/oder der/das einen Blick wert ist:

Das Titelbild und die Rückseite meines Romans „Rosenstengel“:

Cover und Backcover von Angela Steideles Roman "Rosenstengel", erschienen bei Matthes und Seitz

Cover und Backcover von Angela Steideles Roman „Rosenstengel“, erschienen bei Matthes und Seitz

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02_Das Queerste, das ich in meiner Kindheit sah oder kannte…

… waren die beiden Mitarbeiterinnen der katholischen Leihbibliothek, die ich sehr mochte und die „nur aus wirtschaftlichen Gründen“ zusammenlebten.

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03_Ein queeres Buch, das mich beeinflusst hat (und wie?)…

„Orlando“ von Virginia Woolf – einer der schönsten und gelungensten und ästhetisch anspruchsvollsten Romane der Weltliteratur. Nicht nur, weil das Buch – auch – eine Liebeserklärung an Woolf’s Geliebte Vita Sackville-West ist. Es ist v. a. ein Buch über das prinzipielle Scheitern jedes Versuchs, eine Biographie zu schreiben. Der Erzähler beginnt als viktorianischer Positivist, der Orlandos Biographie schildern will, und je weiter er in der abenteuerlichen, nicht vermittelbare Lebensgeschichte Orlandos kommmt, desto stäkrer bezweifelt er sein eigenes Vorhaben, bis er schließlich nicht mehr weiter weiß: eine im doppelten Sinne „queere“ Biographie, die die Biographie als Gattung für unmöglich erklärt und gleichzeitig augenzwinkernd viel über Vita Sackville-West – und Virginia Woolf – erzählt. Und mir als Biographin grundsätzlich den Weg weist.

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04_Ein anderes Stück queerer Kultur [andere Kunstformen], das mich beeinflusst hat (und wie?)…

Shakespeare rauf und runter! Alle Musikdramen von Richard Wagner, Händels Opern, Monteverdis „Orfeo“, natürlich Mozart (Così fa tutte!). Strauss‘ „Rosenkavalier‘. Alle früheren Kastratenrollen, die dann im 20. Jahrhundert von Frauen gesungen wurden (um jetzt leider wieder von Countertenören übernommen zu werden – ein queerer Rückschritt!). Als ich mit 12 Jahren den Hollywoodstreifen „Queen Christina“ (1933) mit Greta Garbo in der Hauptrolle sah – war’s um mich geschehen. Ach und nicht zu vergessen: ‚Some like it hot‘ – für die Ewigkeit!

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05_Mich ehrt, wenn meine Arbeiten in einer Buchhandlung oder Ausstellung neben folgenen Autor*innen stehen:

„Steidele, Angela“ macht sich im Alphabet neben „Stein, Gertrude“ sehr gut.

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06_Zu viele Menschen denken bei „Homosexualität“ zuerst oder fast nur an schwule Männer. Ich wünschte, stärker in den Fokus rücken…

Der Satz ist richtig: Wir Lesben haben immer noch gewaltig Nachholbedarf an Sichtbarkeit. Die Verlagerung des Fokus von „schwul“ auf „queer“ verlängert die öffentliche Unsichtbarkeit lesbischer Frauen und kann als moderne Variante von Frauen- und Lesbenfeindlichkeit interpretiert werden.

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07_Ein queerer Moment in Berlin (oder in Deutschland), an den ich mich lange erinnern werde:

Als unsere Kölner Standesbeamtin erklärte: „Aus rechtlichen Gründen muss ich jetzt immer von einer ‚Eingetragenen Lebenspartnerschaft‘ sprechen. Ich habe das hiermit einmal getan – und werde fortan ‚Ehe‘ sagen.“

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08_Folgende Expert*innen, Autor*innen, Aktivisit*innen, folgende Orte, Institutionen und Diskurse haben mein (Selbst-)Verständnis beeinflusst oder geprägt:

Mein Doktorvater Prof. Dr. Wolfgang Popp und sein Forschungsschwerpukt ‚Homosexualität und Literatur‘ an der Uni-GH Siegen. Die in den 1990-er Jahren dort alle zwei Jahre stattfindenden Tagungen waren intellektuelle Höhepunkte und zugleich Ermutigungen, in einem damals noch belächelten Sachgebiet ernsthafte Forschungen zu betreiben, die alle (nicht nur die LGTB-Community) etwas angehen.

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09_Folgende Expert*innen, Autor*innen, Aktivisit*innen, Orte, Institutionen, Themen verdienen mehr Aufmerksamkeit/Zuwendung:

Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Lesben in NRW, Düsseldorf
Frauengeschichtsverein Köln
Centrum Schwule Geschichte Köln

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10_Ein heterosexueller Ally/Verbündeter, dem ich dankbar bin und/oder den ich schätze:

Prof. Dr. Dan Wilson, dessen grundlegendes, kluges und originelles Buch „Goethe Männer Knaben. Ansichten zur ‚Homosexualität‘ (Insel Verlag) ich zusammen mit ihm bearbeiten und übersetzen durfte.

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11_Ein Gast beim „Empfindlichkeiten“-Festival, auf den ich mich besonders freue:

Kristof Magnusson – er betritt den Raum und schon hagelt die erste geistreiche Pointe.

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12_Eine politische oder öffentliche Figur, über die wir dringend mehr reden müssen. Und eine, über die wir weniger reden sollten:

Wir sollten viel weniger über die ganze AfD reden – die boykottieren die Medien, warum boykottieren die Medien sie nicht umgekehrt?

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13_Eine queere Figur, ein queerer Star oder eine queere Geschichte aus dem Mainstream, über deren Popularität/Strahlkraft ich mich freue:

Athene, Dionysos, Apollo, Sappho, Christina von Schweden, Ludwig II. von Bayern, Richard Wagner, Oscar Wilde, Virginia Woolf, Greta Garbo, Marlene Dietrich, Cathérine Deneuve, Miss Piggy, Ernie und Bert, Dick und Doof.

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14_Am Literarischen Colloquium Berlin…

Dem lcb verdanke ich eine ganz entscheidende Ermutigung zur Ausweitung meines Werks. 2011 habe ich mich – damals noch reine Sachbuchautorin – mit 50 Manuskriptseiten (mehr hatte ich nicht) meines ersten Romanversuchs „Rosenstengel“ um den Alfred-Döblin-Preis beworben, den Günter Grass gestiftet hat und den das lcb alle zwei Jahre auslobt. Dabei spielt man dann am Wannsee ein bisschen das Wettlesen von Klagenfurt nach. Aus über 500 Einsendungen wurde mein Manuskript herausgefischt und ich durfte an der Finalrunde (die letzten sechs) teilnehmen. Gewonnen habe ich an dem Tag zwar nicht den Preis, dafür aber, nach vielen Gesprächen dort, den Mut, diesen Roman tatsächlich zu schreiben. Für mich persönlich war das der Durchbruch zu einer neuen Ästhetik, beruflich als Autorin habe ich auf dem Markt eine größere Sichtbarkeit gewonnen (all die überaus verdienstvollen SachbuchautorInnen gehen ja unverdienterweise unter) , und dann gab’s auch noch den Bayerischen Buchpreis 2015. – Es lebe das lcb!

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15_Ein queeres literarisches Event, das ich mir wünsche:

Es gibt eines, dem ich noch viel mehr Beachtung wünsche: Das „Querlesen“ im Musikdorf Ernen in der Schweiz. Es findet jedes Jahr Ende Juli in diesem wunderschönen Dorf im Goms/Wallis statt, also zB. jetzt am 23./24. Juli. „Wir“ übernehmen dann dieses wunderschöne Schweizer Bergdorf, tagsüber wandert man am Aletschgletscher mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau, abends hört man ein klassisches Konzert in der Barockkirche oder besucht eine Lesung – geht’s schöner im Sommer?

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16_Ein queeres guilty pleasure in meinem Leben:

Bei meiner Unschuld – ich weiß nicht einmal, was ein ‚queeres guilty pleasure‚ ist! Hört sich allerdings vielversprechend an. Vielleicht kann es mir bei den „Empfindlichkeiten“ eine erklären, zeigen oder gar – beibringen?

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17_Queere Texte handeln oft von Sexualität, Identität/Selbstfindung und Diskriminierung. Andere Themen/Fragen, denen ich in queeren Texten mehr Gewicht wünsche:

Dem würde ich widersprechen. Viele Werke der zu den „Empfindlichkeiten“ anreisenden AutorInnen handeln von weitaus mehr als der eigenen Nabelschau. Und umgekehrt gilt: Welcher Mainstream-Roman funktioniert ohne Liebesgeschichte?

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18_Ein Staat, eine Stadt, Region, Kultur oder eine Szene, aus der ich wichtige queere Impulse erhalte (welche?) oder über die wir mehr sprechen müssen:

Der rheinische Karneval ist tatsächlich subversiver als manche CSD-Demo. Das ganze Köln (nicht nur die Community) ist dann durch und durch queer. Das fängt bei der kölschen Jungfrau an (Teil des Dreigestirns zusammen mit Prinz und Bauer), die immer von einem Mann verkörpert werden muss und hört beim „Stippeföttchetanz“ (Po an Po reiben) der Roten Funken (eine Karnevalsgarde, mit den komischen Uniformen) noch lange nicht auf. Ganz Köln ergibt sich einer Anarchie, die jedwede Normen, Gesetze, Annahmen, was ’normal‘ ist, sprengt – die Kategorie „Geschlecht“ gehört stets zu den allerersten Grenzen, die eingerissen werden. Wer wirklich einmal wissen will, wie eine völlig queere Stadt enthemmt tanzt, säuft und feiert, muss zu Weiberfastnacht mal kommen und bis zur Nubbelverbrennung am Dienstag Abend bleiben. Ich geh übrigens zu Karneval immer als Skilangläuferin – weg von Köln.

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19_Wenn Universitäten und Akademiker auf queere Diskurse (und: Gender-Diskurse) blicken, denke ich…

…dass dann zu viel von „intersektionell“ und „Queerness“ die Rede ist. Auch die ästhetischen Unworte „Performanz“ und „Performativität“ wurden jetzt etwas lang schon durchdekliniert. Es ist tief bedauerlich, dass die akademische Genderforschung null Relevanz für Gesellschaft und Alltagsleben besitzt und praktische Emanzipationsbestrebungen von Frauen, Lesben, Schwulen, Trans* usw. politisch gesehen im Stich lässt.

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20_Ein Mensch (oder, abstrakter: eine Eigenschaft/ein Wesenszug), den ich sehr sexy finde:

Humor. (O, hallo Kristof, schön dich zu sehen!)

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21_Kulturvermittler*innen, Institutionen, Journalist*innen machen, nach meiner Erfahrung, im Umgang mit queerer Kultur manchmal folgenden Fehler:

Zu denken, es hätte nichts mit ihnen selbst zu tun.

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22_Wie/wo/wann profitierte ich künstlerisch von meiner eigenen Queerness? Und steht/stand sie mir je im Weg, war sie je eine Schwierigkeit für mich?

„Women only stir my imagination“. Diesem Satz von Virginia Woolf habe ich nichts hinzuzufügen (sorry, Kristof!). – Als promovierte Literaturwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt „Geschichte der weiblichen Homosexualität“ hatte ich im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts nur geringe Chancen auf eine Stelle im deutschsprachigen Wissenschaftsbetrieb. Nach dem Motto „Krisen neu bewerten“ bin ich heute froh darüber. Als Autorin hatte ich eventuell sogar Vorteile – Mainstreamverlage zB schmücken sich mittlerweile auch ganz gern mit ein paar Exoten.

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23_Eine Video-Kampagne, die queere Jugendliche vom Selbstmord abhalten will, verspricht: „It gets better.“ DOES it get better? Wo und für wen? Wann/wie wurde es für dich besser? Was muss noch anders/besser werden?

Mein Coming-out war wie ein zweites Geborenwerden, eine Befreiung, und ich wünsche allen Jugendlichen von Herzen, Mut zu sich zu haben, egal, wen und wie sie lieben. Und uns Großen wünsche ich den Mut, immer und überall zu zeigen, wen und wie wir lieben. Ob Lehrerinnen an Schulen oder Profi-Fußballer: Wir selber müssen uns selber noch viel selbstverständlicher werden, bevor wir anderen selbstverständlich werden.

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Angela Steidele war 2006 und 2007 Gastdozentin an der Universität Hildesheim. 2005 leitete ich dort ein Kreatives-Schreiben-Tutorium für Erstsemester, die fünf Monate lang über die Uni und ihren Alltag schrieben, für das Gruppenprojekt „Kulturtagebuch – Leben und Schreiben in Hildesheim“.

Hanns-Josef Ortheil lud Angela Steidele ein, in einem Seminar ihr Buch „In Männerkleidern“ vorzustellen.

Einer der Studenten schrieb damals beeindruckt:

„Angela Steidele, eine diplomierte Kulturwissenschaftlerin, wird ihr Buch „In Männerkleidern“ vorstellen. Eine wissenschaftliche Biografie über Catharina Margaretha Linck, bekannt als Anastasius Lagrantinus Rosenstengel. Mehr hat Ortheil letzte Stunde nicht gesagt, und mehr muss man auch gar nicht wissen: Die Story, die sich aus diesen beiden Namen ergibt, ist reizvoll genug. Eine Frau verkleidet sich als Mann, heiratet, dann kommen Inquisition und Gefängnis und das bittere Ende. Das alles aber nicht als pseudo-dokumentarischer Historienroman mit dem „Ich war dabei!“-Gestus, sondern solide belegt an historischen Quellen, verfasst von einer Kuwi-Absolventin. Das klingt so grundlegend widersinnig, das muss ich mir anhören.

[…] Boah, was für eine Frau! Aber warum? Ich glaube, weil sie etwas verkörpert, das Hildesheim oft fehlt: Unaufgeregtheit, Bescheidenheit, Forschergeist, Selbstironie, Nachdenklichkeit… Angela Steidele setzt allen Ringelsocken und Regenbogenstulpen und Cordjacketts und Rock-über-Hose, aller lärmend zur Schau gestellten Individualität und allem penetrant zelebrierten Lesbentum die höfliche Zurückhaltung (ja, das trifft es: Höflich ist diese Zurückhaltung!) eines gefestigten Charakters entgegen. Klar: Hinterher werden manche sagen, Steidele habe bieder gewirkt, wie eine Lehrerin, nicht extravagant genug. Ein kleinakademisches Pflänzchen am Wegesrand. Schwachsinn, sage ich: Diese Frau hat gestrahlt, aus der Ruhe und Selbstgewissheit heraus, etwas zu tun, das ihr nicht nur Spaß macht, sondern ganz nebenbei (oder doch hauptsächlich?) auch schön und gut und wahr ist – eine echte Wissenschaftlerin. Wenn ich es mir recht überlege, möchte ich werden wie Angela Steidele. Zwar möchte ich ständig wie irgend jemand anderes werden, und diese Idole unterscheiden sich auch immer grundlegend, doch heute Abend möchte ich werden wie sie: unaufgeregt, selbstgewiss, klug und menschlich. Gebt mir mehr Adjektive für unspektakuläres Wohlgefallen! Gebt mir mehr Adjektive für schlichte Sympathie!“

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all my 2016 interviews on Queer Literature:

…and, in German:

Kuratoren & Experten am Literarischen Colloquium Berlin: 

Queer Literature: “Empfindlichkeiten” Festival 2016:

Queere Literatur 2016: Kristof Magnusson

Kristof Magnusson, Foto von Gunnar Klack

Autor Kristof Magnusson. Foto: Gunnar Klack

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Queere Literatur – aus Europa und der Welt: Vom 14. bis 16. Juli 2016 veranstaltet das Literarische Colloquium Berlin (LCB, am Wannsee) ein Festival zu Homosexualitäten – „Empfindlichkeiten“ (mehr Infos in der Spex und auf der LCB-Website).

Ich werde das Festival als Liveblogger begleiten… und stelle bis Sonntag mehreren Künstler*innen, Autor*innen und interessierten Besuchern kurze Fragen über Queerness, Widerstand und das Potenzial homosexueller Literatur.

Den Anfang machte Katy Derbyshire (Link). Jetzt…

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…Kristof Magnusson – Autor, Übersetzer und, beim Festival „Empfindlichkeiten“:

  • am Samstag, 16. Juli, 14 Uhr auf dem Podium „Schrift“, mit Alain Claude Sulzer (Basel), Dieter Ingenschay (Berlin), Édouard Louis (Paris) und Raziel Reid (Vancouver); Moderation: Nina Seiler
  • danach, ab 19 Uhr: mit einer literarischen Kurzlesung auf der Gartenbühne

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Kristof Magnusson wurde 1976 in Hamburg geboren. Er machte eine Ausbildung als Kirchenmusiker und studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Er übersetzt aus dem Isländischen, veröffentlichte die Romane „Zuhause“, „Das war ich nicht“ und „Arztroman“ und u.a. das Theaterstück „Männerhort“ und lebt in Berlin.

Kristof auf Wikipedia  |  Kristof auf Goodreads

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01_Eine eigene Arbeit, ein Text, Link oder Bild, der/das mich vorstellt und/oder der/das einen Blick wert ist:

Mein Roman „Zuhause“.

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02_Wenn mich jemand „homosexueller Autor nennt…

…dann ist das insofern relevant, als bei meiner Arbeit meine Person und meine persönlichen Erfahrungen eine Rolle spielen. Ich schreibe zwar nicht unbedingt biografisch gefärbte Texte, aber etwas mit mir und meinem – homosexuellen – Selbst hat das schon immer zu tun. Ja, es besteht eine Differenz zwischen Werk und Autor, aber es ist eine durchlässige Trennung mit vielen Abstufungen.

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03_Das Queerste, das ich in meiner Kindheit sah oder kannte, war…

Etwas aus der Popkultur, das ich schon als Kind eindeutig als queer wahrnehmen konnte, war sicher der Pop-Act Frankie Goes To Hollywood. Das war nicht kryptisch und verklausuliert, sondern für jeden erkennbar queer. In meinem persönlichen Umfeld gab es queere Bekannte meiner Eltern und meiner großen Schwester, der Queerste jedoch war sicher mein Onkel Níels aus Island, der ein Kino hatte, in der Freizeit isländische Briefmarken gestaltete und in den Sommerferien nach Kopenhagen fuhr, um Antiquitäten zu kaufen.

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04_Ein queeres Buch, das mich beeinflusst hat…

Michael Chabon, Die Geheimnisse von Pittsburgh

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05_Ein anderes Stück queerer Kultur [andere Kunstformen], das mich beeinflusst hat…

Bildende Kunst von Bruce Nauman, und die Shows in Corny Littmanns „Schmidt Theater“ auf der Reeperbahn.

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06_Ich wünschte, ich hätte in Sachen Homosexualität früher gelernt/gewusst/erfahren, dass…

…es so viele verschiedene queere Lebensweisen gibt. Viele meiner Ängste und Hemmungen hatten – und haben – damit zu tun, dass sich bestimmte falsche, medial verbreitete Bilder festgesetzt haben. Ich hätte gerne viel früher im Leben vielfältige und positiv dargestellte Beispiele für queere Lebensentwürfe gekannt. Und wäre es nur in Soap-Operas im Privatfernsehen gewesen.

[Stefan: nach meiner Wahrnehmung gab es queere Figuren selten in Privat-Soaps… aber durchgängig, 20 Jahre lang, in der öffentlich-rechtlichen „Verbotene Liebe“.]

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07_Zu viele Menschen denken bei „Homosexualität“ zuerst oder fast nur an schwule Männer. Ich wünschte, stärker in den Fokus rücken…

Ich kann ich nur zustimmend sagen, dass es tatsächlich ein Problem ist, dass der Blick auf Homosexualitäten oft verkürzt ist und bei schwulen Männern endet.

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08_Eine politische oder öffentliche Figur, über die wir dringend mehr reden müssen. Und eine, über die wir weniger reden sollten:

Das ist eine sehr schwierige Frage, denn wer ist „wir“? Wir als Gesellschaft insgesamt? Dann würde das ja ganz schnell in Richtung Medienkritik gehen (Talkshows, Zeitungen etc.). Oder wir als queere Community? Können wir überhaupt von den Gemeinsamkeiten einer Community ausgehen? Das ist sehr kompliziert.

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09_Eine queere Figur, ein queerer Star oder eine queere Geschichte aus dem Mainstream, über deren Popularität/Strahlkraft ich mich freue:

Der Mainstream-Erfolg von Ru Paul’s Drag Race ist doch sensationell, oder? Sicher nicht ganz unproblematisch, aber Großen und Ganzen doch ein Zeichen für gesellschaftlichen Fortschritt. Viel mehr als über einen weiteren queeren Star würde ich mich darüber freuen, wenn auch unter schwulen Männern das Bewusstsein dafür wachsen würde, dass queer in erster Linie Vielfalt bedeutet.

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10_Ich wünschte, folgendes reaktionäre Vorurteil/Denkfigur würde endlich verschwinden/nicht immer wieder neu diskutiert werden:

Ist es nicht frustrierend, dass die Denkfigur des „Natürlichen“ immer wieder hervorgekramt wird? Können sich nicht alle endlich einmal hinter die Ohren schreiben, dass „Natur“ genauso eine kulturelle Konstruktion ist wie quasi alles andere um uns herum?

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11_Ein queeres guilty pleasure in meinem Leben:

Jim Sharmans Rocky Horror Picture Show. So viele Filme enthalten parodistische Darstellungen von queeren Figuren, die unfair und gemein sind, aber trotzdem sehr witzig. Zählt das dann auch als queeres guilty pleasure?

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12_Queere Texte handeln oft von Sexualität, Identität/Selbstfindung und Diskriminierung. Andere Themen/Fragen, denen ich in queeren Texten mehr Gewicht wünsche:

Die in der Frage genannten Themen sind nach wie vor selbstverständlich relevant. Und viel mehr als andere Themen wünsche ich mir andere Sichtweisen: neben problemorientierten Darstellungen wünsche ich mir viel mehr positive Darstellungen queerer Lebensrealität. Queere Literatur bedeutet doch auch, queere Inhalte als selbstverständlich, gesund und normal darzustellen.

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13_Ein Staat, eine Stadt, Region, Kultur oder eine Szene, aus der ich wichtige queere Impulse erhalte (welche?) oder über die wir mehr sprechen müssen:

Reykjavik, wo jedes Jahr über 10 % der isländischen Bevölkerung der Gay Pride Parade zugucken.

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14_Identität (und: Diskriminierung) wird immer öfter intersektionell beschrieben und diskutiert. Als queere*r Künstler*in interessiert mich aus dieser Perspektive besonders…

Grundsätzlich halte ich eine möglichst diverse Bearbeitung queerer Themen für unbedingt notwendig. Ich selbst spreche als Autor aus der Perspektive eines weißen cis-Manns und möchte mir auch gar nicht anmaßen, qualifiziert über Probleme der Intersektionalität zu reden.

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15_Der Mainstream räumt Queerness oft mittlerweile etwas mehr Platz ein. Räumt Queerness auch dem Mainstream mehr (zu viel?) Platz ein – in Fragen wie Familien- und Rollenbildern, Selbstdarstellung, Konsum und Politik? Wo reiben sich Queerness und „Normalität“? Reiben sie sich genug?

Davon, dass der Mainstream der Queerness zu viel Platz einräumt kann kaum die Rede sein. Das lässt sich quantitativ einfach belegen. Wie viele Personen weichen auf die eine oder andere Art von der binären heterosexuellen Norm ab (viele), und wie sichtbar ist das im Alltag? (wenig)

Ich persönlich habe zum Glück einen Alltag, in dem wenig Reiberein an queeren Themen vorkommen. Der Literaturbetrieb ist ein grundsätzlich progressives und menschenfreundliches Metier. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin froh, dass ich – anders als viele andere – nicht in einer Branche arbeite, in der ich im Arbeitsalltag permanent Homophobie ausgesetzt bin.

