Das tiefe Brummen, dann ein Knall und lang anhaltendes Sirren … auch einige der Geräusche aus dem Traum höre ich auf Südgeorgien wieder. Wir sitzen bis tief in die Nacht hinein mit einem Dutzend trinkwütiger Norweger zusammen im Saal ihres Haupthauses. Der Boden ist, wie die Werkstatt meines Vaters, ganz mit Sägemehl bedeckt. An den Wänden hängen Walkiefer, Harpunen und Fotos des Königs von Norwegen, der an einer Harpunenkanone posiert. Der plötzliche Lärm, der bedrohlich nah klingt und einem durch Mark und Bein geht, stammt von einem Gletscher, von dem seit Tagen Eis abbricht und in die See sinkt. Jeder Knall heißt, es gibt einen neuen Eisberg. Je lauter der Knall, umso größer der Berg.
"Keine Bange!", lacht mir Fridtjof Jacobsen ins Ohr und haut mir von hinten seine Pranken auf die Schultern. Nein, er ist nicht Amundsens Schwager. "So hört es sich an, wenn ein Gletscher kalbt! Und das -", wir hören wieder das langgezogene Sirren, es klingt wie ein aus großer Höhe abschmierender Doppeldecker, eine Sopwith Camel - "das jetzt ist die Lawine, die den Nordenskjöld-Gletscher herunterkommt, um den neuen Eisberg zu verabschieden."
Der piekfein zurechtgemachte Kapitän Jacobsen klatscht einmal sachte auf meine Ohren und gibt mir einen Kuss auf den Hinterkopf. Nein, Amundsens Schwager heißt Sørrle, Thoralf Sørrle, und der ist der Leiter der Stromness Walfangstation fünfundzwanzig Kilometer weiter nördlich. Das beständige Brummen hat nichts mit kalbenden Gletschern oder in den Fjord stürzenden Lawinen zu tun; es stammt von dem Generator, der Grytviken mit Elektrizität versorgt. Sogar die Schweine- und Hühnerställe, sagt man uns, seien beleuchtet. Als wir ins Freie treten, weist uns ein Pfad gelb und rot leuchtender Girlanden den Weg durch die Dunkelheit zum Hafen. Das Generatorenhäuschen stand ursprünglich in Strømmen, dem Dorf in Norwegen, aus dem die meisten von Jacobsens Männer stammen. Auch die Strømmener Kirche wurde in Teile zerlegt, hergeschafft und hier wieder aufgebaut. Derzeit ist sie verwaist. Pastor Gunvald weilt auf den Falkland-Inseln, wird aber rechtzeitig zurück sein, um vor unserem Aufbruch ins Eis den Gottesdienst für uns abhalten zu können.
Vor Kapitän Jacobsens Wohnhaus bleibt unser Tross geschlossen stehen, auch wenn einige von uns Mühe damit haben, so schwanken sie. Betrunken wie von dem norwegischen Starkbier habe ich Bakewell noch nicht erlebt. Wordie und Hussey hören nicht auf zu kichern, rupfen einander die Mützen vom Kopf und zerzausen sich gegenseitig die Haare. Das Haus ist hell erleuchtet. Der riesige sternenlose Nachthimmel steht darüber, und in der Ferne hört man wieder den Gletscher.
Kapitän Jacobsen stellt uns seine junge Frau vor, die einzige Frau auf der Insel, ach was die einzige im ganzen Südpolarmeer, wie er stolz verkündet. Frau Jacobsen gibt jedem von uns die Hand, stellt sich jedem von uns mit ihrem Vornamen vor, so dass sie zwanzigmal hintereinander dieselben zwei Wörter sagt: "Stina. Hallo", "Stina. Hallo" …
Und weil er einen untrüglichen Sinn für Kurioses zu haben scheint, macht uns Jacobsen auf noch etwas Merkwürdiges aufmerksam: An den Erkerfenstern seines Hauses hängen Blumenkästen, und darin blühen Geranien. Es sind die einzigen Blumen auf der Insel, die einzigen Blumen im ganzen Südpolarmeer …
… "Stina. Hallo", "Stina. Hallo." Die hübsche, aber schon ein wenig verblühte Stina Jacobsen hat einen jeden von uns begrüßt. Jetzt müssen wir uns verabschieden.
Die Jacobsens und ein kleiner Trupp Walfänger, der noch nicht schlafen gegangen ist, bringen uns zum Anleger. Alle Norweger wollen jeden von uns umarmen. Dafür reicht die Zeit nicht: Jungs, es ist einfach zu kalt. "Sie werden etwas länger unsere Gäste sein müssen", sagt Kapitän Jacobsen zu Shackleton und Worsley. "Aber wir werden Ihnen die Zeit schon verkürzen helfen!"
Er lacht wie ein Gletscher, und er knallt dem Sir eine flache Hand auf den Arm.
Der Sir bedankt sich auf seine eigene Weise und sagt: "Ich werde Ihre Großzügigkeit und Gastfreundschaft niemals vergessen, Fridtjof Jacobsen!"
Nichts Feierliches liegt darin, bloß so überwältigende Offenheit und ein so überraschender Ernst, dass Jacobsen sichtbar gerührt, aber auch ziemlich irritiert ist. Als er Tom Crean zum Abschied die Hand gibt, verneigt sich die schnurrbärtige Walfanglegende vor ihm wie vor einem Gralsritter.
Wir legen ab und rudern langsam durch die kalte Bucht. Irgendwann sehe ich über die Schulter meines Vordermannes hinweg die Girlanden und das Licht am Haus der Jacobsens ausgehen. Auf Südgeorgien wird es dunkel. Ohne dass einer in den Booten etwas sagen muss, erhöhen wir die Schlagzahl und peitschen die Kutter durch den Gestank. Und weil ich mir nicht die Nase zuhalten kann, versuche ich an Sägemehl zu denken, an den Sägemehlduft in Vaters Werkstatt: Pillgwenlly im Winter!
