John Banville: Geister (Roman) |
John Banville: Geister |
Inhaltsangabe:
Der Ich-Erzähler, dessen Namen wir nicht erfahren, war wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Aufgrund seiner guten Führung entließ man ihn nach zehn Jahren aus dem Gefängnis. Ich hatte alles abgeworfen, was ich nur hatte abwerfen können, außer der Existenz als solcher. (Seite 44) Er hatte Kreutznaer schon einmal vor zwanzig Jahren in einer Galerie in Whitewater kennen gelernt, aber der Kunstexperte erinnerte sich nicht mehr an ihn. Kreutznaer nahm ihn auf; er sollte ihm bei der Arbeit an einem Werk über das Leben und die Kunst des niederländischen Malers Jean Vaublins helfen. Aus Gründen, die mir nicht ganz klar sind, war uns beiden daran gelegen, an der Behauptung festzuhalten, dass ich lediglich sein Gehilfe sei, die Wahrheit aber ist, ehe ich noch recht wusste, wie mir geschah, hatte er mir die Aufgabe ganz allein übertragen. (Seite 54)
Zweimal in der Woche musste der Ich-Erzähler sich in dem 2 km vom Hafen entfernten einzigen Dorf bei Sergeant Toner melden, dem einzigen Polizisten auf der Insel. Sie hatte alles über Bord geworfen und nur das absolut Notwendige behalten. Verglichen mit ihrem Leben war das meine noch immer randvoll mit dem Treibgut früherer, untergegangener Leben. (Seite 119)
Eines Tages sucht eine Gruppe von sieben gestrandeten Urlaubern Zuflucht im Haus des Professors bzw. seines Faktotums. Gegen den Willen Kreutznaers lässt Lux die Schiffbrüchigen herein: einen Greis namens Croke, die Blondine Flora, die behauptet, einundzwanzig zu sein, aber höchstens achtzehn oder neunzehn Jahre alt ist, Felix, "ein dünner, geschmeidiger, blässlicher Mann mit schlechten Zähnen, schwarzgefärbtem Haar und düster-wachsamem Blick", die Fotografin Sophie, die einen Bildband mit dem Titel "Tableaux morts" plant und im Rahmen eines Sommerjobs in einem Hotel am Festland auf die Kinder Hatch, Pound und Alice aufpassen soll. Flora und Felix lernten sich erst am Vortag kennen, und die junge Frau weiß inzwischen nicht mehr, warum sie Felix nachts in ihr Hotelzimmer ließ und sie im Bett einen Orgasmus vortäuschte. "Warum sollte ich Ihnen etwas antun wollen? Nein: Sie sind doch schließlich meine goldene Gans." (Seite 166) Der Ich-Erzähler weicht den Besuchern den ganzen Tag über aus. Auch er kennt Felix von früher. Der erzählt ihm, Anna Behrens sei einer Fälschung aufgesessen, weil Professor Kreutznaer das Gemälde für echt erklärt und mit dieser Expertise viel Geld verdient habe.
Und so sitze ich also an dem alten Fichtenholztisch, in jenem Licht, und vor mir steht das Frühstück, und ich – in der einen Hand einen Becher starken Tee und in der anderen ein Buch, während mein Geist müßig den eigenen Gedanken nachhängt. Lux und der Professor sind noch im Bett – sie sind beide Langschläfer –,
Die Gestrandeten übernachten auf der Insel. Am nächsten Tag reisen sie wieder ab. |
Buchbesprechung:Leserinnen und Leser, die von einem Roman eine Geschichte erwarten, werden mit "Geister" kaum etwas anfangen können, denn John Banville bietet allenfalls eine rudimentäre Handlung, und die Figuren bleiben schemenhaft. "Geister" ist ein "Konzert der Bilder" (Gerhard Schulz, "Frankfurter Allgemeine Zeitung" 14. Juni 2000), ein absurdes Vexierspiel, in dem sich Realität, Traum, Fiktion und die Geister der Vergangenheit vermischen. John Banville wechselt denn auch immer wieder zwischen Präsens und Imperfekt. Lesenswert ist der Roman vor allem wegen der sprachlichen Virtuosität des irischen Schriftstellers. Zusammen mit "Das Buch der Beweise" und "Athena" bildet "Geister" die so genannte Mördertrilogie von John Banville. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007
John Banville (kurze Biografie / Bibliografie) |