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16_Wenn Universitäten und Akademiker auf queere Diskurse (und: Gender-Diskurse) blicken, denke ich…

…dass queere Themen genau so sehr in die Wissenschaft gehören wie alle anderen Bereiche des Lebens. Ich möchte, dass es über queere Themen genau so viel Forschung gibt wie über Politik, Geschichte, Medizin oder Teilchenphysik. Falls diese Frage darauf hinaus laufen sollte, wie ich zu den fachspezifischen Eigenheiten der Gender-Studies stehe, so kann ich die Frage nur mit Sprachkritik beantworten: Akademischer Jargon hat einfach seine Schrullen, da machen Gender-Studies keine Ausnahme.

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17_Kulturvermittler*innen, Institutionen, Journalist*innen machen, nach meiner Erfahrung, im Umgang mit queerer Kultur manchmal folgenden Fehler:

Mir fällt oft auf, dass mit einem gewissen Exotismus über queere Themen berichtet wird – so als gehöre man als queerer Mensch gleich einer anderen Spezies an. Bitte liebe Institutionen, Kulturvermittler und Journalisten, streicht diesen distanzierten, leicht überraschten Tonfall aus eurem Repertoire, wenn es um queere Themen und Personen geht. Ich habe übrigens bewusst die männliche Form verwendet. Es sind vor allem Männer, deren Sprache über queere Themen von Distanzierungs- und Exotismusformeln beherrscht ist. Eine geschlechterneutrale Darstellung würde Kulturvermittlerinnen und Journalistinnen unfair in Sippenhaft nehmen.

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18_Wie/wo/wann profitierte ich künstlerisch von meiner eigenen Queerness? Und steht/stand sie mir je im Weg, war sie je eine Schwierigkeit für mich?

Mich irritiert es, dass oft im Nachhinein in die Queerness hineingeheimnisst wird, dass das einem als Autor oder Künstler hilft. An dieser Stelle möchte ich gerne mal den anderen Aspekt in den Vordergrund stellen: Ja, es war schwierig, ja es stand mir oft im Weg. Die viele Zeit in der Jugend, die von Angst, Scham und Unsicherheit geprägt war, darauf hätte ich liebend gern verzichtet. Das Gefühl, dass die Welt eigentlich für andere gemacht ist, nicht für dich, das kann man im Nachhinein vielleicht verklären, weil es möglicherweise den künstlerischen Blick geschärft hat. Schön ist es aber nicht.

Kristof Magnusson, Foto von Gunnar Klack

Kristof Magnusson, Foto von Gunnar Klack

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all my 2016 interviews on Queer Literature:

…and, in German:

Kuratoren & Experten am Literarischen Colloquium Berlin: 

Queer Literature: “Empfindlichkeiten” Festival 2016:

Homosexualität am Literarischen Colloquium Berlin: Ronny Matthes vom Festival „Empfindlichkeiten“ im Interview

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit fürs Festival "Empfindlichkeiten": Ronny Matthes

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit fürs Festival „Empfindlichkeiten“: Ronny Matthes

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Queere Literatur – aus Europa und der Welt: Vom 14. bis 16. Juli 2016 veranstaltet das Literarische Colloquium Berlin (LCB, am Wannsee) ein Festival zu Homosexualitäten – “Empfindlichkeiten” (mehr Infos in der Spex und auf der LCB-Website).

Ich werde das Festival als Liveblogger begleiten… spreche bis Sonntag mit Künstler*innen, Autor*innen und interessierten Besuchern über Queerness, Widerstand und das Potenzial homosexueller Literatur…

…und, zur Eröffnung, mit Ronny Matthes über das Potenzial und den Kontext des Festivals:

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Mein Name ist Ronny Matthes. Ich studierte Geistes- und Kunstwissenschaften. Sonst mache ich PR für die Verlage Albino und Bruno Gmünder und schreibe frei für das VICE-Magazin. Für „Empfindlichkeiten“ betreue ich die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

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Ist „Empfindlichkeiten“ das erste queere Festival des Literarischen Colloquiums? Warum jetzt?

Besser spät als nie! Das LCB ist die erste große öffentliche literarische Institution, die mit einem solchen Festival aufwartet, ja. Etwas Vergleichbares gab es in Deutschland noch nicht.

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Ihr habt knapp 40 Autor*innen, Künstler*innen, Performer*innen eingeladen. Es wird Lesungen geben, Gesprächsrunden – was noch?

Es gibt Lesungen, Performances, ein Puppenspiel (!), Diskussionen, Konzerte, Getränke und Speisen, DJ-Sets, Gespräche.

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Richten sich alle Programmpunkte ans erwachsene Publikum? Oder gibt es auch z.B. queere Jugendbücher? Und wird „Empfindlichkeiten“ sehr akademisch – oder liegt auch queere Unterhaltungs- und Genre-Literatur im Fokus?

Wir haben einen Autor aus dem Genre Young Adult dabei, Raziel Reid. 2014 gewann er mit „Movie Star“ (im engl. Original „When Everything Feels Like the Movies“) den kanadischen Governor General’s Literary Award für die Sparte „Jugendbuch“ und löste damit einen Skandal aus – denn das Buch ist sehr explizit, hart, berührend, schrill, todtraurig.

Ich denke, dass es auch für junge Leute interessant wird: Die geladenen Gäste aus sehr unterschiedlichen Generationen – was man besonders in den Panels/Diskussionsrunden sieht: Da sitzt Ingenschay mit Sulzer mit Louis mit Reid mit Magnusson. Allzu akademisch, hoffe ich, wird es nicht. Sicherlich lassen sich viele Diskussionen nicht ohne spezifisches Vokabular führen. Aber mein Wunsch ist, dass das Festival allen zugänglich ist, auch sprachlich.

Als „queere Genreliteratur“ verstehen sich sicherlich die wenigsten der geladenen Autor_innen. Viele sind ja bei Mainstream-Verlagen und nicht bei queeren/schwulen/lesbischen Kleinverlagen. Eher als: Queer, im Mainstream angekommen.

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Welche neuen und oder internationalen Namen legst du uns besonders ans Herz?

Saleem Haddad und Raziel Reid – sicherlich die neuesten und jüngsten Stimmen im Programm. Etablierter mittlerweile: Edouard Louis.

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Hast du aktuelle queere Buchtipps? Aus dem Festivalprogramm… und außerhalb?

Haddads „Guapa“ kommt hoffentlich bald auf Deutsch. Dann eben Reids „Movie Star“. Edouard Louis‘ „Das Ende von Eddy“ ist gerade als Taschenbuch erschienen. Nicht auf dem Festival, aber von mir empfohlen: Karen-Susan Fessels „Bilder von ihr“ – ein Klassiker der lesbischen Literatur, neu aufgelegt. Außerdem „Wir Propagandisten“ von Gabriel Wolkenfeld und „Jetzt sind wir jung“ von Julian Mars.

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Hilft das LCB queeren Künstler*innen aus Ländern, die Homosexualität kriminalisieren? Wie?

Falls Einladen als Hilfe gilt: Wir kümmern uns um Visum, Unterbringung, Kost und Logis. Außerdem sind wir an einem langfristigen Kontakt mit diesen Autor_innen interessiert. (Wie mit allen, mit denen wir zusammenarbeiten.)

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Wie hat sich das Festival im Lauf der Planung verändert? Musstet ihr etwas umschmeißen oder neu denken? Worauf freust du dich besonders?

Die Kulturstiftung des Bundes hat das Projekt im Frühjahr 2016 bewilligt. Sicherlich fanden aber schon vorher Planungen statt. Ich wurde ins Boot geholt, als das Konzept schon stand: Die künstlerische Leitung liegt bei Thorsten Dönges und Samanta Gorzelniak. Ich freue mich besonders auf den Mix aus Lesungen, Diskussionen und Musik – weil es verspricht, keine akademische Selbstbespiegelung zu werden, sondern ein Festival für alle. Man kann sich die Rosinen herauspicken.

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Macht die Pressearbeit Mühe? Sind Nischen- und Szene-Plattformen offener fürs Festival – und wird Homosexualität noch immer zuerst als „sexuell“ gelesen/begriffen?

Presse fürs LCB macht Spaß und Mühe. Spaß, weil es bei den Medien einen Vertrauensvorschuss bringt, für eine etablierte Institution zu arbeiten: Man kennt sich und berichtet gern. Mühe, weil auch 2016 Medienvertreter_innen zusammenzucken, wenn das Wort „Homosexualität“ fällt. Bei Medienvertreter_innen, die man persönlich kennt und die selbst schwul/lesbisch sind, ist der Zugang sicherlich einfacher. Der Queerspiegel [queere Sonderseiten im Berliner Tagesspiegel] z.B. widmet „Empfindlichkeiten“ eine Online-Serie mit Autoren-Statements und heute, Donnerstag, auch ein großes Print-Feature. Aber auch nicht-schwul/lesbische Medien waren interessiert – Zeitungen, Zeitschriften, Print und Online, Blogs und Radio.

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Warum der Titel „Empfindlichkeiten“?

Der Name kommt vom Roman- und Glossenzyklus „Die Geschichte der Empfindlichkeit“ von Hubert Fichte.

Fichte hielt sich 1963/64 am Literarischen Colloquium auf und verarbeitete diese Zeit im dritten Band der Geschichte der Empfindlichkeit, dem Glossenband „Die Zweite Schuld“.

„Gibt es so etwas wie einen Stil der Homosexuellen, gibt es homosexuelle Romanciers im Gegensatz zu Schriftstellern mit homosexuellen Neigungen? Henry James veräppelt Mrs. Penniman, die Wörter kursiv setzt. Henry James setzt kursiv, in Anführungsstriche, in Klammern. Schwule Sprache ist uneigentlich, ist indirekte Sprache. Nirgends so viele Anführungsstriche wie auf dem Plakat zum Faschingsfest in der Stricherbar. Aber sind Sousentendus, Verfremdungen, Übertreibungen, Ironie, Travestie bei Henry James häufiger als bei Guy de Maupassant oder bei Norman Mailer – die Wahl der Beispiele drückt kein Qualitätsurteil aus –, es ist nur so schwer, erklärt heterosexuelle Schriftsteller zu finden. Von homosexuellen Autoren, von homosexueller Literatur sprechen, setzt voraus, daß es heterosexuellen literarischen Stil gibt, heterosexuelle Kriteria. Und: Kann es die Aufgabe der Literaturkritik sein, biologistische Kriterien zu kanonisieren, die von den Biologen jede Saison ausgewechselt werden?“

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Hubert Fichte starb 1986. Ist er wirklich noch immer das Nonplusultra für anspruchsvolle schwule Literatur, im deutschsprachigen Raum?

Als jemand, der sich viel mit schwulen Autoren beschäftigt: Fichte ist wichtig, aber auch outdated. In meinem Bekanntenkreis haben fast nur die Ü40-jährigen etwas von ihm gelesen. Das ist schade, denn gerade sein „Versuch über die Pubertät“ ist ein zeitloser Text, der Pflichtlektüre in Schulen werden sollte.

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Outdated – inwiefern?

Die Sprache ist aus heutiger Sicht sehr unzugänglich, finde ich. Aus der Zeit gefallene Bilder, viel Stricherromantik, viel Klappen, viel heute-nicht-mehr-Existierendes aus der schwulen Subkultur der 70er und 80er.

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Viele Freunde von mir kennen ihn vom Namen her – aber wissen nicht, dass er schwul (bisexuell?) war, weil Zeitungsartikel oft viel über seine Freundschaft/Beziehung zur Fotografin Leonore Mau sprechen. Oder er wird als Hamburg-Autor, Lokal-Autor, Kneipen-, Szene-, früher Pop-Autor erinnert.

Fichte war ja jemand, der sein literarisches Schaffen gerade über die eigene Homo-/Bisexualität definierte. In meiner Eigenwahrnehmung habe ich immer mehr Fichte auf dem Schirm als Mau. Ich könnte mir aber erklären, warum es manche so wahrnehmen, als wenn Mau mehr rezipiert wird: Bild schlägt Text, ist zugänglicher, schneller erfassbar, mit einem Blick umfassend gesehen.

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Ist Fichtes „Die zweite Schuld“ lesenswert? Erfahre ich viel über das Literarische Colloquium vor 50 Jahren?

Das sind hinreißende Interviews (Fichtes große Stärke!) und Tagebuchskizzen. Übers LCB selbst erfährt man nicht so viel – vielmehr über die Personen, die es mit Leben füllten. Von bitterböse bis charmant, immer brutal ehrlich, selten schmeichelhaft, schildert Fichte die Menschen am LCB zur Gründungszeit. Wer etwas für Literaturgeschichte übrig hat, sollte es unbedingt lesen.

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Wo wird sonst in Berlin über queere Literatur gesprochen? Hast du Tipps?

Die „Literatunten“ und das „Queere Literarische Quartett“ im Prinz Eisenherz Buchladen sind die beiden „Institutionen“, die ich nennen und empfehlen kann. Sonst auch in den Feuilletons der Stadt, im Queerspiegel des Tagesspiegels und im Buchteil der Siegessäule.

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Erlebst du, dass sich Autor*innen verbitten, als queerer Autor gesehen, rezipiert, verstanden zu werden? Oder nimmt jeder dieses Label an?

Bisher hat sich niemand beschwert. Aber das wird sich sicher in den Diskussionen zeigen. Denn: What’s queer today is not queer tomorrow.

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Weißt du von ungeouteten prominenten Autor*innen? Oder ist das im Literaturbetrieb kein Thema?

Ich kenne nur Gerüchte um nicht-geoutete Fußballer. Ich glaube, in der Domäne Literatur ist das große Tabu um Homosexualität nicht mehr so wirkmächtig wie z.B. im Sport, in der Kirche, in der Armee…

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Wer sind für dich die wichtigsten queeren deutschsprachigen Stimmen, aktuell?

Sicherlich Antje Rávic Strubel, Alain-Claude Sulzer, verlegerisch Joachim Bartholomae, der sich selbst ja schon seit Jahrzehnten an den Fragen, die beim Festival verhandelt werden, abarbeitet.

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Wen würdest du gern das nächste Mal einladen? Gibt es ein nächstes Mal?

Falls es ein nächstes Mal gibt, was ich hoffe: definitiv Edmund White, solange er noch lebt, und Alexis De Veaux. Und unbedingt Garth Greenwell! Ein sehr vielversprechendes Debüt.

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Du bist selbst queer? Was macht queere Literatur mit dir? Und: Warum sollten Hetero-Leser*innen mitlesen, sich angesprochen fühlen?

Ich definiere mich selbst als schwulen Mann, kann aber mit dem Label „queer“ viel anfangen, sofern es nicht in die post-moderne Beliebigkeit rutscht. Hetero-Leser_innen sollten sich von queerer Literatur angesprochen fühlen, weil Fragestellungen, Probleme, Themen in viel queerer Literatur universell sind. Außerdem bereichert ein queerer Blick auf Altbekanntes den Horizont.

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Zu Menschen, die noch auf der Kippe stehen, ob sie „Empfindlichkeiten“ besuchen, sagst du…?

Eine Fahrt an den Wannsee hat noch keiner und keinem geschadet, und ihr werdet euch beim Durchblättern des Readers danach ärgern, wenn ihr seht, was für spannende Fragen verhandelt wurden. Empfindlichkeiten ist sicherlich die einmalige Chance, so viele queere Autor_innen auf einem Haufen zu sehen und tatsächlich mit ihnen diskutieren zu können – nicht nur Wasserglaslesungen zu sehen, sondern tatsächlich in den Diskurs zu treten. Außerdem verpasst ihr das beste Catering Kreuzbergs: Der Südblock kocht.

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all my 2016 interviews on Queer Literature:

…and, in German:

Kuratoren & Experten am Literarischen Colloquium Berlin: 

Queer Literature: “Empfindlichkeiten” Festival 2016:

Queere Literatur, 2016: Katy Derbyshire

Katy Derbyshire - Übersetzerin, Bloggerin und, beim Festival "Empfindlichkeiten", deutsche Vorlesestimme der internationalen Gäste

Katy Derbyshire – Übersetzerin, Bloggerin und, beim Festival „Empfindlichkeiten“, englische Vorlesestimme der internationalen Gäste

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Queere Literatur – aus Europa und der Welt: Vom 14. bis 16. Juli 2016 veranstaltet das Literarische Colloquium Berlin (LCB, am Wannsee) ein Festival zu Homosexualitäten – „Empfindlichkeiten“ (mehr Infos in der Spex und auf der LCB-Website).

Ich werde das Festival als Liveblogger begleiten… und stelle bis Sonntag mehreren Künstler*innen, Autor*innen und interessierten Besuchern kurze Fragen über Queerness, Widerstand und das Potenzial homosexueller Literatur.

Die ersten Antworten…

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…von Katy Derbyshire – Übersetzerin, Bloggerin und, beim Festival „Empfindlichkeiten“, die englischeVorlesestimme der internationalen Gäste.

Katy Derbyshire wurde 1973 in London geboren. Nach dem Studium der Germanistik an der Universität in Birmingham setzte sie ihre Ausbildung an der Universität in London fort und schloss dort 2001 als Diplom-Übersetzerin ab. 1996 zog sie nach Berlin, wo sie bis zu ihrem Mutterschutz 2001 u. a. als Englischlehrerin für Kinder arbeitete. Seit 2002 ist sie als freiberufliche Übersetzerin vom Deutschen ins Englische tätig. 

Katys Blog  |  Katy auf Twitter  |  Katys Portrait-Reihe im Tagesspiegel: „Going Dutch with German Writers“

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01_Eine eigene Arbeit, ein Text, Link oder Bild, der/das mich vorstellt und/oder der/das einen Blick wert ist:

http://lithub.com/berlin-its-not-all-sex-all-the-time/

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02_Ein queeres Buch, das mich beeinflusst hat (und wie?)…

Ich habe viel zu jung Last Exit to Brooklyn bei meiner Mutter entdeckt und heimlich gelesen. Gilt das als queeres Buch? Ich glaube, ich war etwa 14 und ich weiß noch, dass ich das Buch beängstigend fand. Hätte sie besser verstecken sollen. Später gab mir meine Mutter die süßen, harmlosen San Francisco-Romane von Armistead Maupin (einmal mit Autogramm sogar), die ich auch nicht so recht verstanden habe – was zur Hölle sind Quaaludes? – aber ehrlich gesagt ist viel mehr von Hubert Selby Jr. bei mir hängengeblieben und ich mag immer noch eher schonungslose Literatur als seichte.

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03_Das Queerste, das ich in meiner Kindheit sah oder kannte, war…

Unsere Untermieterin, die dann recht unvermittelt mit einer Frau zusammengezogen ist. Nach dem Umzug sagte mir meine Mutter: Du weißt, dass Jo und Sarah ein Paar sind, oder…? Und dann sagte sie sinngemäß: Es wäre völlig OK, wenn du auch Lesbe werden solltest, nur hättest du es schwerer im Leben.

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04_Wenn mich jemand „homosexuelle(r) Autor*in“ nennt…

Macht keineR – ich bin Übersetzerin und identifiziere nicht als queer. Wobei das bei Übersetzer*innen sowieso selten Thema ist – wir müssen uns in alle Figuren und Erzählende hineinversetzen können: alt, jung, klug, doof, Männer, Frauen, sprechende Hunde…

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05_Ein heterosexueller Ally/Verbündeter, dem ich dankbar bin und/oder den ich schätze:

Ich antworte hier vielleicht umgekehrt. Ich fühle mich als heterosexuelle Verbündete von Florian Duijsens, meinem Mit-Gastgeber bei der Dead Ladies Show. Florian gibt die Berliner Literaturzeitschrift SAND mit heraus und arbeitete lange für die Onlinezeitschrift Asymptote. Wir legen manchmal zusammen auf und genießen zusammen das Leben und er gibt gute Ratschläge und tauscht Filmtipps mit meiner Tochter aus.

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06_Ein Gast beim „Empfindlichkeiten“-Festival, auf den ich mich besonders freue: … (und: warum?)

Antje Rávic Strubel, weil sie einige der besten Bücher in Deutschland geschrieben hat. Hauptsächlich deswegen. Und weil sie in ihrem neuen Roman irre gut und flüssig über flüssige Leben, Sexualitäten, Gender schreibt, oft am Wasser, mit super Sexszenen. Ich glaube, sie hat das Gefühl, wenig Vorbilder in der Belletristik zu haben und ich wünsche ihr (und mir), dass das Festival eine Gelegenheit zum Austausch anbietet.

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07_Eine queere Figur, ein queerer Star oder eine queere Geschichte aus dem Mainstream, über deren Popularität/Strahlkraft ich mich freue:

Vielleicht die Köch*in und Aktivist*in Jack Monroe. Sie (ich schreibe jetzt “sie”, weil Monroe als nicht-binär identifiziert und ich kein besseres Pronomen in deutsch finde, auf die Schnelle. Frag mich aber bei Gelegenheit nach dem noch nicht patentierten nicht-binären Pronomen, das ich halb erfunden habe…) – jedenfalls Jack Monroe ist für ihre bezahlbaren Rezepte berühmt geworden und hat ihren Ruhm dann für ihren Aktivismus gegen Armut und Austerity Politics genutzt. Monroe ist aus der Labour-Partei ausgetreten, nachdem sie Kaffeetassen mit anti-Immigrations-Parolen verteilt haben. Diese Arschgeigen. Und jetzt hilft sie mir und anderen, ihr Verständnis von Transgender nachzuvollziehen.

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08_Ich wünschte, folgendes reaktionäre Vorurteil/Denkfigur würde endlich verschwinden/nicht immer wieder neu diskutiert werden:

Frauen sollen warten, bis Männer sich für sie interessieren und bloß nicht einen Mann fragen, ob er was unternehmen möchte. Hatte ich heute erst wieder. Erstaunlich, wie zugeknöpft sie dann werden.

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09_Am Literarischen Colloquium Berlin…

…fühle ich mich seit Jahren als Übersetzerin wohl. Es freut mich, dass das Haus sich immer mehr öffnet und sich wandelt – weg vom Biederen, weg vom Blick zurück in seine doch sehr männlich dominierte Geschichte – lange hing ein großes Foto der Gruppe 47 an prominenter Stelle – und hin zum jetzigen Leben in Berlin und der Welt. Das Festival ist ein Teil davon, aber auch das Fest der kleinen Verlage, Aufmerksamkeit für Graphic Novelists, Ausstellungen… es müsste nur noch eine Frau in einer Führungsposition eingestellt werden, dann wäre ich zufrieden.

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10_Der Mainstream räumt Queerness oft mittlerweile etwas mehr Platz ein. Räumt Queerness auch dem Mainstream mehr (zu viel?) Platz ein – in Fragen wie Familien- und Rollenbildern, Selbstdarstellung, Konsum und Politik? Wo reiben sich Queerness und „Normalität“? Reiben sie sich genug?

Das ist hier vielleicht nicht angebracht aber ich sage es trotzdem: bei der Konzentration auf die “Homoehe” fühle ich mich manchmal unwohl. Ich freue mich, dass queere Menschen auch andere Beziehungsmodelle vorleben, sie können eine Art Verbündete gegen den Pärchenterror sein. Wenn es aber von queeren Menschen auch noch erwartet wird, sich zu ehelichen, wo stehe ich – als Alleinerziehende in der vierten Generation? Be careful what you wish for, denke ich manchmal.

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11_Ein Mensch (oder, abstrakter: eine Eigenschaft/ein Wesenszug), den ich sehr sexy finde:

Kahlköpfige Männer im Allgemeinen – was in meinem Alter günstig ist. Hutträger. Selbstbewusstsein. Gesunde Selbstzweifel.

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…and, in German:

Kuratoren & Experten am Literarischen Colloquium Berlin: 

Queer Literature: “Empfindlichkeiten” Festival 2016:

„Verbotene Liebe“ (Literaturhaus Köln, Lesung/Moderation)

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Im Juni 2015 wurde die ARD-Soap Opera „Verbotene Liebe“ nach 20 Jahren abgesetzt.

Ich sah die Serie als Schüler und Student und dachte noch bis 2015: „DAS ist die einzige deutsche TV-Produktion, für die ich wirklich gern Dialoge oder Storylines schreiben würde.“

Letztes Jahr, kurz vor der Absetzung, stellten Verlegerin Nikola Richter und ich ein eBook zusammen:

„Straight to your Heart: Verbotene Liebe 1995 – 2015“ (Mikrotext Verlag: hier kaufen)

Wir sammelten Erinnerungstexte und Statements von Fans und langjährigen Zuschauern (u.a. Elke Heidenreich), befragten Drehbuchautoren (u.a. Tom Chroust) und Kritiker und führten Interviews mit über einem Dutzend Schauspielern, u.a. Miriam Lahnstein (Tanja), Konrad Krauss (Arno), Gabriele Metzger (Charlie), Martina Servatius (Elisabeth), Wolfram Grandezka (Ansgar), Broder B. Hendrix (Gero), Tatjana Kästel (Rebecca), Meike Gottschalk (Sophie) sowie Dennis Grabosch (Roman Wild aus ‚Alles was zählt‘).

Nikola und ich sind begeistert, wie viel Zuspruch, Interesse und Engagement wir von Seiten der VL-Produktion erleben durften – und wir freuen uns, dass wir eingeladen wurden, in verschiedenen Medien über das Buch und die Serie zu sprechen:

Ich schrieb einen VL-Abschiedstext für ZEIT ONLINE, Nikola ein Essay für WELT.de, wir waren Studiogäste bei Deutschlandradio Kultur, im Kölner Domradio und beim WDR… und ein Buchtipp in der TV Movie. 🙂

Gestern, am 5. Juli 2016, waren Nikola und ich Moderatoren/Gäste beim Literaturhaus Köln, für eine Abendveranstaltung übers Erzählen, Spielen, Schreiben und Erinnern im Stadtgarten Köln, mit…

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Ein familiärer, kluger, sympathisch allürenfreier Abend zu 20 Jahren VL-Geschichte: nie unkritisch – aber mit einem gut gelaunten Publikum, und Gästen, die sich nie in knappe, ausweichende Antworten flüchteten: 70 bis 100 Besucher*innen, eine gute Location – ich war selten entspannter, wenn ich auf einer Bühne Menschen Fragen stellte, und ich freue mich, dass der Abend, glaube ich, dem Programm eines Literaturhauses würdig war… und trotzdem an keiner Stelle in müde „Ist eine Seifenoper überhaupt diskussions- und erinnerungswürdig?“-Debatten kippte.

[Ich hatte bisher drei große Moderationen 2016: Stewart O’Nan, US-Autor, fürs Literaturbüro Freiburg; die Autoren Justin Torres und Teresa Präauer für die Universität Leipzig, und gestern der VL-Abend. Mir macht das Spaß, und ich freue mich über Anfragen!]

Jule D. Körber macht großartige Konzertfotos (…und teilt sie seit einigen Wochen auch auf Instagram: Link) und brachte ihre Kamera mit. Alle Fotos hier im Post: von ihr. Vielen Dank!

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2016: Die besten neuen Bücher – Herbst, Frankfurter Buchmesse & Weihnachten

im Bild: der 'Berliner Büchertisch', Mehringdamm 51

(im Bild: der ‚Berliner Büchertisch‘, Mehringdamm 51)

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angelesen, vorgemerkt, entdeckt: meine Vorauswahl der literarischen Neuerscheinungen in der zweiten Jahreshälfte 2016 – neue Bücher für die Zeit zwischen Spätsommer, Frankfurter Buchmesse und Weihnachten.

Jeden Winter suche ich Romane / Neuerscheinungen und mache eine erste Liste für die Bücher des Jahres:

Hier meine Auswahl für Herbst und Winter 2016. Ergänzungen / Empfehlungen sind willkommen – vielen Dank! Blogpost noch vorläufig – ich stelle die Titel nochmal in ganzen Sätzen vor. 

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zehn aktuelle Romane (2016), gelesen und gemocht: Empfehlungen!

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19 Titel – angelesen und gemocht: [ausführliche Vorstellung kommt!]

Sachbuch:

Jugendbuch:

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neue deutsche / deutschsprachige Titel:

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rammstedt schenk zschokke

07-25 Tilman Rammstedt, „Morgen mehr“

07-28 Sylvie Schenk, „Schnell, dein Leben“

08-00 Matthias Zschokke, „Die Wolken waren groß und zogen da oben hin“

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Iris Blauensteiner, Thomas Lang, Andreas Maier

o8-01 Iris Blauensteiner, „Kopfzecke“

08-01 Thomas Lang, „Immer nach Hause“

08-08 Andreas Maier, „Der Kreis“

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Paula Fürstenberg, Reinhard Kaiser-Mühlecker, Ernst-Wilhelm Händler

08-11 Paula Fürstenberg, „Familie der geflügelten Tiger“

08-25 Reinhard Kaiser-Mühlecker, „Fremde Seele, dunkler Wald“

08-25 Ernst-Wilhelm Händler, „München“

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Eugen Ruge, Thomas Melle, Margarete Stokowski

08-26 Eugen Ruge, „Follower“

08-26 Thomas Melle, „Die Welt im Rücken“

08-26 Margarete Stokowski, „Untenrum frei“

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Jan Kuhlbrodt, Christian Geissler, Gerhard Falkner

08-31 Jan Kuhlbrodt, „Das Modell“

09-00 Christian Geissler, „Das Brot mit der Feile“

09-01 Gerhard Falkner, „Apollokalypse“

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Silke Scheuermann, Dietmar Dath, Christian Kracht

09-06 Silke Scheuermann, „Wovon wir lebten“

09-07 Dietmar Dath, „Superhelden“: gelesen. leider sehr verquast/für Nicht-Comic-Kenner schwer zugänglich. 3 von 5 Sternen.

09-08 Christian Kracht, „Die Toten“

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Linus Reichlin, Philipp Winkler, Julia Zange

09-16 Julius Reichlin, „Manitoba“

09-19 Philipp Winkler, „Hool“

10-17 Julia Zange, „Realitätsgewitter“

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Dirk Stermann, Max Goldt, Anna Kim

10-21 Dirk Stermann, „Der Junge bekommt das Gute zuletzt“

10-21 Max Goldt, „Lippen abwischen und lächeln“

01-16 Anna Kim, „Die große Heimkehr“

 

vielversprechende Übersetzungen – neu auf Deutsch:

 

Francoise Frenkel, Anne-Laure Bondoux, Anton Hansen Tammsaare.png

07-28 Francoise Frenkel, „Nichts, um sein Haupt zu betten“ [bei Goodreads: 4.31 von 5]

07-28 Anne-Laure Bondoux, Jean-Claude Mourlevat, „Lügen Sie, ich werde Ihnen glauben“ [bei Goodreads: 3.83 von 5]

08-00 Anton Hansen Tammsaare, „Das Leben und die Liebe“ [bei Goodreads: 3.86 von 5]

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Hakan Gunday, Delphine de Vigan, Sophie Daull, Juan Pablo Villalobos.png

08-01 Hakan Günday, „Flucht“ [bei Goodreads: 4.03 von 5]

08-17 Delphine de Vigan, „Nach einer wahren Geschichte“ [bei Goodreads: 4.03 von 5]

09-00 Sophie Daull, „Adieu, mein Kind“ [bei Goodreads: 4.26 von 5]

09-01 Juan Villalobos, „Ich verkauf dir einen Hund“ [bei Goodreads: 4.26 von 5]

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Kees van Beijnum, Dola de Jong, Eduardo Halfon

09-01 Kees van Beijnum, „Die Zerbrechlichkeit der Welt“ [bei Goodreads: 3.79 von 5]

09-14 Dola de Jong, „Das Feld in der Fremde“ [bei Goodreads: 3.95 von 5]

09-26 Eduardo Halfon, „Signor Hoffman“ [bei Goodreads: 3.80 von 5]

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Banana Yoshimoto, Adriaan van Dis, Mark Frost & Twin Peaks.png

09-28 Banana Yoshimoto, „Lebensgeister“

10-04 Adriaan van Dis, „Das verborgene Leben meiner Mutter“ [bei Goodreads: 3.76 von 5]

10-18 Mark Frost, „Twin Peaks: die geheime Geschichte“ [bei Goodreads: noch kaum Bewertungen]

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Ian McEwan, Jonathan Safran Foer, Viktor Remizov.png

10-26 Ian McEwan, „Nussschale“ [bei Goodreads: noch kaum Bewertungen]

11-10 Jonathan Safran Foer, „Hier bin ich“ [bei Goodreads: 3.63 von 5]

11-11 Viktor Remizov, „Asche und Staub“ [bei Goodreads: 3.90 von 5]

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Seit 2012 erstelle ich diese Übersicht Anfang Oktober.

Dieses Jahr sah ich schon Ende Juni die Herbst-/Winterprogramme deutschsprachiger Verlage durch. Das liegt an Ilja Regier vom Literaturblog Muromez – der alle Vorschauen sammelte, verlinkte und mir das Blättern leicht machte. Hier seine eigene Vorauswahl: „Verlangen schlägt Vernunft. Herbstvorschau ’16“

Übersichten außerdem bei:

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neue Bücher 2016, Stefan Mesch

Interview: Isabel Bogdan, „Der Pfau“

Autorin Isabel Bogdann. Foto von Smilla Dankert, http://smilla-dankert.de/

Autorin Isabel Bogdan. Foto von Smilla Dankert

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Seit fast fünf Jahren folge ich Isabel Bogdan – auf ihrem Blog, bei Facebook und in den Texten ihrer journalistischen Portraitreihe „Was machen die da?“ (zusammen mit Maximilian Buddenbohm).

Isabel ist Übersetzerin von u.a. Jane Gardam und Jonathan Safran Foer. 2012 schrieb sie ein Sachbuch übers spontane Sachen-Ausprobieren („Sachen machen“, Rowohlt).

2016 kam ihr erster Roman:

„Der Pfau“, 256 Seiten, Februar 2016 bei Kiepenheuer & Witsch

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Ich liebe Isabel auf Facebook – doch ich war unsicher, ob der Roman zu mir passt: eine leichte, schrullige Verwechslungskomödie auf einem schottischen Landgut über Hausangestellte, die Teilnehmer eines Teambuilding-Seminars und einen Pfau, der auf alles einhackt, was blau glänzt, u.a. Autos.

Ich las das Buch bereits im Januar, als Presseexemplar. War überrascht, wie viel Spaß ich hatte. Empfahl es u.a. hier (Link)

…und nahm mir vor, Isabel noch vor Erscheinen des Romans zu interviewen.

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Wir tauschten Fragen und Antworten in einem Online-Dokument. „Der Pfau“ erschien und wurde zum Bestseller und Publikumsliebling. Und während mir Zeit fehlte, das Interview blogfertig zu machen, erschienen drei, vier ähnliche Texte über und mit Isabel: gute Interviews – die sich mit meinem/unserem doppeln.

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Ich bin begeistert, dass sich Isabel die Zeit nahm, so ausführlich auf meine Fragen zu antworten – obwohl sie mit dem Buch dauernd unterwegs ist – und reiche das Interview heute endlich nach.

Mein Lieblingstext und -interview mit Isabel stammt von 2013… und handelt von ihrer Arbeit als Übersetzerin. „Schreiben als Beruf“: http://schreiben-als-beruf.de/uebersetzen-belletristik-und-sachbuch-isabel-bogdan/

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Der Pfau” in einem Satz?

“Einer der Pfauen war verrückt geworden.” Das ist der erste Satz. Daraus ergeben sich ziemliche Verwicklungen.

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und Isabel Bogdan in einem Satz?

Liest, schreibt, übersetzt. Und macht gern Sachen. (“Sätze zählen” übe ich noch.)

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Very british”, sagt der Klappentext. Inwiefern?

Das Setting ist natürlich britisch – der Roman spielt in Schottland – und ich hoffe, dass die Figuren und der Ton es auch sind. Ich fand, die Geschichte braucht dieses Distanziert-Ironische, mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ich wollte gern eine Eigenschaft mit rüberbringen, die ich an den Briten sehr liebe: dass man oft nicht weiß, wie ernst sie sich eigentlich gerade selbst nehmen. Beziehungsweise, dass es keine eindeutige Grenze zwischen Spaß und Ernst, lustig und seriös, U und E gibt, weder im Leben, noch in der Literatur.

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Ist das ein Ton/Stil, der dir im Deutschen bisher fehlte?

Ich empfinde den Ton als eher britisch, aber “das fehlt im Deutschen” klingt mir zu kategorisch. Jedenfalls habe ich nicht nach etwas gesucht, was hier fehlen würde, und dann eine Lücke geschlossen. Die Geschichte war da (weil sie im Kern wirklich passiert ist, zumindest bis dahin, dass ein Pfau blaue Sachen angriff, unter anderem Autos), und dann habe ich sie so aufgeschrieben, wie sie sich anfühlte.

Katja Lange-Müller sagte mal, “der Inhalt sucht sich die Flasche aus, in die er gefüllt werden will”. Ich weiß, dass manche Autoren erst eine Figur haben und dann nach dem Ton suchen. Ich hatte den klitzekleinen Kern der Geschichte, über den Ton habe ich dann keine Sekunde mehr nachgedacht, für mich war von Anfang an klar, dass man das nur so erzählen kann. Die Figuren habe ich mir dann nach und nach erarbeitet.

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Gibt es Film- und Literatur-Vorbilder? Auch deutsche?

Es gibt Autoren, die ich gerne lese. Aber es gibt kein Vorbild in dem Sinne, dass ich jemandem nacheifern oder ihn gar nachahmen würde. Wenn man damit antritt, so schreiben zu wollen wie XY, kann es nicht gutgehen, glaube ich. Das mache ich ja als Übersetzerin, dass ich versuche, so zu schreiben wie z.B. Jane Gardam schriebe, wenn sie auf Deutsch schriebe. Als Autorin muss man sein eigenes Ding machen.

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War es schwer, über Leute aus einer anderen Kultur zu schreiben? Was hast du recherchieren müssen, was hat dich überrascht oder dir Mühe gemacht?

Das fiel mir nicht schwer, weil ich seit über 20 Jahren immer wieder auf dem geschilderten Anwesen bin und mich quasi zuhause fühle. Ein paar Kleinigkeiten sind mir während des Schreibens aufgefallen, etwa, dass Liz dauernd Taschentücher suchte, und ich irgendwann merkte: In Großbritannien haben sie meist gar nicht solche Packungen wie wir, sondern nehmen eher Kleenexboxen. Andere Kleinigkeiten sind mir schon in Fleisch und Blut übergegangen, etwa dass man meist keine Türklinken, sondern Drehknäufe hat und bei Fenstern die untere Hälfte hochschiebt. Die Geschichte mit dem einklemmten Vogel zwischen den Scheiben ist mir selbst passiert. Daher musste ich nicht drüber nachdenken, dass schottische Fenster anders geöffnet werden als deutsche.

Ich habe natürlich ein bisschen was über Pfauen nachgelesen. Und bei den Namen hat mir meine englische Kollegin Katy Derbyshire geholfen, da wäre ich unsicher gewesen, welcher Name zu welcher Altersgruppe und sozialen Schicht passt. Der erste Name, den sie mir für Aileen vorgeschlagen hat, war zufällig der tatsächliche Name der Haushaltshilfe im tatsächlichen Anwesen – da wusste ich, dass sie ein gutes Gespür für „passende“ Namen hat.

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Was ist die größte Gemeinsamkeit mit dem realen schottischen Gut – und was die größte Freiheit, die du dir genommen hast?

Es gibt dieses Anwesen und die Cottages am Fuße der Highlands, eine Dreiviertelstunde nördlich von Dundee. Der schiefe Fußboden ist allerdings in der Nursery, nicht im Waschhaus. Es gibt den Hot Tub, das Trampolin, das Eishaus und die verfallene Kapelle, die man nur findet, wenn man weiß, wo sie ist. Es gibt einen Westflügel, der allerdings ein oder zwei Zimmer weniger hat, und dort hängt ein Stich “The weighing of the deer”, der im Roman “The weighing of the birds” heißt. Das ist also alles fast eins und eins die Realität. Die Personen und 98 Prozent der Geschichte hingegen sind erfunden.

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Lesen deine Vermieter/die Hausherren das Buch?

Sie können leider kein Deutsch. Und wieso sollte ein britischer Verlag ein deutsches Buch übersetzen lassen, das in Schottland spielt? Ich hätte mich natürlich gefreut, wenn sie es lesen könnten. Ich habe ihnen auch ein Exemplar geschickt, damit sie wenigstens sehen können, wie schön es geworden ist.

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Die meisten Männer im Buch sind eher dusslig. Die Frauen kommen viel besser weg: Hausmädchen Aileen ist etwas glanzlos, Chefin Liz verbiestert. Aber warum führt das Buch Männer in ihrer Unbeholfenheit vor – während die Köchin, die Seminarleiterin und die Lady keine besonderen komödiantischen Schwächen haben?

Oh, findest du? Der Lord ist ein wenig verpeilt, aber Jim, Andrew, David und Ryszard sind doch allesamt nicht dusslig oder unbeholfen. David ist nur ein wenig schüchtern. Bernard mochte ich am Anfang nicht besonders, aber am Ende tat er mir eigentlich mehr leid. Ich mag sie inzwischen alle sehr. Bernard hat seine unbeholfene Szene, ebenso wie Liz mit dem Viehgatter. Jim interessiert sich für alles mögliche und kann auch noch singen! Andrew lässt sich überhaupt nicht verbiegen, er ist (bei aller Unentspanntheit) eigentlich viel souveräner als die Chefin. Ich finde die Männer insgesamt nicht dussliger oder unbeholfener als die Frauen.

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Wie hast du die Figurenzahl und ihr Verhältnis erarbeitet: Wurden unterwegs Figuren gestrichen oder mit anderen Eigenschaften belegt – oder wusstest du von Anfang an: DAS ist mein Ensemble?

Anzahl und Konstellation standen ziemlich von Anfang an. Individuelle Eigenheiten und Charakteristika haben sich dann nach und nach entwickelt. Ryszard war anfangs zwei Personen, einer für die Arbeiten im Wald, einer für den Laden. Und irgendwann hatte Aileen ganz kurz ein Kind, das immer mal wieder durch die Szenerie geistern und in unpassenden Augenblicken auftauchen sollte, aber das habe ich dann doch wieder gestrichen.

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Das Buch endet on a Whimper, nicht with a Bang. Warum eskaliert die Lage nie?

Warum sollte sie? Wir sind in Großbritannien. Außerdem fand ich es spannender (und auch realistischer, falls man denn von einer realistischen Story ausgehen möchte), wenn am Ende … jetzt will ich nicht so viel ausplaudern.

Mit einem Knall kann ja jeder. Ich bin auch nicht so der Typ fürs Eskalieren, und glaube auch, dass im Leben viel weniger eskaliert und viel mehr verschwiegen, unter den Teppich gekehrt und leise verhandelt wird.

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Ich kenne deine Blogposts – und habe mehr sprachliche Preziosen erwartet, mehr Worte und Wendungen wie „kennte“ oder „sämig“. Hast du dich zurückhalten müssen?

Ey! Es gibt barst und buk, Kokolores, schlankerhand und schlechterdings und sogar ein veritables fürderhin. Und das sind nur die, die mir spontan einfallen. Man darf es mit sowas ja auch nicht übertreiben, es soll ja kein “Seht mal her, was für Wörter ich kenne” werden. Wenn man ungewöhnliche Wörter einstreut, dann da, wo sie sich organisch ergeben.

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Der Pfau, Isabel Bogdan

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Ist der Roman „middle-brow“? Unterhaltungsliteratur? Ein wenig leichter/softer als gängige literarische Romane?

Ach, schwierige Frage. Aber eine, die immer wieder kommt und die eigentlich jemand anders beantworten muss als ich. Es kommt mir vor, als hätte man hierzulande ein dringendes Bedürfnis nach Schubladen, und zwar am allerliebsten nur zwei: E und U. Tatsächlich wurde das Manuskript von ein oder zwei Verlagen abgelehnt, weil sie es zwar mochten, aber nicht wussten, wo sie es einsortieren sollten. Und dann wird gleichzeitig ganz neidisch nach Großbritannien und in die USA geguckt, wo man das nicht so braucht.

Der Pfau ist sicher keine große Auseinandersetzung mit einem der drängenden Probleme unserer Zeit. Er erzählt eine unterhaltsame Geschichte, ist dabei aber hoffentlich nicht doof.

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Auf Social Media sagst du oft: “Alle bekloppt”, wenn sich Menschen zu kleinlich, hysterisch oder stolz verhalten – sich in etwas hineinsteigern. Im Buch werden die Figuren belohnt, die einen kühlen Kopf bewahren, nicht gleich das Schlimmste erwarten. Pragmatiker, Schweiger-und-Genießer, Handwerker, Leute, denen Macht und Prestige egal sind.

Ich habe keine konkrete Frage – doch nach allem, was ich von dir kenne, würde ich sagen: Wenn Isabel ein Anliegen hat, dann, dieses Menschenbild zu zeigen. Leute zu ermutigen, einen Gang runter zu schalten.

Oh! Darauf war ich noch nicht gekommen, aber das nehme ich gern als Kompliment an. “Alle mal lockermachen” ist ein gutes Anliegen. Klappt ja bei den Figuren nicht immer, wie auch sonst im Leben. Tatsächlich geht es mir aber auch in der Literatur oft auf die Nerven, wenn Figuren sich in etwas hineinsteigern oder sich immer tiefer in Lügen verstricken.

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Wirst du jetzt mit Pfauen-Quatsch bombardiert, von Freunden und Lesern? Magst du Pfauen?

Ich habe schon eine ziemliche Sammlung: dreimal Schleich, vier Glitzerpfauen zum Anklipsen, zwei Keramikschälchen, schachtelweise Pralinen in Pfauenpapier, ein Tuch, Kniestrümpfe, Cocktailspieße, ein Geschirrtuch, Federn, unzählige Postkarten, Bücher …

Ich freue mich wahnsinnig über diese Gesten. Teilweise kommen die Dinge von Leuten, die ich nur aus dem Internet kenne. Das rührt und freut mich ehrlich, auch wenn ich dem x-ten Plastikpfau vermutlich nicht mehr dieselbe genuine Liebe entgegenbringen werde. Ich ahne, dass es in einer Art komischer Verzweiflung enden wird. Denn nein, ich bin sonst kein besonderer Pfauenfan.

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Was hast du gebraucht, um dieses Buch zu schreiben: Mut? Zeit? Erfahrung? Warum jetzt – und nicht vor fünf Jahren? Oder vor 15?

Ich habe eine Kurzgeschichte geschrieben, nachdem meine schottischen Freunde mir diese Geschichte vom verrückten Pfau erzählt hatten. Die fand ich so abgefahren, dass ich sie erzählen wollte. (Mit ihrer Erlaubnis natürlich.)

Und dann habe ich sie beim Hamburger Förderpreis eingereicht, und weil sie unfertig war, kackfrech “Romananfang” drübergeschrieben. Und tatsächlich einen Preis bekommen – da fand ich, jetzt muss ich wirklich einen Roman daraus machen.

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War das dein erstes Manuskript?

Mein erster Roman, ja. Vorher ist ja schon “Sachen machen” erschienen, aber das hat sich quasi von allein geschrieben. Ich habe alle zwei Wochen etwas unternommen und es dann sofort aufgeschrieben. Die Texte erschienen alle zwei Wochen im Culturmag. Und irgendwann war ein Buch voll. Ein ganzer Roman ist doch etwas ganz anderes.

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Hast du nebenher übersetzt? Wochen- und phasenweise? Oder hast du täglich an Manuskript und an Übersetzungen gearbeitet?

Eine Zeitlang habe ich es parallel versucht, dann aber bald gemerkt, dass es nicht ging. Ich kam überhaupt nicht voran. Für die Übersetzungen hatte ich Abgabetermine, die gingen also immer vor, und am Pfau tat sich lange sehr wenig bis gar nichts.

Irgendwann habe ich mir dann eine Agentin gesucht und sie gebeten, die Peitsche zu schwingen. Und weil es dann immer noch nicht besonders gut ging, habe ich mir ein gutes halbes Jahr freigenommen, um in Ruhe schreiben zu können.

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Wie unterscheiden sich diese Arbeitsphasen? Was hast du mitnehmen können – ins Schreiben, vom Übersetzen? (Und: umgekehrt?)

Ich glaube, als Übersetzerin lernt man sprachliche Genauigkeit und ein Gefühl für die unterschiedlichen Tonlagen, die unterschiedliche Geschichten brauchen, für Rhythmus und Sound. Das hat mir sicher geholfen, auch was das eigene Selbstbewusstsein angeht – ich dachte, vielleicht schaffe ich es nicht, vielleicht scheitere ich, aber dann wird es nicht an der sprachlichen Gestaltung liegen, da fühlte ich mich in relativ sicherem Fahrwasser. Und was man beim Übersetzen auch lernt: Andere Autoren kochen auch nur mit Wasser. Das ist beruhigend zu wissen. Unsicher war ich eher in der Gestaltung der Figuren und dem Entwickeln der Geschichte. Ich hatte, anders gesagt, die Angst vorm leeren Blatt, die man beim Übersetzen nicht hat.

Umgekehrt kann das Schreiben auch das Übersetzen befruchten, weil es einen die Freiheit lehrt. Als Übersetzer neigt man manchmal dazu, zu sehr am Original zu kleben; durch das Schreiben lernt man, dass es darum geht, am Ende einen guten deutschen Text produziert zu haben. Und der ist eben nicht immer so nah wie möglich am Original.

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Sind Lesungen neu für dich – kommt mit Erscheinen des Romans viel Unerwartetes auf dich zu? Oder kennst du vieles schon aus deiner Arbeit als Übersetzerin?

Als Übersetzerin wird man verblüffend selten zu Lesungen eingeladen. Dabei interessiert es die Leute meist sehr, sobald wir erstmal anfangen, zu erzählen.

Ich hatte einige Lesungen mit “Sachen machen” und habe auch gelegentlich als Übersetzerin gelesen. Aber eine so umfangreiche Lesereise, wie ich sie jetzt mache, ist neu, und ich finde es toll! Buchhändlerinnen und Buchhändler sind wirklich super, sie machen ihre Arbeit mit so viel Leidenschaft und Begeisterung, und ich habe immer den Eindruck, das Verhältnis zwischen Buchhändlern und ihren Kunden ist ein ganz besonderes, sehr persönlich und herzlich. Und dann bauen sie manchmal ganze Bogdan-Altäre mit meinen Übersetzungen und eigenen Büchern, sie dekorieren Pfauenfedern im Schaufenster, spendieren Shortbread und Whisky zur Lesung, das ist alles wirklich rührend.

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Warum ist “Der Pfau” so viel besser als J.K. Rowlings “A Casual Vacancy”?

Ist er? Ich habe es nicht gelesen. Kann man das überhaupt vergleichen?

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Beides sind tragikomische Possen mit neurotischen Figuren und sehr vielen Verwechslungen. Aber Rowling wirkte beim Erzählen oft zu verkrampft, gewollt. „Der Pfau“ ist flinker.

Das drucke ich mir gleich aus und hänge es mir über den Schreibtisch.

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ISABEL BOGDAN, “Der Pfau”

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Der Pfau

Eine – sehr ruhige – Komödie über eine Gruppe britischer Banker und ihre schnippische Chefin, die während einem Teambuilding-Workshop in einem schottischen Herrenhaus eingeschneit werden. Draußen läuft ein Pfau umher, der auf alles pickt, das blau-metallisch glänzt. Eine Satire – aber nicht grell, laut, überdreht. Ein Zwischendurch-Buch – aber ohne Kitsch. Die Figuren sind nicht allzu tief – doch ich nehme Bogdan das britische Setting ab (gute Arbeit!). Es gibt viele Passagen, die mir zu erklärend oder redudant sind: ein Middlebrow-Unterhaltungsroman, der an keiner Stelle weh tut und der vielleicht 20 Seiten kürzer sein könnte.

Aber: Das hier hat so viel Geist, Schmiss, Charme, eine so entspannte, angenehme Grundhaltung… Ich war für fünf, sechs Stunden gern mit diesen Leuten auf diesem Landsitz. Leicht – aber klug, und gut. Empfehlung!

Elena Ferrante: „Meine geniale Freundin“ & die „Neapolitanische Saga“

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Zwei Leben aus Kampf und Aufstieg

Die wichtigste Autorin Italiens bleibt anonym – hinter dem Pseudonym „Elena Ferrante“.

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Seit 1992 schreibt Elena Ferrante Romane über störrische, kluge, einsame Frauen. In Interviews, die sie nur schriftlich beantwortet, behauptet sie: Sie selbst ist eine Frau aus Neapel, hat Kinder und war verheiratet. Sie studierte klassische Philologie. Doziert an Unis. Und sie behauptet: Ein Roman steht für sich. Öffentlich über den Verfasser und seinen Hintergrund zu sprechen, lenkt nur ab.

2011 bis 2014 erschien ein Großroman Ferrantes in vier Bänden: das „Neapel-Quartett“ um die Freundinnen Elena, Tochter des Pförtners, und Lila, Tochter des Schuhmachers, beide geboren 1944, und ihre komplizierte, jahrzehntelange Freundschaft.

Fast 2000 Seiten, erzählt von einer melancholischen Streberin, die durch lebenslanges Pauken, Fleiß und Ambition in die gebildete Oberschicht wechseln will. Und über ihre noch klügere, impulsive Freundin und Rivalin Lila – die überraschend andere Chancen nutzt, um aus- und aufzusteigen.

Viel Mundpropaganda und die Begeisterung von James Wood, Kritiker beim New Yorker, machten die Bücher in den USA zu Bestsellern. Ab Herbst 2016 erscheint der Überraschungserfolg auf Deutsch, bei Suhrkamp; vier Bände in 12 Monaten. Buch 1, „Meine geniale Freundin“, erzählt die Grundschul- und Pubertätszeit von Elena und Lila: Armut, Frauenhass, das langsame Wirtschaftswunder der 50er Jahre.

„Wir Frauen sind ständig in Versuchung, aus der Deckung zu treten, weich zu werden“, erklärte Ferrante der New York Times, „aus Liebe oder aus Erschöpfung, aus Mitleid oder Güte. Doch wir sollten das nicht tun – denn von einem Moment auf den nächsten können wir so alles verlieren, das wir erreicht haben.“

Die Geschichte von Elena und Lila beginnt als recht simpler Bildungsroman. Eine schwierige Frauenfreundschaft, naiv und süffig erzählt. Ab Band 2 wird die Geschichte politischer, soziologischer, explizit feministisch. Ein Panorama der 60er, 70er und 80er Jahre mit einem Dutzend Figuren aus einem Arbeiterviertel – Mafiosi und Kommunisten, Handwerker und Frauen, zu schnell in eine Mutterrolle gedrängt: Lebenswege, so verschlungen (und manchmal: dusslig überkonstruiert) wie in der „Lindenstraße“.

Der Hype, wachsende Erfolg der vier Bücher hat mehrere Faktoren: Der Norweger Karl-Ove Knausgard schrieb seit 2009 in sechs persönlichen, autobiografischen Bänden über Männlichkeit und Scheitern. Ferrantes Romane machen zwei lange Frauenleben greifbar – in ähnlich simpler Sprache und ähnlich vielen intimen, mitunter hässlichen Details.

Die farbenfrohen, kitschigen Cover der US-Ausgabe versprechen: Hier geht es um Mütter, Töchter, das pralle Leben in Süditalien. Auch Suhrkamp setzt auf ein recht kitschiges Titelmotiv. Literarisch spielt Ferrante in einer ähnlichen Gewichtsklasse wie Suhrkamp-Autorin Isabel Allende: Die Chancen stehen gut, dass das Quartett ein Mainstream-Longseller wird wie Allendes „Geisterhaus“.

Ebenfalls im Herbst erscheint „Fragments“ in den USA, eine Sammlung von Ferrante-Essays und -Interviews. Ob die Autorin tatsächlich eine Frau ist? 1944 geboren, wie ihre Figur Elena – oder deutlich jünger? Eine ältere Feministin, Akademikerin aus einfachen Verhältnissen – oder ein Nachgeborener, der oder die Familiengeschichte literarisch auf- und umarbeitet?

Die vier Bände sind am besten, wenn sie nah und persönlich über Klassismus, Abstiegsangst und Aufstiegschancen, die vielen feinen Unterschiede in den Milieus Italiens erzählen. Ob „persönlich“ hier bedeutet: eins zu eins erlebt, vor mehreren Jahrzehnten? Egal. Besonders ab Band 2 klingen Wut, Hoffnung, feministischer Furor der Erzählerin nachvollziehbar – und authentisch.

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Band 1 bis 4 – meine Leseeindrücke:

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01_Welche Sprache? Die deutsche Übersetzung von Karin Krieger klingt sehr gut – doch ich kenne bisher nur die Leseprobe (Link). Die US-Version wirkt oft recht trocken, technisch, ohne besonderen Rhythmus: keine Empfehlung. Freunde von mir mochten das italienische Original… aber Stimmen im Netz klagen über Stilblüten und viele unnötig hakelige Formulierungen (auch mein Eindruck in der US-Übersetzung) und sagen, US-Übersetzerin Ann Goldstein habe das Buch auf ein anderes Niveau gehoben: „Elena Ferrante’s writing is better in English than in Italian“.

02_Wo anfangen? Band 1 erzählt Elenas und Lilas Kindheit und frühe Jugend, bis ca. 1961 (die Figuren sind 16); Band 2 die Jahre bis 22 (1966); Band 3 die Jahre bis 32 (1976), und Band 4 vor allem die Zeit von 1980 bis ca. 1986 – und, in einem Epilog, bis ca. 2010.

03_Band 1 ist der schlechteste Band. Ich-Erzählerin Elena und ihre mürrische, rebellische, zunehmend attraktive Freundin Lila wollen der Armut, ihren furchtbaren Arbeiterfamilien und dem von der Camorra kontrollierten Viertel entkommen: Elena mit guten Noten, einem Gymnasialabschluss (und viel Streber-Arroganz), Lila mit einem Mann (der, wie sich am Ende des Romans, bei einer großen Hochzeit herausstellt, Mafia-Connections nutzt und alles tun wird, um weiter aufzusteigen).

Der Roman ist unterhaltend, die Kapitel kurz und oft pointiert, mit überraschenden zwischenmenschlichen Cliffhangern: die Szenen selbst sind seicht, mit klar verständlichen Konflikten. Doch Ferrante springt oft mehrere Monate hin und her oder deutet Entwicklungen an, die erst 50 Seiten später auserzählt werden: die Timeline und die Vor- und Rückgriffe sorgen für eine gewisse erzählerische Komplexität und ein paar Spannungsmomente… wirken aber aufgesetzt, oft albern: Die Geschichte ist viel weniger kompliziert, als die vielen schein-komplexen Zeitsprünge suggerieren.

04_missglückte Enthüllungen: Es gibt über 20 wichtige Figuren – mit Namen wie Nino, Gino und Rino – und alle kommen in Band 1 zu kurz: Mitschüler, Eltern, Lehrer sind oft überraschend besser oder schlechter, als Ich-Erzählerin Elena bisher vermutete… was Ferrante jedes Mal für eine RIESENenthüllung hält. Doch als Leser bleibe ich teilnahmslos, weil diese Figuren kaum entwickelt sind, ich sie manchmal nicht auseinanderhalten kann: Antonio? Alfonso? Besonders die Mütter und älteren Frauenfiguren sind ein schlechter Witz: knorrige italienische Mama-Klischees, die nichts zu sagen haben – oder sich nie äußern.
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05_auch Lila wirkt recht blass: eine beste Freundin, deren Motivation man oft kaum versteht – und die mir ausgedacht scheint. Implusiv. Meist absurd unberechenbar. Die egoistische, kleinliche Elena dagegen funktioniert als Erzählerin recht gut: eine Figur, die mir plausibel ist und im Lauf von vier Büchern interessante, nachvollziehbare Entwicklungen macht. Lila dagegen sehe ich als plot device – um jede Ordnung zu stören, überraschend freche oder sentimentale Kommentare abzufeuern und Familien, Machtstrukturen etc. immer wieder neu durchzumischen. Keine Figur. Sondern ein (ausgedachtes) Hilfsmittel gegen den Stillstand.
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06_Schade, wie eng und ahnungslos die Grundschulzeit erzählt wird: Neapel liegt in einer Bucht – doch Elena war nie am Meer, kennt die U-Bahn nicht, bewegt sich ca. 12 Jahre lang nur durch ein paar Straßen und weiß auch mit 15 noch nicht, was z.B. ein Student ist. Das nehme ich Ferrante nicht ab.
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07_Am schlimmsten/ärgerlichsten: Die Bücher haben kaum Beschreibungen; deshalb fehlt den Zimmern, Straßen, Handlungsorten jede Atmosphäre (bis plötzlich, auf den letzten Seiten von Band 4, manisch verschiedene Neapel-Sehenswürdigkeiten und Straßennamen genannt werden: too little, too late). Ferrante jongliert mit zu vielen flüchtig bleibenden Nebenfiguren. Lässt sich viel Zeit, die Sympathie, Konkurrenz, Stimmungsschwankungen zwischen Lila und Elena auszuleuchten. Doch das Italien, Neapel, das beim Lesen in meinem Kopf entsteht, bleibt in Band 1 sehr dürftig: Erst mit Band 2 wird das Quartett zum halbwegs gelungenen Zeit- und Epochenroman. Band 1 wirkt, durch die Beschreibungsarmut, in der US-Version kaum literarisch – eher wie der Episodenführer einer unnötig komplizierten Telenovela-Storyline. Oder die technische Wikipedia-Zusammenfassung eines besseren Buchs. Lebenswege, die auf melodramatische Weise ständig wilde, aber uninteressant ausgedachte Kurven schlagen: Mal geht es Lila besser, mal Elena. Eigentlich… egal.
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08_Band 2 ist deutlich besser – bis auf die über 200 Seiten, in denen drei Mädchen und zwei Studenten, die sich kaum kennen, mögen, verstehen, sich nichts zu sagen haben und nichts geben können/wollen, einen zerquälten Badeurlaub absitzen. Wären die Strand-von-Ischia-Kapitel kürzer, Band 2 wäre mein Lieblingsband.
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09_In Band 3 werden Gewerkschaften, Kommunisten, Linksterroristen wichtig – doch viele Entwicklungen und politischen Hintergründe bleiben schwammig. Andererseits mag ich, wie Elena versucht, im Bildungsbürgertum anzukommen, ernst genommen zu werden… doch immer wieder an den feinen Unterschieden scheitert. Interessante Kapitel über Standesdünkel!
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10_Band 4 befriedigte und freute mich, über weite Strecken: Ich mag, dass sich hier keine Frauenfigur auf Männer verlassen kann, alle sich ihr Glück immer neu erkämpfen, selbst schaffen müssen. Und ich mag, dass Elena als Intellektuelle souveräner wird – zunehmend kluge, differenzierte Dinge sagt über Partnerschaften, Schreiben, Italien, Kinder: Erst gegen Ende dieser 2000 Seiten höre ich der Ich-Erzählerin wirklich gerne zu. Die Kinderfiguren in Band 4 und ihre Probleme und Verwicklungen dagegen blieben mir zu flach; und ich bin überrascht, wie viele Nebenfiguren sterben, eher lustlos von der Bühne gewischt werden. Besonders Tinas Geschichte überzeugt mich nicht: Lila rutscht immer weiter ins Abseits, durch beliebig wirkende Schicksalsschläge. Ich sehe da keinen Character-Arc, Figurenentwicklung. Sondern Tragödien, auf die Lila zunehmend beliebig und oberflächlich reagiert – eine Hauptfigur, reduziert zur flachen, traurigen Nebenrolle. Auch die große Rahmenhandlung um Lilas plötzliches Verschwinden mit fast 70 wird in Band 4 schlecht/kaum aufgelöst.
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11_2000 Seiten lang… immer das selbe: Ein Wohnviertel mit ca. 30 Figuren? Okay. Ein Großroman, der zwei Leben über fast 60 Jahre erzählt – doch in dem nur ca. 50 Figuren immer wieder Partner tauschen, zurückkehren, die Funktionen wechseln? Platt! Pro Buch gibt es sicher 10 Kapitel, die mit der… Möchtegern-Überraschung enden, dass eine Person, die wir bereits kennen, ein Zimmer, Büro, Fest etc. betritt und zeigt: Ich wohne jetzt hier. Oder: Ich bin der neue Partner. Erst wirkt das „Lindenstraße“-haft, konstruiert. Dann zunehmend albern, hilflos: Glaubt Ferrante, wir wären… geschockt? Begeistert? Ich rollte ab Band 2 meist nur die Augen.
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12_Freundinnen, die sich verweigern: Elena will unbedingt mit Lila sprechen – doch geht ihr aus dem Weg. Lila braucht Hilfe – doch meldet sich nicht. Elena hat wichtige Fragen – doch ignoriert sie, monatelang. Elena versteht, dass Lila Hilfe braucht – doch stellt sich tot. Verstanden: Es geht um Neid, Ambivalenz, Selbsthass und Hassliebe. Doch dreimal pro Kapitel die Ich-Erzählerin sagen zu hören: „Ich wollte unbedingt etwas sagen. Aber dann ging ich einfach weg und sagte gar nichts.“ …wird sehr schnell trost- und witzlos..

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Bonus / mehr Details:

Am 15. Juni 2016 stellte ich die Bücher bei Deutschlandradio Kultur vor, im Magazin „Lesart“, im Gespräch mit der Italien-Expertin und Literaturkritikerin Maike Albath.

Den Beitrag kann man hier (Link) nachhören.

Vor jedem Deutschlandradio-Gespräch schicke ich der Redaktion und der Moderatorin ein paar Notizen, Stichworte.

Hier meine kurze Materialsammlung zu Ferrante:

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Elena Ferrante ist ein Pseudonym. Aus (schriftlichen) Interviews wissen wir, dass die Autorin ca. 70 ist, in Neapel aufwuchs, heute in Italien lehrt oder unterrichtet, mehrere Kinder hat, verheiratet war. Wahrscheinlich hat sie in Pisa studiert, klassische Philologie. Die Professorin Marcella Marmo, auf die all das zutrifft, streitet ab, Ferrante zu sein.
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Ferrante veröffentlicht seit 1992 – Prosa über unglückliche, aber störrisch-starke Frauen mit Abstiegsangst und Aufstiegs-Ambitionen in Italien, bisher ca. 5 Romane (je nach Zählweise: sie selbst sieht das Neapel-Quartett als EIN Buch in vier Bänden). Bei Veröffentlichung des ersten Romans, 1992, entschied sie sich für ein Pseudonym, um Personenkult zu entgehen und den Fokus auf den Text zu lenken:

„This choice created a small polemic in the media, whose logic is aimed at inventing protagonists while ignoring the quality of the work, so that it seems natural that bad or mediocre books by someone who has a reputation in the media deserve more attention than books that might be of higher quality but were written by someone who is no one. But today, what counts most for me is to preserve a creative space that seems full of possibilities, including technical ones. The structural absence of the author affects the writing in a way that I’d like to continue to explore.“

Die vier Neapel-Romane erschienen 2011 bis 2014 in Italien, 2012 bis 2015 in den USA. In Deutschland erscheinen alle vier Bücher in rascher Folge bei Suhrkamp, im September 2016, Februar 2017, Sommer (Juni?) 2017 und September 2017, übersetzt von Karin Krieger. Frühere Romane von Ferrante sind auf Deutsch erschienen, vor allem bei Ullstein/List und werden jetzt nochmal neu als Suhrkamp-Taschenbuch veröffentlicht. Die Rechte zur Neapel-Saga waren sehr gefragt, mehrere deutsche Verlage haben geboten, Suhrkamp setzt große Hoffnungen in die Bücher. Mehr dazu u.a. bei Jochen Kienbaum/Lustauflesen.de.
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Ich sehe vier große Faktoren für den Erfolg der Romane:
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Die Autorin: Die vier Neapel-Romane sind sehr persönliche Erinnerungs- und Entwicklungstexte über Armut, Ambition, Dreck und Gefälle/Konflikte in Neapel. Zwei Frauen und ihr schwieriges Coming-of-Age, ihre lebenslange schwierige Freundschaft, ihre Probleme mit Sexismus, Klassismus, der Camorra und Vergewaltigungen/Missbrauch. Die Bücher werden mit Karl-Ove Knausgards „Mein Kampf“-Zyklus verglichen und sind in den USA noch erfolgreicher. Eine Autorin, die sehr ungeschminkt und persönlich erzählt und oft die eigene Kleinlichkeit/das eigene Versagen ausleuchtet… aber eben, anders als Knausgard: dabei so anonym und geheimnisvoll bleibt wie z.B. Thomas Pynchon.
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Begeisterung in den USA: Eine Autorin des New Yorker, Ann Goldstein, hat die Bücher übersetzt, und Kritiker und Kollege James Wood hat Band 1 und 2 dann im New Yorker gefeiert, 2013, und damit erfolgreich gemacht (Woods Frau, Claire Messud, schreibt GANZ ähnliche, feministische Bücher über motzige US-Frauen).
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Und: Die Bücher erschienen im (italienischen, aber auf den nordamerikanischen Buchmarkt spezialisierten) Verlag „Europa Editions“, der sehr oft sehr gute mittel-anspruchsvolle Unterhaltungsromane aus Europa in den USA zum großen Erfolg macht. (Eine deutsche Autorin im Programm: Alina Bronsky) Ich vertraue „Europa Editions“ sehr und weiß: wenn ich eine Strandlektüre mit Europa-Flair will, melancholisch und halbwegs klug, ist das der richtige Verlag.
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(…was aber auch heißt: Für Suhrkamp sind diese Bücher eigentlich zu süffig, zu mainstream. Die Autorin aus dem Suhrkamp-Programm, an die ich denken muss, ist Isabel Allende.)
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In Italien sind auch Ferrantes frühere Romane Erfolge, vor allem durch Verfilmungen. Auch eine über 30teilige Verfilmung des Quartetts ist geplant, doch Literaturpreise hat sie kaum gewonnen – vielleicht, weil sie anonym bleibt
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Ein Marketing-Push in Deutschland: Im Mai hat Suhrkamp 15 Literaturblogger nach Berlin eingeladen und das Buch dort verschenkt. Das Verlagshaus, berichten die Blogs, sei vom „Ferrante-Fieber“ ergriffen und kämpfe darum, das Buch zum Erfolg zu machen. Ähnlich hat Dumont 2016 Anne Köhlers „Ich bin gleich da“ unter Bloggern beworben, Kiepenheuer & Witsch JJ Abrams‘ „Das Schiff des Theseus“.
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„Alle Mitarbeiter bei Suhrkamp sind angeblich heiß gemacht worden auf Elena Ferrante, alle mussten sie lesen und diskutieren. […] Sechs Seiten sind Ferrante in der Vorschau gewidmet, normal sind zwei. Das Buch ist der erste Teil einer Tetralogie, die weltweit bereits für höchstes Aufsehen und Aufregung gesorgt hat und nun auch in deutscher Sprache (übersetzt von Karin Krieger) erscheint. Nach einem, wie [Lektor Frank] Wegner betonte, dramatischen und heißen Wettrennen um die Rechte. 
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[…] Ich darf Ferrante schon jetzt lesen, aber noch nichts verraten. Nur soviel: trotz der Anmutung des Covers, es ist kein »Frauenbuch«. Dass verlagsintern alle Mitarbeiter, wirklich alle, so massiv auf einen Titel heiß gemacht und eingeschworen werden, ist selbst bei Suhrkamp eine Novum und sehr ungewöhnlich. Ich bin gespannt, wie sich das entwickelt, ob sich der große Einsatz lohnt, ob das Elena-Ferrante-Fieber auch die deutschen Leserinnen und Leser infiziert?“
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Journalisten schreiben viel über die (Nicht-)Person Ferrante – aber ein Leseexemplar des Buchs will mir der Verlag erst ab Ende Juni geben: Blogger sind in diesem Fall bevorzugt. Ich kenne bisher nur die Leseprobe der Übersetzung – durch Karin Krieger – und fand sie exzellent: Ich glaube, diese Bücher werden auf Deutsch VIEL besser klingen als die US-Version.
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Auch meine Buchhandelsfreunde lesen es gerade, als Vorab-Exemplar, und sind wohlwollend – doch eine Buchhändlerin in meinem Freundeskreis fragt sich z.B. auch, ob die Romane bei einem großen Konzern nicht noch besser aufgehoben wären – um im Stil von „Afterlove“ oder „Shades of Grey“ etc. noch breiter gepusht zu werden.
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Bleibt die Frage: Wollen wir das? Drei, vier sehr dominante „Bücher der Saison“, über die alle sprechen… und Ferrante jetzt um jeden Preis als großes Buch des Herbstes? Band 2 wäre dafür ein okayer Kandidat, weil die Figuren älter sind und (interessantere) eigene Entscheidungen treffen. Band 1 – süßliche Kinder in trostloser Umgebung, monoton erzählt – ist für mich eigentlich keine sehr gute Strandlektüre, kein Wohlfühlbuch… aber auch keine hohe Literatur.
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Thema und Figuren: ein feministischer Epochen- und Milieuroman. Es geht um Ich-Erzählerin Elena, Tochter des Pförtners, und ihre Kindheitsfreundin Lila, Tochter des Schuhmachers. Elena ist mollig, strebsam, unsicher und kämpft sich immer weiter nach oben, weg von ihrer Familie. Sie beneidet ihre Freundin Lila – störrisch, kalt, vielleicht bipolar – die besser schreiben kann, klüger ist, schöner… aber mit 12 von der Schule abgeht, früh einen neureichen Krämer heiratet und später als alleinerziehende Mutter in einer Salami-Fabrik betatscht und missbraucht wird – während Elena Autorin und Dozentin wird.
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Die Mädchen sind 1944 geboren, Band 1 erzählt die Schulzeit, Band 2 die Zeit bis ca. 22, Band 3 bis 32 und Band 4 bis ins Alter – durch eine Rahmenhandlung wissen wir, dass Lila mit fast 70 beschließt, spurlos zu verschwinden. Band 1 ist ein recht seichtes und einfaches Buch über Jugend und Armut. Ab Band 2 erinnern mich die Bücher an die Memoiren von Simone de Beauvoir (persönlich, aber recht soziologisch); mit Band 3 und den Studentenunruhen, der Arbeiterbewegung etc. Ende der 60er wird es politisch. Band 4 fand ich – trotz vieler Längen und Konstruiertheiten – am durchdachtesten: die meisten Storylines werden, nach viel melodramatischem Auf und Ab, halbwegs stimmig und befriedigend abgeschlossen.
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Ich denke beim Lesen der Bücher vor allem an deBeauvoir – und an die „Lindenstraße“: ca. 20 Figuren aus der selben Nachbarschaft, deren albern und übertrieben wechselhaftes Leben JEDEN Aspekt des Zeitgeists abbilden soll, oft sehr thesenhaft, didaktisch, überzeichnet und zu einfach. Die Sprache ist leicht – doch den Büchern fehlen Beschreibungen, Sinnlichkeit, Details und Beobachtungen, Lokalkolorit und Freude… Ein eher seichter Bericht über Mädchen, die lernen, um ihren (freudlosen, recht klischierten) Umständen zu entfliehen. Ich habe nicht das Gefühl, Neapel gut kennen zu lernen.
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Und, mit Blick auf die Anonymität Ferrantes: das langweilige, knorrige Strebermädchen Elena, vermutlich eine autobiografische Figur, erscheint mir halbwegs plausibel. Doch Lila – zu schön, zu feurig, zu unberechenbar, zu fremd, ein Leben voller melodramatischer Verwicklungen – kommt mir erfunden und blass vor.
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Zum Feminismus, aus der New York Times:
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„My women are strong, educated, self-aware and aware of their rights, just, but at the same time subject to unexpected breakdowns, to subservience of every kind, to mean feelings.“ […]Q. What is the best thing that you hope readers could take away from your work?A. That even if we’re constantly tempted to lower our guard — out of love, or weariness, or sympathy or kindness — we women shouldn’t do it. We can lose from one moment to the next everything that we have achieved.“
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Ich fürchte, die Bücher kommen international so gut an, weil wir Neapel nicht kennen – und bei jeder seichten oder platten Wendung denken: „Na ja. Vielleicht war das eben so: vor fast 60 Jahren, in Süditalien.“ Ein deutscher Zeitroman würde, hoffe ich, kritischer gelesen und verhandelt.
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Lieblingszitate – über Klassismus, Standesdünkel:
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„[The other students] knew how a newspaper or a journal was put together, how a publishing house was organized, what a radio or television office was, how a film originates, what the university hierarchies were, what there was beyond the borders of our towns or cities, beyond the Alps, beyond the sea. They knew the names of the people who counted, the people to be admired and those to be despised. I, on the other hand, knew nothing, to me anyone whose name was printed in a newspaper or a book was a god.
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[…] I didn’t know the map of prestige.
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[…] I was one of those who labored day and night, got excellent results, were even treated with congeniality and respect, but would never carry off with the proper manner the high level of those studies. I would always be afraid: afraid of saying the wrong thing, of using an exaggerated tone, of dressing unsuitably, of revealing petty feelings, of not having interesting thoughts.“ [Band 2 – Elena im Studium, in Pisa.]
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„Make your own head masculine, so that it would be accepted by the culture of men: I had done it, I was doing it.“ [Band 3 – Elena als Akademikerin.]
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„My entire life would be reduced merely to a petty battle to change my social class.“ [Band 4 – Aufstieg kostet Kraft.]
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#meetthebloggerDE: Stefan Mesch… in Fotos, für ‚Meet the Blogger‘

meetthebloggerde-Fragen von Anne Häusler, Foto von Stefan Mesch

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Ich liebe Fragebögen und Interviews: als Journalist/Fragensteller – und als Befragter.

Ich mag Instagram: Seit März 2016 poste ich dort Fotos: smeschmesch (Link)

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Im Mai lud Bloggerin Anne Häusler von Blogchicks.de zu einer Instagram-Challenge ein:

Täglich ein Bild, zu einem vorgegebenen Schlagwort, unter dem Hashtag meetthebloggerDE.

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Heute im Blog, noch einmal gesammelt: all meine Antworten und Fotos, auf einer Seite, zum Nachlesen.

Einfache Begriffe/Fragen, einfache Antworten und Motive.

Ich hatte Spaß – und suche seitdem nach weiteren „Ein Bild pro Tag“-Instagram-Challenges.

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längere Interviews mit mir:

Nerv Magazin | ZEIT Magazin | SteglitzMind | Christoph Koch | Auf ein Bier mit | Open Mike |Büchergilde.de | Buchkontor WienBooknerds | Litlog | RTL

…und: eine Liste von Dingen, die ich liebe.

…und: Snack-/Junkfood-Favoriten, in Bildern.

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Ich:

 

Darüber blogge ich:

 

mein größter Erfolg:

#meetthebloggerde – Tag 3. #southbronx #nyc #2013

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Fotografie:

 

mein Logo:

 

Entspannung:

 

Blog-Helfer:

#meetthebloggerDE fragt heute: "#bloghelfer?" für Technik, WordPress usw. habe ich keinen besonderen Mentor oder Ansprechpartner. es gibt auch keinen idealen Leser. aber: ich mag, wie vernetzt die deutschsprachigen #literaturblogger sind, und ich freue mich, dass ich Blogposts nicht ins Vakuum schreibe: wenn ich etwas sage, haben Menschen wie @buzzaldrinsblog (Mara Giese, hier im Bild), @54books und @buchkolumne Interesse daran – lesen, kommentieren, teilen. mich motiviert das – ich freue mich über das Interesse, die Dialoge, auch die Widersprüche. gut für den Blog: wenn Texte auf Facebook nicht nur geliket werden, sondern geteilt. das macht jedes Mal einen Riesenunterschied. wer Blogposts gut findet: teilen!

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Inspiration:

 

Ohne geht es nicht:

 

Social Media:

 

Selfie:

 

Farbe/Textur:

 

Nomnom/Essen:

 

Darüber möchte ich mal schreiben:

#meetthebloggerDE fragt heute: "Worüber wolltest du schon immer mal schreiben?" ich bin Freelancer/Freiberufler und deshalb recht orts-unabhängig. Ich wohne oft zur Zwischenmiete, verbringe Zeit in Nordamerika oder passe auf Wohnungen auf, so lange Freunde von mir im Urlaub sind: den Alltag und die Lebensumstände von Freunden – aus ganz verschiedenen Städten – kriege ich oft mit, und finde ihn fast IMMER super-interessant. seit Jahren denke ich: ein Jahr lang Freunde begleiten. eine Person pro Woche. in die Wohnung, in ihren Job. sie dabei portrairen und interviewen. und am Ende damit die Leben von ca. 50 Menschen oder Paaren zeigen. ich habe keine Zeit für sowas, so lange der Roman nicht fertig ist. aber irgendwann will ich das unbedingt machen. #wohnungen #alltag #lebensumstände #journalismus

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Sketchbook:

 

in Aktion:

 

darauf bin ich stolz:

 

Playlist:

 

Der beste Blog-Tipp:

heute fragt #meetthebloggerDE: "Der beste #blogtipp?" grundsätzlich hilft mir, mit Freunden über alles zu sprechen, das mich interessiert – oft habe ich Ideen für Artikel oder Blogposts – und merke das erst, wenn Freunde sagen "Das ist ein Artikel: Schreib darüber!" als #buchblogger / #kulturjournalist merke ich: ein Text über EIN Buch kann jeder schreiben; oft unterscheidet sich eine professionelle #rezension zu wenig von einer Amazon-Review. Mehrwert (und Reichweite!) haben Texte mit mehr Überblick/Tiefgang: 2011 las ich alle #greenlantern-comics, die ich finden konnte, machte eine Timeline mit Leseempfehlungen, fand/sah Verknüpfungen, die man nur bemerkt, wenn man ALL das kennt… nehmt eure Leidenschaften, Expertengebiete, euer Nerd- und Liebhaberwissen und erklärt eure Themenfelder – leicht lesbar, übersichtlich, im Detail: ich brauche z.B. keine 50. Rezension zu… #dasendedereinsamkeit von #benedictwells. doch wenn jemand ALLE Wells-Romane las und sie in Kontext zueinander setzt, Parallelen zeigt, Wells erklärt? wunderbar. schreibt die Texte, die nur IHR schreiben könnt! #expertise #tiefgang

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5 Fakten über mich:

#meetthebloggerDE fragt heute nach #fünffakten über mich.

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meine drei Lieblingsblogger auf Instagram:

morgen fragt #meetthebloggerDE nach drei Lieblings-Instagram-Accounts. schon heute: meine Empfehlungen. 1) Selahattin Nehir (Bücher- und Buchkultur-Fotos), 2) Ego Rodriguez (Illustrationen), 3) Frlwilli (viel Natur, viele Blumen: sehr stylische Alltagsfotografien die zeigen, wie man ohne viel Aufwand RICHTIG tolle Bilder einfangen kann). ich mag auch Jules Villbrandt (Design/Wohnen), Bookflatlay (Bücher, kitschig inszeniert), Magali (Design/Wohnen), Beekman1802boys (schwule Ziegenfarmer in den USA), Janneke Luursema (Design/Wohnen)… und ich mochte den Instagram-Account von Freundin Mara Giese lange nicht besonders, weil sie immer den selben Filter benutzt. Jetzt aber sind ihre Fotos VIEL abwechslungsreicher & besser. Empfehlung!

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Ziele:

 

Organisation:

 

mein größter Traum:

 

Ich kann nicht leben ohne…

 

Lieblingsstück:

 

Da musst du mal einkaufen:

#meetthebloggerDE fragt, über welche Orte ich sagen würde: "Hier solltest du mal einkaufen!" ich kaufe nie ein: Lebensmittel bei den gängigen Discountern/Ketten, ab und zu Bücher und Comics in Antiquariaten. die meisten Hemden, die ich trage, sind Second Hand, Hosen usw. kommen von H&M o.ä. – keine besonderen #einkaufstipps von mir. aber: Ich mag es sehr, in Cafés zu sitzen, in denen man lesen/arbeiten darf. Vor allem bei #starbucks habe ich kein schlechtes Gewissen: ich zahle 5 Euro für einen #caramellfrappuccino. brauche über zwei Stunden, um zu trinken. und kann so lange schreiben, lesen, arbeiten – in bequemen Möbeln und oft mit guter (Singer-Songwriter-)Musik. ich liebe #frappuccinos (und andere Kaffee-Kaltgetränke)… aber die 5 Euro, die ich bei Starbucks zahle, sehe ich nicht als als (überhöhten) Preis für kalten Kaffee – sondern als eine Art #raummiete. deshalb: sucht euch gute Cafés, in denen man lange sitzen kann, ohne egoistisch zu sein. und "mietet" euch ein, mit Getränken/Bestellungen.

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Vorbilder:

 

Lieblingslektüre:

 

Routine:

Abnehmen mit der Keto-Diät (Low Carb, High Fat)

keto lchf stefan mesch.png

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Kein typisches Thema für meinen Blog:

Seit Anfang Februar esse ich keinen Zucker, keine Kohlenhydrate mehr: ketogene Ernährung.

Ich habe nicht dramatisch abgenommen – bisher sechs Kilo. Doch durch die Umstellung nehme ich – zum ersten Mal seit 2007 – nicht immer weiter zu. Ich mag meinen Körper. Mit 65 Kilo kann ich leben. Mit 80 auch. Egal. Nur fehlt mir Energie, mich dauernd in Verzicht und Disziplin zu üben: Seit der Umstellung auf Keto/LCHF (Low Carb, High Fat) kann ich mich satt essen, so oft ich will. Ich muss keine Kalorien zählen. Nicht weiter aufpassen oder mich zügeln.

Einfach Zucker, Stärke, Kohlenhydrate weg lassen.

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Dauernd hungrig – seit zehn Jahren:

Ich bin 1,80 groß, eher schmal/hager und wog, so lange ich rauchte (zwischen 17 und 24) 65 Kilo. Dann hörte ich mit dem Rauchen auf – und habe seitdem immer Hunger. Ich liebe Mahlzeiten. Und Zwischenmahlzeiten. Gemeinsames Essen. Restaurants. Ich liebe einen vollen Magen.

Seit 2007 – plötzlich dauernd hungrig – trank ich mehr Wasser und versuchte, nicht allzu ungesund zu essen: wenig Fleisch, Wurst, Frittiertes, keine Snacks aus Langeweile, kaum Fett. Am liebsten aß ich kalte, eher geschmacksneutrale Beilagen, die schnell sättigen und mir ein Völlegefühl vermitteln: Reis (Sushi!), Brot (und Kracker, Grissini usw.), Hummus. Zwischendurch zwar Süßes – aber kleine Portionen.

Dass sich der raffinierte/weiße Zucker von Süßigkeiten und die Stärke in Kartoffeln, Reis, Getreide ernährungsbiologisch kaum unterscheiden, hörte ich im Bio-Unterricht. Pudding? Ungesund! Vollkorn? Wesentlich gesünder? Beides liefert sehr schnell Energie – doch reißt, sobald der Blutzuckerspiegel später sinkt, ein Loch.

Ich habe keine Nerven und Zeit für Sport. Ich habe nie Diäten ausprobiert. Ich hielt meine Portionen klein. Versuchte, nicht zu viel Quatsch zu essen. Doch mir fehlen Lust und Selbstdisziplin, um nur für mein Aussehen zu hungern und auf Genuss, Lebensqualität, Energie zu verzichten: Ich will nicht leiden, mich nicht bremsen – nur, um etwas schlanker oder gesünder zu sein. Ich bin relativ gesund. 80, 83 Kilo sind nicht ungesund.

Doch Ende Januar bloggte Nico Lumma, ein Netz-Bekannter, über Abnehmen mit der Slow-Carb Diät. Statt aus Stärke, Zucker, Kohlenhydraten führt man dem Körper Fett (und Eiweiß) zu – versetzt ihn in Ketose: Energie aus Fett- statt Stärkeverbrennung.

So lange ich Zucker esse/verbrenne, sind meinem Stoffwechsel die Fettpolster egal: Sie werden nicht angegriffen; und Zucker-Überschuss wird als zusätzliches Fett eingelagert. Leute nehmen zu.

Auf Fettverbrennung dagegen schaltet der Stoffwechsel erst, wenn alle Zuckerreserven verbraucht sind. Bis dahin wäre ich verrückt vor Hunger, schlechter Laune, Schlaffheit: In Ketose/Fettverbrennung bleiben – das geht nur, wenn man dauerhaft, jeden Tag auf Zucker verzichtet. Höchstens 20 Gramm pro Tag aufnimmt. Eine dauerhafte Umstellung. Einige Tage lang stressig und ermüdend (die „Keto-Grippe“). Dann aber: überraschend machbar.

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Unkomplizierte Umstellung

Ich esse gerade mehrmals pro Woche/zum Großteil:

Käse | Avocados | Cocktailtomaten | Oliven | Hähnchenfleisch | griechischen oder laktosefreien Joghurt und Skyr | Zucchinis und Auberginen, gebraten | Brokkoli, roh (mit Frischkäse, zum Knabbern) | Salate | Lachs | Ringsalami | manchmal Rührei | Walnüsse.

Ich trinke kalten Tee statt Limo – doch weiterhin gern Energydrinks (jetzt eben: Zero, zuckerfrei). Viel Kaffee – doch jetzt mit Sahne oder Mandelmilch statt Vollmilch (weniger Milchzucker). In asiatischen Imbissen lasse ich den Reis weg, bei Burgern die Buns, statt Sushi-Rollen esse ich Sashimi. Ich trank eh kaum je Alkohol. Ich esse lieber kalt als warm. Ich liebe Antipasti, Häppchen, alle Sorten Käse:

Es war keine große Umstellung. Es ist kein riesiger Verzicht. Ich vermisse Donuts, Ahornsirup, Wasabi. Doch die Sättigungsbeilagen, mit denen ich mir jahrelang den Bauch füllte, fehlen mir nicht besonders: Baguette, kalter Reis, Cracker, Knäckebrot, Pasta? Es geht ohne.

(Bei Hummus funktioniert die Eigenmarke der Penny-Supermärkte: 6 Prozent Kohlenhydrate? Das geht, so lange ich kein halbes Kilo dippe.)

Ein sympathisches, aber arg simples Erklär-Video:

Abnehmen trotz fettiger Ernährng (WDR, Januar 2016)

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Tipps und Schwierigkeiten:

  • Die ersten ca. 20 Tage fühlte ich mich weinerlich, krank und müde. Der Körper braucht Zeit, sich umzustellen.
  • Ich machte an Tag 1 den Fehler, fast nichts zu kaufen, auf das ich Appetit hatte: Ich aß ohne große Lust Thunfisch aus der Dose, Artischocken aus dem Glas, riesige Karotten… Essen, das mich noch nie besonders glücklich machte. Zu lange irrte ich durchs schmale Penny-Sortiment im Gefühl, alles sei jetzt verboten, fast nichts weiter erlaubt. Nach 10 Tagen fuhr ich in ein (riesiges) Kaufland, mit Unmengen Optionen/Produkten. Mit der Vielfalt und dem Ausprobieren ganz neuer Lebensmittel (wie Skyr) kam auch der Genuss zurück.
  • Ich gebe etwas mehr Geld für Essen aus (Käse, Fleisch, Fisch sind teurer als billige, sättigende Brötchen, Reis etc.), und ich brauche etwas mehr Zeit zum Vorbereiten/Waschen/Schneiden in der Küche.
  • Vor allem im ersten Monat nahm ich kaum ab: Wer Keto ausprobiert, wird oft gewarnt, dass er bei schnellen Erfolgen nicht zu euphorisch werden soll – denn in den ersten Tagen verliert fast jeder viel Gewicht: Der Körper greift die Wassereinlagerungen an. Ich hatte fünf erste Wochen lang GAR keinen Fortschritt. Und kaufte mir schließlich Ketostix, um herauszufinden, ob mein Körper überhaupt in Ketose ist (nicht nötig – aber psychologisch beruhigend). Erst seit Mitte März sehe ich Unterschiede.
  • Meine Zähne scheinen weniger angegriffen. Haut und Schlafrhythmus sind besser, und ich habe keine Zucker-Hochs und -Tiefs mehr. Aber: nervigen Mundgeruch.
  • Keto-Rezepte und Keto-Restaurants gehen mir meist auf die Nerven – weil ständig versucht wird, Torten, Schokolade, Pizza usw. aus Süß- und Ersatzstoffen nachzubilden. Ich glaube, eine Pseudo-Pizza, eine Süßstoff-Torte deprimieren mich mehr als die Vorstellung, einfach Torten/Pizzen per se für eine Weile zu streichen.
  • Auch viele US-Websites und Keto-Blogs sind mir zu produktfixiert: Ich will keine speziellen Keto-Müsliriegel, kein Eiweißbrot, keinen Bullettproof Coffee. Kokosmilch ist wirksam – aber absurd teuer, und Kokos schmeckt mir nicht: Ich kaufe die 30-Cent-Schlagsahne bei Lidl. Das reicht fürs Erste.
  • Ich habe kein Abnehm-Ziel. Ich trage dauernd Jacketts und weite Hemden – kaum jemandem fällt auf, ob ich 80 oder 65 Kilo wiege. Für mich funktioniert Keto gerade als (dauerhafte) Ernährungsumstellung, nicht als (schnelle, zeitlich beschränkte) Diät. Ich esse öfter, mit besserem Gewissen und mehr Genuss als seit Jahren. Und werde dabei etwas dünner – statt, wie seit 2007, von Jahr zu Jahr ein wenig feister. Mein Körper war mir immer halbwegs sympathisch/angenehm. Doch in den letzten Jahren hatte ich das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Jetzt ist diese Kontrolle zurück. Ohne viel Mühe/Disziplin. Es geht nicht ums Abnehmen. Es geht ums lustvolle, stressfreie Essen/Futtern![Die Headline ‚Abnehmen mit der Keto-Diät‘ greift Nicos ‚Abnehmen mit der Slow-Carb-Diät‘ auf. Aber ich hatte zu Beginn fünf (!) Wochen Zeit, mir zu überlegen, ob ich weiter auf Zucker verzichten will – auch, falls es äußerlich nichts bringt. Ich bleibe erstmal dabei. Auch beim nächsten Gewichts-Plateau.]

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Keto LCHF Low Carb High Fat, Foto Achim Reibach

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Mein bester Freund machte heute Morgen ein paar Ganzkörper-Fotos. Ich trage meist Hemden statt T-Shirts, im Alltag. Und: Ich habe ein Hohlkreuz. Mein Bauch wird immer etwas vorstehen.

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Update, Februar 2017:

Ich esse weiterhin keinen Zucker – und komme gut zurecht. Seit ca. September 2016 bleibt mein Gewicht gleich – zwischen 68 und 70 Kilo, abends auch mal 71. Der Verzicht auf Zucker fällt mir nicht mehr schwer, und in vielen Bereichen geht es mir besser: Meine Zähne haben morgens weniger Belag und sind gesünder/weniger angegriffen, meine Energie bleibt, über den Tag verteilt, recht stabil – und ich bin selbstbewusster, entspannter, ein wenig stolz.

