Studiere nicht, arbeite

It´s not important how good you are but how good you want to be.

Paul Arden, der Werber, hat viele kluge Sachen gesagt. Kaum ein Leitspruch als der obige lässt sich besser für die Karriereentwicklung nutzen. Aus Paul Ardens Mund, halt: Feder, stammt noch etwas ziemlich Intelligentes:

Studiere nicht, arbeite.

Sie sind irritiert? Fragen sich, ob so etwas auch in meinem Buch „Am besten wirst du Arzt“ steht? Ja, tut es.

Ist eine solche Empfehlung zeitgemäß in Zeiten der Akademisierung? Ich behaupte: Niemals war sie zeitgemäßer. Ich prognostiziere in Teilbereichen einen phänomenalen Titel-Verfall und das Revival der echten, praktischen Arbeit.

Nehmen wir den Versicherungskaufmann. Früher war ein akademischer Titel in dieser Branche schlicht überflüssig. Es gibt brancheneigene Abschlüsse wie Bankfachwirt, Versicherungs- und Leasingsfachwirt. Wer so einen Titel trägt, hält ihn für gleichwertig zum Bachelor, mindestens. Vielmehr: Hielt er. Denn das war mal so.

MBA – lechz

Inzwischen sehe ich, wie eine einst in Sachen akademische Ehren (nicht: goldene Uhren) weitgehend statusbefreite Branche dem MBA hinterherlechzt. Die meisten geben es nicht zu. Und noch tönt ein titelloser Maschmeyer selbstbewusst (oder einfach nur vollkommen schmerzbefreit), er habe seine Veronika (auch) mit Geld gewonnen.

Der Wandel vom Nur-die-Arbeit-zählt der Maschmeyer-Generation zum Ich-auch-Titel (Me Too) vollzieht sich schleichend, wie jeder Wandel. Doch Indizien zur Stützung meiner These häufen sich. Schon berichtet meine Mitarbeiterin Maja, dass die häufigste Frage, die ihr derzeit in der Absolventen-Beratung begegnet diese ist: „MBA oder Promotion?“ Das zeigt: Jeder will ihn haben – den Titel.

MBA im Discount

Das nutzen die Anbieter, und wie! Ich sehe den Verfall täglich: Discount-MBAs überall. Neulich schob man mir einen Prospekt von einem finnischen MBA-Programm zu. Unter 5.000 EUR kostet der Titel dort, ein „Executive MBA“.  Doch es hängt nicht am (wenigen) Geld für das Titel-Investment. MBAler verraten mir unter der Hand, was für ein Witz ihre akademische Ausbildung war. Einfach, schnell und keineswegs die angeblichen 20 Wochenstunden einfordernd. Klar trifft das nicht auf alle zu. Aber wer bis auf, vielleicht, die MBA-Expertin Bärbel Schwertfeger kann da wirklich noch diffenzieren?

Ich wollte auch einst promovieren, aber als Autorin populärer Sachbücher sind Sie bei Professoren ein bißchen „bäh“. Deshalb, quasi zum Trost, habe neulich einen Dr. hc. of Motivation geschenkt bekommen. Der Scherzkeks hatte den Titel für 39 EUR bei Groupon gekauft.

Groupon-MBA

Wie weit sind wie eigentlich wirklich von einem Groupon-MBA? Und was ist de facto der inhaltliche Wert eines solchen Studiums jenseits von Glanz und Gloria? Früher oder später wird jedem aufgehen, dass so ein Schein wirklich oft Schein ist und keineswegs SEIN.

Ach, Paul. Arbeiten ist in Verruf geraten. Das führt ziemlich oft dazu, dass junge Menschen im Zweifel gar nichts mehr machen, entscheiden, durchhalten. Oder lustig Studiengänge aneinanderreihen wie Perlenketten.  Ein typischer weiblicher Lebenslauf: Ingenieurstudium abgebrochen, Germanistikstudium durchgezogen, Jura versucht, MBA abgebrochen, Buchhändlerlehre, 30, schwanger. Es werden 2, 3 Kinder kommen. Mama und Papa haben immer gesagt: Studiere bloß, Lehre gilt heute nichts mehr. Die junge Frau wird ihren Einstieg suchen und ziemlich bald Ausstieg feststellen.

Nun  stellen Sie sich vor, die Frau hätte sich trotz und gegen den Trend und ihre Eltern für eine Lehre entschieden. Sie hätte in dem Job vielleicht nicht ihr Glück gefunden, aber doch eine Stärkung der Persönlichkeit. Berufe lassen sich NIE theoretisch finden, immer nur praktisch. Theoretisch ist lediglich eine Vorauswahl möglich, lässt sich die Entscheidung für einen Weg vorberieten (anstatt des anderen).

Wer sich nicht entscheiden kann, sollte unbedingt arbeiten. Nichts hilft besser sich zu finden. Deshalb hat Paul Arden recht.

 Copyright Foto: Fotolia


13 Kommentare zu “Studiere nicht, arbeite

  1. Bei meiner Recherche nach Master-Studiengängen bin ich auf ein Angebot gestoßen, dass einen Master Titel (M.Sc glaube ich) einer österreichischen Universität, also Titel in der EU anerkannt, innerhalb von 60 Lehrgangstagen verleiht. Einen vorherigen Bachelor muss man nicht nachweisen. Also statt 10 Semester 60 (ewtwas verstreute) Tage. Manche meiner Bekannten möchten mir das nich glauben, verständlich, aber es ist die Wahrheit, ich habe exakt recherchiert. Das unterstützt die These im Blog.

