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Leseprobe: Reinhard Kocznar - "Ein unerwarteter Besuch."

An diesem Vormittag wurde der Jour fixe in der Generaldirektion der Bonia Versicherungs-Aktiengesellschaft erst um eine halbe Stunde verschoben, dann ganz abgesagt. Hornbach, Sprecher des Vorstandes der Bonia, hasste die modisch gewordenen angelsächsischen Ausdrücke, niemals hätte er ein Meeting abgehalten. Im Augenblick saß er allein im Besprechungsraum und studierte eine Auswertung. Seine Miene war finster, was durch den schwarzen Bart eine bedrohliche Dimension erhielt. "Wir mit den schwarzen Bärten", pflegte er seinem Untergebenen, dem Direktor Prokop, gelegentlich zu sagen, "wir müssen uns vorsehen. Die Leute fürchten sich zu schell, wenn wir finster dreinschauen."
Vermutlich war er fünfundfünfzig, schätzte seine Umgebung. Genau wusste es keiner. Unter seiner beginnenden Stirnglatze lächelten zwei hellblaue Augen, die ihm aber kein wirklich freundliches Aussehen gaben. Er war mittelgroß und mochte wohl einmal gewichtig gewesen sein, bevor er begonnen hatte, Sport zu betreiben und vor allem Tennis zu lernen. Vor Beginn der jährlichen Clubreise und auch vor dem Firmenturnier war er in der Regel eine Woche auf Tauchstation, dem Vernehmen nach beschäftigte er dann einen eigenen Trainer, um sich in Bestform zu bringen. Die Tür öffnete sich und Rosenberger trat ein, in seinem Kielwasser folgte Dvorak, der Leiter der EDV-Abteilung. Rosenberger, in der Erscheinung seinem Herrn ähnlich, aber ein wenig dicklich, war der direkte Vorgesetzte der Filialen. Den Bart trug er als geringfügig verlängerten Dreitagebart. Dvorak, der blässlich wirkende Informatiker, hatte in diesem Kreis normalerweise keinen Sitz.
Demonstrativ hob Hornbach die Auswertung hoch und legte sie beiseite.
"Was wissen wir nun?"
Hornbachs Aufforderung galt Dvorak. Der begann unverzüglich.
"Heute Nacht fand ein offensichtlich nicht autorisierter Zugriff auf die Datenbank statt. Die Aktivitäten begannen um 00.48 Uhr und dauerten bis 05.51 Uhr. Der Zugriff wurde vom Arbeitsplatz Iris Marbach aus der Filiale 3 unternommen. In dieser Zeit fanden Zugriffe statt, die sich wie folgt ..." Rosenberger winkte ab.
"Keine Einzelheiten. Worum ging es, was war das Ziel?"
"Es war definitiv keine Schädigungsabsicht dahinter", begann Dvorak wieder, aber Rosenberger unterbrach ihn erneut.
"Zu nachtschlafender Zeit und unter offensichtlich missbräuchlicher Verwendung eines fremden Passwortes", warf er erregt ein, "die Marbach war es nämlich nicht, das habe ich überprüft." Hornbachs Blick sagte, dass das Zeitverschwendung gewesen war, denn Iris Marbach, Prokops Sekretärin, schied als Verdächtige aus. Sie war bereits viel länger im Unternehmen und eine der Stützen der Firma.
"Die unbekannte Person hat sich Mühe gegeben, das Ziel zu verschleiern", setzte Dvorak fort, "die eingeholten Auskünfte verstreuten sich über das ganze Bundesgebiet, zeigen aber eine Häufung in der Sparte A336."
Die Sparte A336 hatte eine signifikante Steigerung der Schäden zu verzeichnen. Die Zahlungen hatten sich innerhalb eines Jahres vervielfacht. Das Ergebnis der Sparte war vorher schon tiefrot gewesen, nun musste es eine Katastrophe sein. Die Auswertung dieser Sparte lag vor Hornbach am Tisch. Darin lag das Problem, und jemand anderer hatte das augenscheinlich vor allen hier Versammelten erkannt. Das war ein weiteres Problem.

© 2007 Skarabaeus, Innsbruck-Bozen-Wien.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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