Shackleton und ich, Zweites Buch, Erstes Kapitel, Herbst 2003
04.06.2004 11:31:23
Kyoto umsetzen. Wohin?
01.06.2004 10:49:36
Morgengrauen. Drei im Rausch: In meiner Unterzuckerung zwei Rennmaschinen hin und her über die kilometerweit entfernte Autobahn jagend.
30.05.2004 12:33:01
Grytviken (2)
In völliger Windstille werfen wir in der Ostcumberland-Bucht vor Grytviken Anker. Ein mächtiger alter Walfänger, dessen Stars-and-Stripes-Banner Bakewells Yankeeherz höher schlagen lässt, liegt in Rufweite, und die Wohnhäuschen und Flenserbaracken am Ufer sehen aus wie von den schwarzen Berghängen gerutscht und liegen geblieben im Schnee. Cheetham und Hurley, die beide schon hier waren, erläutern mit großen Gesten Grytvikens Sehenswürdigkeiten. Dort werden die Wale an Land geschleppt, da unter den Kränen, die aussehen wie Kapellen mit Angelruten, zerlegt man sie, und gleich da vorn steht auch das echte Gotteshaus, der Ort, wo Pastor Gunvald, mit dem laut Cheetham nicht gut Kirschen essen ist, die Walfängerseele zerlegt und nach Gottes Gesichtspunkten wieder zusammenfügt. Der schmutzig gelbe Turm von Grytvikens Kirchlein ist noch nicht mal so hoch wie der Mast, an dem die gleiche Flagge in der Windstille hängt, die seit drei Jahren am Pol aufgepflanzt steht: das norwegische Kreuz.
Zwei der drei Beiboote sind klar. Wenn es heraus ist, wer an Bord Wache schieben muss und die Hunde versorgt, geht es hinüber. Ich platze vor Spannung, denn angeblich ist der Leiter der Walfangstation Roald Amundsens Schwager.
Wild und Greenstreet bleiben mit sechs Mann zurück, darunter zum Glück der Bos'n und der Heizer Stephenson, leider aber auch Holness, den ich inzwischen sehr liebe. Wir anderen, zu zehnt in jedem der zwei Kutter, legen ab und rudern, pullen mit Gejohle und Grinsen Achter gegen Achter, denn mehr Riemen haben die Boote nicht. In meinem steht Shackleton im Bug und sitzt Worsley am Steuer. Drüben lassen die Veteranen die Jungspunde sich austoben. Während ihr Boot dahinsaust und eine Länge Vorsprung herausholt, stopft sich Crean einhändig die Pfeife. Einmal guckt er herüber, und ich meine, wie einen langsamen Blitz ein Lächeln in seinen Mundwinkeln zu sehen; aber sicher bin ich mir nicht. Die Berge auf der Insel scheinen weder zur Erde noch zum Himmel zu gehören. Der Himmel ist vollständig weiß, und genauso weiß sind die Hände und Finger der Gletscher, die über die Hänge bis ins Wasser der Bucht greifen. Die schwarzen Felsgrate und darüber die Gipfel sehen aus, als würden sie in der Luft stehen, und die Luft ist so schneidend kalt, dass man einen darin schwebenden Berg schon deshalb für gut möglich hält, weil man nicht lang hinaufsehen kann. Unentwegt blinzeln die Augen vor Kälte.
Als unser Boot die Hälfte der Strecke bis zum Anleger hinter sich hat, habe ich mich langsam an die Kälte gewöhnt und sehe deutlicher, wie die Insel beschaffen ist: Entlang der gesamten verschlungenen Küstenlinie der Bucht treffen sich Land und Eismeer in einem Gewirr aus blauschattigen Druckfalten und Gletscherfurchen. Die um den Fjord laufenden Felswände reflektieren das weiche Schneelicht, und wie ein glitzernder Hauch liegt ein Blauschimmer über dem Wasser, durch das wir fahren. Es riecht wie im verschneiten Tannenwald.
Aber nicht lange.
"Geh mehr backbord, Frank!", ruft Shackleton aus dem Bug, nicht aufgeregt aber doch bestimmt. Ich pulle und kann nicht sehen, was in meinem Rücken ihn dazu veranlasst. Bis ich es rieche. Und bis ich sehe, dass das Wasser erst violett und dann rot wird, blutrot.
Ein grässlicher Verwesungsgestank liegt über der Buchtmitte.
"Gott, wie abscheulich", sagt Hussey neben mir und drückt die Riemen aus dem Wasser. Die Ruderblätter auf Kopfhöhe, zieht unser Boot lautlos durch das rote Wasser, und jetzt recken wir die Hälse bugwärts. Die Wale treiben Seite an Seite, fünf oder sechs miteinander verzurrte und über eine quer darüber liegende Planke verbundene Kadaver, die Köpfe unter Wasser, nur die Mäuler schauen ein Stück heraus, Kiefer mit Zähnen, die jeder so dick und lang sind wie ein Männerschenkel.
"Pullt!", ruft Shackleton. "Das hält ja kein Mensch aus. Pullt!"
Wir passieren eine weitere Kadavergruppe, dann lässt der Gestank allmählich nach. Creans Boot macht schon fest, und die Norweger helfen den Männern die Leiter hoch und begrüßen sie.
"Sehr erfreut, Sir!", sagt auf Englisch einer der hageren und blitzsauber angezogenen Walfänger zu Crean, der sofort rot anläuft und den Irrtum richtig zu stellen versucht, indem er sich bückt und dem Sir auf den Landesteg hilft.
"Darf ich vorstellen: Tom Crean", sagt Shackleton, sobald er oben steht und noch bevor er sich selbst zu erkennen gibt.
Das Wasser, das gegen den Anleger plätschert, ist noch genauso rot.
