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Was sind wir nicht alle Arbeitstiere. Jetzt der Eule mal unter die Kühlhaube geguckt. Ergebnis: metallischer Charme, empfindlich, tüchtig, jede Menge elitäres Selbstbewusstsein, »Heiterkeit«, stimmungsvoll, pflichtfroh, gescheit, ordnungsliebend. Die Weisheit auch ohne Löffeln gefressen und weiterfressend. Auf den Tagungsbericht darf man gespannt sein. Ist diese Eule übrigens ein deutscher Vogel (»ein Meister aus Deutschland«, etwa), oder sehe ich das falsch?!
Seltsam, lieber Michael Hofmann, habe ebenfalls(?) diesen Sprachinterferenzeneindruck und ertappe mich dabei zu denken: eine Nachteule ist keine nightingale (und das ist gut so, denn warum sollte sie).
Sehe mich - schwanken in Antwort auf das Gedicht. Frage mich - weil ich es mich immer wieder frage(?): wie könnten Tiere "sprechen"? In Gedichten, in Prosa. Welche Laute könnten..., welche Rhythmen? Damit es nicht reines Rollensprechen wird - das ich persönlich nicht mag, weil es mich an das Moralisierende von Fabeln erinnert und mir nicht weit genug vorzudringen scheint in die so glänzende, verlockende Umkehrung der Perspektiven. Anders gesagt: ohne diese "Rauhheit" (die ich weiterhin mit zwei "h" schreiben will) bleibt die Umkehrung des Kongresses "Vögel und die Vogelhaftigkeit des Menschen" (nette) Idee. Insofern ich die leichte Sprachverstörung gern auf, auch jene der Felle, und wollte mehr davon. Gern mit Mäuseknochenlöffel: "Such' Eule"
aber ist es nicht gerade das moralisierende, dass in diesem Gedicht unterlaufen wird? und die aufgesetzte Klugheit wird parodiert. aus den Nachtsichtaugen werden große Sonnenbrillen, und wenn sich der Leser beim Nicken erwischt, also wenn ich mich beim Nicken erwische, fühlt er sich, fühle ich mich, ertappt. (Selbstanzeige)
Herrlich – da kennt sich jemand wirklich in Ornithologie aus! Die Eule zum lyrischen Ich zu machen ist ein gewagter Kunstgriff – doch was etwa in Ted Hughes Vogelgedichten nur ein alter ego des Dichters ist, dementiert hier gerade jede Individualität: Einerseits weil Eulen kein menschliches Ego sind/haben, andererseits weil "ich" hier eben nur eine akademische "Fußnote" ist. Sein Autor treibt die physiognomische Tradition ins Absurde: Je mehr wir über Vögel wissen, umso weniger kennen wir uns selbst.
Selbstporträt und Poetik einer Dichterin, ebenso witzig wie klug und polemisch. Indem die Metapher der Nachteule beim Wort genommen wird, lässt sich mit Tierischem lustvoll operieren. Und zwar ganz persönlich, nicht mit dem verallgemeinernden Anspruch belehrender Tiermärchen und -fabeln. Über den Umweg des Tiervergleichs gewinnen Selbstentlarvung und Fremdbashing, poetologische Positionierung und die Demaskierung eines abgehobenen Literaturbetriebs viel deutlichere Konturen. Sehr gekonnt, das Ganze, pointiert und von satirischer Schärfe. An "Feldsalat + Wurmrisotto + Beeren: bitte ankreuzen" werden wir uns garantiert bald erinnern, spätestens beim nächsten Internationalen Symposium zu Multikulturalität etc.