  2. Ich könnte mir auch gut vortellen, dass Titel weniger bedeutend werden, und zwar weil lebenslanges Lernen immer wichtiger wird. Oder wird es Titel geben, die man alle 5 Jahre erneuern muss?

    Zum M.Sc. ohne Bachelor im 60 Seminartagen: Das muss nicht schlecht sein. Bei einem Fernstudium lernt man hauptsächlcih außerhalb der Seminare. Und wer nur die Seminare besucht, der wird das Studium kaum bestehen. Und ohne Bachelor habe ich auch schon Master-Studiengänge gesehen, die Anforderungen an die Berufspraxis waren dann aber derart hoch, dass der fehlende Bachelor damit locker ausgeglichen wird.

    Klar, das muss in dem Fall nicht so sein. Aber nur aufgrund der Angaben, kann man zu dem Studiengang nicht viel sagen.

  3. Fließend Englisch? Normal. MBA? Normal. Genau so ist die Entwicklung. Was am Ende bleibt? Persönlichkeit! Genauso, wie Sie, Frau Hofert, das schon im Karrieremacherbuch und jetzt erneut in “Am besten wirst du Arzt” so hervorragend erklärt haben. Und wie ich ebenfalls unermüdlich predige. Ich wünsche uns – und allen Mitstreitern – viel Erfolg beim verbreiten der Botschaft und des erforderlichen Mutes und Selbstvertrauens ;-)

  4. Hallo Michael, das könnte sein, ähnlich wie Zertifizierungen, die immer wieder erneuert werden müssen. Im IT-Beeich sieht man es deutlich. Das könnte auch auf den akademischen Markt übergreifen. Danke für deinen Kommentat, sehr gute Ergänzung. LG Svenja

  5. Hallo,

    ich bin immer der Meinung, dass es nie nur auf einen
    Titel ankommen sollte. Gerade im Mittelstand, vorallem
    kleineren Firmen, ist es sehr wichtig, dass gelerntes
    auch praktisch angewendet werden kann. Daher ist
    ein geschenkter Titel nichts wert.
    Ob nun ein Master mit oder ohne Bachelor gemacht werden
    kann, ist in meinen Augen sekundär. Viel wichtiger ist
    es das erlernte Wissen in der Praxis anzuwenden.

    freundliche Grüße
    Josef

  6. Hallo,

    ich möchte mich da Josefs Meinung anschließen. Welchen Titel man trägt ist doch nebensächlich, es kommt auf die praktischen Skills an. Zudem wird es in Zukunft eh zunehmend leichter werden, sich auch mehrere akademische Titel (beispielsweise spezialisierende Mastertitel) anzueignen. Das ist angesichts des lebenslangen Lernens auch völlig ok. Ob in diesem Kontext eine “früher war mein Titel noch etwas wert”-Diskussion angebracht ist, sei dahingestellt….

  7. Hallo,
    sicherlich, die praktischen Skills sind wichtig, sonst kann man nicht den Anforderungen in der Arbeitswelt gerecht werden, aber ein Titel bzw. akademischer Grad ist es, was einem die Türen öffnet. In wie weit man dann nicht nur die Tür auf bekommt, sondern auch gut durch kommt, hängt dann wieder davon ab, was man kann.
    MBA-Schulen gibt es wie Sand am Meer, auch hier gilt es sich das richtige Programm zu suchen und nicht nur dem Titel wegen. Der MBA ist eine Ergänzung zu dem bisherigen Lebenslauf und er lebt von den eigenen und den Erfahrungen der Kommilitonen. Auch sollte man auf die Akkreditierung achten.
    Die Arbeitgeber, die eine “gute” HR-Abteilung haben, werden den Billig-MBA / TItel von dem einer guten Hochschule / Business SChool schnell unterscheiden können.
    Ich selber habe meinen MBA 2006 gemacht und habe weder die stressige Zeit (~ 20 Stunden pro Woche zur normalen Arbeit da Part Time) noch die Investition von ~12.000 € je bereut.

    • Klar gibt es erhebliche Unterschiede, aber leider kennt die eben NICHT jede Personalabteilung, dafür sind die Angebote zu vielfältig. Es wäre mehr als ein Vollzeitjob, hier ständig auf dem aktuellen Stand zu sein. Und Türen öffnen kann beides: der Titel oder die praktische Erfahrung, auch alles zusammen. Es kommt entscheidend auf den Bereich an und die angestrebte Funktion, je näher an (ranghohen) Kunden desto wichtiger ist oft der Titel. LG SH

  8. Pingback: Trendcheck: Der Hype um neue Berufe und was wirklich dahinter steckt | Karriereblog von Svenja Hofert

    • Danke Frau Overvbeck, danke für das nette Feedback :-) Es ist unmöglich, alles im Blick zu halten und wird immer schwerer, die Dinge zu bewerten und richtig einzuordnen – dafür braucht man uns Karriereexperten, weil wir ein wenig mehr mitkriegen und vernünftige Hilfestellungen beim Recherchieren geben können. liebe Grüße Svenja Hofert

  9. Pingback: Die richtige Berufswahl | Karriereblog von Svenja Hofert

  10. Jein, das kommt immer darauf an. Will man in einem kleineren Betrieb arbeiten, ist es fast schon egal was im Lebenslauf steht. Je größer das Unternehmen, desto mehr überwiegen die Fakten auf dem Papier wie Noten, Abschlüsse und Berufserfahrung.

    • 98% der Unternehmen sind klein oder mittel. Ein, zwei Jahre Jobben verkraften auch große Unternehmen, wenn danach die Qualifikation stimmt. Sage ja nicht, dass man darauf verzichten soll. LG SH

Schreiben Sie einen Kommentar!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*


*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>

Artikel zu ähnlichen Themen: