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Duisburger Autoren: Ein Interview mit Juliane Göttinger

Juliane Göttinger
Deutschland

Website: http://www.juliane-goettinger.de/

Geboren wurde die Autorin 1962 mitten im Ruhrpott, in Essen.

Kaum konnte sie Buchstaben in logischer Folge aneinanderreihen entstand ihr „erstes Buch“ Pim, Pam und Pummelchen – Erlebnisse drei kleiner Meerschweinchen – von ihr eigenhändig illustriert. Es folgten Abenteuer und Freundschaftserlebnis...

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DER PUPPENMöRDER

Juliane Göttinger
Roman / Krimi

Kindle Edition

eBook, 294 Seiten
ISBN: 978-3-937591-41

Mar. 2007, 3.08 EUR
auch als eBook erhältlich


Juliane Göttinger schreibt Krimis, die man mit etwas gutem Willen als Regionalkrimis verkaufen kann, ist die Protagonistin Eva Engel doch im Duisburger Kriminalkommissariat beschäftigt und fließen immer wieder dezente Beschreibungen von tatsächlich existierenden Orten in ihre Bücher ein. Doch dem Himmel oder eher: Göttinger sei Dank, erschöpfen sich die allzu schnell mit dem Etikett „regio“ versehenen Bücher nicht in einer mehr oder weniger systematischen Aufzählung von Örtlichkeiten. Das ist auch gut so, denn sonst wären die Bücher langweilig (das sind sie nicht), schwerfällig (das sind sie erst recht nicht) und ein kurzlebiges Vergnügen (nein, nein und nochmals nein).

Ich denke trotzdem, dass die Bücher von Juliane Göttinger es auf dem von gefälligen Werken strotzenden Buchmarkt nicht leicht haben werden, denn sie ähneln ein wenig ihrem Hauptcharakter: eigenwillig, ein wenig spröde und sehr speziell.
Es beginnt bei der Sprache. Göttinger schreibt im Präsens, was den meisten Lesern, denen ich in meiner Karriere als Buchhändlerin begegnet bin, überhaupt nicht gefällt. Noch schwerer verkäuflich an den Durchschnittsleser wären sie nur, wenn sie im Präsens UND in der ersten Person geschrieben wären. Hat man sich allerdings ein Herz gefasst und die ersten 15 oder 20 Seiten gelesen, merkt man, dass die Intensität der Handlung und der Gefühle in diesen an der Oberfläche ruhigen, in der Tiefe jedoch brodelnden Romanen durch die Verwendung der Gegenwart betont, ja gesteigert wird. Als Leserin ist man unmittelbar am Geschehen beteiligt.
Ja, und Eva Engel, die ermittelnde Hauptfigur, macht es dem Leser auch nicht gerade leicht, sie zu mögen. Sie ist bockig und sperrig, man muss ich an sie herantasten und sich – wie im echten Leben – erst mit ihr anfreunden.

Was zeichnet die Bücher von Juliane Göttinger noch aus? Der durchdachte Plot, aber auch die grundsätzlich menschenfreundliche, feministisch angehauchte Haltung, die spürbar ist. Nein, hier wird nicht sinnlos auf Männern herumgehackt, keine Sorge. Es ist allerdings kein kicherndes, pseudofeministisches Gehabe, das hier transportiert wird. Es ist eher ein tiefes Mitgefühl, Nachempfinden, Sichtbarmachen von dem, was Frauen auch heute noch aushalten müssen, von den täglichen unsichtbaren Degradierungen bis zur verbalen Belästigung und dem alltäglichen Sichverbiegen. Nicht zuletzt deshalb empfinde ich die Bücher von Juliane Göttinger als sehr lesenswert.
Die Autorin war so freundlich, einige Fragen zu beantworten.

G.P.: Wolltest Du immer schon Schriftstellerin werden oder hat es sich „einfach so“ ergeben?

J.G.: Zugegebenermaßen, nein. Obwohl es bereits in der Grundschule erste Ansätze gab. In Aufsätzen war ich gut und konnte somit meine Deutschnote erheblich „aufmöbeln“, da Diktate nicht so meine Welt waren. Aufgewachsen als Einzelkind erfand ich Geschwister, verpasste ihnen eine komplette Vita (muss jetzt drüber lachen) ...noch in der Grundschulzeit fing ich an Geschichten rund um mein Meerschweinchen zu erfinden, schrieb es auf und zeichnete sogar zu jeder (Kurz)Geschichte ein Bild. Es entstand eine Geschichte über ein Indianermädchen mit Hund (mein größter Traum war ein eigener Hund. Ich lebte also irgendwie meine Träume in Buchstaben aus ... meinen ersten Krimi erfand ich zusammen mit meiner Freundin, ohne Drehbuch sprachen wir auf Kassette. Es war Wahnsinn – leider musste diese Kassette aus chronischem Geldmangel mit Liedern von Genesis überspielt werden – hach, was würde ich dafür geben, sie zurückzubekommen – unrettbar verloren, genau wie meine vollgekritzelten Schulhefte. Leider.
Mein Berufswunsch war dann später Journalistin. Dafür hätte ich jedoch studieren müssen und meine Eltern waren der Meinung, ich solle doch erst einmal eine Ausbildung machen ...
Lange Zeit schrieb ich nichts mehr, wurde Mutter, hatte andere Interessen. Aber irgendwann, ich kann nur sagen Gott sei Dank, kam die Schreibe zu mir zurück. Erst nur Gedichte (die kein Mensch außer mir verstand, getippt auf einer alten Schreibmaschine), dann kamen die ersten Kurzgeschichten - Krimis - und nach der ersten Veröffentlichung war ich wieder im Fieber ... und ich hoffe, es bleibt so.

G.P.: Hast Du ein Vorbild?

J.G.: Nein, ich habe kein Vorbild.

G.P.: Liest Du viel, wenn Du nicht schreibst, und wenn ja, was?

J.G.:Ja, ich bin Vielleserin. Ohne Krimi auf dem Nachttisch geht bei mir gar nichts. Ich bin süchtig nach Büchern. Ich lese querbeet … aber am liebsten deutsche und skandinavische Krimis. Und natürlich versuche ich, möglichst viele Krimis meiner Kollegen und Kolleginnen zu lesen. Amerikanische Krimiliteratur (mit FBI, Profilern...) liegt mir weniger. Auch lege ich ein Buch weg, wenn es mich auf Seite 50 noch immer nicht fesseln konnte. Ich quäle mich nicht durch, dafür ist mir die Zeit zu schade und es liegen noch viel zu viele Bücher in den Buchhandlungen, die ich alle noch konsumieren „muss“.

G.P.: Woher nimmst Du Deine Ideen für Figuren und Handlung?

J.G.: Oh, diese Frage finde ich schwierig zu beantworten. Ich versuche es: Wenn ich sage, es kommt mir einfach so in den Sinn, nimmt mir das zwar keiner ab, aber, es stimmt größtenteils – es gehören jedoch einzelne Bausteine, die sich zu einem Ganzen formen, dazu.
Zum „Puppenmörder“ kann ich Folgendes erzählen: Ein Spaziergang am Rhein entwickelte sich an einem schönen Sommertag zu einem Albtraum. Ich stolperte auf dem Kiesstrand über unzählige tote Ratten in sämtlichen Stadien. Nach dem ersten Schock betrachtete ich die „Toten“ genauer. Der aufgeblähte fast durchsichtige Körper einer der „Wasserleichen“ brachte mich auf die Idee zum ersten Regionalkrimi „Der Puppenmörder“.

G.P.: Wie ist Eva Engel entstanden? Gab es einen konkreten Anlass?

J.G.: Ich wollte auf jeden Fall eine Kommissarin. Wahrscheinlich, weil ich mich besser in die Gefühlswelt einer Frau versetzen kann. Ich muss mich als Tatort“suchti“ outen. Lena Odenthal drängte sich ständig in meinen Kopf. Die Figur habe ich aus- und umgebaut. Bekam eine Tochter mitsamt gescheiterte Ehe angedichtet. Das Tüpfelchen auf dem i war für mich der Wechsel zum gleichen Geschlecht.
Eva Engel hat in jedem Band mehr Farbe bekommen – finde ich. Und beim dritten Krimi hatte ich das Gefühl, Eva steht hinter mir und diktiert mir den Text in die Tastatur.

G.P.: Eva Engel ist eine sperrige, widerspenstige Protagonistin. Hast Du Dich bewusst für eine Hauptfigur entschieden, die sich so deutlich von den üblichen ermittelnden Sympathieträgern im Krimi unterscheidet?

J.G.: Wie schon in Frage 5 habe ich mich ganz bewusst für diese Persönlichkeit entschieden. Ja, und ich wollte mit ihren Macken, ihrer – manchmal – unsympathischen Persönlichkeit bewusst provozieren. Es scheint mir gelungen, denn die Figur Eva Engel sorgt immer wieder für Gesprächsstoff.

G.P.: Warum hast Du Dich für Duisburg als Schauplatz entschieden?

J.G.: Ich mag Duisburg. Eva Engel lebt in Dinslaken, also konnte ich mich schlecht für ein Kommissariat in Berlin oder Stuttgart entscheiden.
Duisburg ist eine phantastische, lebendige Stadt, und sollte öfter aus der „Schmuddelecke“ geholt werden.

G.P.: Die Schauplätze in Deinen Büchern fließen realistisch ins Geschehen ein, ohne reiseführerartig aufgezählt zu werden um des Lokalkrimi-Effektes willen. Inspirieren Dich auch Orte? Und wie gründlich recherchierst Du Handlungsorte?

J.G.: Danke! Ich wollte auch nie einen Reiseführer schreiben. Regionalkrimis, die sich so lesen, lege ich beiseite.
Handlungsorte besuche ich natürlich. Aber – jetzt nehme ich wieder den „Puppenmörder“ als Beispiel – tu mich sehr schwer mit Wegbeschreibungen. Mich fesselt eher die Atmosphäre, Rhein, Rotbachmündung, tote Ratten. Ich habe an diesem besagten Tag den angeschwemmten Müll inspiziert, gesehen, dass unzählige Tomatenpflanzen gestrandet sein müssen, die dort plötzlich wuchsen – so etwas ist mir wichtiger als, wie komme ich von Straße A nach B.

G.P.: Was reizt Dich besonders am Genre Kriminalroman?

J.G.: ... wenn ich das wüsste. Schon als Kind habe ich den „Kommissar“ geguckt. Ob mit Einverständnis meiner Eltern, oder ohne, kann ich nicht mehr sagen.
Ich bin etwas zart besaitet und eine sogenannte „Bangebux“. Ich habe noch nie eine „echte“ Leiche gesehen und bin auch nicht scharf drauf. Wenn meine Hunde mal eine im Wald finden würden – na, da würde ich wohl erst einmal in Ohnmacht fallen ... Jedoch faszinieren mich die Abgründe und Tiefen der menschlichen Seele – was geht in dem menschlichen Gehirn vor, wenn es sein Opfer bis zum Tod würgt, oder in der Badewanne ertränkt? Ich versuche, mich in Täter und Opfer hineinzuversetzen. Will die Tiefen in uns Menschen erkennen. Wir töten nicht, um zu überleben … warum dann?

G.P.: Wie sieht Dein Alltag als Schriftstellerin aus?

J.G.: Haha, ich kann momentan nur sagen, wie er aussehen sollte: Schreiben, jeden Tag. Um den Faden nicht zu verlieren.
Ich persönlich schaffe es in Dinslaken nicht und bin froh, mich in mein Ferienhaus an der Nordsee zurückziehen zu können.

G.P.: Schreibst Du gerade an einem neuen Buch und kannst Du uns, falls ja, ein wenig darüber verraten?

J.G.: Natürlich gern: Ich habe letzten Sommer, also 2012, begonnen. Der Plot steht ... die Figuren auch ...Leider haben mich persönliche Probleme abgehalten. Fürs Schreiben muss man einfach den Kopf frei haben.

G.P.: Gibt es Tipps, die Du jungen, noch unveröffentlichten Autoren geben kannst?

J.G.: Ja - niemals aufgeben - Kritik zulassen, auch wenn sie schmerzhaft ist – das Manuskript zur Seite legen, wenn es nicht mehr fluppt, nach einiger Zeit einen neuen Versuch starten (ich z. B. bin eigentlich nie wirklich zufrieden, und ändere und ändere – bis ich so viel verändert habe, dass die Geschichte nicht mehr zusammen passt – das sollte natürlich nicht sein) - nicht unbedingt den Freunden glauben, die das Geschriebene „einfach nur genial“ finden -
Ja, und ganz wichtig ... - wäre eigentlich der erste Tipp - mit einem kleineren Beitrag/Kurzgeschichte beginnen – an Wettbewerben teilnehmen (z. B. über Uschtrin) … und wenn man sich wirklich sicher ist, alles rund ist, das Werk, also den Roman mit Anschreiben, Exposé und Leseprobe anbieten. In meinen Anfängen habe ich noch selber nach einem Verlag gesucht, heute ist es üblich einen Literaturagenten für sich zu gewinnen.
Und niemals in Vorleistung gehen – das stinkt nach Betrug.

Vielen Dank, liebe Juliane Göttinger, für das lebendige Interview!

PS: Ja, ich weiß, Juliane Göttinger ist streng genommen keine Duisburger Autorin, sondern eine Dinslakenerin, da Eva Engel jedoch in Duisburg ermittelt, habe ich die Geografie großzügig ausgelegt!

LITERRA[i]tour[/i]
Beitrag Duisburger Autoren: Ein Interview mit Juliane Göttinger von Gunda Plewe
vom 23. Aug. 2013


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