„Populistischer Wind nun auch in Bern“

Heiner Hug's picture

„Populistischer Wind nun auch in Bern“

Von Heiner Hug, Rom - 21.07.2018

Die EU hat zu viel Macht und droht auseinanderzubrechen. Sagt Ignazio Cassis.

„Die traditionellen Parteien sind an ihrer Überheblichkeit erkrankt und haben die Stimmung der Bürger nicht erkannt.“

„Das Schönste ist es, Herr im eigenen Haus zu sein.“

„Die Asylanten? 140 Tage, um sie zu beurteilen. Erfüllen sie die Aufnahmebedingungen nicht, kehren sie in ihre Heimatländer zurück.“

„Wer sagt das?“, fragt die bürgerliche Mailänder Zeitung Corriere della sera am Samstag. Der rechtsnationalistische italienische Lega-Chef und Innenminister Matteo Salvini?

Nein, der Tessiner Bundesrat und Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis. Der Corriere bezeichnet ihn als einen der sieben „Weisen“ in der schweizerischen Regierung.

Mit ihm, so der Corriere, „weht der populistische, souveränistische und identitäre Wind, der von Osten her kommt, nun auch in Bern“.

In einem am Samstag vom Corriere veröffentlichten Interview sagt Cassis: „Wir sind ein kleines Volk mit verschiedenen Sprachen, Religionen und Kulturen – vereint im Willen, Herren im eigenen Haus zu sein.“

Auf die Frage, ob sich die Schweiz nach einem Brexit weniger einsam in Europa fühlte, erklärte der freisinnige Aussenminister, Grossbritannien strebe eine Scheidung mit Europa an, die Schweiz jedoch wolle ein Konkubinat mit Europa. „Wir wissen, wenn unsere Nachbarn eine Erkältung haben, bekommen wir die Grippe.“

Es stimme nicht, dass die Schweiz wenig für das vereinte Europa tue. „Wir haben für die anderen europäischen Länder einen Eisenbahntunnel und Gratis-Autobahnen gebaut. Wir beherbergen 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger aus der EU und geben 230’000 Grenzgängern Arbeit. Das nur einige Beispiele.“

Die Schweiz halte sich an die Aussage von Niklaus von der Flüe, erklärt Cassis: „Verfolgt eure Interessen in eurem eigenen Haus und lässt die andern machen.“ *)

Die Europäische Kommission sei eine sehr starke Macht, sagt Cassis in dem Interview. Für die Schweiz wäre ein Beitritt zur EU „ein Schock“. „In Anbetracht des Klimas, das in den letzten Jahren auf unserem Kontinent herrscht, glaube ich: Wenn die EU nicht dezentralisiert wird, droht sie auseinanderzubrechen." 

*) Cassis bezieht sich wohl auf die Aussage von Niklaus von der Flüe: „Beladet euch nicht mit fremden Angelegenheiten, bündet euch nicht mit fremder Herrschaft, seid auf der Hut vor Zweigung und Eigennutz. Hütet euer Vaterland, haltet zu ihm. Pflegt nicht vorsätzliche Kriegslust. Wenn euch aber jemand überfällt, dann streitet tapfer für Freiheit und Vaterland.“

Nichts wäre besser, als wenn die heutige EU auseinanderbrechen würde.

Herr Häberli haben Sie dies bloss als faulen Spruch gemeint oder soll es eine politische Aussage sein. Falls das Ihre politische Meinung ist, dann schulden Sie mir und sicher auch anderen Lesern dies eingehend zu erläutern und zu begründen, sowie darzulegen, welchen Nutzen Sie sich daraus erhoffen.