Shackleton und ich, Zweites Buch ("Die ausgelassene Küste"), Erstes Kapitel (Fortsetzung), Herbst 2003
28.05.2004 18:39:20
Grytviken
Ich erinnere mich an einen Traum, den ich vor einigen Jahren mehrere Nächte hintereinander hatte. Der Grund, weswegen ich so angestrengt träumte, war vielleicht der, dass zu dieser Zeit meine Schwester bei mir im Bett schlief, und wer weiß, vielleicht habe ich den Traum ja sogar bloß deshalb nicht vergessen.
Ich entsinne mich, dass es tiefer Winter war. In der alten Fischfabrik von Pillgwenlly gab es einen Unfall, bei dem der Vorarbeiter Alec Garrard beide Hände verlor. Sein Ersatz und Nachfolger war ein junger Mann, der aus Cardiff anreiste. Und weil sie mit der Familie des verunglückten Vorarbeiters befreundet sind, gaben meine Eltern diesem jungen Herrn vorübergehend Regyns Zimmer zum Quartier. So kam eines Mittags, eingemummelt in Mantel, Mütze und Schal, mit winzigen Eiszapfen in Augenbrauen und Bart, Herman durch den Garten gestapft und bezog, ohne es zu ahnen, das Zimmer seiner späteren Frau.
Ich hatte lange nicht mehr mit Regyn unter einer Decke geschlafen, zuletzt irgendwann als wir beide noch Kinder waren und uns nichts dabei dachten, wenn wir gemeinsam nackt im Usk schwammen, um nach Krebsen zu tauchen. Ich lag da im Dunkeln, die Lider aufgeklappt wie ein Vampir, und spürte und scheute die Wärme, die Regyns Körper verbreitete. Meine Schwester atmete gleichmäßig und ruhig, und ich fragte mich lange, ob sie wohl nur so tat, als schlafe sie. Ich nämlich hörte jeden Schritt und jedes Geräusch des fremden Mannes, der hinter der Wand auf und ab ging, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es Regyn anders erging.
Das Seltsame an dem Traum, den ich in dieser Nacht zum ersten Mal hatte, war, dass er nicht allein aus Bildern und Tönen bestand, sondern dass die Bilder und Töne mir wie aneinander gekoppelte Teile eines orgelähnlichen Mechanismus vorkamen, den ich mit geringsten Körperbewegungen selber bediente. So weiß ich noch, dass ich unter dem lauten Hallen meiner Schritte eine steinerne weiße Wendeltreppe hinaufrannte und dass, oben angekommen, wo nichts war außer einer leeren Wand, ich aufwachte und mich um Regyns Rücken gekrümmt fand, gekrümmt wie die Treppe in meinem Traum.
Herman wohnte eine ganze Woche lang in Regyns Zimmer, und in jeder der sechs oder sieben Nächte, die sie und ich uns mein Bett teilten, träumte ich denselben Traum von mir als der Körperorgel. Der Traum hat keine eigentliche Geschichte. Eine Gruppe von Zwergen kommt darin vor, ein Dutzend gesichtsloser, vollkommen gleich aussehender, mit Kapuzenmänteln bekleideter Männlein, die ich dabei beobachte, wie sie hintereinanderher an einem Fluss entlang über eine schneeweiße, von schwarzen und baumlosen Berggipfeln umgebene Landschaft stapfen. Und doch gibt es nichts außer den Zwergen und mir: Das Land ist so weiß, die Berge so schwarz, dass sie wie eine Schrift erscheinen, die man nicht lesen kann und deren Sinn sich nicht erschließt. Der Fluss führt kein Wasser. Er ist einfach nur leer. Ich bin untrennbar mit den Zwergen verbunden. Ihre Gruppe bewegt sich, wenn ich mich bewege. Sie bleiben stehen, wenn ich mich nicht rühre. Mit manchmal schrillen, manchmal dumpfen Tönen, einem leisen, aber durchdringenden Gellen und einem alles überdeckenden Brummen steuere ich die Männlein, lenke sie, wie mir allmählich bewusst wird, zu mir. Ich kann mich nicht erinnern, dass es mir damals klar war, heute bin ich mir sicher, dass jeder der Zwerge für eines meiner Glieder stand: einer für einen Arm, ein anderer für ein Bein, einen Fuß oder einen Finger.
Die Landschaft blieb immer dieselbe, sie war immer bloß leer, die Berge mit den weißen Gipfeln und den schwarzen nackten Hängen liefen endlos an den leeren, nichts begrenzenden Ufern dahin. Erst als die Zwerge in einem weiten Bogen auf mich zu marschiert waren und dicht vor mir standen, rannte ich davon und hastete die Treppe hinauf, an deren kahlen Ende ich immer aufs neue aufwachte. Dann rückte ich von Regyn weg, drehte mich zur Wand und horchte. Manchmal hörte ich, wie Herman schnarchte. Und in der letzten Nacht mit Regyn wachte ich auf und lag wieder allein in meinem Bett. Wie meine Schwester war der Traum verschwunden und kam nicht wieder.
Ich hätte nie für möglich gehalten, einmal ein Land wie das aus meinem Traum wirklich kennen zu lernen.
Wir haben anderthalb Tage Fahrt seit den Shag Felsen hinter uns. Das Wetter ist immer noch unbeständig, aber es ist stetig kälter geworden. Am Morgen hat der Ausguck Land gemeldet. Wir haben die kleine Willis-Insel und Bird-Insel passiert und sind dann in gebührender Entfernung unter gerefften Marssegeln die immer wieder in Schneeböen verschwindende Nordküste hinabgefahren.
Die schwarzen Berge, das weiße Land, das bis auf den Grund klare Wasser in dem Fjord, durch den wir hineingefahren sind … das Land, das ich meine wiederzuerkennen, ist die Insel Südgeorgien.
Shackleton und ich, Zweites Buch, Erstes Kapitel, Herbst 2003
24.05.2004 13:25:43
Die Taubenuhr
Okay, that don't impress you much … Ich verbrachte den Abend / vor dem Spiegel sitzend, um / mir Gesellschaft zu leisten … so will ich demnächst ein Gedicht beginnen, eine (versteckte) Hommage an Cesare Pavese, dessen Tagebücher und Erzählungen ich derzeit lese. Über die Fortschritte beim Verfertigen dieser Verse will ich Euch auf dem Laufenden halten.
Ich habe eine wenn auch bloß vage Idee, wie es weitergehen könnte. Mit einem Bild nämlich, dass (Sylvia hat sich schön zu derlei (K)Lad(d)enhütern geäußert) mich schon sehr lang beschäftigt:
Vor einer meiner ersten dem Zucker geschuldeten Augenuntersuchungen sah ich vom Wartezimmer aus, wie vor dem Fenster Tauben ein- und ausflogen in der Ruine der auf dem Platz der Fußgängerzone stehenden Elektrouhr. Im Verlauf der Augenuntersuchung (das erste Wort meines "Hibiskus Code") werden die Pupillen, um ihren Hintergrund beleuchten zu können, vom Arzt weit gestellt, was zur Folge hat, dass sie sich bei Lichteinfall nicht mehr verengen und anpassen können. Dieser Zustand der Blendung dauert etwa eine halbe Stunde an und beschert ein eigentümliches Gefühl von Ausgeliefertsein und Dazugehörigkeit. In diesem Zeitlicht am Arm meiner Frau später wieder im Freien, sah ich dort wo sie heute nicht mehr steht noch einmal die Taubenuhr.
04.05.2004 11:36:02
Die Bibliothek
Shackleton hat unsere Abfahrt ins Eis für den Mittag in drei Tagen festgelegt. Seit vorgestern ist er mit Cheetham, Crean und Wild in Stromness, um mit Kapitän Sørlle zu reden, und während fast alle von uns an Land weilen und im Spritzenhaus die verbleibende Zeit nutzen, um Briefe nach Hause zu schreiben, die das Postschiff mit zurück nehmen soll zu den Falklands, bin ich an Bord geblieben und fahre mit Bakewell, der die Arbeit vorm Mast verrichtet, mit Holness, der der ENDURANCE Feuer unterm Hintern macht, und mit dem Skipper, der für einen Tag das alleinige Sagen über die Brücke hat, hinüber nach Leith Harbour, um letzten Proviant und Kohle zu bunkern. Keiner weiß, wieso die Walfangstation der Russen am Fuß des Coronda Peak genauso heißt wie der Hafen von Edinburgh, aber wichtig ist ja auch nur, dass der Sir mit den Russen einen günstigen Preis ausgehandelt hat. Bauholz, Mehl, Kondensmilch und einundvierzig Kisten Kartoffeln schaffen die Walfänger, dirigiert von Worsley, an Bord, bevor sich die eigenwillige Bunkerkonstruktion, die Chippy McNeish zwischen Deckshaus und Hauptmast gezimmert hat, als tauglich erweisen muss. Und während die schnell völlig schwarzen Russen Stunde um Stunde die Kohle in die Rigg schippen, stehe ich vor den blitzblanken leeren Regalen in Shackletons Kajüte, überlege, wohin ich welches Buch stelle, krame in einer Kiste, popele ein bisschen in der Nase und lese.
Wie soll ich eine Bibliothek sortieren, die vielleicht nicht sehr groß ist, doch von deren bestimmt an die hundert Büchern ich außer der Bibel und den Tagebüchern Scotts kein einziges kenne? Alphabetisch, würde man meinen. Aber so leicht will ich es mir nicht machen, zumal es nicht das sein dürfte, was der Boss von mir erwartet.
Was erwartet er dann? Eine Zeitlang spiele ich mit dem Gedanken, die Wälzer nach ihrer Größe zu ordnen, oder nach der Farbe ihrer Rücken, so wie im Lager von Vater Nägel, Schrauben, Werkzeug und Holz in ihren Dosen und Kisten und Borden akkurat einsortiert und deshalb prompt wiederauffindbar sind … während es in Muldoons Laden ganze Bereiche gibt, in denen eine einzige Farbe vorherrscht: rote Stricke, rote Taue, rote Leinwand. So dass man einen Moment stockt, wenn Ennid ein rotes Kleid anhat und hinter dem Tresen einfach aus dem roten in den blauen Bereich hinübergeht. Shackleton, der ein bestimmtes Buch sucht, wäre damit allerdings kaum geholfen. Die Bücher nach Größe oder Farbe zu sortieren, würde bedeuten, dass er sich das Aussehen von einem jeden einprägen und ständig parat haben müsste, welche Farbe beispielsweise dieser zweibändige Schinken "Voyage autour du monde" eines gewissen Louis-Antoine de Bougainville hat, nämlich ein ziemlich abgegrabbeltes Schwarz. Ebenso müsste er sich merken, dass das schmalste Buch in seiner Sammlung eines von Fridtjof Nansen ist, "Auf Schneeschuhen übers Gebirge. Von Bergen nach Kristiania". Und es würde bedeuten, dass ich Nansen leider von Nansen trennen müsste, denn das andere Buch von ihm, das Shackleton besitzt, "In Nacht und Eis. Die norwegische Polarexpedition 1893 - 1896", zählt eindeutig zu den dicksten Bänden und müsste somit am anderen Regalende zu stehen kommen. Kann das der Sinn der Sache sein?
Wenn der furchtbare Lärm der in den Riggbunker krachenden Kohle einmal nachlässt, hört man die Schreie der Vögel, die über der Bucht kreisen. Die Russen, die ihre Schubkarren über eine Planke an Bord rollen, werden nicht müde zu lachen. Einen Augenblick lang wünsche ich mir, ich könnte mit einem von ihnen tauschen. Aber dann sage ich mir, dass während für mich der erste Schritt der schwerste ist, für diese Jungs oben an Deck alle Schritte gleich schwer sind. Ich stelle mich in das durch die Kajütfenster fallende Licht und schlage das dünne Nansen-Bändchen an einer beliebigen Stelle auf.
