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Leseprobe: Daniel Kehlmann - "Unter der Sonne."

Bankraub

Und auf einer anderen Hemisphäre lagen die verlassenen Schauplätze seiner Vergangenheit. Vielleicht verfielen sie jetzt schon, da er nicht mehr da war, wie abgestellte Kulissen in einem Depot. Womöglich war die ganze Stadt bereits verflogen, ein Wahnbild, an das niemand mehr glaubte.
Nur laß es nicht umgekehrt sein! Wenn nur nicht das hier der Traum ist und plötzlich ein Riß diesen Himmel spaltet und durch ihn Morgenlicht hereindringt und das Quieken meines Weckers! Von allen Ängsten - vor Überfällen, vor einem Unglück, vor Interpol - wird das die schlimmste sein, und sie wird nie verschwinden. Niemals werde ich sicher sein, ob nicht im nächsten Moment das Erwachen die Farben vom Horizont spült. Kann man wirklich, wie der arme Märchenkalif, nach einem halben Leben entdecken, daß nur eine Nacht vergangen ist, im dritten Stock unter gelbgefleckten Gardinen ...? (S. 25f.)

Unter der Sonne

Der Gedanke, an Bonvards Grab zu stehen, war merkwürdig erregend. Zuletzt also doch. Dort war Bonvard, er selbst, wenn auch in einer Form, die man sich lieber nicht genau vorstellte. Aber er würde Kramer nicht mehr von sich fernhalten können. Ja, in gewisser Weise war es ein Sieg. Er würde dort sein und sein Foto machen, und niemand würde ihn daran hindern. Dort, wo Bonvards großes und schöpferisches Leben seinen Endpunkt gefunden hatte. Also doch. Zuletzt also doch. (S. 60)

Pyr

Also: die Zeit des Bekenntnisses. Und bekennen werde ich, oder einfacher: endlich die Wahrheit sagen, in der Sicherheit meiner Maske, meiner Anonymität. Und mehr noch: Ich bin nicht bloß anonym, sondern geborgen - verborgen - im Anschein der Fiktion. Irgendein Autor wird das hier unter seinem Namen veröffentlichen; es kann nicht ausbleiben, daß man mich für seine Erfindung hält. Eine wenig glaubhafte, leicht überzogene Erfindung. Da ich spreche, verliere ich mich in der Vortäuschung meiner Nichtexistenz; Sie hören mich, als hörten Sie niemanden, als wären da Worte, doch kein Sprecher. Ihre Ignoranz schützt mich. Denn (merken Sie es?) selbst daß ich meine Strategie offenlege, bringt Sie nicht dazu, Ihr Vorurteil fallenzulassen. Sie halten auch das für eine literarische Wendung. Und selbst dieser Hinweis bringt Sie nicht zum Zweifeln. Nein, daß es mich gibt, ist ganz unmöglich, nicht wahr?`Sehen Sie, das meine ich. Ich bin in Sicherheit. (S. 76)

(c) 1998, Deuticke, Wien, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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