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Der elfzeilige Text dreht sich um seine zentrale Frage wie die Welt um ihre Achse: Die Frage zielt auf das Innere des Gegenüber ab. Der Körper wird als Haus metaphorisiert, in dem sich ein Tier eingerichtet hat, wartend: "welches tier haust in dir, wartet, dass die angst übernimmt?" Das ist keine feste Zuschreibung, wie es im anderen aussieht, aber geht doch von einer bestimmten Konstellation aus: da das wartende Tier, dort die Angst, die offenbar irgendwann "übernimmt". Und wie reagiert das Tier dann auf die Angst? Beißt es? Flüchtet es? Schreit es? Schmiegt es sich an? Wenn man doch wenigstens das Tier im "Dir" bestimmen könnte. Auf diese ungreifbare, innere Bewegung des Gegenübers, der die dann wiederum von der sprechenden Instanz ausgehalten oder austariert werden muss, dreht sich Text- und Beziehungswelt.
Bezeichnend, wie viele Texte unter den 114 eine Bewegung in Gang setzen, die anders als beim "Transit" kein Durchschreiten, keinen Fortschritt mehr behaupten. Das menschliche Selbst geht nicht einfach durch das Gestrüpp hindurch, wie es Höllerer noch proklamiert hat. Es gibt keine Überschreitung, aber auch keinen Stillstand, viele kleine, immer neue Aufwirbelungen, in allen möglichen Facetten, an allen möglichen Rändern des kulturellen Gewebes. So auch dieser bewegte und bewegende Text.
So setzt der Titel mit einer Messung des Status quo ein: Fieberthermometer-Rhetorik. Messgerät reinhalten, Ergebnis ablesen: Ob die "400 grad" vielleicht Grad Fahrenheit sind und es vielen nur noch 51 Grad bis zu den berühmten "Fahrenheit 451", bei denen sich angeblich Papier selbst entzünden sollte. Oder geht es um die Transparenz, das Schmelzen zu Glas - dann braucht es noch eine Temperaturerhöhung.
Über die reine Messung des Status quo geht die Aktivierungs-Rhetorik der ersten Verse gezielt hinaus: Das Feld verlagern, woanders hingehen, statt wie ein Sandsack abzuhängen. Bewegung in der Begegnung. Warum das notwendig ist, zeigen die nächsten drei Verse. Ihre Essenz ist in die Lautfolge von nACHt, krACH, ACH gefasst - drei Seufzer, die tiefen Einblick gewähren, ohne alles sagen zu müssen. Nach der zentralen Frage dann, der Versuch, das Gegenüber zu fassen, seine Gefühlswelt zu erfahren (akustisch, das Klappern) - bis hin zur Bitte um Erklärung und zum behutsam, gewalttätigen Abschluss. Texturgewordene Innenausstattung oder Todesstoß: "deinen hinterkopf voll gaze, ausgeschlagen."