Da steht: "Endlich hatte ich das Schlimmste überwunden. Puh, war das heiß! Das griff Arme und Beine an, und die Sonne briet. Ich empfand brennenden Durst, und der Schnee labte wenig. Vor Freude darüber, so weit gekommen zu sein, holte ich die Apfelsine hervor, die ich solange aufgespart hatte. Sie war gefroren und hart wie eine Kokosnuss. Ich aß sie ganz, Schale und Fleisch; mit Schnee gemischt war sie eine gute Erfrischung."
Nach einer Weile, die ich nicht untätig verstreichen lasse, sondern dazu nutze, sämtliche Bücher aus ihren Kisten und Kartons zu holen und vor Shackletons Schreibpult aufzustapeln, bin ich wild entschlossen, die Sache anders anzugehen. Ich werde, sage ich mir, die Schmöker nach ihrer Entstehungszeit ordnen, oder besser nach der jeweiligen Zeit, von der die einzelnen Bücher handeln. Denn es fällt ja sogar mir auf, dass auf fast jedem Buchrücken nach dem Titel zwei Jahreszahlen vermerkt sind, eine für den Beginn und eine für das Ende der Reise, die der Bericht schildert. Merce, das musst du überprüfen. Bücher mit Jahreszahlen im Titel kommen auf einen, solche ohne auf einen anderen Stapel. Auf den ersten lege ich den dicken Nansen, auf den zweiten den dünnen. Auf den ersten kommt F. A. Cooks "Die erste Südpolarnacht: 1898 - 1899. Bericht über die Entdeckungsreise der BELGICA in der Südpolarregion", auf den zweiten dagegen "Umständlicher Bericht des Arthur Gordon Pym von Nantucket" von Edgar Allan Poe sowie "Die fliegenden Menschen oder Wunderbare Begebenheiten Peter Wilkins, darunter sein Schiffbruch am Südpol", ein Buch, das, wie auf der ersten Seite zu lesen ist, Robert Paltock im Jahr 1784 geschrieben hat. Was mich auf eine weitere Idee bringt. Ich nehme ein beliebiges Buch von denen ohne Jahresziffern und schaue nach, ob auch das ein Erscheinungsjahr aufweist: Alexander Dalrymple, "Historische Sammlung der verschiedenen Reisen nach der Südsee und der daselbst gemachten Entdeckungen". Gleich auf der ersten Seite werde ich fündig: London 1770. Und um ganz sicher zu gehen, dass sich jedes der Bücher zeitlich einordnen lässt, greife ich mir nochmal den Poe: "Umständlicher Bericht des Arthur Gordon" undsoweiter. Vorne drin keine Jahreszahl. Aber hinten, versteckt auf der letzten Seite und ganz winzig, steht es: New York, 1838.
Von seinem eigenen ehemaligen Boss und späteren Widersacher liegen zwei Bücher in Shackletons Kisten: "Robert Falcon Scott: Die Reise der DISCOVERY 1901 - 1904" und dasjenige, das auch mein Bruder hat und mir abends immer vorlas: "Letzte Fahrt. Scotts Tagebücher 1910 - 1912". Ich weiß sofort, wo ich besagte Stelle finde, denn der Eintrag, in dem Scott das Ende von Titus Oates beschreibt, ist einer der letzten, bevor er selbst Abschied von der Welt nimmt: "Sollte dieses mein Tagebuch gefunden werden, so bitte ich um die Bekanntgabe folgender Tatsachen: Oates' letzte Gedanken galten seiner Mutter; unmittelbar vorher sprach er mit Stolz davon, dass sein Regiment sich über den Mut freuen werde, mit dem er dem Tod entgegengehe. Wir drei können seine Tapferkeit bezeugen. Wochenlang hat er unaussprechliche Schmerzen klaglos ertragen und war tätig und hilfsbereit bis zum letzten Augenblick. Bis zum Schluss hat er die Hoffnung nicht aufgegeben - nicht aufgeben wollen. Er war eine tapfere Seele, und dies war sein Ende: Er schlief die vorletzte Nacht in der Hoffnung, nicht wieder zu erwachen; aber er erwachte doch am Morgen - gestern! Draußen tobte ein Orkan. 'Ich will einmal hinausgehen', sagte er, 'und bleibe vielleicht eine Weile draußen.' Dann ging er in den Orkan hinaus - und wir haben ihn nicht wiedergesehen. Wir wussten, dass der arme Oates in seinen Tod hinausging, wir versuchten auch, es ihm auszureden, aber er handelte als Held und als englischer Gentleman. Wir drei übrigen hoffen, unserm Ende mit ähnlichem Mut entgegenzugehen, und dieses Ende ist sicherlich nicht mehr weit."
Es ist das erste Mal, dass ich das selbst lese, und wie damals, als ich im Bett liegend Dafydd zuhörte, läuft es mir kalt den Rücken dabei hinunter. Ich sehe wieder das Innere des winzigen Zeltes vor mir, in dem in ihren gefrorenen Schlafsäcken die drei Männer kauern, abgezehrt, vor Durst und Hunger halb besinnungslos und unfähig, ein verständliches Wort herauszubringen, weil die Zunge im Mund so dick geschwollen ist. Scott, Bowers und Wilson hören nichts als das endlose ohrenbetäubende Heulen des Sturms, der an dem Zelt zerrt und wieder und wieder gegen dieses einzige Hindernis im Umkreis von hunderten von Kilometern anrennt. Und Scott hat einen Bleistiftstummel und schreibt. Kritzelt etwas wie: "handelte als Held und als englischer Gentleman." Unfassbar. Als würde man sich vor dem brüllenden Rachen, der einen gleich verschlucken wird, die Krawatte binden. Dafydd fand immer, dieser Todesmut sei an Tapferkeit nicht zu übertrumpfen. Für mich dagegen - und das ist es, was mir Schauder über den Rücken jagt - schreibt da ein Toter, einer der mit allem abgeschlossen hat, auch mit der Tapferkeit.
