Martin Walser: Ein Angriff auf Perduz (Erzählung) |
Martin Walser: Ein Angriff auf Perduz |
Inhaltsangabe: Der Zug nach Perduz stand auf dem letzten schon nicht mehr überdachten Bahnsteig des Hauptbahnhofs. Dieser Bahnsteig begann auch nicht, wie die anderen, gleich hinter der Sperre, sondern draußen hinter Güterhallen und zu großen Blöcken geschichteten alten Schwellen, umgeben von Bergen von Lokomotivkohlen, im Gleisgelände, so weit von der Sperre entfernt, dass die großen Züge, die in beliebtere Richtungen fuhren, schon fast ihre volle Geschwindigkeit erreicht hatten, wenn sie an uns vorbeifuhren, die wir frierend, dem dichten Fall wässrigen Schnees ausgesetzt, auf dem noch nicht einmal betonierten Bahnsteig siebzehn standen und auf Herrn Großkurth warteten.
Der Ich-Erzähler wartet zusammen mit sechs weiteren Vertretern der Staffel Großkurth für Gutemann-Wecker auf Herrn Großkurth. Gemeinsam nehmen sie den Zug nach Perduz. An jeder Station steigt einer der Vertreter aus. Für die Fahrt ins entlegenste Dorf hat Herr Großkurth den Ich-Erzähler ausgesucht, der noch sehr unerfahren ist.
Wer einen Wecker brauche, brauche keine Gummischürze und umgekehrt ... In dem Dorf steuert der erfahrene Vertreter das Wirtshaus an. Die Dorfbewohnerinnen erinnern sich an ihn: Vor acht Jahren war er zuletzt in Perduz; damals verkaufte er Unterwäsche. Er stellt den Ich-Erzähler als jungen Kollegen vor, hört sich Geschichten über Todesfälle und Hochzeiten an, macht den Greisinnen mit unterschiedlichen Worten das Kompliment, sie seien seit seinem letzten Besuch nicht älter geworden, und den jungen Frauen sagt er, wie reif und erwachsen sie geworden sind. Erst dann öffnet er seinen Koffer, zeigt seine Gummischürzen, und der Ich-Erzähler muss sie umbinden, ablegen und wieder umbinden. Von einer Gummischürze will niemand etwas wissen. Da redet der erfahrene Vertreter von der Arbeit. Wasser, überall habe man es doch mit Wasser zu tun, und wenn nicht mit Wasser, dann doch mit Schmutz oder mit beidem zur gleichen Zeit, solle ihm einer beweisen, dass es eine Arbeit gebe, bei der man es nicht mit Feuchtigkeit oder Schmutz oder mit beidem gleichzeitig zu tun habe! Warum denn sonst Gicht und Rheuma so unausbleibliche Belästigungen des Alters geworden seien! Gicht und Rheuma, davor bewahrt die Gummischürze.
Schließlich gelingt es ihm, fünfzehn Frauen zum Kauf einer Gummischürze zu überreden. Die meisten von ihnen bereuen ihren Entschluss gleich wieder, aber sie sagen nichts, weil sie hoffen, dass auch noch andere Frauen den gleichen Fehler machen und sie sich dann gegenüber ihren Ehemännern leichter rechtfertigen können.
Da ich immer noch einen rechten Brotverdienst suche, und dies mit immer kürzer werdendem Atem, habe ich es bis jetzt – auch weil ich seinen Namen vergessen habe und Erkundigungen anzustellen ebenfalls noch keine Zeit hatte – noch immer nicht getan. |
Buchbesprechung: |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003
Martin Walser: Die letzte Matinee |