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Langweiler & Bescheidwisser Vereinfacht: Fernsehen gegen Feuilleton, ein Kampf gegen den ökonomischen Bedeutungsverlust des klassischen Feuilletons. Es ist kein Geheimnis, dass eine Rezension in der Süddeutschen oder der Zeit nur noch wenig Einfluss auf die Verkaufszahlen eines Buches hat. Der Auftritt von Rainald Goetz in der Harald Schmidt Show hat mit Sicherheit mehr zum Verkauf von loslabern beigetragen als die Besprechungen in den fünf klassischen überregionalen Zeitungen. Und schon längst gilt die Brigitte als eins der wichtigsten Druckerzeugnisse für das Ankurbeln der Verkäufe. Dies kann man beklagen, und dies zu Recht. Nur führt die Klage ebenso wenig zu einem Ziel wie eine erregte Grabenziehung. Auch wenn Winkels dann doch scheinbar versöhnlich für mehr Empathie bei den Gnostikern und mehr Gnostik bei den Emphatikern plädiert: Der vorliegende Band liefert Zeugnis von den Gründen, die zum beklagten drohenden Verlust der Deutungshoheit durch die Vertreter der reinen Kritiklehre führt. Aber der Reihe nach. Winkels Buch trägt den Titel „Kann man Bücher lieben? Vom Umgang mit neuer Literatur“ und versammelt neben dem erwähnten Zeit-Artikel weitere andernorts erschienene Rezensionen, Essays, autobiographische Einsprengsel und Porträts. Interessant die Einblicke in das Leben eines hauptberuflichen Literaturkritikers, in das Preisverleihungswesen und die Kritikerschelte. Angenehm die autobiographischen Beiträge, die sich Fragen widmen, die sich jedem stellen, der von Büchern umgeben ist. Wie ordne ich die Bibliothek? Warum müssen Bücher so verdammt schwer sein? Warum ist das Regal eher zu Ende ist als die einzusortierenden Bücher? Und warum habe ich damals den riesigen Stapel ungesehen angeschleppt? Hier zeigt sich Winkels als charmanter Erzähler, der wenig Gnostisches an sich zu haben scheint. Emphatisch auch sein Porträt von Thomas Kling, mit dem ihn eine Freundschaft verband.
Der zweite Teil des Bandes
versammelt – geographisch geordnet – Rezensionen aus den letzten Jahren. Und
dieser zweite Teil verdeutlicht denn auch, warum Winkels Befürchtungen, die
Gnostiker könnten auf dem Rückzug sein, nicht von der Hand zu weisen sind.
Gnostiker sind, so schreibt er, zwei Absätze in der Zeitung […] lang spröde,
und mehr als einmal ertappt man sich beim Gedanken: Wenn es denn nur zwei
Absätze wären.
Anders da Kehlmanns Lob,
das den schlichten Untertitel Über Literatur trägt. Auch dies ein Band
mit vorab veröffentlichten Rezensionen, Preisreden, Poetikvorlesungen. Und
anders als dem in erster Linie Kritiker, in zweiter Erzähler Winkels gelingt dem
Erzähler Kehlmann die begeisterte (sowie begeisternde) Vermittlung, wenn auch
nicht Literaturkritik. Mag sein, dass der Vergleich beider ungerecht ist, die
sprachlichen Mittel von Kehlmann überragen. Aber ein Satz wie Ich möchte aus
dieser Kautele, dieser einschränkenden oder auch Tür und Tor öffnenden
Vorbemerkung auch gleich eine Eingangsfeststellung destillieren, also einem
Satz, der nahezu ausschließlich dazu dient, das in ihm verwendete Fremdwort zu
erklären, wird man bei Kehlmann vergebens suchen. Kehlmanns Betrachtungen über Shakespeare, Thomas Mann, Kleist, über Bernhards Holzfällen oder über Becketts Prosa zeugen von literarischen Vorlieben, die man vorsichtig mit konservativ beschreiben könnte. Vollends zum Konservatismus tendiert Kehlmann in seiner wütenden Absage auf das Regietheater, gehalten zur Eröffnung der Salzburger Festspiele, in der in Anlehnung an seinen Vater (Regisseur) den Regisseur als Diener des Autors betrachtet.
Trotz allem macht es
Freude, Kehlmann bei seinen Ausführungen zu folgen. Ja, sein Anspruch ist
absolutistisch, gepaart mit einer gehörigen Portion Bescheidwissen. Stört aber
nicht. |
Hubert Winkels
Daniel Kehlmann |
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