Ungefähr ein Drittel meiner Nächte verbringe ich in Hotelzimmern. Einen Teil davon in den Ferien, aber die meisten während Lesereisen. Meist schickt mich Margot Stolper vom S. Fischer Verlag auf Tour mit langen Listen von Veranstaltungsorten und Hotelnamen. Nach meinen Reisen fragt sie mich oft, wie es denn gewesen sei, und so kam ich vor ein paar Jahren auf die Idee, ein paar Fotos für sie zu machen, damit sie sehen kann, wo überall ich gelandet bin. Ich habe eine ziemliche Abneigung gegen Selfies, aber gegen den Selbstauslöser meiner Kamera habe ich nichts, und so sind in den letzten Jahren viele Hotelbilder entstanden. Vor einiger Zeit habe ich die besten davon in einem kleinen Fotoalbum für Margot zusammengestellt, aber die Reihe habe ich trotzdem weitergeführt als eine Art fotografisches Tagebuch. Und da ich gerade wieder den Koffer packe für die erste Lesereise mit »Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt«, wird die Sammlung von Hotelzimmerbildern wohl bald weiter wachsen.
Nicht in Liliput, sondern im unterengadiner Dorf Vnà bekam ich dieses Zimmer. Das Bett hatte glücklicherweise Normalmaße. Ganz in der Nähe, im Val Sinestra, spielt meine Erzählung »Sommergäste«.
An den Namen des Hotels in Aachen kann ich mich leider nicht mehr erinnern, aber wie auf diesem Bild komme ich mir manchmal auf Lesereisen vor, wenn die Tage sich vervielfältigen und ich kaum noch weiß, in welcher Stadt ich mich gerade befinde.
Als ich im Arp Museum Rolandseck las, bekam ich eine kleine Gästewohnung im ich weiß nicht wievielten Stock eines Hochhauses und konnte nicht aufhören, auf den Rhein hinunterzuschauen, wo selbst nachts noch die Frachtschiffe vorüberzogen.
Im Santa Rita Palace Hotel in Itaituba gibt es im Zimmer nicht nur Betten, sondern wie oft im Amazonsasgebiet auch Haken, an denen man die mitgebrachte Hängematte aufhängen kann. Gelesen habe ich dort allerdings nicht, sondern einen Dokumentarfilm für das ZDF über Fordlandia gemacht.
Im Hotel Maritim in Kiel bin ich einem Doppelgänger begegnet, dem der etwas verblasste Charme dieses Viersternehauses ebenso gut zu gefallen scheint wie mir. Das Literaturhaus Kiel ist wohl übrigens mein treuster Gastgeber, fast aus jedem Buch habe ich dort gelesen.
Zum Glück fand in Lauf im Fränkischen gerade keine Hochzeit statt, als ich da war. So durfte ich in der »Hochzeitssuite« mit Himmelbett übernachten.
Peter Stamm veröffentlicht Bilder auch auf seiner Facebook-Seite.

Das eigene Leben noch einmal erleben. Soll man sich das wünschen?
Christoph verabredet sich in Stockholm mit der viel jüngeren Lena. Er erzählt ihr, dass er vor zwanzig Jahren eine Frau geliebt habe, die ihr ähnlich, ja, die ihr gleich war. Er kennt das Leben, das sie führt, und weiß, was ihr bevorsteht. So beginnt ein beispiellos wahrhaftiges Spiel der Vergangenheit mit der Gegenwart, aus dem keiner unbeschadet herausgehen wird.
Können wir unserem Schicksal entgehen oder müssen wir uns abfinden mit der sanften Gleichgültigkeit der Welt? Peter Stamm, der große Erzähler existentieller menschlicher Erfahrung, erzählt auf kleinstem Raum eine andere Geschichte der unerklärlichen Nähe, die einen von dem trennt, der man früher war.