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Essay
Olav H. Hauge - Europäischer Dichter aus Norwegen
Olav Hauge hatte sich mit der Edda intensiv beschäftigt, hatte Altnordisch gelernt und die Texte im Original gelesen. Den Niederschlag dieser Arbeit finden wir z.B. in den Gedichten, die sich an der Spruch- und Rätseldichtung orientieren. Sie kommen mitunter ganz harmlos daher, als kämen in ihnen die Dinge zum Sprechen, tatsächlich benutzt aber der Dichter die Dinge als Maske, die er sich oder anderen vorhält. Er wird deutlich und bleibt doch verborgen, oder er kann kritisieren, indem er die Kritisierten nicht nennt, sondern nur von ihrer Maske spricht. Die Kritisierten spenden sogar Beifall, nennen es Dinggedicht, sie fühlen sich nicht gemeint wie in
DIE SÄGE
Schrapp,
sagt die Säge.
Gutes Holz.
Sie sagt was
sie meint,
die Säge.
Im Tagebuch schreibt er am 5. Dezember 1979: „Die Alten pflegten Stille und Harmonie, man könnte fast glauben, sie lebten in stillen und friedlichen Zeiten. Nun pflegen sie Unruhe und Lärm, vielleicht weil sie meinen, sie müßten, und zwar um Leben und Tod, Realisten sein. Die Lyrik ist zur Holzschuhfiedel geworden, zur Sägeblattmusik, Stacheldrahtmusik, schlägt auf Blechfässer und Eisenplatten.“
IM HÜHNERHOF
Im Hühnerhof mußt du
dich abseits halten
von Hahn und Oberhenne,
blinzle nicht,
heb nicht den Fuß!
Schon ein Nicken von dir
ist ein Schlangenbiß.
HEUTE SAH ICH
Heute sah ich
zwei Monde,
einen neuen
und einen alten.
Ich glaube fest an den Neumond.
Doch es war wohl der alte.
Daß das Schweigen nicht nur in der altnordischen Dichtung, sondern auch in der von Taoismus und Chan- bzw. Zen-Buddhismus Chinas und Japans geprägten, ein so großes Gewicht hat, blieb Hauge nicht verborgen.
Die Worte des Gedichts legen sich wie eine schützende Hülle um das Schweigen, aber nur so kann es überhaupt von uns vernommen werden. Es ist wie das Atmen hinter einem Vorhang, das wir noch eben verspüren. Immer wieder taucht die Behauptung auf, daß die Worte des Gedichts in das Schweigen, das Unsagbare hineinreichen, ihm etwas abringen könnten. Sie können es nicht. Das Schweigen spricht zu uns durch Worte, die kein Schweigen sind, Worte, die etwas sagen, indem sie es nicht sagen.
DIE SENSE
Ich bin so alt,
daß ich noch mit der Sense mäh‘.
Still singt sie im Grase
und die Gedanken können gehn.
Durch die Sense zu fallen,
sagt das Gras,
tut nicht einmal weh.
LJÅEN
Eg er so gamal
at eg held meg til ljå.
Stilt syng han i graset,
og tankane kan gå.
Det gjer ikkje vondt heller,
segjer graset,
å falla for ljå.
DIE SÄGE
Schrapp,
sagt die Säge.
Gutes Holz.
Sie sagt was
sie meint,
die Säge.
Im Tagebuch schreibt er am 5. Dezember 1979: „Die Alten pflegten Stille und Harmonie, man könnte fast glauben, sie lebten in stillen und friedlichen Zeiten. Nun pflegen sie Unruhe und Lärm, vielleicht weil sie meinen, sie müßten, und zwar um Leben und Tod, Realisten sein. Die Lyrik ist zur Holzschuhfiedel geworden, zur Sägeblattmusik, Stacheldrahtmusik, schlägt auf Blechfässer und Eisenplatten.“
IM HÜHNERHOF
Im Hühnerhof mußt du
dich abseits halten
von Hahn und Oberhenne,
blinzle nicht,
heb nicht den Fuß!
Schon ein Nicken von dir
ist ein Schlangenbiß.
HEUTE SAH ICH
Heute sah ich
zwei Monde,
einen neuen
und einen alten.
Ich glaube fest an den Neumond.
Doch es war wohl der alte.
Daß das Schweigen nicht nur in der altnordischen Dichtung, sondern auch in der von Taoismus und Chan- bzw. Zen-Buddhismus Chinas und Japans geprägten, ein so großes Gewicht hat, blieb Hauge nicht verborgen.
Die Worte des Gedichts legen sich wie eine schützende Hülle um das Schweigen, aber nur so kann es überhaupt von uns vernommen werden. Es ist wie das Atmen hinter einem Vorhang, das wir noch eben verspüren. Immer wieder taucht die Behauptung auf, daß die Worte des Gedichts in das Schweigen, das Unsagbare hineinreichen, ihm etwas abringen könnten. Sie können es nicht. Das Schweigen spricht zu uns durch Worte, die kein Schweigen sind, Worte, die etwas sagen, indem sie es nicht sagen.
DIE SENSE
Ich bin so alt,
daß ich noch mit der Sense mäh‘.
Still singt sie im Grase
und die Gedanken können gehn.
Durch die Sense zu fallen,
sagt das Gras,
tut nicht einmal weh.
LJÅEN
Eg er so gamal
at eg held meg til ljå.
Stilt syng han i graset,
og tankane kan gå.
Det gjer ikkje vondt heller,
segjer graset,
å falla for ljå.