Reinhard Kaiser-Mühlecker: Schwarzer Flieder (Roman) |
Reinhard Kaiser-Mühlecker: Schwarzer Flieder |
Inhaltsangabe:
Als Ferdinand Wolf 16 Jahre alt war, holten ihn sein Onkel Thomas und seine Tante Sabine auf den Bauernhof der Familie Goldberger in Rosental, einem Dorf bei Kirchdorf an der Krems in Oberösterreich. Thomas Goldberger, der jüngere Bruder seines in den Siebzigerjahren nach Bolivien ausgewanderten und dort umgekommenen Vaters Paul, bewirtschaftet den 1944 von Ferdinands Urgroßvater übernommenen Hof, auf dem auch Pauls Mutter Anna wohnt. Ferdinand, der bei den Großeltern mütterlicherseits in K. aufgewachsen war, nennt sich seit seiner Aufnahme in Rosental nicht mehr Wolf, sondern Goldberger.
"Ich meine wirklich, dass es darüber nicht viel zu sprechen gibt. Die Richtung ist längst eingeschlagen, und kein Mensch wird sie ändern – die einen können sie nicht ändern, und die anderen wollen sie nicht ändern. So wie immer und überall. [...]
Ferdinand erfragt Susannes Adresse von ihrer Schwester Anita. Susanne freut sich über seinen Besuch, und die beiden knüpfen nicht nur an die alte Liebesbeziehung an, sondern wollen heiraten. Als Ziel der Hochzeitsreise wählen sie Bolivien. Beim ersten Wiedersehen in Wien fielen Ferdinand Schnitte an Susannes Unterarmen auf. Inzwischen sind sie verheilt, und es sind keine neuen hinzugekommen. Aber nach einigen Monaten, als die Einladungen zur Hochzeit bereits verschickt sind, entdeckt Ferdinand neue Schnitte, und Susanne zieht sich unvermittelt zurück. Und dann ruft Anita ihn an und teilt ihm mit, dass sich ihre Schwester in der Donau ertränkte. "Deinen Vater hat man umgebracht – erschlagen hat man ihn, aus Aberglauben. Das war weit entfernt von hier. Ich habe nie etwas davon gehalten, dass er in jene Siedlungen reiste, um zu predigen. Besser, man hätte ihnen einen Lehrer geschickt, der ihnen Verstand in ihre Köpfe eingetrichtert hätte!"
Einige Zeit später unternimmt Ferdinand eine fünfwöchige Rundreise mit Bussen durch Bolivien. Dann erhält er unerwartet einen Anruf seiner Tante. Sabine teilt ihm mit, dass Thomas in Wels im Gefängnis sitzt, weil er Leonhard erschlug. "Leonhard stürzte mit dem Kopf gegen eine Schiene des Kratzbodens, fiel zu Boden und blieb reglos liegen. Er muss, das sagten sie später, auf der Stelle tot gewesen sein." Nach der Verhaftung ihres Mannes fühlte sich Sabine so einsam, dass sie zu ihrer früheren Freundin Maria nach Schwan fuhr, obwohl der Kontakt längst abgerissen war. "Im Grunde wollte ich gar keinen Kontakt mehr mit ihr! Doch das andere war stärker. Das andere – was war es eigentlich? Ich schämte mich, so allein zu sein, und diese Scham war sogar noch größer als die Scham darüber, es überspielen zu wollen, vor mir selbst so zu tun, als wäre es anders."
Maria versuchte gar nicht zu verhehlen, dass sie sich durch den Besuch gestört fühlte. Ein paar Tage später fuhr Sabine auch noch zu ihrer Schwester Elfriede, aber die leitete gerade eine Bibelstunde und ließ sie nicht ins Haus. "Sag ihm, ich mache es. Aber er muss mir den Hof überschreiben. Und wenn er freikommt, kann er nicht mehr hierher zurückkommen. Er wird hier kein Wohnrecht bekommen. Das sind die Bedingungen. Er soll es sich überlegen. Eine Woche gebe ich ihm Zeit."
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
Zur Verwunderung Sabines beginnt Ferdinand sofort nach der Übernahme des Hofes trotz der ungünstigen Marktpreise mit dem Verkauf der Tiere. Einen nach dem anderen sucht er die Eigentümer der Pachtgründe auf, kündigt Verträge und erklärt bei ohnehin bald auslaufenden Verträgen, dass er sie nicht verlängern werde. Schließlich verkauft er auch noch Land. Das Geld legt er in Gold- und Silberbarren an, die er im Keller versteckt. Auf dem verbliebenen Bauernhof führt er sorgfältig dokumentierte landwirtschaftliche Versuche durch. Innerhalb von kurzer Zeit zerstört er das Lebenswerk seines Onkels.
"Das heißt also, Sie können mir nicht helfen?"
Später bedauert er sein Verhalten und lädt Judith Steiner ein. Ihr Vater stammt aus der Gegend und besitzt ein Wochenendhaus, von dem aus sie in einer Stunde zum Goldberger-Hof gehen kann. Sie tut das in den folgenden Monaten jeden Donnerstag oder Freitag, um ihre Abschlussarbeit über Ferdinands Versuche zu schreiben. Ferdinand verliebt sich in sie. Die beiden kommen sich näher. Mehr als Ferdinand achtet Judith darauf, dass die Liebesbeziehung heimlich bleibt. Aber durch einen Zufall werden sie von Renate ertappt.
"Es stand bei den Heiratsannoncen", sagte sie endlich mit erstickter Stimme. [...] Schließlich fragt Renate, ob Ferdinand schon einmal in Georgien gewesen sei.
"Vielleicht fährst du bald einmal hin?" |
Buchbesprechung:
Mit "Schwarzer Flieder" (2014) knüpft Reinhard Kaiser-Mühlecker an seinen Roman "Roter Flieder" (2012) an, in dem er die Chronik der österreichischen Bauernfamilie Goldberger von der Zeit des Nationalsozialismus bis in die Neunzigerjahre erzählte. In dem düsteren Epos geht es um (Selbst-)Hass und Rache, Einsamkeit und Verlorenheit, Freud- und Beziehungslosigkeit, Scheitern, Schuld und Tod. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017
Reinhard Kaiser-Mühlecker: Wiedersehen in Fiumicino |