Ich will trotzdem bald bei meinem Hausarzt ein Blutbild/ein Check-Up machen lassen. Ich bin 33, und solche Check-Ups werden erst ab 35 von der Krankenkasse bezahlt – aber eine befreundete Ärztin sagte mir, dass ich bei so einer großen Umstellung auf jeden Fall das Recht auf so eine Untersuchung habe, und die Kasse das auch anerkennen wird. [Update: Check-Up gemacht. Alles gut!]

Im September nahm ich an einem Fotoprojekt teil, bei dem sich Menschen gegenseitig nackt fotografieren, in ihren Wohnungen – „Daily Portrait Berlin“. Ein Essay von mir über die Aktion und meine Gründe, im Berliner Tagesspiegel: Link 

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Update, Juli 2017:

Ich halte mein Gewicht; und habe für meinen Partner eine kurze Liste angelegt mit Produkten, die er mag und im Rahmen einer Keto-Diät gut essen kann. Vieles, das ich mag, er aber nicht, fehlt hier auf der Liste (Fisch, Meeresfrüchte, viele Fleisch- und Käsesorten). Trotzdem – als Anfang/Idee für Menschen, die ratlos im Supermarkt stehen:

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  • Kuchen & Brötchen in Keto-Cafés. In Berlin z.B. „Simply Keto“
  • indische, thailändische, chinesische etc. Restaurants: Suppen & fast alles ohne Reis
  • grüne Smoothies
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  • Bacon, Speckwürfel, Thüringer Würstchen
  • Hähnchensteaks, Hähnchenstückchen/-streifen, Brathähnchen
  • Minisalamis, Salamisticks, angebratene Wurst in der Pfanne, Mett, Landjäger, Pfefferbeißer
  • Fleischsalat, selbstgemachte Buletten, Fleischkäse, Steak, Lende, Kottlett
  • Wiener Würstchen, Weißwurst, Lyoner & Aufschnitt
  • Rinder-, Hühner- und Gemüsebrühe (Instant)
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  • gebratener Thunfisch, gebratener Lachs
  • Rührei, Spiegelei, hartgekochte Eier, Omelettes
  • Feldsalat, grüner Salat, Rucola, Eiersalat/Käsesalat/Brocollisalat etc.
  • (ich mag DIESEN Salat bei Lidl: Link)
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  • Cocktailtomaten, Gurkenstangen, Minikarotten, Oliven, Sellerie, Rosenkohl, Spargel, Paprika, Grüne Bohnen, Kürbis (?)
  • Lauch, Frühlingszwiebel, Spinat, Sauerkraut, Schnittlauch, Fenchel, Essiggurke, Kohlrabi, Pepperoni
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  • überbackener Blumenkohl, überbackene Zuccininudeln, Ofenkäse, Pfannenkäse, verschiedene Dips & Frischkäsesorten
  • Gemüse in der Pfanne, Zuccininudeln & Tomatensauce, Tofusteaks, Hackfleischsauce, Chili con Carne
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  • Babybel, Mozzarella, Maasdamer, Goudawürfel, Parmesan, weitere Käsesorten ausprobieren
  • Mascarpone, Joghurt, Skyr, Quark, Mandelmilch, Buttermilch, Tiefkühlerdbeeren, Zimt
  • Mandeln, Walnüsse, Kürbiskerne, Kokosmakronen, Macadamianüsse
  • Kräutersalz, Rauchsalz, Kräuterbutter, gesalzene Butter, Majonaise, Würz-Öle, Kokosfett
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  • Teesorten, Cola light, Energy Drinks (Zero), andere Light-Limos

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typische Wocheneinkäufe von mir, August 2017. Mir fehlen hier Avocados, Auberginen und Fisch (Krabben oder Lachs):

keto low carb high fat wocheneinkäufe einkaufsliste einkaufstipps

Best Nonfiction & Memoirs 2016: Summer Reading, Recommendations

best US nonfiction 2016 stefan mesch

Nonfiction, Memoirs, Essays:

Here are 21 nonfiction books, realeased in 2016, that I’ve sampled & enjoyed. Recommendations!

I’ve made a list for fiction (2016, Link), too!

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01: OLIVIA LAING, „The Lonely City: Adventures in the Art of being alone“

  • cerebral and engaging essay on loneliness
  • 336 pages, March 2016, Picador

„Does technology draw us closer together or trap us behind screens? When Olivia Laing moved to New York City in her mid-thirties, she found herself inhabiting loneliness on a daily basis. Increasingly fascinated by this most shameful of experiences, she began to explore the lonely city by way of art. The Lonely City is a celebration of a strange and lovely state, adrift from the larger continent of human experience, but intrinsic to the very act of being alive.“ [back-cover copy, excerpt]

The Lonely City: Adventures in the Art of Being Alone

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02: HELEN PEARSON, „The Life Project: How the Study of Six Generations showed us who we are“

  • sociology: I love the concept of the survey – but I’m not sure if this needs to be a full book: would an article be enough?
  • 256 pages, February 2016, Soft Skull

„On March 3, 1946, a survey began that is, today, the longest-running study of human development in the world, growing to encompass six generations of children, 150,000 people. This is the tale of these studies, the scientists who created them, and their remarkable discoveries.“ [back-cover copy, excerpt]

The Life Project: How the Study of Six Generations Showed Us Who We Are

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03: RON FOURNIER, „Love that Boy: What two Presidents, eight Road Trips, and my Son taught me about a Parent’s Expectations“

  • cutesy cover – but I enjoyed the style: a very personal account of a family and a son with Asperger’s syndrome
  • 240 pages, April 206, Harmony

„A uniquely personal story about the causes and costs of outsized parental expectations. What we want for our children—popularity, normalcy, achievement, genius—and what they truly need—grit, empathy, character—are explored by National Journal’s Ron Fournier, who weaves his extraordinary journey to acceptance around the latest research on childhood development and stories of other loving-but-struggling parents.“ [back-cover copy, excerpt]

Love That Boy: What Two Presidents, Eight Road Trips, and My Son Taught Me About a Parent's Expectations

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04: ANDREW NAGORSKI, „The Nazi Hunters“

  • I don’t know nearly enough about people like Beate Klarsfeld, Fritz Bauer and the hunt for Eichmann: gripping, engaging history book
  • 416 pages, April 2016, Simon & Schuster

„More than seven decades after the end of the war, the era of the Nazi Hunters is drawing to a close as they and the hunted die off. After the Nuremberg trials and the start of the Cold War, most of the victors in World War II lost interest in prosecuting Nazi war criminals. Many of the lower-ranking perpetrators quickly blended in with the millions who were seeking to rebuild their lives in a new Europe, while those who felt most at risk fled the continent. The Nazi Hunters focuses on the small band of men and women who refused to allow their crimes to be forgotten—and who were determined to track them down to the furthest corners of the earth.“ [back-cover copy, excerpt]

The Nazi Hunters

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05: GREGORY WOODS, „Homintern: How Gay Culture liberated the modern World“

  • cultural history about queer networks and infuencers
  • 440 pages, May 2016, Yale University Press

„In a hugely ambitious study which crosses continents, languages, and almost a century, Gregory Woods identifies the ways in which homosexuality has helped shape Western culture. Extending from the trials of Oscar Wilde to the gay liberation era, this book examines a period in which increased visibility made acceptance of homosexuality one of the measures of modernity. Woods introduces an enormous cast of gifted and extraordinary characters, most of them operating with surprising openness; but also explores such issues as artistic influence, the coping strategies of minorities, the hypocrisies of conservatism, and the effects of positive and negative discrimination, traveling from Harlem in the 1910s to 1920s Paris, 1930s Berlin, 1950s New York and beyond.“ [back-cover copy, excerpt]

Homintern: How Gay Culture Liberated the Modern World

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06: SUNIL KHILNANI, „Incarnations: India in 50 Lives“

  • 50 portraits of figures and people in India: I loved browsing, but I’m worried that 650 pages, life after life, will be a little dull/formulaic
  • 656 pages, February 2016, Allen Lane & Farrar, Straus and Giroux

„For all of India’s myths and moral epics, Indian history remains a curiously unpeopled place. Sunil Khilnani fills that space: recapturing the human dimension of how the world’s largest democracy came to be. Khilnani explores the lives of 50 Indians, from the spiritualist Buddha to the capitalist Dhirubhai Ambani, trenchant portraits of emperors, warriors, philosophers, poets, stars, and corporate titans from ancient times to our own.“ [back-cover copy, excerpt]

Incarnations: India in 50 Lives

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07: DAVID KUSHNER, „Alligator Candy“

  • true crime meets personal memoir: this reminded me of James Elroy’s book about his murdered mother, „My Dark Places“. I’m nervous that Kushner’s book wi’ll be equally inconclusive/open-ended.
  • 243 pages, March 2016, Simon & Schuster

„David Kushner grew up in the early 1970s in the Florida suburbs. One morning in 1973, David’s older brother Jon biked through the forest to the convenience store for candy, and never returned. Decades later, Kushner found himself unsatisfied with his own memories and decided to revisit the episode a different way: through the eyes of a reporter. His investigation brought him back to the places and people he once knew and slowly made him realize just how much his past had affected his present. After sifting through hundreds of documents and reports, conducting dozens of interviews, and poring over numerous firsthand accounts, he has produced a powerful and inspiring story of loss, perseverance, and memory.“ [back-cover copy, excerpt]

Alligator Candy

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08: JEAN STEIN, „West of Eden: an American Place“

  • great concept, but lots of bad reviews: I’m not sure what’s wrong here. Too much hagiography?
  • 352 pages, February 2016, Random House

„An epic, mesmerizing oral history of Hollywood and Los Angeles. Stein vividly captures a mythic cast of characters: five larger-than-life individuals and their families. Edward Doheny, the Wisconsin-born oil tycoon; Jack Warner, the son of Polish-Jewish immigrants, who together with his brothers founded one of the world’s most iconic film studios; Jane Garland, the troubled daughter of an aspiring actress who could never escape her mother’s schemes; Jennifer Jones, an actress from Oklahoma who won the Academy Award at twenty-five but struggled with despair. Finally, Stein chronicles the ascent of her own father, Jules Stein, an eye doctor born in Indiana who transformed Hollywood with the creation of an unrivaled agency and studio.“ [back-cover copy, excerpt]

West of Eden: An American Place

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09: MIRA PTACIN, „Poor your Soul“

  • competent memoir about mother and daughter, both losing a child – I hope that 320 pages aren’t too long/much
  • 320 pages, January 2016, Soho Press

„At twenty-eight, Mira Ptacin discovered she was pregnant. Five months later, an ultrasound revealed that her child would be born with a constellation of birth defects and no chance of survival outside the womb. Mira was given three options: terminate the pregnancy, induce early delivery, or wait and inevitably miscarry. Mira’s story is paired with that of her mother, who emigrated from Poland to the United States, and who also experienced grievous loss when her only son was killed by a drunk driver.“ [back-cover copy, excerpt]

Poor Your Soul

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10: DANIEL RAEBURN, „Vessels: A Love Story“

  • horrible cover, horrible cover copy – but I enjoyed reading the first pages: loss, marriage, creativity, hope
  • 192 pages, March 2016, W.W. Norton & Company

„Dan and his wife Bekah, a potter dedicated to Japanese ceramics, met and swiftly fell in love. But at Christmas, as they prepared for the birth of their first child, tragedy struck. Based on Daniel Raeburn’s acclaimed New Yorker essay, Vessels: A Love Story is the story of how he and Bekah clashed and clung to each other through a series of unsuccessful pregnancies before finally, joyfully, becoming parents.“ [back-cover copy, excerpt]

Vessels: A Love Story

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11: ANNIE E. CLARK, ANDREA PINO, „We believe you: Survivors of Campus Sexual Assault speak out“

  • I enjoyed reading Kate Harding’s „Asking for it“ (about rape culture and campus rape), and I’m happy for the chance to hear accounts from a diversity of voices.
  • 368 pages, April 2016, Holt

„Student activists are exposing a pervasive cover-up of sexual violence on college campuses. We Believe You elevates the stories the headlines about this issue have been missing–more than 30 experiences of trauma, healing and everyday activism, representing a diversity of races, economic and family backgrounds, gender identities, immigration statuses, interests, capacities and loves. More than 1 in 5 women and 5 percent of men are sexually assaulted at college, a shocking status quo that might have stayed largely hidden and unaddressed.“ [back-cover copy, excerpt]

We Believe You: Survivors of Campus Sexual Assault Speak Out

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12: PEGGY ORENSTEIN, „Girls & Sex: Navigating the complicated new Landscape“

  • silly cover and so-so style – but (perennially) interesting topic
  • 303 pages, March 2016, Harper

„With casual hookups and campus rape relentlessly in the news, parents can be forgiven for feeling anxious about their young daughters. Orenstein spoke to psychologists, academics, and 70 young women to offer an in-depth picture of “girls and sex” today.“ [back-cover copy, excerpt]

Girls & Sex: Navigating the Complicated New Landscape

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13: KATHERINE ZOEPF, „Excellent Daughters: The Secret Lives of young Women who are transforming the Arab World“

  • I’m not sold on the writing style of this book: might be too dry, too distant, too broad. Still: interesting focus, interesting protagonists.
  • 464 pages, January 2016, Penguin Press

„For more than a decade, Katherine Zoepf has lived in or traveled throughout the Arab world, reporting on the lives of women, whose role in the region has never been more in flux. Only a generation ago, female adolescence as we know it in the West did not exist in the Middle East. There were only children and married women. Today, young Arab women outnumber men in universities. Syria, Lebanon, Abu Dhabi, Saudi Arabia, Egypt: Zoepf brings us a new understanding of the changing Arab societies—from 9/11 to Tahrir Square to the rise of ISIS—and gives voice to the remarkable women at the forefront of this change.“ [back-cover copy, excerpt]

Excellent Daughters: The Secret Lives of Young Women Who Are Transforming the Arab World

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14: ANDI ZEISLER, „We were Feminists Once“

  • I LOVE the back-cover copy, and I loved the sample: this sounds competent, smart and much-needed.
  • 304 pages, May 2016, PublicAffairs

„Feminism: Once a dirty word brushed away with a grimace, “feminist” has been rebranded as a shiny label sported by movie and pop stars. It drives advertising and marketing campaigns, presenting what’s long been a movement for social justice as just another consumer choice in a vast market. Individual self-actualization is the goal, shopping more often than not the means, and celebrities the mouthpieces. But what does it mean when social change becomes a brand identity? Andi Zeisler, a founding editor of Bitch Media, draws on more than twenty years’ experience interpreting popular culture in this biting history of how feminism has been co-opted, watered down, and turned into a gyratory media trend. Surveying movies, television, advertising, fashion, and more, Zeisler reveals a media landscape brimming with the language of empowerment, but offering little in the way of transformational change.“ [back-cover copy, excerpt]

We Were Feminists Once: From Riot Grrrl to CoverGirl®, the Buying and Selling of a Political Movement

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15: CHRISTOPHER CASTELLANI, „The Art of Perspective: Who tells the Story“

  • Too slim and maybe too specific – but I loved the tone and style.
  • 160 pages, January 2016, Graywolf Press

„A writer may have a story to tell, a sense of plot, and strong characters. But what form should the narrator take? What voice, and from what vantage point? By unpacking the narrative strategies at play in the work of writers as different as E. M. Forster, Grace Paley, and Tayeb Salih, Castellani illustrates how the author’s careful manipulation of distance between narrator and character drives the story.“ [back-cover copy, excerpt]

The Art of Perspective: Who Tells the Story

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16: ANDREW SOLOMON, „Far & Away: Places on the Brink of Change. Seven Continents, 25 Years“

  • One of my favorite (if slightly stuffy) nonfiction authors – and a (all-over-the-place, massive) collection.
  • 512 pages, April 2016, Scribner

„From the winner of the National Book Award: a riveting collection of essays about places in transition. Chronicling his stint on the barricades in Moscow in 1991, when he joined artists in resisting the coup whose failure ended the Soviet Union, his 2002 account of the rebirth of culture in Afghanistan following the fall of the Taliban, his insightful appraisal of a Myanmar seeped in contradictions, this book provides a unique window onto the very idea of social change. Solomon demonstrates both how history is altered by individuals, and how personal identities are altered when governments alter.“ [back-cover copy, excerpt]

Far & Away: Places on the Brink of Change: Seven Continents, Twenty-Five Years

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17: DAWN ANAHID MacKEEN, „The Hundred-Year Walk: An Armenian Odyssey“

  • The cover looks old-school – but the personal narrative is suprisingly engaging.
  • 339 pages, January 2016, Houghton Mifflin Harcourt

„As World War I rages, Stepan Miskjian is separated from his family as they are swept up in the government’s mass deportation of Armenians into internment camps. Just before killing squads slaughter his caravan during a forced desert march, Stepan manages to escape. The Hundred-Year Walk alternates between Stepan’s saga and another journey that takes place a century later, after his family discovers his long-lost journals. Reading this rare firsthand account, his granddaughter Dawn MacKeen finds herself first drawn into the colorful bazaars before the war and then into the horrors Stepan later endured. Inspired to retrace his steps, she sets out alone to Turkey and Syria, shadowing her resourceful, resilient grandfather across a landscape still rife with tension.“ [back-cover copy, excerpt]

The Hundred-Year Walk: An Armenian Odyssey

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18: JANE MAYER, „Dark Money: The Hidden History of the Billionaires behind the Rise of the Radical Right“

  • Excellent reviews. Don’t know if I DO need to read a full book on this, though…? I’d prefer sharp, quick articles.
  • 464 pages, January 2016, Doubleday

„Why is America living in an age of profound economic inequality? Why have protections for employees been decimated? Why do hedge-fund billionaires pay a far lower tax rate than middle-class workers? A network of exceedingly wealthy people with extreme libertarian views bankrolled a systematic, step-by-step plan to fundamentally alter the American political system. The chief figures in the network are Charles and David Koch. The Koch brothers and their allies pooled their vast resources to fund an interlocking array of organizations that could work in tandem to influence and ultimately control academic institutions, think tanks, the courts, statehouses, Congress, and, they hoped, the presidency. And their efforts have been remarkably successful. Meaningful environmental, labor, finance, and tax reforms have been stymied. Jane Mayer spent five years conducting hundreds of interviews. In a taut and utterly convincing narrative, she traces the byzantine trail of the billions of dollars spent by the network.“ [back-cover copy, excerpt]

Dark Money: The Hidden History of the Billionaires Behind the Rise of the Radical Right

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19: ANN NEUMANN, „The Good Death: An Exploration of Dying in America“

  • mediocre reviews – but I like boks about loss, and the hospice angle is new/interesting, to me.
  • 248 pages, February 2016, Beacon Press

„Following the death of her father, journalist and hospice volunteer Ann Neumann sets out to examine what it means to die well. From church basements to hospital wards to prison cells, Neumann charts the social, political, religious, and medical landscape to explore how we die today. The Good Death weaves personal accounts with a historical exploration of the movements and developments that have changed the ways we experience death. With the diligence of a journalist and the compassion of a caregiver, Neumann provides a portrait of death in the United States.“ [back-cover copy, excerpt]

The Good Death: An Exploration of Dying in America

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20: TIM HANLEY, „Investigating Lois Lane: The turbulent History of the Daily Planet’s Ace Reporter“

„In a universe full of superheroes, Lois Lane has fought for truth and justice for over 75 years. From her creation in 1938 to helming her own comic book for twenty-six years and appearing in animated serials, live-action TV shows, and full-length movies, Lois Lane has been a paragon of journalistic integrity. From her earliest days, Lois yearned to make the front page of the Daily Planet, but was held back by her damsel-in-distress role. Lois remained a fearless and ambitious character, and today she is a beloved icon and an inspiration to many. Though her history is often troubling, Lois’s journey, as revealed in Investigating Lois Lane, showcases her ability to always escape the gendered limitations of each era and of the superhero genre as a whole.“ [back-cover copy, excerpt]

Investigating Lois Lane: The Turbulent History of the Daily Planet's Ace Reporter
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Bonus (2015):

21: MERRITT KOPAS, IMOGEN BINNIE, „Videogames for Humans“

  • essay collection about storytelling, gaming, minorities and Twine (link)
  • 576 pages, April 2015, Instar Books

„A quiet revolution is happening, centered on a tool called Twine. Taken up by nontraditional game authors to describe distinctly nontraditional subjects—from struggles with depression, explorations of queer identity, and analyses of the world of modern sex and dating to visions of breeding crustacean horses in a dystopian future—the Twine movement to date has created space for those who have previously been voiceless within games culture to tell their own stories. Videogames for Humans puts Twine authors, literary writers, and games critics into conversation with one another’s work.“ [back-cover copy, excerpt]

Videogames for Humans

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further lists and recommendations:

Best Summer Books / Beach Reads / Young Adult Novels 2016: Recommendations

Beach Reads, 2016.JPG

Summer Reading, Beach Reads, YA novels:

Here are 21 novels and collections, realeased in 2016, that I’ve sampled & enjoyed. Recommendations!

