Homophobie

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Homophobie

Von Stephan Wehowsky, 22.05.2015

Dieses Wort ist zur ideologischen Waffe geworden.

Sie dient dazu, jedweden Vorbehalt gegen die Lebensform der Homosexuellen als pathologisch zu diskreditieren. Die angebliche Homophobie wird dabei immer wieder mit der Xenophobie in Verbindung gebracht, also der Angst vor den Fremden, die in Hass umschlagen kann. Xenophob sind natürlich nur Dumpfbacken, die entsprechend dämlich wählen.

Dass Diskriminierung und Hass abzulehnen sind, versteht sich von selbst. Wenn es so etwas wie gesellschaftlichen Fortschritt gibt, dann besteht er in der Ablehnung von Diskriminierung – gegen wen auch immer sie sich richtet.

Zur ideologischen Waffe aber ist das Wort Homophobie dadurch geworden, dass jeder Vorbehalt gegen gleichgeschlechtliche Lebensformen als „homophob“ abqualifiziert wird. Wenn jemand zu erkennen gibt, dass er homosexuelle Partnerschaften zwar toleriert, aber nicht als Vorbild bejubelt und sie für ihn selbst nicht infrage kommen, ist er „homophob“. Das Wort „Phobie“ attestiert ihm eine Pathologie. Denn Phobien sind Ängste, die zu überwinden sind: Es gibt unter anderem die Agoraphobie, die Platzangst, die Bathophobie, die Höhenangst, die Cynophobie, die Angst vor Hunden, die Noctiophobie, die Angst vor der Nacht, die Ophiophobie, die Angst vor Schlangen, oder die Vaccinophobie, die Angst vor dem Impfen. Menschen, die solche und andere Phobien haben, sind beeinträchtigt. Ihnen sollte nach Möglichkeit geholfen werden.

Wer aber seine eigene heterosexuelle Orientierung nicht durch eine homosexuelle ersetzen möchte, ist kein pathologischer Fall. Er hat keine Phobie. Ihm muss nicht geholfen werden. Er trifft für sich eine Wahl, die mit Zuneigungen und Abneigungen zu tun hat. Wenn einer keine Pilze mag, keine Lust zum Golfspielen hat oder seine Zeit nicht vor dem Fernseher verbringen will, wird man ihm auch nicht gleich Mycophobie, die Angst vor Pilzen, Heliophobie, die Angst vor der Sonne, oder Radiophobie, Strahlenangst, nachsagen. Und wenn ein Schweizer sich nicht als Franzose fühlt, hat er auch keine Francophobie.

Der Gebrauch des Begriffs Homophobie illustriert, wie aus einer einstmals zu Unrecht verfolgten Minderheit eine Bewegung werden kann, die ihre Lebensform zum neuen Leitbild machen will. Da schlägt ein Pendel zurück. Schade.

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Ihre Überlegungen bringen die Sache sehr treffend auf den Punkt - ich fühle mich bereits wieder etwas weniger krank. Die Proteste der Schwulen Bewegung hatten ursprünglich ihre guten Gründe, aber die jetzt immer aggressivere, hochfliegende Art des Lobbying könnte sich längerfristig als äusserst kontraproduktiv erweisen.

Genau, Phobie ist Angst. Beispielsweise Islamophobie, Angst vor dem Islam. Allein, die Muslime verstehen diesen Begriff genau umgekehrt, eigenartig. Vielleicht, weil sie kein Griechisch können?

Guter Artikel, Herr Wehowsky! Mir ist auch schon aufgefallen, dass die Bezeichnung Homophobie vermehrt verwendet wird. Es ist immer das Gleiche: Eine Lebensform wird zur Alleinseligmachenden verklärt. Es ist auch ein Zeichen dafür, dass die Toleranz etwa so glaubwürdig gelebt wird, wie eine solidarische und gerechte Verteilung im real existierenden Kapitalismus. Einerseits geben sich westliche Gesellschaften ständig liberal, wertefrei, weltoffen, tolerant etc. Und andrerseits ist im Leben selber, im Alltag, immer weniger davon zu spüren. Wer sich nicht den gängigen Lebens- und Konsumgewohnheiten unterwirft, ist ein Aussenseiter, der in einer durchgehend standardisierten Welt keinen Platz mehr findet. Aufgrund einer diktatorischen, globalen Werteordnung entstehen immer mehr Gruppierungen, die dann ihrerseits wieder diktatorische Züge aufweisen. Dies ist erst der Anfang. Je mehr die Welt den Bach runter geht, umso häufiger werden Interessenvertreter jeglicher Couleur ihre Heilslehren verkünden und sich als die Welterretter aufspielen.