Ich lege das Tagebuch auf den Stapel. Vier Türme sind entstanden: ein Stapel aus den zwanzig Bänden der Enzyclopädia Britannica, einer aus Büchern mit Jahreszahlen im Titel, einer aus solchen nur mit Erscheinungsjahr und schließlich einer aus fünf Büchern, die weder das eine noch das andere aufweisen und die, soweit ich sehen kann, allesamt Geschichtsbücher sind, Bücher, die davon handeln, welche Vorstellungen Ptolemäus und die anderen alten Griechen und Römer von der Antarktis hatten. Ich muss immer noch an Scott denken. Indem ich Shackletons Kisten leer räume und seine Bücher hierhin und dorthin sortiere, spukt mir plötzlich wieder der Satz im Kopf herum, der, als Dafydd ihn vorlas, mir so zusetzte, dass ich heulen musste, sobald wir das Licht ausgemacht hatten und ich unter meiner Decke allein war: "Also schön, mein Lebenstraum - leb wohl!", schrieb Scott nämlich am Morgen vor der Rückkehr vom Pol. Oder nein, der Satz lautet anders. Ich suche das Buch nochmal heraus. Und da steht es: "Wohlan! Traum meiner Tage - leb wohl!"
Unter den letzten Büchern, die ich aus der Holzkiste herausfische, ist schließlich auch das Buch, das Shackleton erwähnte. Es ist grün und abgestoßen, und es hat Jahreszahlen im Titel: "Entdeckungsreise nach dem Süd-Polar-Meere in den Jahren 1839 - 1843". Von Sir James Clark Ross. Die übrigen drei sind in dünnes weißes Papier eingeschlagen und völlig gleiche Drillinge: Es sind Exemplare von Shackletons eigenem Buch "Das Herz der Antarktis. 21 Meilen vom Südpol. Die Geschichte der britischen Südpol-Expedition 1907 - 1909". Zahlreiche Abbildungen sind darin, Zeichnungen, die sanft und zugleich grimmig wirken, genauso wie ihr Schöpfer George Marston, mit dem ich heute noch gefrühstückt habe. Es gibt Porträts von Shackleton im Pullover vor einer weiten Eisfläche, eines heißt "Die NIMROD vor Tafeleisbergen vertäut", ein anderes zeigt ein Grammophon, das vor einer Gruppe neugierig die Hälse reckender Pinguine im Schnee steht, und auch ein Selbstporträt ist darunter: "Der erfindungsreiche Marston bei der Lektüre" liegt lesend in der Koje, auf seiner Schläfe eine brennende Kerze im Halter aus Porzellan. Damit bin ich einmal durch. Der Rest ist ein Klacks. Ich werfe noch einen Blick in die leeren Kisten und merke plötzlich, dass es ganz still ist. Kein Russe lacht, kein Bakewell kostet amerikanische Flüche aus, und ich höre, als ich im Kajütgang stehe, keinen australischen Skipper hinter seiner Tür auf und ab stiefeln. In Shackletons Kajüte türmt sich mein Werk: vier Stapel, die nach nichts aussehen, aber eine Heidenarbeit waren. Auch ich habe mir eine Pause verdient. Mit dem Schlüssel des Sirs schließe ich ab. Und bin noch nicht an Deck, da fällt mir ein, was ich vergessen habe: Wo zum Teufel steckt die Bibel der Königinmutter?
Shackleton und ich, 2. Buch, 6. Kapitel, Winter 2003/04
02.05.2004 09:55:18
Der Nutzen von Glas
Bei Nieselregen in der Bürostadt
glänzen die Hofbäume. Dein Anruf,
das Prasseln im Garten. Doch ich,
tief in den Senderskriptgegenden,
verschickt in beschleunigtes Land,
Brombeerheckenbraunelle.html.
Sag du mir, wie das kam.
Es ist kein wirklich heller Tag.
Dein Kuss erklärt den Nutzen von Glas.
Unter der blauen Stoffschräge
dreh ich das schwere Gesicht hinein
in den Spalt Sonne. Die Fieberwelt …
Linden halten den Duft bis zum Herbst,
dann reicht leichter Wind und er erlischt.
Krank sein, schlafen, nichts Schöneres.
Sag du mir, wie das kam.
Es ist ein heller Tag.
Dein Kuss erklärt den Nutzen von Glas.
Auf dem Sockel des Spiegelschranks
saß ich mit Zahnschmerzen als Junge,
bis ich lachte, weil Oma mich küsste.
Ihr Bild blickt mich an, ein Gesicht
wie ein Garten, ein Grab, Handwerk
ihres Lebens, verscharrt in der Zeit.
Sag du mir, wie das kam.
Es ist ein wirklich heller Tag.
Dein Kuss erklärt den Nutzen von Glas.
24.04.2004 22:02:10
Ich habe während des von Norbert Hummelt initiierten William-Butler-Yeats-Workshops im März im Übersetzerkollegium Straelen zu bedenken gegeben, dass Yeats in seinem berühmten Gedicht "Easter, 1916" ( http://hyde.park.uga.edu/~crice/east1916.html ), von dem ich hier meine Übersetzung zeige, eine durchaus nicht so unkritische Position gegenüber den irischen Osteraufständlern von 1916 einnimmt wie allenthalben behauptet - bin damit jedoch im Eifer der Diskussionen nicht sehr weit durchgedrungen.
Mein Gefühl anhand des Textes ist nicht vergangen, ich glaube inzwischen sogar, dass die dichterische Position angesichts gesellschaftlicher Umwälzung zu hinterfragen einen Hauptbeweggrund für das Gedicht darstellt. (Foto: Spiegel-online, Bagdad, heute)
13.04.2004 12:52:10
Ostern 1916
Ich traf sie frühabends meistens,
Sie kamen mit leuchtenden Augen
Von Schalter und Pult aus tristen
Achtzehnhunderter-Bauten.