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01: RICHARD RUSSO, „Everybody’s Fool“

  • Russo can be cutesy, overly long, old-fashioned and stale – but I enjoy these characters.
  • 477 pages, Knopf

„Richard Russo returns to North Bath (upstate New York) and the characters from Nobody’s Fool. Sully has only a year or two left, and it’s hard work trying to keep this news from the most important people in his life: Ruth, the married woman he carried on with for years and Sully’s son and grandson. Everybody’s Fool is filled with humor, heart, hard times and people you can’t help but love, possibly because their faults make them so stridently human.“

Everybody's Fool

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02: LINDSAY EAGAR, „Hour of the Bees“

  • smart, literary YA with a dash of magical realism
  • 360 pages, Candlewick Press

„Twelve-year-old Carolina is in New Mexico, helping her parents move the grandfather she’s never met into a home for people with dementia. At first, Carol avoids prickly Grandpa Serge… A novel of family and discovering the wonder of the world.“

Hour of the Bees

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03: WESLEY KING, „OCDaniel“

  • engaging middle-grade novel told in a fun, smart voice
  • 304 pages, Simon & Schuster

„A boy whose life revolves around hiding his obsessive compulsive disorder. Daniel spends football practice perfectly arranging water cups—and hoping no one notices, especially his best friend Max, and Raya, the prettiest girl in school. His life gets weirder when another girl at school, who is unkindly nicknamed Psycho Sara, notices him for the first time.“

OCDaniel

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04: MATT RUFF, „Lovecraft Country“

  • ambitious, dark, gripping: mainstream fantasy in an interesting historical setting
  • 384 pages, Harper

„Chicago, 1954. When his father Montrose goes missing, twenty-two year old Army veteran Atticus Turner embarks on a road trip to New England to find him, accompanied by his Uncle George—publisher of The Safe Negro Travel Guide—and his childhood friend Letitia. On their journey to the manor of Mr. Braithwhite—heir to the estate that owned Atticus’s great grandmother—they encounter both mundane terrors of white America and malevolent spirits that seem straight out of the weird tales George devours. A devastating kaleidoscopic portrait of racism that melds historical fiction, pulp noir, and Lovecraftian horror and fantasy.“

Lovecraft Country

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05: MELANIE CONKLIN, „Counting Thyme“

  • charming middle-grade novel with HUGE mainstream appeal
  • 320 pages, Putnam

„Eleven-year-old Thyme Owens’ little brother Val is accepted into a new cancer drug trial and the Owens family has to move to New York, thousands of miles away from everything she knows and loves. Thyme loves her brother—she’d give anything for him to be well—but she still wants to go home. She finds herself even more mixed up when her heart feels the tug of new friends, a first crush, and even a crotchety neighbor and his sweet whistling bird.“

Counting Thyme

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06: GRAHAM SWIFT, „Mothering Sunday“

  • one of my favorite British authors: this feels like a smarter version of Ian McEwan’s „On Chesil Beach“
  • 208 pages, Knopf

„Twenty-two year old Jane Fairchild, orphaned at birth, has worked as a maid at one English country estate since she was sixteen. She has been the secret lover to Paul Sheringham, the scion of the estate next door. On an unseasonably warm March afternoon, Jane and Paul will make love for the last time–though not, as Jane believes, because Paul is about to be married. As the narrative moves back and forth from 1924 to the end of the century, what we know and understand about Jane–about the way she loves, thinks, feels, sees, remembers–deepens with every beautifully wrought moment.“

Mothering Sunday

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07: CHITRA BANERJEE DIVAKARUNI, „Before we visit the Goddess“

  • historical fiction from India with strong characters & sociology
  • 224 pages, Simon & Schuster

„Three generations of mothers and daughters in a family both united and torn apart by ambition and love. The daughter of a poor baker in rural Bengal, India, Sabitri yearns to get an education, but her family’s situation means college is an impossible dream. Then an influential woman from Kolkata takes Sabitri under her wing, but her generosity soon proves dangerous after the girl makes a single, unforgivable misstep. Years later, Sabitri’s own daughter, Bela, haunted by her mother’s choices, flees abroad with her political refugee lover—but the America she finds is vastly different from the country she’d imagined. As the marriage crumbles and Bela is forced to forge her own path, she unwittingly imprints her own child, Tara, with indelible lessons about freedom, heartbreak, and loyalty that will take a lifetime to unravel.“

Before We Visit the Goddess

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08: CLAUDIA GRAY, „Star Wars: Bloodline“

„When the Rebellion defeated the Empire in the skies above Endor, Leia Organa believed it was the beginning to a lasting peace. But after decades of vicious infighting and partisan gridlock in the New Republic Senate, that hope seems like a distant memory. Now a respected senator, Leia must grapple with dangers from both within and without: underworld kingpins, treacherous politicians and Imperial loyalists. Senators are calling for the election of a First Senator. It is their hope that this influential post will bring strong leadership to a divided galaxy.“

Star Wars: Bloodline

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09: JEM LESTER, „Shtum“

  • quirky and dark family novel about autism
  • 368 pages, Orion

„Fathers and sons, autism, and dysfunctional relationships. Ben Jewell has hit breaking point. His ten-year-old son Jonah has severe autism and Ben and his wife, Emma, are struggling to cope. When Ben and Emma fake a separation – a strategic decision to further Jonah’s case in an upcoming tribunal – Ben and Jonah move in with Georg, Ben’s elderly father. In a small house in North London, three generations of men – one who can’t talk; two who won’t – are thrown together.“

Shtum

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10: JUNG YUN, „Shelter“

  • complex domestic fiction, might be overly tragic/dour
  • 336 pages, Picador

„Why should a man care for his parents when they failed to take care of him as a child? Kyung Cho is a young father burdened by a house he can’t afford. For years, he and his wife, Gillian, have lived beyond their means. Now their debts and bad decisions are catching up with them. A few miles away, his parents, Jin and Mae, live in the town’s most exclusive neighborhood, surrounded by the material comforts that Kyung desires for his wife and son. Growing up, they gave him every possible advantage—private tutors, expensive hobbies—but they never showed him kindness. When an act of violence leaves Jin and Mae unable to live on their own, the dynamic suddenly changes.“

Shelter

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11: ABBY GENI, „The Lightkeepers“

  • literary thriller/mystery – but I dislike the nature writing aspect: might be too ornate and dry
  • 340 pages, Counterpoint

„Miranda, a nature photographer, travels to the Farallon Islands, an exotic and dangerous archipelago off the coast of California, for a one-year residency. Her only companions are the scientists studying there. Miranda is assaulted by one of the inhabitants of the islands. A few days later, her assailant is found dead, perhaps the result of an accident. The Lightkeepers upends the traditional structure of a mystery novel —an isolated environment, a limited group of characters who might not be trustworthy, a death that may or may not have been accidental, a balance of discovery and action —while also exploring wider themes of the natural world, the power of loss, and the nature of recovery.“

The Lightkeepers

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12: E.K. JOHNSTON, „Exit, Pursued by a Bear“

  • engaging feminist YA novel about rape and trauma
  • 248 pages, Dutton

„Hermione Winters is the envied girlfriend and the undisputed queen of her school. But then someone puts something in her drink at a party. Victim. Survivor. That raped girl. Even though this was never the future she imagined, one essential thing remains unchanged: Hermione can still call herself Polly Olivier’s best friend. Heartbreaking and empowering, Exit, Pursued by a Bear is the story of transcendent friendship in the face of trauma.“

Exit, Pursued by a Bear

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13: LEANNE HALL, „Iris and the Tiger“

  • middle-grade novel, magical realism, so-so reviews: I’m intrigued and charmed, but it might be too kitschy.
  • 168 pages, Text Publishing

„Twelve-year-old Iris has been sent to Spain on a mission: to make sure her elderly and unusual aunt, Ursula, leaves her fortune–and her sprawling estate–to Iris’s scheming parents. But from the moment Iris arrives at Bosque de Nubes, she realises something isn’t quite right. While outside, in the wild and untamed forest, a mysterious animal moves through the shadows.“

Iris and the Tiger

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14: SHOBHA RAO, „An unrestored Woman“

  • connected short stories from India and Pakistan: I dislike the (conventional) approach and characters – but I enjoyed the style
  • 256 pages, Flatiron Books

„1947: the Indian subcontinent is partitioned into two separate countries, India and Pakistan. And with one decree, countless lives are changed forever. An Unrestored Woman explores the fault lines in this mass displacement of humanity: a new mother is trapped on the wrong side of the border; a soldier finds the love of his life but is powerless to act on it; an ambitious servant seduces both master and mistress; a young prostitute quietly, inexorably plots revenge on the madam who holds her hostage. Caught in a world of shifting borders, Rao’s characters have reached their tipping points. In paired stories that hail from India and Pakistan to the United States, Italy, and England, we witness the ramifications of the violent uprooting of families, the price they pay over generations, and the uncanny relevance these stories have in our world today.“

An Unrestored Woman

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15: KEN LIO, „The Paper Menagerie and other Stories“

  • mainstream Sci-Fi and Fantasy for fans of Neil Gaiman
  • 450 pages, Saga Press

„Award-winning science fiction and fantasy tales.“

The Paper Menagerie and Other Stories

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16: KWEI QUARTEY, „Gold of our Fathers“

  • mainstream mystery series set in Ghana – seems smart, political and to-the-point
  • 368 pages, Soho Crime

„Darko Dawson has just been promoted to Chief Inspector in the Ghana Police Service—the promotion even comes with a (rather modest) salary bump. His new boss is transferring him from Accra, Ghana’s capital, out to remote Obuasi in the Ashanti region, an area now notorious for the illegal exploitation of its gold mines. The office is a mess of uncatalogued evidence and cold case files, morale is low. The body of a Chinese mine owner is unearthed in his own gold quarry.“

Gold of Our Fathers (Darko Dawson #4)

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17: DAWN TRIPP, „Georgia: A Novel of Georgia O’Keeffe“

  • historical fiction, character-driven and REALLY well-written
  • 336 pages, Random House

„A novel about American master painter Georgia O’Keeffe, her love story with photographer Alfred Stieglitz, and her quest to come of age as a woman. Passion, betrayal, and art. Georgia is a young woman, painting and teaching art in Texas, when she travels to New York to meet Alfred Stieglitz, the married gallery owner. She becomes his mistress and his muse. As their relationship develops, so does Georgia’s place in the art world, but she becomes trapped in her role as the subject of Stieglitz’s infamous nude photographs of her; the critics cannot envision her as her own being.“

Georgia: A Novel of Georgia O'Keeffe

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18: JULIE BUXBAUM, „Tell me three Things“

  • mainstream YA that seems darker, smarter and less conservative than the book cover/design
  • 336 pages, Delacorte Press

Everything about Jessie is wrong. That’s what it feels like during her first week at her new ultra-intimidating prep school. It’s been barely two years since her mother’s death, and because her father eloped with a woman he met online, Jessie has been forced to move across the country. Buxbaum mixes comedy and tragedy, love and loss in her debut YA novel filled with characters who will come to feel like friends.“

Tell Me Three Things

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19: KERI ARTHUR, „City of Light“

  • Urban Fantasy/YA dystopia, start of a trilogy: seems competent and professional
  • 304 pages, Piatkus Books

When the bombs that stopped the species war tore holes in the veil between this world and the next, they allowed entry to the Others—demons, wraiths, and death spirits. A hundred years later, humans and shifters alike live in artificially lit cities designed to keep the darkness at bay. As a déchet—a breed of humanoid super-soldiers—Tiger has spent her life in hiding. Then, she risks her life to save a little girl.“

City of Light (Outcast, #1)

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20: NATASHA FRIEND, „Where you’ll find me“

  • light and friendly YA novel, might be too soft/pedestrian
  • 272 pages, Farar, Straus and Giroux

„The first month of school, thirteen-year-old Anna Collette finds herself… dumped by her best friend, who suddenly wants to spend eighth grade “hanging out with different people.” Deserted by her mom, who’s in the hospital recovering from a suicide attempt. But with help from some unlikely sources, including a crazy girl-band talent show act, Anna just may find herself on the road to okay.“

Where You'll Find Me

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21: ANNA QUINDLEN, „Miller’s Valley“

  • mainstream literary fiction
  • 272 pages, Random House

„For generations the Millers have lived in Miller’s Valley. But as Mimi Miller eavesdrops on her parents and quietly observes the people around her, she discovers more and more about the toxicity of family secrets, the dangers of gossip, the flaws of marriage, the inequalities of friendship. Miller’s Valley reminds us that the place where you grew up can disappear, and the people in it too.“

Miller's Valley

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further lists and recommendations:

Empfehlungen: Feministische Science Fiction, Sci-Fi von Frauen

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Science-Fiction-Romane von Autorinnen – die ich las und empfehlen kann:

– Marlen Haushofer: „Die Wand“
– Fiona Maazel: „Last Last Chance“
– Teri Terry: „Slated“ / „Gelöscht“ (Band 1. Rest der Triolgie noch nicht gelesen.)
– Monika Maron: „Animal Triste“ (Deutsch; auch englische Übersetzung verfügbar.)
– Claudia Gray: „Star Wars: Lost Stars“ (mehr hier: überraschend gut!)
… und die Comic-Reihe „Ms. Marvel“ (G. Willow Wilson)
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The Hunger Games (The Hunger Games, #1)  Die Wand  The Giver (The Giver, #1)  Last Last Chance

Kindred  Slated (Slated, #1)  Animal Triste  Star Wars: Lost Stars (Star Wars: Journey to the Force Awakens)

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[nicht jede Sci-Fi-Autorin schreibt feministische Science Fiction; nicht jeder feministische Sci-Fi-Roman stammt von einer Frau. Doch diese acht Titel haben interessante Frauenfiguren und einen klugen Blick auf Geschlecht und Gesellschaft. Nicht auf meiner Liste: ein feministischer Sci-Fi-Klassiker – der mir zu grau/didakitsch war; Margaret Atwoods „Der Report der Magd“]
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40 Romane, vorgemerkt, angelesen… und sehr gemocht:
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[männlicher Autor, ganz neu:]
01: Lavie Tidhar, Central Station
  • April 2016, 240 Seiten
  • Armut, Cyberpunk und Kulturimperialismus in Tel Aviv

„A worldwide diaspora has left 250,000 people at the foot of a space station. Cultures collide in real life and virtual reality. When Boris Chong returns to Tel Aviv from Mars, much has changed. His ex-lover is raising a child who can tap into the datastream of a mind with the touch of a finger. His cousin is infatuated with a robotnik—a damaged cyborg soldier who might as well be begging for parts. And a [female] hunted data-vampire has followed Boris. Everything is connected by the Others. At Central Station, humans and machines continue to adapt, thrive… and even evolve.“ [Klappentext, gekürzt]

02: Nnedi Okorafor, „Binti“

  • 2015, 96 Seiten
  • Novelle der wichtigsten nigerianischen Sci-Fi-Autorin

„Binti is the first of the Himba people ever to be offered a place at Oomza University, the finest institution of higher learning in the galaxy – among strangers who do not share her ways or respect her customs. Knowledge comes at a cost, one that Binti is willing to pay.“ [Klappentext, gekürzt]

 

03: Clare O’Beara, „Dining Out Around the Solar System“

  • 2013, 1200 Seiten
  • 1200 Seiten? Die ersten wirkten flüssig, originell, klug, gut gelaunt.

„While exploring the other planets, we found that they were all inhabited. Now those people are coming to Earth and looking for work. They’re also opening ethnic restaurants in central London […while] Londoners are recruited to mine the asteroids. Two book reviewers and trainee journalists: Donal, an Irish lad, and Myron, a Cockney-Jamaican mix befriend the immigrants, while their investigative reporting lands them in trouble with wealthy organisations, criminals and the Home Office.“ [Klappentext, gekürzt]

 

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04: Octavia Butler: „Lilith’s Brood“ (Xenogenesis-Trilogie)

  • 1987, 746 Seiten
  • die wichtigste feministische SciFi-Autorin: das hier ist ihr Hauptwerk

„Lilith Iyapo is in the Andes, mourning the death of her family, when war destroys Earth. Centuries later, she is resurrected — by miraculously powerful unearthly beings, the Oankali. Driven by an irresistible need to heal others, the Oankali are rescuing our dying planet by merging genetically with mankind. But Lilith and all humanity must now share the world with uncanny, unimaginably alien creatures: their own children.“ [Klappentext]

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05: Octavia Butler: „Parable of the Sower“ (Band 1 der Earthseed-Reihe)

  • 1993, 345 Seiten
  • Postapokalyptisch… aber mir vielleicht zu spirituell/eso.

„When environmental and economic crises lead to social chaos, Lauren Olamina, a minister’s young daughter, loses her family and ventures out into the unprotected American landscape. What begins as a flight for survival soon leads to something more: a startling vision of human destiny… and the birth of a new faith.“ [Klappentext, leicht gekürzt]

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06: Ursula K. Le Guin: „The Dispossessed“

  • 1974, 387 Seiten
  • noch spiritueller, noch esoterischer: die Beschreibung reizt mich nicht – aber viele, viele Menschen lieben das sehr (und wünschen sich gute Verfilmungen)

„Shevek, a brilliant physicist, wants to tear down the walls of hatred that have isolated his planet of anarchists from the rest of the civilized universe. He must make the unprecedented journey to the utopian mother planet, Urras.“ [Klappentext, gekürzt; auch „The Word for World is Forest“ wirkt vielversprechend]

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07: James Tiptree, Jr.: „The Girl who was plugged in“

  • 1973, ca. 30 Seiten, auch online als .pdf zu finden
  • medien- und sexismuskritische Erzählung einer Autorin, die sich selbst hinter einem Männernamen verbarg

„In the future, almost everything is controlled by corporate interests. Despite advertising being illegal, corporations control consumers through the celebrities they set up, and product placement. Seventeen-year-old Philadelphia Burke is enlisted to become one of these celebrities.“ [Wikipedia-Zusammenfassung, gekürzt]

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08: Marge Piercy: „Woman at the Edge of Time“

  • 1976, 376 Seiten
  • Irrsinn oder Klarsicht: feministische Parabel über eine Frau, der niemand glaubt und zuhört.

„Connie Ramos, a woman in her mid-thirties, has been declared insane. But Connie is overwhelmingly sane, merely tuned to the future, and able to communicate with the year 2137. As her doctors persuade her to agree to an operation, Connie struggles to force herself to listen to the future and its lessons for today….“ [Klappentext]

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09: Dorothy Bryant: „The Kin of Ata are waiting for you“

  • 1971, 228 Seiten
  • Ich las die alte, vergriffene deutsche Ausgabe an und fand es kitschig, geschwätzig. Problem der Übersetzung? Oder Insel-/Stammes-/Fantasy-Kitsch?

„Part love story, part utopian fantasy, part spiritual fable: Into the world of the Ata comes a desperate man, running from a fast life of fame and fortune, drugs and crime. He is led by the kin of Ata on a spiritual journey.“ [Klappentext, gekürzt; Gerd Brantenbergs „Egalia’s Daughters“, angelesen und gemocht, geht in eine ähnliche Richtung]

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10: Margaret Atwood: „Oryx & Crake“ […vielleicht die komplette Trilogie]

  • 2003, 374 Seiten
  • postapokalyptisches Märchen. Ich finde Atwood oft zu didaktisch, trocken, von-oben-herab. Aber: tolle Kritiken, stilistisch toll, viele Fans.

„Snowman, known as Jimmy before mankind was overwhelmed by a plague, might be the last human after powerful corporations took mankind on an uncontrolled genetic engineering ride. He embarks on a journey–with the help of the green-eyed Children of Crake–through the lush wilderness that was so recently a great city.“ [Klappentext, gekürzt]

 

feministische sci-fi bove kavan mandel.

11: Emily St. John Mandel: „Station Eleven“ / „Das Licht der letzten Tage“

  • 2014, 336 Seiten
  • stiller, melancholischer Roman über Kunst (Wandertheater) und Alltag nach einer Seuche

„A nomadic group of actors roaming the scattered outposts of the Great Lakes region, risking everything for art and humanity: A terrible flu begins to spread. Fifteen years later, Kirsten is an actress with the Traveling Symphony. Written on their caravan, and tattooed on Kirsten’s arm is a line from Star Trek: „Because survival is insufficient.“ A suspenseful, elegiac novel – spanning decades, moving back and forth in time, and vividly depicting life before and after the pandemic.“ [Klappentext, gekürzt]

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12: Karin Boye: „Kallocain“

  • 1940, 224 Seiten
  • frühe Dystopie / Kritik an totalitären Folterstaaten

„This classic Swedish novel envisioned a future of drab terror. Seen through the eyes of idealistic scientist Leo Kall, Kallocain’s depiction of a totalitarian world state is a montage of what novelist Karin Boye had seen or sensed in 1930s Russia and Germany. Its central idea grew from the rumors of truth drugs that ensured the subservience of every citizen to the state.“ [Klappentext]

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13: Anna Kavan: „Ice“

  • 1967, 158 Seiten
  • kurzer, nihilistischer Endzeit-Roman

„In this haunting and surreal novel, two men search for a reclusive girl against a background of nuclear war, resulting in total destruction by walls of ice that overrun the world. With the narrator the reader is swept into a hallucinatory quest through the encroaching ice.“ [Klappentext]

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feministische sci-fi kate wilhelm delany tiptree

14: Kate Wilhelm: „Where Late the Sweet Birds Sang“

  • 1976, 251 Seiten
  • Wie kann man eine Zivilisation bewahren – technisch und kulturell?

„The spellbinding story of an isolated postapocalyptic community determined to preserve itself through a perilous experiment in cloning. Sweeping, dramatic, rich with humanity, and rigorous in its science, the novel is regarded as a high point of both humanistic & hard SF.“ [Klappentext, gekürzt]

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15: Julie Phillips: „James Tiptree, Jr.: The Double Life of Alice B. Sheldon“

  • 2006, 469 Seiten
  • Biografie einer der wichtigsten SciFi-Autorinnen

„James Tiptree, Jr. burst onto the science fiction scene in the 1970s with a series of hard-edged, provocative short stories. Hailed as a brilliant masculine writer with a deep sympathy for his female characters. For years he corresponded with Philip K. Dick, Harlan Ellison, Ursula Le Guin. Then the cover was blown on his alter ego: A sixty-one-year old woman named Alice Sheldon. As a child, she explored Africa with her mother. She was an artist, a chicken farmer, a World War II intelligence officer, a CIA agent, an experimental psychologist. Devoted to her second husband, she struggled with her feelings for women. In 1987, her suicide shocked friends and fans.“ [Klappentext, leicht gekürzt]

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16: Samuel R. Delany: „The Motion of Light in Water: Sex and Science Fiction Writing in the East Village“

  • 1988, 584 Seiten
  • Autobiografie des wichtigsten schwulen und schwarzen SciFi-Autors.

„Born in Harlem at the start of World War II, Samuel R. Delany married white poet Marilyn Hacker right out of high school. The interracial couple moved into the city’s new bohemian quarter, the Lower East Side, in summer 1961. Through the decade’s opening years, new art, new sexual practices, new music, and new political awareness burgeoned. A black gay writer in an open marriage.“ [Klappentext, gekürzt]

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17: Tanith Lee: „Sabella“

  • 1980, 157 Seiten
  • Hipster-/Pulp-Roman über eine feministische (?) Vampirin auf dem Mars

„DRACULA? A mere figment of superstition, a thing that could not exist. SABELLA? A very real person, who required the blood of young men to feed upon. Sabella was alive, sensual and dangerous. She lived on Nova Mars, and her very existence was a peril to the population of that world.“ [Klappentext, gekürzt]

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18: Tanith Lee: „The Silver Metal Lover“

  • 1981, 291 Seiten
  • Mädchen liebt Roboter: Ich mag keine Geschichten, die Kunstwesen idealisieren und die ewiggleichen „Bin ich ein echter Junge?“-Pinocchiofragen stellen – doch das hier wirkt kompetent geschrieben/erzählt.

„Sixteen-year-old Jane and her friends are children of the privileged class, living in luxury on an Earth remade by natural disaster. Until a chance encounter with a robot minstrel with auburn hair and silver skin. Jane is certain that Silver is more than just a machine built to please. So she escapes into the city’s violent, decaying slums to embrace a love bordering on madness.“ [Klappentext, gekürzt]

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19: Kate Elliott: „Jaran“

  • 1992, 496 Seiten
  • Im schlimmsten Fall ist das eine Fantasy-Liebesschmonzette mit Weltraum-Indianern. Doch die Leseprobe wirkte überraschend kompetent erzählt.

„Earth is just one of the planets ruled by the vast Chapalii empire. Tess Soerensen’s brother Charles rebelled against them at one time and was rewarded by being elevated into their interstellar system—yet there is reason to believe they murdered his and Tess’s parents. Tess sneaks aboard a shuttle bound for Rhui, one of her brother’s planets. On the ground, she joins up with the native jaran people, becoming immersed in their nomadic society and customs. As she grows ever closer to the charismatic jaran ruler, Ilya, Tess must choose between her feelings for him and her loyalty to her brother.“ [Klappentext, gekürzt]

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20: Anne McCaffrey: „The Rowan“

  • 1990, 336 Seiten
  • Frau ist begabt. Wird benutzt, eingeschüchtert, unter Druck gesetzt… und wächst über sich hinaus. Vielleicht zu parabelhaft/dick aufgetragen…?

„The kinetically gifted, trained in mind/machine gestalt, are the most valued citizens of the Nine Star League. Using mental powers alone, these few Prime Talents transport ships, cargo and people between Earth’s Moon, Mars‘ Demos and Jupiter’s Callisto. An orphaned young girl, simply called The Rowan, is discovered to have superior telepathic potential and is trained to become Prime Talent on Callisto. After years of self-sacrificing dedication to her position, The Rowan intercepts an urgent mental call from Jeff Raven, a young Prime Talent on distant Deneb. She convinces the other Primes to merge their powers with hers to help fight off an attack by invading aliens. Her growing relationship with Jeff gives her the courage to break her status-imposed isolation, and choose the more rewarding world of love and family.“ [Klappentext; auch McCaffreys „Freedom’s Landing“ will ich lesen.]

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21: Starhawk: „The Fifth Sacred Thing“

  • 1993, 698 Seiten
  • Schon beim Autorinnennamen-Namen höre ich Alarmglocken – doch ich glaube, das sind kalifornisch-softe, warmherzige Bücher über Zuhause, Kommunen, Weltverbesserung.

„Freedom and slavery, love and war, and the potential futures of humankind: A twenty-first century California clan caught between two clashing worlds – one based on tolerance, the other on repression.“ [Klappentext, gekürzt]

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22: Janet E. Morris: „The 40 Minute War“

  • 1980, 210 Seiten
  • Simpler (?), reißerischer Thriller mit sehr vielen Fans.

