Tags Gefrierpunktetüden. Nachts Wintergewitter. Den Blitz durch geschlossene, abgewandte Augen. Draußen wächst der Schnee wie ein Schimmelpilz.
04.03.2006 12:09:06
Überholspur
Zweitausendsechs, März, kurz vor dem April. Zweitausendsieben, zweitausendacht, wer von uns hat als Kind soweit gedacht? Unserer antizipierten Zeit voraus oder längst hinter der erwarteten Zukunft. Selbst 2020 klingt schon lange nicht mehr nach Science Fiction. Und retrospektiv die letzte Sonnenfinsternis 1999 ein größeres Ereignis als der Jahrtausendwechsel. Das war ein wenig wie mit dem Auto anhalten, den Kilometerzähler fest im Blick, und ganz langsam in große Schnapszahlen reinrollen, oder in Zahlen mit vielen Nullen. Dezimale Emotionen.
24.03.2006 16:47:36
Das Wasser ist immer auf Reisen
Nicht nur bergab, es steigt auch. Die ziehenden Tage. Wie viele Wolken sieht man? Bringen ihre Fracht von da nach dort. Haben auch etwas übrig für mich.
26.04.2006 17:52:03
Mein erstes Gedicht
wirkte noch mühsam
und sehr ungelenk
leicht unsicher auch
wo die Verse enden
und wo sie beginnen
gar nicht zu reden
von Maß oder Strophen
beendete ich es
lieber vor der Zeit
schüchtern und reimlos
18.05.2006 19:50:38
Wartemusik hören. Am Telefon. Wartemusik schreiben. Im Internet. Pausen skandieren. Bevor es weitergeht. Schleifen legen.
28.06.2006 21:50:01
Ortswechsel
Mit dem Fahrrad an Menschen vorbei, aus denen Handys klingeln.
19.07.2006 12:57:17
Nachts kommen die Bücher
Überlegungen zu Untertiteln zu einem Film, den ich noch nie gesehen habe. Telefonate mit Paris. Und aus meinem frischen Duden-Exemplar fallen lauter Papierspäne. Da wurde bis zum Schluss gefeilt.
31.07.2006 23:36:55
Am verregneten Sonntag surfen, die Brandung abtasten, die Bits und die Bytes, und früher las man auch bei Email was anderes, dachte allein nur an jenen Schmelz aus Silikaten auf Keramik oder Metall - an die Chips, die man jetzt braucht, für eingehende Post, dachte noch niemand, zu klein alles, zu sehr im Verborgenen, und die Kratzspuren darauf bleiben unsichtbar eingebrannt, aus Sand die Welt, aus Sand.
06.08.2006 17:44:44
Den Geheimnissen des Körpers lauschen.
Im Stillen auf die Körpergeräusche achten.
Dem Körper Zeit geben, sich zu äußern.
Dem Atem, dem Atem, dem Atmen nachhören.
Der Luft ihren Raum lassen.
24.08.2006 09:41:37
Inseln, keine Sterne, Lerchenzungen.
06.09.2006 16:17:27
nicht zu viel
sagen nicht zu wenig
und weniger bilder
Die Herbstwinde spielen, bevor der Winter sie mit dem Laub ins Bett schickt und trockenere Luft loslässt. Blätter sind was für Kinder, sagt er, ich treibe Flocken, wenn überhaupt was.
12.11.2006 20:45:36
Die Sonne tief auf ihrem Weg in den Westen. Die Erde dreht sich um sie, aber dennoch, ich sehe es, hier, auf dem Spazierweg entlang der vom Deutschen Museum aufgestellten Planeten, dreht sich die Sonne um die Erde, dreht den Tag in die Nacht und die Nacht in den Tag. Alles eine Frage des Standpunktes, der Realitäten. Die Wolken ziehen dazwischen, lassen beide Seiten gelten, die flüchtigen Welten.