Kurz nickend ging ich vorbei
Mit harmlosen netten Worten
Oder blieb stehen und sagte ein, zwei
Harmlose nette Worte
Und dachte, bevor ich es tat,
An einen Spottvers oder Witz,
Wie ihn ein Duzfreund gerne hat,
Wenn man im Club am Feuer sitzt,
Überzeugt, daß sie und mich
Nichts als die Narrentracht verband.
Alles änderte sich vollständig.
Furchtbare Schönheit entstand.
Tags lebte diese Frau
In stummer Emsigkeit;
Die Stimme war so rauh
Vom nächtelangen Streit.
Welch zarteres Stimmchen gab's,
Als sie, jung und umworben,
Mitritt auf Hasenjagd?
Er stand der Schule vor,
Ritt unser Flügelpferd,
Und er dort, sein Helfer und Freund,
Hat ihn erst lang nur verehrt
Und schließlich selbst von Ruhm geträumt,
So fühlend schien seine Natur,
So mutig und fein sein Kopf.
In dem da sah ich immer nur
Den Maulheld und besoffnen Tropf.
Einigen, die mir nahe stehen,
Hat er viel Unrecht zugefügt,
Und doch sei er im Lied erwähnt;
Im täglichen Theaterstück
Mitspielen will er weiter nicht;
Auch er hat es für sich erkannt
Und wandelte sich vollständig:
Furchtbare Schönheit entstand.
Herzen mit einem Ziel allein
In Sommer wie Winter scheinen
Verzaubert in den Stein,
Um den sich die Wirbel nie einen.
Das Pferd, das von der Straße stürzt,
Der Reiter, Vögel, deren Route
Aus Wolken in die Wolken führt -
Anders in jeder Minute;
Ein Wolkenschatten auf dem Fluß,
In jeder Minute anders;
Am Ufer strauchelt ein Huf,
Und ein Pferd plantscht im Wasser;
Das Moorhuhn stakst, taucht eben
Und läßt den Lockruf fallen;
In jeder Minute Leben -
Der Stein inmitten von allem.
Nicht endender Verzicht
Kann Stein aus Herzen machen.
O reicht es denn noch nicht?
Himmels Sache. Unsere Sache,
Zu murmeln Name auf Name
Wie die Mutter fürs Kind,
Das doch Schlaf überkam,
Rannte es noch so wild.
Ist es nicht Nachtbeginn?
Nein, Nacht nicht - sondern Tod.
War's letztlich ein Tod ohne Sinn?
Vielleicht hält England Wort
Nach all dem Hin und Her.
Ihr Traum ist bekannt - es genüge,
Sie träumten und sind nicht mehr.
Und was wenn Zuviel der Liebe
Sie in den Tod trieb seinerzeit?
Ich schreib es in einen Vers:
MacDonagh und MacBride
Und Connolly und Pearse,
Jetzt und auch zukünftig
Vereint im grünen Band,
Veränderten sich vollständig:
Furchtbare Schönheit entstand.
25. September 1916
William Butler Yeats
13.04.2004 11:37:33
Ich nehme 40
40, ich nehme 40,
das wird reichen, bis ich alt bin
und grau wie der Regen.
Möwen,
kreisen über der Bürostadt.
40, ich nehme 40,
Versicherungen, neue Leben.
Für Christine Marendon
06.04.2004 13:53:49
Verramschen
40, ich nehme 40, das wird reichen, bis ich alt bin und grau
wie der Regen. Möwen, kreisen über der Bürostadt.
05.04.2004 15:44:29
Collage: Ghérasim Luca .................
30.03.2004 15:40:06
Irgendwas läuft hier verdammich nicht richtig rund. Was?
*breakfastpark° - dein zuhause Hop~Hop~Hoppeldi-Popp ! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Diesmal in *breakfastpark° 3rd Season, 1100h-1900h: * ~ 28.03. easter motel / autohotel hase ~ the günther grasses gehen am *b°-sonntag vor ostern für euch in die 5-sterne-hölle! : rettung bietet dann vielleicht der easter-bunnie-comedical support von heino trusheim mit standupcomedy um 1500h. : frisch gehopst - unsere dj-hasis don appetito (saint pauli !) dietschey slomoschn ellen bogen * Wir wünschen allen einen schönen Frühling! Frische Grüße : M. *b°-Team ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ immer ein plätzchen für neue musiker, djs, autoren! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ wwwatch out for www.breakfastpark.de * breakfastpark is guest at bar&lounge "die welt ist schön", neuer pferdemarkt 4, 20359 hh *** * ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ breakfastpark wird unterstützt von panasonic toughbooks u. technologie, studio funk equipment, getränken von jever /brau und brunnen, und von saintpauli.de mit fine tuned music on cd. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ *
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m" | mzwei - marken kommunikation
25.03.2004 20:50:05
"Three of the membres were quite talkative, quite open. All of them were if you spoke to them casually. But if you put a tape recorder down they'd refuse to talk. The bass player, Hooky – Peter Hook – got very intractable and argumentative, and refused to answer any direct questions, especially any probing the meaning of their music. He was not ill-natured, of course, I ended up having a big argument with him about the meaning of interviews instead.
I saw them at a TV studio in Manchester where they were recording a song for a local program. They did a couple of run-throughs, and weren't getting on particulaly well with the director. The TV crew would say, "Go through it again"; they would, and no one would say whether that was any good or not. Eventually the floor manager said, "That's it, it's all over now." They were unaware that that was the final take, and they went to the control room to see what was happening. The director had covered the group with video effects; he thought he was being really creative. Beaming with pride, he turned to the group and said, "Well what'd you think of that, then?" They were just silent; then Hooky said, "I thought it was a load of fucking rubbish." A few minutes after that the whole group tromped out, and no more words were said. That's sort of what Hooky's like, and it's from him that their stonewalling thing came.
