
Mein Sommer in Deutschland begann nicht in Berlin, sondern in Bayern. Als ich eingeladen wurde, im Schloss Elmau zu lesen, habe ich die Chance ergriffen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so frische Luft geatmet, meine Zehen in so sauberes Wasser gehängt, so friedvolle Wolken bestaunt habe. Dies war meine dritte Lesung mit dem meisterhaften Bernhard Robben, einem von Berlins brillantesten Denkern.
Mein erstes Wochenende in Berlin war ein Traum: vom fantastischen Wetter bis zum sonnigen Flohmarktbummel; es hätte nicht schöner sein können. In Neukölln hausgemachtes Ghanaisches Essen zu finden, war dann das Sahnehäubchen. Ich hatte von Zoe’s Ghana Kitchen gehört, als ich meine Lesereise durch London machte. Ich war begeistert, sie und ihre delikate Kochkunst hier anzutreffen.
Es war ein echtes Vergnügen, die Ausstellung von Ai Weiwei im Gropius-Bau zu sehen, nachdem ich ihn gerade im Brooklyn Museum in New York verpasst hatte. Das Museum ist atemberaubend schön und für mich ist alles, was Weiwei macht, großartig.
Mein erster Ausflug zum Dienstagsmarkt in Kreuzberg wurde von herrlichem Sonnenschein gekrönt. Ich habe mein erstes Börek gekostet, Kirschen gekauft und bin den Landwehrkanal entlang geschlendert.
Als nächstes war der Dienstagsmarkt am Kollwitzplatz dran. Aus irgendeinem Grund hatte ich noch nie so reife Johannisbeeren gegessen. Für meinen Geschmack sind sie ein bisschen zu sauer, aber mit den Pilzen habe ich mich eimerweise eingedeckt.
Angelockt von dem Farbwirbel, entdeckte ich hervorragendes Eis bei Süße Sünde – obwohl mein Lieblingseis das Schokoladen-Ziegenmilcheis bei Hokey-Pokey in der Stargarder Straße bleibt.
Ich liebe diese Farbexplosionen – Beeren, Blüten – auf die man stößt, wenn man durch Berlin radelt. Diese kleinen Beeren leben im Hinterhofgarten meines ersten Zimmers in der Eberswalderstraße.
Auf der Suche nach einer Unterkunft ging ich zum Viktoria-Luise-Platz, wo die fabelhaften Leute von Coming Home ihr Büro haben. Ich hatte schon gehört, wie schön diese Gegend sein soll, doch ich war vollkommen verzaubert von diesem Springbrunnen.
Mein erstes Open Air habe ich den wundervollen Leuten von Watergate zu verdanken. Ihre Rummelburg Open Air Party war der vielleicht größte Spaß, den ich jemals vor Sonnenuntergang hatte. Stoffel, einer der Besitzer des Clubs, gehört zu den interessantesten Menschen, die ich in Berlin kennengelernt habe. Vielleicht schreibe ich demnächst eine Geschichte über sein Leben…
Von Elektro bis Klassik – mein Musikgeschmack ist bestenfalls vielseitig. Gleich nach meinem ersten Besuch des Watergate besuchte ich ein open-air Klavierkonzert am Bode Museum. Der Pianist spielte meine liebste Beethoven Sonate und das Publikum gab mit all den Regenschirmen seine eigene Show zum Besten.
45 Minuten von meinem Haus entfernt habe ich ein Stück Karibik gefunden: das türkisgrün schillernde Wasser des Liepnitzsees.
Kein Berliner Sommer ohne eine durchsungene Nacht in einem Garten in Wedding. Diese kam dank der unglaublich talentierten deutsch-libanesischen Sängerin und literarischen Agentin (ganz nach meinem Geschmack) Anabelle Assaf zustande.
Kopps wurde schnell mein liebstes veganes Café: nicht wegen des köstlichen vegetarischen Büfetts, nein, sondern wegen der Brownies.
Als ich letzten Sommer in Charlottenburg lebte, sprachen alle über ›Oh Boy‹. Es war eine große Freude, den Film endlich auf der großen Leinwand zu sehen; im Freiluftkino in Kreuzberg.
Obwohl ich eine Wohnung mit Blick auf den Fernsehturm habe, dauerte es einen Monat, bis wir uns persönlich kennenlernten. Er ist wirklich beeindruckend, vor allem nachts.
Die Berliner Hinterhofkultur ist mir ziemlich ans Herz gewachsen. Diese Frau,wie sie soin ihrem Fenster saß, quatschte, rauchte und ihr Lachen durch den Hinterhof hallte, brachte mich zum Lächeln.
Nachdem ich drei Jahre in Rom gelebt habe, bin ich ziemlich wählerisch bei meinem Kaffee. Aber an der gerösteten Köstlichkeit, die in der Barn Roastery auf der Schönhauser Allee gereicht wird, habe ich wirklich gar nichts zu beanstanden.
Drei Jahre in Rom haben mich auch zu einer großen Rotwein-Verehrerin gemacht. Ich war überrascht und erfreut diesen vollmundigen Weißen in der Markthalle Neun zu finden. Wie sich herausstellt, sind köstliches Essen und ausgezeichneter Wein in diesem wuseligen Markt an Donnerstagabenden recht leicht zu finden. Eine Sitzgelegenheit allerdings…
Noch ein Kreuzberger Juwel: das Sultan Hamam, dienstags nur für Frauen geöffnet.
Es gibt nur wenige Dinge hier in Berlin, die mir mehr Freude bereiten, als der Sonne von meiner Terrasse aus beim Untergehen zuzusehen. Ein gutes Buch, ein warmer Pullover, ein kalter Riesling: perfekt.
Aber das Beste an drei Wochen Wohnungssuche? Die aufregenden Menschen, die ich dabei kennengelernt habe. Dieses wundervolleZuhause – zwei Nächte lang auch meines– gehört dem Maler Maximilian Magnus. Mit etwas Glück gelingt es mir ja vielleicht, ihm das Gemälde an der Wand abzukaufen.
Fotos: © Taiye Selasi

Die literarische Sensation aus Amerika – ein kosmopolitischer Familienroman: In Boston, London und Ghana sind sie zu Hause, Olu, Sadie und Taiwo. Sechs Menschen, eine Familie, über Weltstädte und Kontinente zerstreut. In Afrika haben sie ihre Wurzeln und überall auf der Welt ihr Leben. Bis plötzlich der Vater in Afrika stirbt. Nach vielen Jahren sehen sie sich wieder und machen eine überraschende Entdeckung. Und sie finden das verloren geglaubte Glück – den Zusammenhalt der Familie. Endlich verstehen sie, dass die Dinge nicht einfach ohne Grund geschehen. So wurde noch kein Familienroman erzählt. Taiye Selasi ist die neue internationale Stimme – jenseits von Afrika.