Na grossartig. Nun hat die Schweiz einen freisinnigen Aussenminister der den Prognoseheini gibt und den Untergang der EU kommen sieht, doch gleichzeitig deren Macht konstatiert. Macht und Untergang, zwei Puzzlesteine die nicht zusammenpassen. Nicht ganz neue, dass sich ein Freisinniger ins Boot der svp gesellt, meinen, mit populistischem Geschwaetz Waehler zu gewinnen . Bloss gut ist die Mehrheit der Schweizer kritischer als immer mehr Deutsche die der AfD Auftrieb geben. Gefahr fuer die Demokratie ist nicht die EU trotz all ihren Schwaechen. Es sind die Tatsachenverdreher wie Herren Reiman oder ennet dem Rhein Gauland, die dem Volk bewusst mit Uebertreibungen und Unwahrheiten Sand in die Augen streuen, hoffend am Ende die eigenen Machtgelueste ihrer Paretedien befriedigen zu koennen.
Die CH braucht einen Aussenminister der zu differenzierter Betrachtungsweise faehig ist , also den Populismus kritisiert und nicht befeuert. Der Weinbauer Cassis eine herbe Enttaeuschung, sein kredenzter Wein etwas fuer Essigliebhaber.

Ok, Cassis verstanden. Aber wie lautet über diese Fragen dann eigentlich die anti-populistische Meinung, der offizielle Standpunkt der föderalistischen, sozialen und eid-genossenschaftlichen schweizer Basis-Demokratie? Oder was und wie würde der beste Bundesrat aller Zeiten Niklaus Meienberg kommunizieren?

Wohl am meisten tut die Schweiz für die EU-28, und das sei ausdrücklich nachgetragen, in Sachen Handelsbilanz. Seit Jahren kaufen wir der EU wesentlich mehr Güter ab als die EU-Länder von uns, nämlich je nach Jahr um 12 bis 30 Milliarden CHF mehr. Die Schweiz ist per Saldo also der bessere Kunde und dieser müsste gemäss alter Volksweisheit somit "König" sein. In der Praxis ist das Gegenteil der Fall, siehe Kohäsionsmilliarden usw.!

Leider ist das nicht mehr so, dass der Kunde König ist. Schauen wir uns nur um; das Miteinander hat sich in den letzten gut 20 Jahren eher zum Gegeneinander gewandelt. Wo erleben wir noch Kundenfreundlichkeit, kundenorientiertes Verhalten beso nach dem Verkauf, Kundenpflege. Wie sagte Paul Getty mal: "Dem Sanftmütigen gehört zwar der Boden, aber nicht das Schürfrecht".

Na ja, möchten Sie gleich beweisen, wie recht Heiner Hug mit seinen Worten hat? Sie sind da nämlich auch auf sehr dünnem, um nicht zu sagen populistischem Eis unterwegs, liebster Herr Reimann!
Zum einen weil Autos, ein Gut, dass in der Schweiz schlicht nicht produziert wird, einer der wichtigsten Importgüter aus dem EU Raum sind und wenn man die Dienstleistungsbilanz, sprich die Erträge der Schweiz aus Finanzdienstleistungen, Tourismus, nicht ausgegebenen Ausbildungskosten usw. neben die Handelsbilanz legt, sieht man, dass wir an der EU auch nicht schlecht verdienen und dass es am Ende wohl eher ein Nullsummenspiel ist.
Bedenklich an ihrem Post ist meiner Meinung nach eher, dass sie die halbwahre, weil Fakten verschweigende Hetze des grössten Populisten aller Zeiten, Donald "the stable genius" Trump fast 1 zu 1 kopieren, doch auf der anderen Seite kann man auch ganz einfach der Frage nachgehen: "Wer hat's erfunden?" und dann könnte man ebenso zum Schluss kommen, dass Trump sogar von Ihnen gelernt haben könnte, denn diese Seuche der populistischen Simplifizierungen hält ja die Schweizer Politik seit Jahrzehnten in Form der Agitation und Propaganda ihrer Partei fest im Griff.

Eine Sicht aus der Froschperspektive.
Aber der Aussenhandel der EU mit der Schweiz ist halt nur etw 5 % des gesamten Aussenhandels der EU. Also nichts Überwältigendes!

SRF Archiv

Newsletter kostenlos abonnieren