The music had much to do with Martin Hannett. He defined Joy Division's sound to a large extent. He's obsessed with electronics; he'd buy all the latest equipment he could get his hands on. He'd arrive at the studio with these big boxes, hook them up and start recording.
Once Hannett put Joy Division through phase shifters, equalized them, beefed them up in the right places and so forth, the music sounded very sophisticated technologically. Performing was a bit of a problem until they could duplicate the sound live. They were a great heavy metal band onstage, and could really have cleaned up if they'd gone on. They looked completely wrong, though, because they didn't wear denim or long hair.
What the music sounded like came to a great extent from Bernard Albrecht, the guitarist; Hooky, the bassist; and Martin Hannett. The atmospheric of the music and, of course, the lyrics came from Curtis. They all had a strong input; Joy Division was pretty much a combination of talents."
22.03.2004 15:47:40
Mysteries
God knows how I adore life When the wind turns on the shores lies another day I cannot ask for more
When the time bell blows my heart And I have scored a better day Well nobody made this war of mine
And the moments that I enjoy A place of love and mystery I'll be there anytime
Oh mysteries of love Where war is no more I'll be there anytime
When the time bell blows my heart And I have scored a better day Well nobody made this war of mine
And the moments that I enjoy A place of love and mystery I'll be there anytime
Mysteries of love Where war is no more I'll be there anytime
*
Beth Gibbons
22.03.2004 15:42:08
Schwelm
Im Augenblick, da ich zur Uhr sah, blieb sie
stehen. Schwarzer Block, im Schneegestöber
Eingang eines Tunnels, der Ostwestexpress
raste heraus, Schnittblumen. Schnittblumen
auf beiden Seiten der Grenze, beiden der Zeit.
15.03.2004 16:22:02
Der Weg entweder zwischen den zwei Bächen … oder um einen von den beiden herum, der Weg in Gedanken, ich weg und alles, was einfällt, da: Gedichtwitterung. Fremder Garten, noch erschüttert vom Kahlschlag unter den Tannen, in die die Spiddel letzten Sommer den Ball droschen, finde ich mit einem Mal die halbe Flanke des Bachs an der Koppel gerodet, brandgerodet, und in der feuchten Schneeluft die zwei Rauchfahnen von so bösem wie schönem Milchblau.
08.03.2004 21:57:56
"H. geht auf Distanz zur beobachteten Natur und macht dabei immer wieder ungeheuerliche Entdeckungen. Vermutlich ist er der weltweit Einzige, der sich ernsthafte Gedanken macht, wie die durch das Blattwerk einer Hecke gebrochene Wahrnehmung eines Vogels aussehen könnte."
27.02.2004 21:40:27
Ein Fluss erwacht. Weitum Hawaii schwimmt im Meer ein Teppich aus Müll von der Größe Mitteleuropas. Lies im Internet: Die fünf Kinder Catherine, Carol, Charles, Claudia und Cecilia von Ralph und Carolyn Cummins aus Clintwood, Virginia kamen zwischen 1952 und 1966 zur Welt, alle am 20. Februar. Und von einer "Mutter aus dem Schwarzwald" heißt es: Die Frau fotografiert ihren vierjährigen Sohn, bringt den Film nach Straßburg zum Entwickeln, kann ihn aber wegen des Ersten Weltkriegs nicht abholen. Zwei Jahre später kauft sie in Frankfurt einen neuen Film, um ihre inzwischen geborene Tochter aufzunehmen. Jedoch erweist sich der Film als doppelt belichtet, die erste Aufnahme zeigt ihren zwei Jahre vorher fotografierten Sohn. Auch zwei Männer namens Franz Richter geistern durch das Netz: Zwei weder verwandte noch verschwägerte Soldaten werden im Ersten Weltkrieg ins selbe Lazarett gebracht. Sie sind beide aus Schlesien, dienen beide als Freiwillige in einer Transportkompanie und heißen beide Franz Richter. Ob einer der beiden wohl ahnte, dass am 5. Dezember 1664 ein Atlantiksegler vor der walisischen Küste sank, von dessen 81 Passagieren nur einer, ein Mann mit Namen Hugh Williams, überlebte? Die Namenszwillinge hätten sich nicht länger für etwas so Besonderes gehalten, wäre ihnen zu Ohren gekommen, dass an einem anderen 5. Dezember, 120 Jahre später, ein anderes Schiff sank, dessen einziger Überlebender gleichfalls Hugh Williams hieß. Und als am 5. Dezember 1860 ein weiteres Schiff sinkt, heißt der einzige Überlebende wiederum Hugh Williams. Carl Zuckmayer durfte kaum hoffen, einem zweiten Carl Zuckmayer zu begegnen, er muss mit einer Tapete vorlieb nehmen, einer Art Schicksalstapete. "Viele Jahre nach meiner Flucht aus dem besetzten Österreich", schreibt Zuckmayer in Als wär's ein Stück von mir, "wurde ich drüben in Amerika einmal von Freunden aus meiner Vermonter Farm- und Waldeinsamkeit weggeholt, um einen amerikanischen Schriftsteller kennenzulernen, der sich einige kleine Autostunden weit in einer Ortschaft des alten, kolonialen Neu-England angesiedelt hatte." Nach einer ausgiebigen Hausbesichtigung und nach langem Drängen "Zuckermayers" schließt der Autor, der Carl Mayr heißt, ein unbeheiztes und deshalb nicht bewohntes letztes Gartenzimmer auf, worin fein säuberlich an der Wand verklebt die Originaltapete aus Salzburg hängt. Kinder spielen in dem Zimmer, die fünf Kinder der Familie Cummins aus Clintwood, Virginia. Zwei spielen mit Soldatenpuppen, drei kleben Bildchen von Segelschiffen an Carl Zuckmayers Tapete, und Carl Mayr zieht sich die Maske von seinem ganz und gar leeren Gesicht.