Mir scheint, bei diesem Thema gibt es einige Begriffsverwirrungen, die man erst einmal auflösen sollte.

Nehmen wir mal an, ich mag keine Quitten, lasse aber Quitten einfach Quitten sein. Nein, ich bin deswegen nicht quittophob. Und nehmen wir des weiteren an, ich sei gegen die Subventionierung von Quittenbäumen, weil ich die staatliche Förderung von Obstbau für falsch halte. Nein, ich bin immer noch nicht quittophob (ich bin ja genau so gegen die Subventionierung von Apfelbäumen, obwohl ich Äpfel sehr mag).
Nehmen wir zum Schluss an, ich würde mich die ganze Zeit beschweren, wie die Quittenlobby mich zum Quittenessen zu bekehren versucht, mich als Quittenhasser abstempelt und Äpfel bald gar nichts mehr gelten (obwohl in Wirklichkeit die Quittenlobby nichts anderes tut, als sich für Quitten einzusetzen, genauso wie sich die Apfellobby für Äpfel einsetzt). Nun, das wäre jetzt allerdings ein Anzeichen, dass ich doch ein ziemlich neurotischer Quittophober bin.

Elegant suggestiv. Ihre Wahrnehmung des kollektiven Gegenübers (Apfellobby) in eine fiktive Figur zusammenfassen gibt eine schöne Spielwiese für Projektionen, und wenn Sie sie «ich» nennen, können Sie Ihr die in ihrem Erleben negativen Attribute des kollektiven Gegenübers sogar ganz ungeschoren attestieren. Womöglich setzt der Leser am Schluss Ihre Kunstfigur namens «ich» mit dem Autoren des obigen Textes gleich, obwohl der sich mitnichten «die ganze Zeit beschwert» hat, sondern lediglich einen Artikel schreibt. Als Achillesferse ihres Posts erscheint mir der Begriff «Wirklichkeit» («obwohl in Wirklichkeit die Quittenlobby nichts anderes tut als»). Weil «die Wirklichkeit» eben jeder anders erlebt, Paul Watzlawick lässt grüssen. Aber vielleicht interpretiere ich Ihren Post ja «in Wirklichkeit» auch falsch.

"Zur ideologischen Waffe aber ist das Wort Homophobie dadurch geworden, dass jeder Vorbehalt gegen gleichgeschlechtliche Lebensformen als „homophob“ abqualifiziert wird. Wenn jemand zu erkennen gibt, dass er homosexuelle Partnerschaften zwar toleriert, aber nicht als Vorbild bejubelt und sie für ihn selbst nicht infrage kommen, ist er „homophob“. Das Wort „Phobie“ attestiert ihm eine Pathologie. (...) Wer aber seine eigene heterosexuelle Orientierung nicht durch eine homosexuelle ersetzen möchte, ist kein pathologischer Fall. Er hat keine Phobie. Ihm muss nicht geholfen werden."
Jetzt müssen Sie aber noch die zahlreichen und repräsentativen Belege für Ihre unterstellte Behauptung liefern, Herr Wehowsky, sonst laufen Sie nämlich Gefahr, dass wir Ihre Argumentation – als homophob? sagen wir: unseriös – durchschauen.
I. H.

Gewisse Kreise, selbsternannter Autoritäten, versuchen die Sexualität in ein Minenfeld zu verwandeln!
Die Spanier mordeten damals in Südamerika mit einer Lüge im Gepäck, jener ihres liebenden Gottes. Die Sexualität zu verteufeln bedeutet heutzutage jedoch erneute Gotteslästerung! Ehrlich, dazu braucht es auch keine Werbung und keine Lobby. Auch keine die durch eigene Ängste und Unsicherheit angetrieben, plötzlich Minderheiten zu vermarkten gedenkt. Bei beidseitigem Einverständnis ist Sexualität sowieso unantastbar, ein Menschenrecht. Kuscheltrieb, Sinnlichkeit und Sexualität sind gottgewollte Triebbedürfnisse und sollten individuell ausgelebt werden können. Wer zu diesem Thema nichts schreibt und trotz Wut keinen Kommentar verfasst, hat Angst, hat bereits eine Phobie. Warum? Weil er oder sie es schon nicht mehr wagen eines der scheinbar Wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Thema unserer Gesellschaft anzusprechen….cathari

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