„After Washington, D.C. is vaporized by a nuclear surface blast, Marc Beck of the American foreign service wants to fly two batches of anticancer serum from Israel to the Houston White House. Beck must deal with one cliffhanger after another. This novel shocks us with a sudden, satisfying ending.“ [Klappentext/Zitat von Publisher’s Weekly, gekürzt]

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23: Nancy Kress: „Beggars in Spain“

  • 1993, 400 Seiten
  • Das für mich interessanteste Konzept hier auf der Liste.

„Leisha Camden was genetically modified at birth to require no sleep, and her normal twin Alice is the control. Problems and envy between the sisters mirror those in the larger world, as society struggles to adjust to a growing pool of people who not only have 30 percent more time to work and study than normal humans, but are also highly intelligent and in perfect health. The Sleepless gradually outgrow their welcome on Earth, and their children escape to an orbiting space station to set up their own society. But Leisha and a few others remain behind, preaching acceptance for all humans.“ [Klappentext, gekürzt]

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24: Joan Slonczewski: „A Door Into Ocean“

  • 1986, 403 Seiten
  • Schwergewicht/Klassiker, auf jeden Fall einen längeren Blick wert.

„A ground-breaking work both of feminist SF and of world-building hard SF, it concerns the Sharers of Shora, a nation of women on a distant moon in the far future who are pacifists, highly advanced in biological sciences, and who reproduce by parthenogenesis–there are no males–and tells of the conflicts that erupt when a neighboring civilization decides to develop their ocean world, and send in an army.“ [Klappentext]

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25: Maureeen F. McHugh: „China Mountain Zhang“

  • 1992, 313 Seiten
  • Cyberpunk-Favorit aus den 90ern. Vielleicht zu… barock/überfrachtet?

„We enter a postrevolution America, moving from the hyperurbanized eastern seaboard to the Arctic bleakness of Baffin Island; from the new Imperial City to an agricultural commune on Mars. The overlapping lives of cyberkite fliers, lonely colonists, illicit neural-pressball players, and organic engineers blend into a powerful, taut story of a young man’s journey of discovery. This is a macroscopic world of microscopic intensity“ [Klappentext, gekürzt]

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26: Connie Willis: „Bellwether“

  • 1996, 248 Seiten
  • Sehr geschätzte, bewunderte Autorin. Ich habe auf DIESES Buch von ihr die meiste Lust – weil ich auf Schwung/Leichtigkeit hoffe… und kluge Kapitalismuskritik.

„Sandra Foster studies fads and their meanings for the HiTek corporation. Bennet O’Reilly works with monkey group behavior and chaos theory for the same company. When the two are thrust together due to a misdelivered package and a run of seemingly bad luck, they find a joint project in a flock of sheep. Pop culture, chaos theory and matters of the heart collide in this unique novella.“ [Klappentext, gekürzt]

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27: Young Adult: Joelle Charbonneau, „The Testing“

  • 2013, 325 Seiten
  • Standard-Cover, Standard-Plot… doch die ersten Seiten wirkten wie ein perfektes Buch für Menschen, die von „Allegiant“ usw. enttäuscht waren.

„The Seven Stages War left much of the planet a charred wasteland. The future belongs to the next generation’s chosen few who must rebuild it. But to enter this elite group, candidates must first pass The Testing—their one chance at a college education and a rewarding career. Cia Vale is honored to be chosen as a Testing candidate. Can she trust Tomas, her handsome childhood friend who offers an alliance? To survive, Cia must choose: love without truth or life without trust.“ [Klappentext, gekürzt]

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28: Young Adult: Anne Tibbets, „Carrier“

  • 2014, 236 Seiten
  • Young Adult? New Adult? Eine erwachsene Hauptfigur mit Kindern, verliebt in einen Rebellen: Im schlimmsten Fall ist das (nur) postapokalyptische Romance. Trotzdem: gute Leseprobe.

„Twenty-two -year-old Naya has spent nearly half her life as a sex slave in a government institution called The Line. When she’s kicked out after getting pregnant with twins, she’s got no way to earn a living and a horrifying choice to make: find someone to replace her, or have her babies taken in her stead.“ [Klappentext, gekürzt]

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29: Young Adult: J.A. McLachlan, „The occassional Diamond Thief“

  • 2014, 250 Seiten
  • nicht-weiße Hauptfigur, schöne Figurendynamik, Respekt vor anderen Planeten/Kulturen: Das kann gut werden – falls es nicht zu belehrend erzählt.

„On his deathbed, Kia’s father discloses a secret: a magnificent diamond from the distant colonized planet of Malem, where her father caught the illness that eventually killed him. While training to be a translator, Kia is co-opted into travelling to Malem. Using her skill in languages and the skill of picking locks, she wants to return the diamond to its original owner. Kia is quirky, with an ironic sense of humour and a loner. Her sidekick, Agatha, is hopeless in languages and naive to the point of idiocy in Kia’s opinion, but possesses the wisdom and compassion Kia needs.“ [Klappentext, gekürzt]

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30: Young Adult: Wendy S. Russo, „January Black“

  • 2013, 336 Seiten
  • Philosophische Fantasy? Ein gesellschaftskritischer Bildungsroman? Eine Märchen-Parabel? Lauter Versatzstücke, die mich oft abstoßen. Trotzdem: vorsichtig optimistisch.

„Sixteen-year-old genius Matty Ducayn is the son of The Hill’s commandant. To prove his worth to society, Matty wrestles with the king’s word games and meets Iris Locke, a street smart gardener, along the way. Matty finds himself on collision course with a deadly law, one he will have to break to answer the king’s question. Was Hadrian challenging him, or teaching him a lesson?“ [Klappentext, gekürzt]

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31: Young Adult: Julie Mayhew, „The Big Lie“

  • 2015, 384 Seiten
  • letztes Jahr angelesen und sehr gemocht: Ich hoffe, das kommt nach Deutschland.

„Contemporary Nazi England: Jessika Keller obeys her father and does her best to impress Herr Fisher at the Bund Deutscher Mädel meetings. Her neighbour Clementine is outspoken and radical. And the regime has noticed. Jess cannot keep both her perfect life and her dearest friend. But which can she live without?“ [Klappentext, gekürzt]

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32: Kinderbuch/Middle-Grade-Novel: Margaret Haddix Peterson, „Among the Hidden“

  • 1998, 153 Seiten
  • siebenbändige Kinder-Thrillerreihe, die auch oft im (deutschen) Englisch-Unterricht als Lektüre benutzt wird; wahrscheinlich recht konventionell.

„Luke has never been to school. He’s never had a birthday party, or gone to a friend’s house for an overnight. In fact, Luke has never had a friend. Luke is one of the shadow children, a third child forbidden by the Population Police. He’s lived his entire life in hiding, and now, with a new housing development replacing the woods next to his family’s farm, he is no longer even allowed to go outside. Then, one day Luke sees a girl’s face in the window of a house where he knows two other children already live. Finally, he’s met a shadow child like himself. Jen is willing to risk everything to come out of the shadows — does Luke dare to become involved in her dangerous plan?“ [Klappentext, leicht gekürzt]

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33: Kinderbuch/Middle-Grade-Novel: Diana Wynne Jones, „Howl’s Moving Castle“

  • 1986, 336 Seiten
  • Verfilmung gesehen – und nicht gemocht. Doch alle sagen, das Buch ist tiefer, klüger, komplexer. Zählt das als Science Fiction? Steampunk auf jeden Fall!

„When she unwittingly attracts the ire of the Witch of the Waste, Sophie finds herself under a horrid spell that transforms her into an old lady. Her only chance at breaking it lies in the ever-moving castle in the hills: the Wizard Howl’s castle. To untangle the enchantment, Sophie must handle the heartless Howl, strike a bargain with a fire demon, and meet the Witch of the Waste head-on.“ [Klappentext, gekürzt; auch Madeleines L’Engles Zeitreise-Märchen (?) „A Wrinkle in Time“ ist wohl einen Blick wert.]

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34: Kinderbuch/Middle-Grade-Novel: Monica Tesler, „Bounders“

  • 2016, 384 Seiten
  • souverändes Kinder-Abenteuer, grade erschienen

„Thirteen years ago, Earth Force—a space-military agency—discovered a connection between brain structure and space travel. Now they’ve brought together the first team of cadets, called Bounders, to be trained as high-level astronauts. But then Jasper and his new friends learn that they were brought to space to learn a new, highly classified brain-sync technology that allows them to manipulate matter and quantum bound, or teleport. A new technology that was actually stolen from an alien society. When Jasper and his friends discover the truth, they must choose: rebel against the academy that brought them together, or fulfill their duty and protect the planet at all costs.“ [Klappentext, gekürzt]

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35: Kinderbuch/Middle-Grade-Novel: Helen Mary Hoover, „This Time of Darkness“

  • 1980, 160 Seiten
  • Dystopien-Klassiker, sehr gut geschrieben – trotz der cheesy Buchcover

„Eleven-year-old Amy lives in a decaying underground city. Ignored by her mother and under surveillance by authorities because she can read, Amy reluctantly finds herself befriending Axel, a strange boy who claims to have come from a mythical place called Outside.“ [Klappentext]

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36: Kinderbuch/Middle-Grade-Novel: Frances Hardinge, „A Face Like Glass“

  • 2012, 496 Seiten
  • Komplexes (?) dystopisches Märchen über Identität, das mich an eins meiner Lieblingsbücher erinnert – Haruki Murakamis „Hard-boiled Wonderland and the End of the World“

„In the underground city of Caverna the world’s most skilled craftsmen create wines that can remove memories and perfumes that convince you to trust the wearer even as they slit your throat. Their faces are as blank as untouched snow. Expressions must be learned. Only the famous Facesmiths can teach a person to show (or fake) joy, despair or fear — at a price. Into this dark and distrustful world comes Neverfell, a little girl with no memory of her past and a face so terrifying to those around her that she must wear a mask at all times. For Neverfell’s emotions are as obvious on her face as those of the most skilled Facesmiths, though entirely genuine. And that makes her very dangerous indeed…“ [Klappentext, gekürzt]

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feministische comicreihen - bitch planet, monstress, finder, science fiction.png

37: Graphic-Novel-Reihe: Kelly Sue DeConnick, „Bitch Planet“

  • neue Comic-Heftreihe, der erste Sammelband erschien im Oktober 2015
  • Die beliebte Autorin des (ziemlich mauen) „Captain Marvel“-Comics erzählt eine 70er-Jahre-Exploitation-Space-Opera über einen Weltraum-Knast voller Frauen. Tolle Zeichnungen.

„In a future just a few years down the road in the wrong direction, a woman’s failure to comply with her patriarchal overlords will result in exile to the meanest penal planet in the galaxy. When the newest crop of fresh femmes arrive, can they work together to stay alive or will hidden agendas, crooked guards, and the deadliest sport on (or off!) Earth take them to their maker?“ [Klappentext]

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38: Graphic-Novel-Reihe: Marjorie Liu, „Monstress“

  • neue Comic-Heftreihe, der erste Sammelband erscheint im Juli 2016
  • Gefällige, aber etwas harmlose Zeichnungen; interessante Figuren – ich hoffe, das wird erfolgreich genug, um drei, vier Jahre lang eine Fantasy-Welt gut zu gestalten und auszubauen.

„Set in an alternate matriarchal 1900’s Asia, in a richly imagined world of art deco-inflected steampunk, MONSTRESS tells the story of a teenage girl who is struggling to survive the trauma of war, and who shares a mysterious psychic link with a monster of tremendous power, a connection that will transform them both.“ [Klappentext]

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39: Graphic-Novel-Reihe: Carla Speed McNeal, „Finder“

  • seit 1999, bisher 10 Bände
  • Die Zusammenfassungen lesen sich wie „Mad Max“, doch es geht furchtbar viel um Familie, junge Mädchen, Liebe für Büchern, rührselige Erlebnisse auf dem Wüsten-Wochenmarkt usw.

„Finder details the life of Jaeger, aboriginal detective, a scout and tracker of powerful loyalties but few allegiances.“ [Klappentext, gekürzt; ich las Band 4 und fand es zu kindlich/kitschig.]

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(40:) Eine feministische, von einem Mann verfasste Comicreihe, die ich sehr mag: Greg Ruckas „Lazarus“
twitter lazarus
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Von Männern verfasste, gesellschaftskritische Sci-Fi, die vielleicht einen Blick wert ist:

…und vielleicht Joe Haldemans (Mainstream-Space-Opera) „The Forever War“.

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Stand on Zanzibar  The Palace of Dreams  Amalthea  Above All Men  The Song of the Earth

Black Hole  The Captive Mind  Roadside Picnic  The City & the City  Ypsilon minus (Phantastische Bibliothek Band 3)

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Titel, die mir bei der Recherche auffielen – doch in die ich noch länger schauen muss:
 …große Empfehlung: die Buchcover-Fotos (und Roman-Kurzvorstellungen) von unsubscribedblog.wordpress.com
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Literaturfestival Sprachsalz, Pforzheim: Die Bücher

Sprachsalz Literaturfestival Pforzheim, Lesung Patricia Smith, Foto von Denis Mörgenthaler

das Sprachsalz-Literaturfestival im Parkhotel Pforzheim: Lyrikerin Patricia Smith (links), Foto von Denis Mörgenthaler

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Bis Sonntag bin ich Liveblogger beim Literaturfestival Sprachsalz in Pforzheim.

Ein Festival aus Hall (Tirol), das 2016 zum ersten Mal einen deutschen Ableger erhält: drei Tage Lesungen, über 20 internationale Autorinnen und Autoren. Ich schreibe seit 2005 gelegentlich für (Literatur- und Theater-) Festivalzeitungen, seit 2012 werde ich als Liveblogger eingeladen, u.a. zum Open Mike 2012 (Literaturwerkstatt Berlin) und zu den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig (Deutschlandradio Kultur).

Für Sprachsalz führe ich Interviews, blogge kurze Berichte zu den Lesungen – und längere Features und Essays.

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Am ersten Festivaltag erschienen, von mir:

Längere Interviews mit u.a. Safiye Can schon geführt, doch noch nicht online.

Heute hier im Blog (…und, sobald es von allen Autor*innen auch gute Lesungs-Fotos gibt, auch drüben, auf der Sprachsalz-Festival-Website):

8 Bücher, die ich beim/fürs Festival entdeckte – und bald lesen will

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JOHN BURNSIDE, „Waking up in Toytown. A Memoir.“

  • 262 Seiten, kein deutscher Verlag
  • Original: UK 2010
  • die Fortsetzung von „Lügen über meinen Vater“: Burnside als trockener Alkoholiker beim Versuch, im Leben auf die Beine zu kommen. Das Thema „Wie baue ich mir ein eigenes, erwachsenes Leben?“ interessiert mich mehr als Burnsides Kindheits-/Vater-Buch.

„In the early 80s, after a decade of drug abuse and borderline mental illness, a man runs away to the suburbs, to live what he hopes will be a normal life. He resolves to ‘disappear into the banal’. The suburbs, though, are not quite as normal as he had imagined and, as he relapses into chaos, he encounters a homicidal office worker who is obsessed with Alfred Hitchcock and Petula Clark, an old lover, with whom he reprises a troubled, masochistic relationship and, finally, all his private phantoms – as he drifts further and further into unreality.“ [Klappentext, gekürzt]

Waking Up in Toytown

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VIV ALBERTINE, “A typical Girl” [der US-Titel, Clothes, Clothes, Clothes. Music, Music, Music. Boys, Boys, Boys. ist unendlich viel besser!]

  • 480 Seiten, Suhrkamp 2016
  • Original: UK 2014, Deutsch von Conny Lösch
  • Musiker-Biografien sind mir oft zu verquast. Zu Punk und 70er-/80er-Subkulturen fehlt mir der Bezug. Trotzdem: Ich las die ersten Seiten der Originalversion – und habe große Lust, dieser Frau zuzuhören!

“London, Mitte der Siebziger. In der revolutionären Ursuppe des Punk scheint alles möglich. Aber gilt das auch für Frauen? Gibt es außer Groupie, Elfe oder Rockröhre noch andere Rollen? Viv Albertine wurde zum Riot Girl, lange bevor es diesen Ausdruck gab.” [Klappentext, gekürzt]

A Typical Girl: Ein Memoir

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YANNICK HAENEL, „Das Schweigen des Jan Karski“

“Zweimal wurde Jan Karski, Kurier des polnischen Widerstands, ins Warschauer Ghetto eingeschleust. Anschließend sollte er der Welt kundtun, was er über die Judenvernichtung wusste. Er berichtete vom Terrorregiment der deutschen Besatzer. Doch in England und Amerika mochte niemand seine Botschaft hören. Warum nicht? Diese quälende Frage verfolgte Jan Karski sein ganzes Leben lang. Und sie ließ ihn nach dem Krieg verstummen. Yannick Haenel gibt Karski nun eine fiktive eigene Stimme. Eine Stimme, die berührt – und die nicht ungehört geblieben ist.” [Klappentext]

Das Schweigen des Jan Karski

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JÓN GNARR, „Indianer und Pirat: Kindheit eines begabten Störenfrieds“

  • 220 Seiten, Klett-Cotta 2015.
  • Original: Island 2006 [Teil „Indianer“] und 2012 [Teil „Pirat“], Deutsch von Betty Wahl und Tina Flecken
  • souveräne, aber vielleicht zu drollig-humoristische Memoir voller Island- und 80er-Jahre-Klischees… die mich aber stilistisch sehr überzeugt. Ich glaube, das ist ein kluges, entspanntes Wohlfühl-Buch über eine Anarcho-Jugend.

“Im ersten Teil seiner Autobiographie schildert Jón Gnarr eine Kindheit im Ausnahmezustand: seine Probleme mit dem Schulsystem, das schwierige Verhältnis zu den überforderten Eltern und die aufkeimende Liebe für die Ideen des Anarchismus. Gnarr erzählt von seiner schwierigen Kindheit und macht damit Eltern und Jugendlichen Mut. Denn auch ohne Schulabschluss kann man auf dem Bürgermeistersessel einer Hauptstadt landen.” [Klappentext, gekürzt, Zur ‚Sprachsalz‘-Lesung Gnarrs habe ich hier geschrieben.]

Indianer und Pirat: Kindheit eines begabten Störenfrieds

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PATRICIA SMITH, „Teahouse of the Almighty“

  • 91 Seiten, keine deutsche Übersetzung
  • USA 2006
  • Smiths Gedichte sind sehr narrativ, dicht, manchmal fast journalistisch. Manchmal ist mir das zu didaktisch, belehrend oder gestellt. Doch die Leseproben aus „Teahouse of the Almighty“ waren sehr stark – und live, im Vortrag, wird alles nochmal SO viel besser, strahlender: Bisher ist Patricia Smith meine größte ‚Sprachsalz‘-Entdeckung. Unbedingt Auftritte ansehen/-hören!

“Patricia Smith has taken the stage as this nation’s premier performance poet. Featured in the film Slamnation and on the HBO series Def Poetry Jam, Smith is back with her first book in over a decade—a National Poetry Series winner weaving passionate, bluesy narratives into an empowering, finely tuned cele-bration of poetry’s liberating power.“ [Klappentext, gekürzt; zur ‚Sprachsalz‘-Lesung Smiths habe ich hier geschrieben.]

Teahouse of the Almighty

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TAKASHI HIRAIDE, „For the Fighting Spirit of the Wallnut“

  • 144 Seiten, keine deutsche Übersetzung
  • US-Übersetzung 2008, japanisches Original ebenfalls 2008
  • Hiraides Katzen-Kurzroman „Der Gast im Garten“ nervt und enttäuscht mich: Kein unsympathisches Buch – doch ich verstehe nicht, warum in Deutschland oft die naivsten, schlichtesten, pastelligsten und harmlosesten Texte aus Japan besonders gefeiert werden (Murakamis „Gefährliche Geliebte“; die oft sehr kitschigen Comics von Jiro Tanizaki: je flacher, desto beliebter in Deutschland?). „For the Fighting Spirit of the Wallnut“ ist eine kluge, verrätselte, mitreißende Textcollage – sperrig, komplex, und ein schönes, wichtiges Gegengewicht zum Katzen-Kuschelbuch. Mehr hiervon, bitte!

„An utterly original book-length poem unfold — a mix of narrative, autobiography, minute scientific observations, poetics, rhetorical experiments, hyper-realistic images, and playful linguistic subversions — all scored with the precision of a mathematical-musical structure. The radiant subway. The wall that clears up, endless. A thundering prayer of steel that fastens together the days, a brush of cloud hanging upon it, O beginning, it is there—your nest.“ [Klappentext, gekürzt]

For the Fighting Spirit of the Walnut

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JOACHIM ZELTER, „Die Schule der Arbeitslosen“

  • 208 Seiten, Deutschland 2006.
  • erschienen bei Klöpfer & Meyer.
  • Satire/Dystopie über die marktliberale, hyperkapitalistische „Strengt euch doch an!“-Volkserziehung, mit der die Wirtschaft oft über Arbeitslose spricht: könnte etwas schlicht/durchschaubar sein – doch die ersten Seiten machten mir Spaß, und Zelters Sätze, Pointen und Effekte sitzen. Das Buch ist zehn Jahre alt: Ich hoffe, es hat trotzdem noch Visionen/Biss!

„Deutschland, in naher Zukunft: Eine Gruppe Reisender fährt einer neuartigen, überaus angepriesenen Fortbildung für Arbeitslose entgegen: das Trainingslager »Sphericon«. Der Bus trägt das Logo der Bundesagentur und den Slogan »Deutschland bewegt sich«. Ihr Essen erhalten sie aus Automaten, in Menge und Qualität gestaffelt nach den Leistungen der Vorwoche. Und dann gibt es noch die Stelle eines »Sphericon«-Trainers, um die sich die Teilnehmer bewerben sollen. Mit allen Mitteln.“ [Klappentext, gekürzt. Zur ‚Sprachsalz‘-Lesung Zelters habe ich hier geschrieben.]

Schule der Arbeitslosen: Ein Roman

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CLAIRE KEEGAN, „Das dritte Licht“

  • 96 Seiten, Steidl Verlag 2013.
  • Original: Irland 2010, Deutsch von Hans-Christian Oeser
  • Der Klappentext ließ mich Armuts- und Heimatkitsch vermuten – doch als ich die deutsche Ausgabe anlese, weiß ich: Das wird toll. Ich will das lesen! Erst später merke ich, dass ich das irische Original schon vor Jahren angelesen habe – und damals als „furchtbar!“ aussortierte. Es liegt am Erzählton: Auf Deutsch routiniert-klar-literarisch. Auf Englisch bäuerlicher, kindlicher, rustikal-gefühlvoller. Falls ich das Buch lese, brauche ich den deutschen, kühleren Ton.

„Eine kleine, große Geschichte darüber, was ein Kind zum Leben braucht: An einem heißen Sommertag, gleich nach der Frühmesse, liefert ein Vater seine kleine Tochter bei entfernten Verwandten auf einer Farm im tiefsten Wexford ab. Seine Frau ist schon wieder schwanger, noch ein Maul wird zu stopfen sein. Sollen die kinderlosen Kinsellas die Kleine also ruhig so lange dabehalten, wie sie wollen… Hier gibt es einen Brunnen, der nie austrocknet, Milch und Rhabarber und Zuwendung im Überfluss. Hier gibt es aber auch ein trauriges Geheimnis, das einen Schatten auf die leuchtend leichten Tage wirft.“ [Klappentext, gekürzt]

Das dritte Licht

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…auch auf eines neues Buch von Christoph Simon bin ich gespannt: Ich mochte seine Textsammlung „Viel Gutes zum kleinen Preis“ (2011, Foto unten) – und warte auf etwas Längeres, Neues.

Sprachsalz Literatufestival Pforzheim Christoph Simon

fast 50 weitere Bücher der Sprachsalz-Autor*innen habe ich bei Goodreads gelistet: Link

das vollständige Festivalprogramm – alle Lesungen sind gratis: Link